2-2024

Editorial „Körper und Raum im Kontext von Bildung“

Andreas Köpfer & Florian Kiuppis


Entlang des Verhältnisses von Körpern und Räumen werden in allen gesellschaftlichen Teilbereichen – auch im Kontext von Bildungsorganisationen – Positionierungen vorgenommen, die über Ein- und Ausschluss entscheiden bzw. diesen herstellen. Diese Ausgabe „Körper und Raum im Kontext von Bildung“ der Zeitschrift für Inklusion widmet sich diesem grundlegenden Verhältnis und versammelt Beiträge an der Schnittstelle von Erziehungswissenschaft und Inklusiver Pädagogik, die sich auf theoretische oder empirische Weise mit körper- und raumbezogenen Praxen und deren Implikationen für Prozesse von Ein- und Ausschluss befassen.
Seit dem so genannten spatial turn Ende der 1980er-Jahre sind relationale Verschränkungen von physischem und sozialem Raum ins Zentrum der humangeographischen Debatte gerückt und werden auch zunehmend im erziehungswissenschaftlichen Diskurs wahrgenommen. So kann eine Raum-Praxis als habitualisierte soziale Praxis verstanden werden, die sowohl durch physisch-materielle Grundgegebenheiten präformiert ist und zugleich durch Handlungen im sozialen Raum den physischen Raum mit hervorbringt.
Gerade durch die Wiederentdeckung der Materialität von Raum wurden seit Anfang der 1990er-Jahre im Zusammenhang mit dem corporeal turn, somatic turn und body turn (Gugutzer, 2006) auch Körper und deren an ihnen selbst ansetzende Differenzierung stärker ins Zentrum gerückt, nachdem Körper und körperlich-praktische Tätigkeiten (Kalthoff et al., 2015, S. 9) sowie deren Bewegungsvollzüge im Rahmen von Bildungstheorien lange Zeit wenig Beachtung gefunden hatten (vgl. Müller, 1998). So wurde — in den Worten von Kalthoff, Rieger-Ladich & Alkemeyer — Bildung im herkömmlichen Sinne in erster Linie „als ein weitgehend kontextfreies, rein geistiges Geschehen eines körperlosen und eigentümlich weltlosen Subjekts vorgestellt“ (2015, S. 9).
Körper können aber, und diese Ein- bzw. Ansicht verdanken wir vor allem einem kulturwissenschaftlichen Verständnis des Verhältnisses von Körpern und Räumen, als soziales Phänomen erachtet (und betrachtet) werden, das in diversen Formen und Invarianten in gesellschaftlichen Zusammenhängen „unweigerlich vergeschlechtlicht, sozial klassifiziert, ethnisch und kulturell codiert sowie Normalitäts- und Ästhetikdiskursen unterworfen wird“ (Bruner, 2005, S. 33). So sind es die in materiellen Bedingungen enthaltenen Bedeutungen, welche „ein bestimmtes Verhalten nahelegen und ein anderes unterdrücken“ (Schroer, 2006, S. 177). Schroer konstatiert hier treffend: „Räume […] strukturieren vor, in welche Situationen wir kommen können, welche Erwartungen wir haben können, sie strukturieren Interaktionsabläufe, machen einige wahrscheinlicher, andere unwahrscheinlich“ (Schroer, 2006, S. 176; Schroer, 2003). Kalthoff und Hirschauer gehen wiederum von „sozialen Handlungen und Praktiken sowie körperlichen oder sozio-materiellen Konstellationen“ aus, die „mehr oder weniger systematisch in theoretische Sinnbezüge eingebettet“ seien (Kalthoff & Hirschauer, 2022, S. 341). Der Körper stellt gerade die Schnittstelle zwischen sozialer und Ding-Welt dar und kann in seiner Wechselwirkung mit dem Habitus beschrieben werden. Dabei betont Alkemeyer (2006), dass Habitus gerade kein rein ‚verinnerlichter‘ Prozess ist, sondern eine Verkörperlichung (er spricht auch von ‚Inkorporation‘) sozialer Praxis und Herrschaftsverhältnissen im Sozialraum, in der die Möglichkeiten der Raumaneignung so konstituiert werden, dass sich letztlich ein „sense of one’s own place“ ergibt – also eine körperliche (und unzweideutige) Positionierung im sozialen Raum.
So werden Körper z. B. unter den Vorzeichen schulischer Bedingungen und darin enthaltener Differenzsetzungen (überwiegend ableistisch, funktional und still) entworfen und positioniert (vgl. z. B. für den Sportunterricht Buchner et al. 2020). Diese Behandlungen und Erwartungen schreiben sich in den Körper als primäre Quelle des Wissenserwerbs ein (Merleau-Ponty, 1966), wobei hier der Bezug auf einen Wissensbegriff kulturalistischer Wissenssoziologie naheliegt, der — so Kalthoff — nicht „nur auf die sprachlich-kommunikative Repräsentation sozio-individueller Bewusstseine [abstelle], sondern u. a. menschliche Körper und technische Artefakte, Medien und Repräsentationen für den Vollzug von Praxis und Wissensaktivitäten konzeptionell mit ein[beziehe]“ (2019, S. 158). ,Kultur‘, so führen es Alkemeyer und Kolleg:innen im Rahmen ihrer konzeptionellen Grundlegung einer Kultursoziologie des Sports aus, lässt sich verstehen als „das bedeutende Moment einer jeden sozialen Praxis, […] also beispielsweise jenes Moment, das ein bestimmtes körperliches Vollzugsgeschehen als Turnen oder Tennisspielen wahrnehmen lässt und dieses Geschehen nicht nur hinsichtlich seiner ‚Natur‘ und Physis, sondern auch im Hinblick auf die von ihm ‚transportierten‘ Haltungen, Einstellungen, Werte und Weltsichten von der Leichtathletik oder dem Fußballspielen unterscheidet“ (Alkemeyer et al. 2019, S. 9).
Aktuell zeigt sich im Kontext von Inklusion/Exklusion eine Vielfalt an Raum- und Körperdebatten mit unterschiedlichen Verknüpfungen zu Diskursen, u. a. des New Materialism, der Critical Disability Studies, praxistheoretischen, wissenssoziologisch-diskurstheoretischen oder auch leibphänomenologischen Perspektiven (vgl. u. a. Gabriel & Kinne, 2022; Rissler et al., 2024 – zur Systematisierung von Raumdiskursen im Bereich Inklusion/Exklusion vgl. Buchner & Köpfer, 2022). Die Aktualität der Thematik zeigt sich auch in der Art und Weise, wie Schwerpunktausgaben u. a. der Zeitschrift für Disability Studies (1/2023 – „Körper – Konzepte, Relationen & gesellschaftliche Verhältnisse“), Gemeinsam Leben (3/2023 – „Körper inklusive“) oder der Schweizerischen Zeitschrift für Heilpädagogik (08/2024 – Inklusive Lernräume) diese thematisieren. Ohne an dieser Stelle eine Einführung oder systematische Übersicht in die Pluralität von Raum- und Körper-Referenzierungen in der erziehungswissenschaftlichen Fachdebatte geben zu wollen, sollen mit dieser Ausgabe zu „Raum und Körper im Kontext von Bildung“ weitere Impulse vorgestellt werden, die den komplexen Zusammenhang von Raum und Körper und deren Bearbeitung in und durch Bildungsorganisationen erkunden. Im Schwerpunktteil dieser Gastherausgeberschaft sind daher Artikel enthalten, die mit unterschiedlichen theoretischen wie methodologischen Zugängen Problemstellungen von Raum und Körper im Kontext von Bildung bearbeiten und dabei insbesondere Verhältnissetzungen von Ein- und Ausschluss erkunden.

Zunächst richten Wiebke Curdt und Silke Schreiber-Barsch in ihrem Artikel „Numerale Praktiken von Erwachsenen mit Lernschwierigkeiten – Überlegungen zu Raum und Körper aus dem Blickwinkel inklusiver Erwachsenenbildung“ den Fokus auf die Erwachsenenbildung als wissenschaftliche Disziplin und Praxis, die, so die Autorinnen, eng mit dem Konzept der Partizipation verknüpft ist. Hier verdeutlichen sie zunächst die Notwendigkeit, sowohl strukturelle als auch handlungsbezogene Aspekte in der Gestaltung von Lernangeboten zu berücksichtigen. Dies ist insofern besonders relevant im Kontext der Bildung von Erwachsenen mit Lernschwierigkeiten, da ableistische Strukturen oft einschränkende Bildungspfade vorzeichnen, aber deren Verknüpfungen in der Forschung bisher wenig Aufmerksamkeit zuteilwurde. Der vorliegende Artikel untersucht diese Problematik mit dem Fokus auf Numeralität als Teilbereich der Grundbildung. Numeralität wird dabei als relationales sowie ressourcenorientiertes Konzept verstanden. Anhand einer empirischen Perspektivierung im Forschungsprojekt „Numerale Praktiken von Erwachsenen mit Lernschwierigkeiten“ werden die Wechselwirkungen von Raum, Körper und Lernen unter theoretischem Rückgriff auf die Disability Studies analysiert. Dabei werden insbesondere die dynamische Interaktion zwischen strukturellen Bedingungen und individuellen Handlungen im Kontext inklusiver Erwachsenenbildung beleuchtet und neue Perspektiven für die Gestaltung von Lernräumen abgeleitet.

Der nächste Beitrag „Mehrfach un/sichtbar – Zum Verhandeln und Erleben chronischer und vergeschlechtlichter Krankheit“ von Veronika Kourabas widmet sich den Prozessen der medizinischen und gesellschaftlichen Unsichtbarmachung der chronischen und vergeschlechtlichten Erkrankung Endometriose. Trotz der weiten Verbreitung der Erkrankung – man kann von einer Volkskrankheit sprechen – und der damit einhergehenden erheblichen Schmerzsymptomatik sowie weiteren Einschränkungen der Lebensqualität, stellt der Umgang mit der Erkrankung sowohl in der medizinischen Forschung als auch in der Gesellschaft nach wie vor eine marginalisierte Thematik dar. Dieser Forschungslücke wirkt der Beitrag entgegen, indem neben den vielfältigen Formen der Unsichtbarmachung zugleich der Frage nachgegangen wird, welche Formen der Sichtbarmachung der Erkrankung herausgearbeitet werden können. Hierfür bezieht der Beitrag neben theoretisch generiertem Wissen mit Fokus auf Zugänge zu Körperlichkeit, Gender und Disability Studies zugleich erfahrungsbezogenes Wissen aus der Perspektive erkrankter Personen sowie Selbsthilfeorganisationen als Formen kollektiver Wissensproduktion ein, um Endometriose als un/sichtbare Erkrankung analytisch und methodisch greifbar zu machen. Mithilfe dieser analytischen Zugänge werden sowohl die ableistische wie auch die vergeschlechtlichte Dimension der Erkrankung genauer herausgearbeitet. Als Datengrundlage fungiert hierfür ein Dokument aus dem Kontext der Selbsthilfe. Im abschließenden Ausblick werden exemplarisch Formen und Wege widerständiger Einschreibung angesichts mehrfacher Un-/Sichtbarmachungen aufgegriffen, und es wird gefragt, wie eine verbindende Praxis mit dem erkrankten Körper aussehen und wie der erkrankte Körper und mit ihm Verletzlichkeit neu gedacht werden kann.

In ihrem Beitrag „How teachers’ ability expectations performatively shape and contain the autistic body in school spaces” verhandeln Ann-Marie Restayn, Allison Moore und Andreas Köpfer Fragen von Raum und Körper am Phänomen Autismus-Spektrum. Autismus ist ein zunehmend populäres und zugleich ambivalentes Phänomen in den Erziehungswissenschaften, insbesondere im Kontext von Schule und Inklusion. Der Beitrag fokussiert die Frage, wie in und durch Schule Autismus bearbeitet wird – insbesondere im Hinblick auf raumbezogenen Ein- und Ausschluss. Am Beispiel einer Interviewstudie mit Lehrpersonen wird untersucht, wie Erwartungen von Lehrkräften an Fähigkeiten und (Lern-)Verhalten inkorporiert werden und sich Körperbilder von 'Autismus' im Gegensatz zum 'normalen' Kind in und durch Schulräume relational formen. Daraus ergeben sich schließlich räumliche Arrangements und eine spezifische schulische Produktion von Raum und Körper in Relation zu Autismus. Durch die Interviews mit Grundschullehrer:innen in Süddeutschland, die Erfahrung in der Arbeit mit autistischen Kindern haben, wird die Frage bearbeitet: Wie werden „autistische Körper“ von Lehrer:innen in der Schule erzählt und welche räumlichen Arrangements werden dadurch hervorgebracht? Die Ergebnisse werden dann vor dem Hintergrund der theoretischen Arbeiten von Norbert Elias zum Zivilisationsprozess und Pierre Bourdieus Verständnis von Raum und Körper diskutiert. Es werden Hinweise darauf gegeben, wie in Bildungsorganisationen wie der Schule, die sich durch Norm- und Fähigkeitserwartungen auszeichnen, der "widerspenstige autistische Körper" in Bezug auf eine räumliche Präfigurierung geformt wird. Der Raum gilt als eine zentrale Bedingung von sozialen Beziehungen und Lernprozessen in der Schule. Nicht zuletzt durch den spatial turn kommt dem Raum, auch dem Schulraum, im erziehungswissenschaftlichen Diskurs vermehrt Aufmerksamkeit zu. Auch in den Disability Studies wurde die Kategorie Raum aufgegriffen, wobei die raumbezogene Aushandlung von Inklusions- und Exklusionspraktiken im Fokus steht. Zugleich findet im Raumdiskurs eine Forschung mit Kindern als Expert:innen und Konstrukteur:innen ihrer Lebenswelt in aneignungstheoretischen Ansätzen zunehmend Anklang.

Der Beitrag „Kinderperspektiven auf Raum in der inklusiven Grundschule“ von Charline Bunte zielt darauf ab, diese beiden Forschungsansätze zu vereinigen und damit eine gegenseitige Bezugnahme von (Schul-)Raumforschung und Kindheitsforschung herzustellen. Aus einer Perspektive heraus, die sich auf Verhältnisse von Inklusion/Exklusion bezieht, wird der Möglichkeit zur Raumaneignung aller nachgegangen und die sichtbare Verhandlung von Ein- und Ausschluss mit Blick auf den Schulraum aus Sicht der Kinder erschlossen. Die Ergebnisse der im Beitrag vorgestellten qualitativ-empirischen Studie zur Kinderperspektive auf Raum in der inklusiven Grundschule zeigen, dass der Schulraum zwar durchaus vorstrukturierende Wirkungen aufweist, aber auch Möglichkeiten für selbstbestimmte Aktivitäten schafft. Der nächste Beitrag des Themenheftes zu Körper und Raum richtet eine dekonstruktivistische Lesart auf Verkörperungen.

So fragt der Beitrag „Die Prothese als posthumanistische Gefährtin“ von Dominic Keßler nach Prothetik als Supplementierung und stellt diese Thematisierung in einen posthumanistischen Kontext. Es wird die These aufgestellt, dass Prothesen eine uneinholbare Medialität verkörpern und dabei gemäß der Paradoxie des Supplements zugleich einen vollwertigen Ersatz eines Körperteils und keinen bloßen Zusatz des Körpers darstellen. Um diese These zu untermauern, wird zunächst in die Supplementtheorie Derridas eingeführt und nach einer ausführlichen Darstellung auf den Gegenstand der Prothetik bezogen. Im Anschluss daran wird die mit der Prothetik einhergehende Alterität näher beleuchtet, wobei auch die Rolle sowie Verantwortung von Inklusion in den Blick genommen wird. Dabei leistet der Beitrag auch interdisziplinäre Bezugnahmen zur Medien- und Kulturwissenschaft sowie differenz- und alteritätstheoretische Überlegungen. Darüber hinaus werden auch feministische Blickpunkte eines Neuen Materialismus eingeflochten. Zum Abschluss – und rekurrierend auf die vorangegangenen Überlegungen – entwirft der Beitrag einige Implikationen zu einer politischen Ethik, die mithilfe eines posthumanistischen Einsatzes das Menschliche (noch einmal) neu zu denken erlaubt. Eine solche ausgerichtete Idee von Inklusion könnte es ermöglichen, neue Verkörperungen hervorzubringen, die unter Umständen einer (trans-)humanistischen Vereinnahmung widerstehen können.

Der abschließende Beitrag von Lynn Hartmann „Digitale Bildungsräume als Möglichkeit inklusiver schulischer Teilhabe“ wendet sich einer bislang wenig thematisierten Personengruppe zu. Während seit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention in der Regel die Frage nach der Beschulung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen prädominant ist, werden Schüler:innen mit einer ausgesetzten Schulpflicht, z. B. aufgrund langfristiger Krankschreibung, kaum in den Fokus gerückt. Wie kann auch für diese Lernenden die ethisch essenzielle Inklusion gelingen? Der Artikel greift diese Forschungslücke auf und geht der Frage nach, ob und inwieweit hierbei digitale Bildungsräume eine Möglichkeit für die Beschulung von Lernenden mit ausgesetzter Schulpflicht bzw. für langfristig krankgeschriebene Lernende bieten. Um diese Frage zu beantworten, wird zunächst das Phänomen der digitalen Räume und digitalen Körper näher bestimmt. Daran anschließend werden fünf Digitalschulen vorgestellt, die zum Teil sehr unterschiedliche Schulkonzepte verfolgen, aber alle in Deutschland geltenden Schulabschlüsse auf dem ersten Bildungsweg ermöglichen. Anhand einer beispielhaft aufgeführten Digitalschule findet im Folgenden eine (philosophische) Analyse der digitalen Räume hinsichtlich der digitalen Bildung, der Lernprozesse und der Körperlichkeit statt, in welcher Möglichkeiten sowie Grenzen im Vergleich zum Regelschulsystem herausgearbeitet werden. Vor dem Hintergrund dieser Analyse wird abschließend das Konzept einer virtuellen Schule vorgestellt, in der sich die Lehrenden und Lernenden in unterschiedlichen Räumen mit digitalen Körpern (Avataren) bewegen können.

 

Im Allgemeinen Teil der Ausgabe sind zwei Artikel enthalten:

Der Beitrag von Juliana Gras mit dem Titel „Zur Verbindung von Demokratiepädagogik und Inklusion in Theorie und (schulischer) Praxis“ thematisiert zwei aktuelle Handlungsfelder im erziehungswissenschaftlichen Diskurs und versucht diese miteinander in Beziehung zu setzen. Zum einen wird vor dem Hintergrund der derzeit stattfindenden antidemokratischen und rechtspopulistischen Entwicklungen der verstärkte Ruf nach Demokratiebildung bzw. -pädagogik an Lehrkräfte herangetragen, welchem sie gerecht werden sollen. Parallel dazu, ist die Umsetzung schulischer Inklusion verpflichtender Auftrag für Schulen. Der aus diesen beiden schulischen Handlungsfeldern resultierende Schnittstelle möchte sich der vorliegende Beitrag annehmen. Er zeigt auf, wie die im Diskurs verhandelte (vermeintlich) synergetische Verbindung der Handlungsfelder von Demokratie(pädagogik) und Inklusion in der schulischen Praxis nur bedingt einzulösen vermag, was sie verspricht. Um diese Annahme zu untermauern, werden Ergebnisse einer empirischen Studie am Beispiel des Klassenrats herangezogen. In dieser werden Brechungsmomente evident, sodass abschließend strukturelle Bedingungen in einem von Machthierarchien geprägten System einer in dieser Perspektive im Kern undemokratischen Institution diskutiert werden können.

Der zweite Artikel des allgemeinen Teils „Inklusionsreform als Perversion der Inklusion — Ergebnisse und Analysen zum ,bayrischen Weg der Inklusion‘“ von Hans Wocken evaluiert die Inklusionsreform in Bayern anhand der drei Kriterien Minderung der Separationsquote, kongruente Vermehrung von Inklusion und Konstanz der totalen Förderquote. Hierbei wird deutlich, dass Bayern keines der genannten Kriterien erfüllt. Vor dem Hintergrund dieser Evaluationsergebnisse werden anschließend drei Akteure als Verursacher der desaströsen Reformbilanz diskutiert. Diese sind zum einem ein einseitiger, weiter Inklusionsbegriff, die Destruktion des Begriffs „Sonderpädagogischer Förderbedarf“ sowie die Exklusion der Institution Förderschule.

Wir wünschen Ihnen eine inspirierende Lektüre!

Prof. Dr. Andreas Köpfer, Prof. Dr. Florian Kiuppis


Literatur

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Veröffentlicht: 16.07.2024