Abstract: Im Beitrag wird nach der Beziehung der Inklusiven Didaktik und der Allgemeinen Didaktik gefragt. Wenn ihre Perspektiven auf inklusiven Unterricht betrachtet werden, stellt sich zentral die Frage, ob es sich lediglich um (temporär) getrennte oder zusammenführbare Perspektiven handelt. Folgende zwei Fragestellungen leiten sich grundlegend ab: Wie inklusiv ist Allgemeine Didaktik? Wie allgemein ist Inklusive Didaktik? Davon ausgehend wird im Beitrag die zweite Frage fokussiert, d. h. wir untersuchen ausgewählte Modelle bzw. Theorien der Inklusiven Didaktik in ihrem Bezug zu allgemeindidaktischen Modellen/Theorien. In der abschließenden Diskussion versuchen wir auf dieser Basis dem Verhältnis der beiden Perspektiven näher zu kommen und insbesondere das Spezifische der inklusionsdidaktischen Modelle bzw. Theorien herauszuarbeiten. Der Beitrag zeigt, dass Fragen der Inklusiven Didaktik denen der Allgemeinen Didaktik gleichen, jedoch die berücksichtigten Faktoren im Rahmen der inklusionsdidaktischen Perspektive vielfach anders akzentuiert und vertieft werden.
Stichworte: Allgemeine Didaktik, Inklusion, Inklusive Didaktik, Unterricht
Inhaltsverzeichnis
Als wir gebeten wurden einen Beitrag zum Verhältnis Inklusive Didaktik von Allgemeiner Didaktik zu verfassen, war eine der ersten Assoziationen die des Verhältnisses von Allgemeiner Didaktik zu empirischer Lehr-Lern-Forschung mit dem mittlerweile in der Erziehungswissenschaft bekannten Bild der „fremden Schwestern“. Terhart (2002) schließt seinen gleichnamigen Aufsatz mit der Hoffnung auf Annäherung und der Notwendigkeit von Kooperation der beiden Disziplinen. Vergleichbare Diskussionen haben zwischenzeitlich unter Bezugnahme auf diese Metapher auch für das Verhältnis zwischen Fachdidaktik sowie Sonderpädagogik zur Allgemeinen Didaktik bzw. Pädagogik stattgefunden. Die bislang in Ansätzen geführte Diskussion zum Verhältnis der Inklusiven und Allgemeine Didaktik schließt hier an, wobei bisher vor allem die Überschneidungen betont werden, aber erst in Ansätzen genauere Verhältnisbestimmungen vorgenommen werden. In diesem Handlungsfeld setzt der vorliegende Beitrag an und fokussiert im Besonderen eine Auswahl inklusionsdidaktischer Modelle mit der Frage, inwieweit diese allgemeindidaktische Grundlagen besitzen. Dabei lässt sich in Bezug auf die Frage guten inklusiven Unterrichts feststellen, dass bekannte Prinzipien für qualitätsvollen und effektiven Unterricht wie Kompetenzorientierung in beiden Disziplinen Geltung besitzen, aber teilweise unterschiedlich betont oder ausgelegt werden (vgl. Korff, 2012, S. 140). Das Lehren und Lernen im inklusiven Unterricht, der – im Sinne eines weiten und vor allem reflexiven Verständnisses von Inklusion – ein Unterricht ist, welcher die Differenzen (und ihre Produktion) in der Lerngruppe berücksichtigt, muss zur erfolgreichen Realisierung insbesondere eine solche pädagogisch-didaktische Qualität gewährleisten, die soziale und inhaltliche Teilhabe absichert. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welche spezifischen Anforderungen an inklusiven Unterricht gestellt werden.
Für den Unterricht, der sich spezifisch mit der Heterogenität einer Lerngruppe auseinandersetzt und auf institutionelle Segregation etwa nach Leistungsniveau verzichtet, werden aus der Literatur zum integrativen und späterhin inklusiven Unterricht insbesondere drei Anforderungen deutlich: 1) zieldifferentes Lernen und eine individualisierte Leistungsbewertung vorzugsweise ohne Noten; 2) Binnendifferenzierung und Individualisierung des Lernens; 3) offene und handlungsorientierte Unterrichtsformen. Ergänzend ist für die Praxis des inklusiven Unterrichts zu berücksichtigen, dass „der explizite Einbezug aller – auch basaler – Lernzugänge sowie das Spannungsfeld Gemeinsamkeit und Vielfalt“ (Korff, 2012, S. 142) bedeutsam und herausfordernd sind. Letzterer Punkt greift die Gefahr von starker Individualisierung auf, die sich zum einen als Gefahr einer sozialen Exklusion im (räumlich) gemeinsamen Unterricht identifizieren lässt, wenn die Idee einer inklusiven Gemeinschaft nicht umgesetzt werden kann. Zum anderen ist eine reine Individualisierung insbesondere unter Hinzunahme grundlegender lehr-lerntheoretischer sowie fachdidaktischer Perspektiven als problematisch in Bezug auf die Ermöglichung von Lern- und Entwicklungsgelegenheiten zu diskutieren. Eine Grundanforderung und zentrale Herausforderung an die pädagogisch-didaktische Qualität von Unterricht ist es, regelmäßig auch gemeinsame Lernsituationen und Gelegenheiten zum inhaltlichen Austausch zu schaffen (Korff, 2015). Ähnlich wie andere mögliche Spannungsfelder (etwa fachliches – soziales Lernen; Offenheit – Struktur; inklusions-/pädagogische Werte – unterrichtspraktische Normen) ist auch die Frage nach Gemeinsamkeit und Vielfalt keine, die erst oder nur im inklusiven Unterricht im engeren Sinne diskutiert wurde (Lipowsky & Lotz, 2015). Das Verhältnis von gemeinsamem Lernen und individueller Bearbeitung spricht bereits Klafki (1985/2007) im Zusammenhang mit der Bildung von Gruppen im Sinne einer inneren Differenzierung an. So nennt er als Beispiel den Erstleseunterricht und die Entwicklungsunterschiede und schlägt für einige Schüler:innen Einzelarbeit vor. Aber „um die Isolierung einer solchen Gruppe von der übrigen Klasse zu vermeiden, (…) den übrigen zusätzliche Motivationsmöglichkeiten zu bieten, stellt die Regelung dar, daß einzelne ‚Leser‘ am Ende jeder Lesestunde der gesamten Klasse oder einzelnen Gruppen aus ihrer Lektüre vorlesen“ (S. 201). Betont wird hier wie in Teilen der Inklusiven Didaktik vor allem die Schaffung einer sozialen Gemeinsamkeit (vgl. Abschnitt 2.2), während an anderer Stelle sowie insbesondere in fachdidaktischen Konzeptionen (z. B. Häsel-Weide & Nührenbörger, 2017) auch der inhaltliche Gewinn bzw. individuelle Lernzuwachs durch die Einbindung unterschiedlicher Lernstände und/oder Perspektiven deutlich wird (vgl. Abschnitt 2.1 und 2.3).
Gemeinsamkeit spielt ebenso wie Differenz für inklusionsdidaktische Fokussierungen von Lehr-Lern-Prozessen auf unterschiedlichen Ebenen eine zentrale Rolle (als Berücksichtigung von Vielfalt oder Diversität, als egalitäre Differenz bei Prengel und in neueren Veröffentlichungen insbesondere in der Frage von Differenzkonstruktion, Korff & Neumann, 2021). Die unmittelbar unterrichtsbezogene ‚individualisierte Gemeinsamkeit‘ oder ‚gemeinsame Individualisierung‘ ist für didaktische Entscheidungen unter inklusiver Perspektive von besonderer Wichtigkeit – wobei ihre Planbarkeit durchaus kritisch hinterfragt wird (Wocken, 1998). Zugleich verweist die Akzentuierung von Gemeinsamkeit auf einen weiteren Unterschied der Perspektiven: Im Unterschied zum traditionellen Unterricht und stärker noch als in der Allgemeinen Didaktik wird eine Abkehr von der Lehrkraft als Einzelkämpfer:in betont, da multiprofessionelle oder intraprofessionelle Teams als wesentlich für das Gelingen von Unterricht gelten (Lütje-Klose & Urban, 2014). Kooperation umfasst schließlich auch das Lernen aller Beteiligten von- und miteinander: „Die Lehrpersonen und Teams verstehen sich selbst als Lernende. Der Unterricht wird zur gemeinsamen Suche von Lehrpersonen/Teams und SchülerInnen nach geeigneten Lerngelegenheiten“ (Ziemen, 2017, S. 108).
Während mit diesen Ausführungen eine erste Positionierung vorgenommen wurde, wo Besonderheiten einer inklusiven Perspektive auf Didaktik und Unterricht liegen, bleibt im Detail gerade auf konzeptioneller Ebene eher uneindeutig, ob und inwiefern hier klare Grenzziehungen vorzunehmen sind. So verstehen sich zwei der zentralen inklusionsdidaktischen Konzeptionen (vgl. Abschnitt 2.1. und 2.3.) explizit als allgemeindidaktische Ansätze im Anschluss an Klafki und es wird verschiedentlich betont, dass der Zusatz einer „inklusiven“ Didaktik nur solange notwendig sei, bis es eine konsequent allgemeine (und damit dann auch inklusive) Didaktik gäbe[1]. Diese Perspektive wird verstärkt im Kontext eines sog. weiten Inklusionsbegriffes geführt und gewinnt in dessen Rahmen eine zusätzliche Bedeutung. Zum einen, weil über die explizite Betrachtung verschiedener Differenzdimensionen und ihrer intersektionalen Überschneidungen die Verengung auf eine vermeintliche Zielgruppe hinterfragt und die Vielschichtigkeit von Lernvoraussetzungen auf individueller wie sozialer und gesellschaftlicher Ebene betont wird (Budde & Hummrich, 2014). Zum anderen, weil damit auch die Wende hin zu einer auf das System bezogenen Perspektive verbunden ist (Köpfer, 2019), welche generell barrierefreie und diskriminierungssensible Strukturen etabliert und als selbstverständlichen Teil dieser allgemeinen ‚Vorkehrungen‘ ggf. auch hoch individualisierte Bedarfe berücksichtigt. Letztere werden aber nicht (mehr) als ‚besonders‘ deklariert, sondern als Teil vielfältiger ‚normaler‘ menschlicher Lern- und Entwicklungsprozesse verortet. Eine solche, sich als allgemein für alle Lernenden verstehende Didaktik, ist in der Zielperspektive ebenso durch einen stark individualisierten Blick gekennzeichnet wie durch ein Grundverständnis von Gleichheit menschlicher Lern-/Entwicklungsprozesse und Bedürfnisse in der Differenz.
In unterschiedlichen Zusammenhängen wurde daher prüfend der Blick auf die Frage gerichtet, wie inklusiv allgemeindidaktische (oder auch fachdidaktische) Konzeptionen bislang sind. „Vor dem Hintergrund von Inklusion wäre es dann in den Erziehungswissenschaften herauszuarbeiten und zu diskutieren, ob und welche didaktischen Dimensionen und Aspekte dieser Theorien, Konzepte und Modelle einen Beitrag für die Analyse, Planung, Durchführung und Reflexion des Gemeinsamen Unterrichts leisten“ (Markowetz, 2012, S. 147). Textor (2012) hat in ihrem Beitrag untersucht, inwieweit Modelle der Allgemeinen Didaktik – konkret die lerntheoretische Didaktik und die kritisch-konstruktive Didaktik – Anforderungen an inklusiven Unterricht berücksichtigen.[2] Ein solches Vorgehen führt regelmäßig zu dem Schluss, dass eine hohe Anschlussfähigkeit allgemeindidaktischer an inklusionsdidaktische Modelle besteht. Der vorliegende Artikel möchte die Diskussion fortsetzen und – in sozusagen umgekehrter Weise – die allgemeindidaktischen Kerne bzw. Bezüge von sich explizit als inklusiv verstehenden didaktischen Modellen/Konzeptionen herausarbeiten, um wiederum aus dieser Perspektive die oben angedeuteten Spezifika einer inklusiven Didaktik klarer benennen zu können. Dass sich dabei nicht immer eine klare Trennlinie zwischen allgemeiner und inklusiver Didaktik finden lässt, ergibt sich bereits aus dem bisherigen Diskurs.[3] Aber ein geschärfter Blick auf die spezifischen Foki und auch Grenzen der beiden Perspektiven kann zum vertieften Verständnis auch für weitere Entwicklungen beitragen.
Für die Einordnung der nachfolgend berücksichtigten inklusiven Didaktiken beziehen wir uns auf folgende Fragen: In welcher Weise rekurrieren diese Modelle auf allgemeindidaktische Modelle? In welche Weise greifen sie ggf. implizit Aspekte allgemeindidaktischer Modelle auf bzw. sind an diese anschlussfähig? Was ist das Innovative der Modelle, also was berücksichtigen sie im Besonderen und inwiefern gehen sie über allgemeindidaktische Konzeptionen hinaus? Um die Spezifika einer inklusiven Didaktik einordnen zu können, schlagen wir eine Orientierung an den Kategorien im klassischen didaktischen Dreieck vor, zu denen inklusionsspezifische Perspektiven hier jeweils benannt und in der Diskussion noch einmal zusammengeführt werden. Jeweils an dessen Ecken ergibt sich unter Berücksichtigung von Differenzen und Vielfalt eine Ausdifferenzierung, die in allgemeiner Didaktik auch (mindestens implizit) relevant ist, aber weniger deutlich fokussiert wird.[4]
Georg Feuser befasst sich in seiner entwicklungslogischen Didaktik mit der Frage, wie (und welche) Inhalte im Angesicht sehr unterschiedlicher Lern- und Entwicklungsbedürfnisse differenziert zugänglich gemacht werden können und wie dies wiederum in einen kooperativen Lernprozess an einem für die gesamte Lerngruppe relevanten gemeinsamen Gegenstand erfolgen kann. Zieldifferente Lernangebote für Lernende, deren unterschiedliche Bedarfe er als gleichwertige und – etwa auch im Kontext komplexer Beeinträchtigungen – als „mehrere entwicklungslogische Möglichkeiten“ (Feuser, 1995, S. 117) einordnet, basieren demnach auf der Verbindung von subjekt- und sachbezogenen Aspekten durch die Sach-, Tätigkeits- und Handlungsstrukturanalyse zu einem gemeinsamen Gegenstand (vgl. Feuser, 1995, S. 176). Feuser spricht sich für individualisierte Curricula aus, die einer Ausdifferenzierung unterschiedlicher Lernziele an einem Lerninhalt entsprechen, und kontrastiert sie mit solchen, die inhaltlich unverbunden nebeneinanderstehen. Die Kooperation an/mit einem gemeinsamen Gegenstand ist für ihn konstitutiv und wird zum „didaktischen Zentrum pädagogischer Praxis“ (Feuser, 1995, S. 9), entlang dessen ein gemeinsamer Inhalt für alle Lernenden auf ihrem jeweiligen Entwicklungs- und Handlungsniveau zugänglich gemacht wird.
Trotzdem dieser Ansatz bis heute ein theoretisch wie auch praktisch zentraler Bezugspunkt inklusiver Didaktik ist, bleibt die Bestimmung dessen, was ein gemeinsamer Gegenstand konkret ist und in welchem genauen Verhältnis dieser zum „Unterrichtsthema“ steht, bei Feuser und auch in der Folge allerdings unvollendet (auch aufgrund fehlender Dokumentation von der praktischen Implementierung seiner Konzeption). Auch ob und inwiefern ein Einbezug der Schüler:innen Teil der Konstruktion des gemeinsamen Gegenstandes sein kann, bleibt unklar. So ließe sich zwar annehmen, dass die von ihm als ein Merkmal seiner Didaktik benannte Kindorientierung sich nicht ausschließlich auf die Beachtung der Entwicklungsbedingungen der Kinder durch eine planende Lehrkraft beziehen soll, sondern ebenso auf den aktiven Einbezug der Kinder, was aber in der konzeptionellen Ausarbeitung (auch in späteren Veröffentlichungen) wenig expliziert wird. In seinem Kernkonzept, dem Gemeinsamen Gegenstand, nimmt Feuser explizit Bezug auf Klafki, wenn er die notwendige Individualisierung entsprechend der „momentanen Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungskompetenz“ (Feuser, 1995, S. 174) mit dem Fokus auf die Verbindung dieser Zugänge zu einem gemeinsamen Gegenstand – mit Klafki – vom Elementaren und Fundamentalen aus entwickelt. Entscheidend scheint, dass Feuser dabei konsequent auf den Einbezug aller, auch basaler Lernzugänge fokussiert und um dies zu gewährleisten – unter Rückbezug auf die kulturhistorische Schule und Tätigkeitstheorie – eine explizite Ausdifferenzierung von Entwicklungs- und Lernvoraussetzungen der Lernenden im didaktischen Dreieck vornimmt: „Um allen alles lehren zu können, wäre die didaktische Frage generell so zu stellen: Was bedeutet einem bestimmten Menschen ein Sachverhalt auf der Basis seiner Biographie und auf der Ebene des ihm momentan möglichen inneren Abbildniveaus im Aneignungsprozess seiner Welt und seiner selbst – im Prozess der inneren Rekonstruktion dieser Wirklichkeit mit den Mitteln seines Systems?“ (Feuser, 1995, S. 171).
Ein weniger auf Kooperation gerichteter Weg, auf die Lernenden einzugehen, wäre diese jeweils individuell im Verhältnis zur Sache zu betrachten, statt auf die Überschneidungen der verschiedenen individuellen Zugänge zu fokussieren. Diese Position – historisch insbesondere mit der Theorie der Gemeinsamen Lernsituationen nach Wocken (1998) verbunden – definiert das übergreifende Ziel inklusiven Unterrichts stärker in der Teilhabe an einer (sozialen) Gemeinschaft, während der Fokus der Unterrichtsgestaltung auf individuellen Lernprozessen liegt, die nicht immer bzw. nicht vorrangig in einer ko-konstruktiven Verbindung zueinander stehen. Wocken systematisiert die vielfältigen in der Praxis vorgefundenen Lernsituationen[5] und stellt fest: „Das Theorem des gemeinsamen Gegenstandes ist nicht falsch, aber es ist doch nur die halbe Wahrheit. Es akzentuiert eine von vielen gemeinsamen Lernsituationen […]“ (1998, S. 37). Er verweist daher darauf, dass die Kooperation am gemeinsamen Gegenstand somit nicht der einzig integrativ wirkende Moment im inklusiven Unterricht sei und benennt weitere Situationen als typisch und relevant, die er jeweils anhand des Verhältnisses von Beziehungs- und Inhaltsaspekten einordnet. Eingebettet werden die zu ermöglichenden individuellen Bildungsprozesse demnach in eine „die Individualität wertschätzende Gemeinsamkeit […]“ (Wocken, 1998, S. 37), ohne dass diese immer eine inhaltliche Dimension haben müsse. In späteren Veröffentlichungen arbeitet Wocken weitere Aspekte neben der Vielfalt inklusiven Unterrichts heraus, nämlich die Vielfalt der Kinder und der Pädagog:innen.[6] In Bezug auf den Unterricht steht weiterhin im Zentrum: „Ein inklusiver Unterricht ermöglicht nicht nur zieldifferentes Lernen, sondern auch inhaltsdifferentes Lernen“ (Wocken, 2011, S. 123). Wenngleich auch Wocken von kooperativen Lernsituationen als sog. „Sternstunden inklusiven Unterrichts“ spricht, arbeitet er diese nicht genauer aus. Vielmehr legen seine Ausführungen nahe, sozusagen für jedes Kind ein eigenes didaktisches Dreieck zu gestalten, welche in ihrer Vielfalt nebeneinander existieren und nicht unbedingt zueinander inhaltlich in Bezug stehen, sich aber durchaus in den „Sternstunden“ überschneiden können, ohne dass deren Gestaltung in den Mittelpunkt didaktisch-methodischer Überlegungen rückt. Wocken (1998) erweitert insofern die Perspektive auf verschiedene gemeinsame Lernsituationen (und in späteren Veröffentlichungen auch auf Rahmenbedingungen auf der Ebene von Schul- und Unterrichtsstrukturen sowie im Ansatz von gesellschaftlichen Strukturen). Es finden sich in seinen Arbeiten zwar vielfältige methodische Hinweise, jedoch wenig Vertiefungen zu didaktischen Kernfragen, wie bspw. die Frage nach der Gewinnung und Zugänglichkeit der Unterrichtsinhalte. Auch auf individueller Ebene werden Fragen zu hoch individualisierten insbesondere basalen Zugängen zur Sache nicht immer vertiefend inhaltsbezogen geklärt.
Das von Wocken und Feuser in ihren Arbeiten geteilte Grundanliegen, Zugänge für alle Lernenden in der Gemeinschaft zu schaffen, findet sich vergleichbar auch in allgemeindidaktischen Modellen, etwa von Klafki (1985/2007). Erst Feuser war allerdings derjenige, der dies konsequent für eine große Bandbreite an Lernvoraussetzungen ausarbeitete. Daraus ergibt sich nicht nur, dass die Ecke der Lernenden im didaktischen Dreieck in Bezug auf das Individuum als vielfältiger und differenzierter betrachtet wird, sondern es entsteht auch die Frage, in welcher Form vor diesem Hintergrund noch gemeinsame Bildungsinhalte bearbeitbar sind. Vertreter:innen der Allgemeinen Didaktik/Schulpädagogik fokussieren vornehmlich die Herausforderungen in der flächendeckenden Umsetzung einer angemessenen Differenzierungspraxis, ohne konkret die „Problematik“ der gemeinsamen Bearbeitung von Inhalten bei heterogenen Voraussetzungen herauszuarbeiten. Differenzierung nach Inhalten stellt in dieser Betrachtung eine von mehreren Möglichkeiten bzw. Methoden dar, wenn es heißt, dass mit einer „Differenzierung von Lernwegen, -inhalten, -zeiten und -zielen eine optimale Passung zu den individuellen Bedürfnissen der Lernenden hergestellt werden soll, ohne das gemeinsame Lernen zu vernachlässigen“ (Wischer, 2008, S. 718). Die vertiefte Diskussion um die Individualisierung von Inhalten im Zusammenhang mit der Aufrechterhaltung des gemeinsamen Lernens wurde vorrangig seitens der Inklusiven Didaktik erörtert. Die hier skizzierte Auseinandersetzung in Bezug auf die Inhaltsfrage deutet darauf hin, dass sich allgemeindidaktische bzw. schulpädagogische Vorstellungen im Vergleich zu inklusionsdidaktischen Konzepten in Bezug auf die Funktion und den Grad der Differenzierung im Unterricht teilweise grundlegend unterscheiden oder zumindest nicht von beiden Disziplinen in gleichem Umfang diskutiert worden sind.
Simone Seitz greift mit ihrer (inklusiven) „Didaktik der Potentialität“ die Überlegungen Georg Feusers auf und entwickelt sie unter Einbezug unter anderem der Pädagogik der Vielfalt (Prengel, 1995) sowie sachunterrichtlicher Perspektiven der didaktischen Rekonstruktion konsequent hin zu einem kindorientierten Unterricht weiter. Im Zentrum steht die Gemeinsamkeit in der Vielfalt der Lerner:innen, die Seitz als den Kern der Sache – ausgehend von Selbstähnlichkeiten in den individuellen Lernausgangslagen – entwickelt. Auch die fachlichen Perspektiven werden dabei als perspektivengebunden und variabel betrachtet und insgesamt ein „dichte[s] und bewegliche[s] Geflecht unterschiedlicher Dimensionen“ (Seitz, 2006, S. 4) von Verschiedenheit und Gemeinsamkeit bzw. Überschneidungen angenommen.
Für die nichthierarchischen Bezüge der verschiedenen Lernausgangslagen und Kinderperspektiven entwickelt Seitz das Bild von selbstähnlichen (fraktalen) Mustern (Seitz, 2006), die auch auf grundlegende Gemeinsamkeiten verweisen, welche wiederum als Kern der Sache von Lehrenden und Lernenden gemeinsam erschlossen werden. Für die Umsetzung im Unterricht rahmt Seitz (2008) dies mit fünf Leitlinien, die ebenfalls die Wende hin zu einer Didaktik vom Kind aus verdeutlichen: 1) Potenziale der Kinder in den Blick nehmen; 2) Auf Spuren von Gemeinsamkeit und Verschiedenheit achten; 3) Kinder lernen von Kindern; 4) Mit den Kindern zum Kern der Sache kommen; 5) Beobachten, Reflektieren und Handeln verknüpfen. Der entsprechend der fünften Leitlinie aus den Kinderperspektiven heraus entwickelte Kern der Sache als das „Wesentliche eines Lerninhaltes“ (Seitz, 2006, S. 7) in den subjektiven Bedeutungszuweisungen der Kinder kann nach Seitz in Anlehnung an Klafki „mit der Frage nach dem Elementaren übersetzt werden“ (Seitz, 2008, S. 230). Ausgehend von einer deutlich allgemeindidaktischen Perspektive gelingt Seitz damit, in ihrer Konzeption neben der Kindorientierung (Seitz, 2012) auch die Abkehr von einer horizontalen, hierarchisch verstandenen Differenzierung, was bei Feuser (und Klafki) angelegt aber nicht ausdifferenziert ist.
Wie bei Feuser findet sich auch bei Seitz eine klare Anschlussfähigkeit an allgemeindidaktische Konzepte bzw. diese werden als Ausgangspunkt genommen. Sie greift dabei neben Klafki, insbesondere die Konzeption des Fundamentalen und Elementaren und letztlich auch in Anlehnung an Feusers gemeinsamen Gegenstand, auch auf die Grundideen der konstruktivistischen Didaktik (Reich) sowie auf die sachunterrichtsdidaktischen Konzeptionen der Vielperspektivität und der didaktischen Rekonstruktion zurück. In diesen allgemeindidaktischen Modellen ist die Perspektive, den Unterricht vom Kind aus zu denken bzw. den Schüler:innen noch eine stärkere Eigenverantwortung für ihren Lernprozess zu geben und ihre Perspektiven als Ausgangspunkt zu nehmen bereits angelegt. Seitz erweitert diese und die Konzeption Feusers auch um eine stärker kindorientierte Perspektive. Bereits Feusers Anliegen war es, der ‚Sachanalyse‘ die kindbezogene Entwicklungsperspektive gleichberechtigt gegenüberzustellen. Dies kann als Teil seiner spezifischen Erweiterung der (allgemein-)didaktischen Überlegungen betrachtet werden. Seitz räumt jedoch der damit verbundenen Kindorientierung bereits im Planungs- und Entscheidungsprozess unmittelbare Bedeutsamkeit ein, während Feuser die Erarbeitung der individuellen Zugänge noch als „wesentlich entwicklungsdiagnostisch“ (Feuser, 1995, S. 171) und damit tendenziell von der Lehrkraft für die Schüler:innen zu erarbeiten bestimmt hat. Kinder sind sicherlich in beiden Konzeptionen zentral, aber bei Seitz ist dieses Prinzip der Dreh- und Angelpunkt didaktischer Überlegungen, welche als dialogischer Prozess zwischen Lernenden, Lehrkraft und Sache angelegt ist.
An den referierten Konzeptionen (Feuser, Wocken, Seitz) wird deutlich, dass die ‚Ecke‘ der Lernenden im didaktischen Dreieck noch einmal anders und differenzierter ausgeleuchtet wird. Daraus ergibt sich auch ein veränderter Blick auf die Sache, da es nun auch um die Zusammenführung der individuellen Zugänge zur Sache in einem gemeinsamen Zugang zum Gemeinsamen Gegenstand geht. Eine solche Ausdifferenzierung wird nötig, sobald sowohl hoch individuelle Zugänge einbezogen werden sollen als auch eine (inhaltliche) Gemeinsamkeit weiterhin als relevant angesehen wird. Unterschiede zeigen sich bspw. in Bezug auf die zugeschriebene Rolle der Lernenden und Lehrenden im Planungsprozess als auch den Methoden und Verantwortlichkeiten zur Erschließung von Bildungsinhalten.
Kersten Reich kann als ein Vertreter der Allgemeinen Didaktik bezeichnet werden und legte ein umfassendes Konzept seiner „Konstruktivistischen Didaktik“ vor (zuletzt 2012). Diese Vorstellungen entwickelt er weiter zur „Inklusiven Didaktik“ (Reich, 2014), wobei er dazu auch Aspekte inklusiver Schul- und Unterrichtsentwicklung einbezieht. Die Vorstellung vom Lernen als eine individuelle Konstruktion und ko-konstruktive Tätigkeit mündet in den Gestaltungsvorschlägen für Unterricht in Formen, die sich stark an reformpädagogischen Modellen orientieren (vgl. Terhart, 2019, S. 165). Kennzeichnend ist die Unterscheidung von Rekonstruktion (Erkundung der Wirklichkeit), Konstruktion (eigenes Handeln und Reflexion) und Dekonstruktion (Rückbezug auf die eigene Lebenswirklichkeit) für das pädagogische Handeln und die Strukturierung der Lernprozesse. Trotz der Anbindung an Vorstellungen rekonstruktiver Lerntheorien bleibt die Planung des Unterrichts zentrale Aufgabe der Lehrkraft. Reich selbst formuliert – anders als bspw. Klafki – gemäß der konstruktivistischen Grundhaltung keine Bildungsinhalte. Zielformulierungen bleiben allgemein und beziehen sich u. a. auf die Entwicklung einer forschenden Haltung und das soziale Miteinander.
In der Präsentation seiner Programmatik unter der Zielsetzung einer inklusiven Schule stellt Reich (2013) zahlreiche normative Anforderungen an eine Inklusive Didaktik dar, wobei er in Bezug auf die didaktische Konzeption, die diesen Anforderungen genügen kann, folgende These formuliert: „Inklusive Didaktik ist konstruktivistische Didaktik.“ (Reich, 2013, S. 162), was den expliziten Zusammenhang mit seiner allgemeintheoretischen Didaktik verdeutlicht. Passend zu diesem Zitat bzw. dieser These finden sich in den weiteren Veröffentlichungen auch nur wenig neue didaktische Überlegungen. Allerdings stellt Reich explizit dar, inwiefern seine Konstruktivistische Didaktik bereits den Anforderungen eines inklusiven Unterrichts genügt und arbeitet darüber hinaus ein weitreichendes Bild einer inklusiven Schule aus, welche den Rahmen für einen gelingenden inklusiven Unterricht darstellt. Seine dazu erarbeiteten zehn Bausteine thematisieren verschiedene Aspekte inklusiver Schulentwicklung wie etwa eine demokratische und chancengerechte Schule, Schularchitektur, Ganztag sowie Beziehung, Team und Supervision/Beratung. In Bezug auf Unterricht geht es um förderliche Lernumgebungen, eine inklusive Perspektive auf Lernende mit Förderbedarf und eine differenzierte Beurteilung (Reich, 2014).
Mit Reich selbst ist festzuhalten, dass eine allgemeindidaktische Konzeption als tauglich für inklusiven Unterricht ausbuchstabiert wird und hierfür auf didaktischer (einschließlich methodischer) Ebene keine Erweiterungen oder Veränderungen erfolgen bzw. als notwendig erachtet werden. Unterschiede und Besonderheiten zu (anderen) allgemeindidaktischen Theorien lassen sich also eher als unterschiedliche Zugänge innerhalb der Allgemeinen Didaktik diskutieren. Das (besondere) Merkmal der Konstruktivistischen Didaktik, die Betonung der Individualität des Lernens und der Lerner:innen, stellt zugleich genau den Aspekt Allgemeiner Didaktik dar, der in der Regel in einer inklusiven Perspektive betont wird und in der didaktischen Umsetzung gestärkt werden soll. Dass dieser Fokus wiederum auch innerhalb der Inklusiven Didaktik in unterschiedlicher Ausprägung mit stärker geöffneten oder eher lehrkraftzentrierten Modellen verfolgt werden kann, zeigen das skizzierte didaktische Modell von Feuser sowie dessen Diskussion und Weiterentwicklung durch Seitz auf.
Jenseits des Einflusses konstruktivistischer Überlegungen auf inklusionsdidaktische Modelle zeigt sich in Reichs Konzeption eine Besonderheit von Veröffentlichungen zu inklusiver Didaktik wie von Seitz oder Feuser, nämlich dass sie sehr explizit über didaktische und auch methodische Kernfragen hinausgeht und vielmehr auch Unterrichts-, Schul- oder Gesellschaftsorganisation einbezieht. So setzt sich Reich u. a. mit der Frage auseinander, wer zur Lerngruppe dazu gehört, wie deren mögliche Vielfalt verstanden wird und betrachtet die den Unterricht rahmenden (Entwicklungs-)Bedingungen von Schule. Zum anderen erfolgt aber auch die Erweiterung auf die Frage nach gesellschaftlichen Exklusions- und Inklusionsprozessen (auch, aber nicht nur in ihrer Rückwirkung auf Unterricht). Mit Blick auf das didaktische Dreieck zeigt sich, dass die Perspektive auf die Vielfalt der Lernenden so noch einmal eine weitere – jenseits des Individuellen liegende – Ebene bekommt und auch die Lehrenden als in schul- und unterrichtsorganisatorischen Bedingungen verhaftet gerahmt werden. Es lässt sich eine Entfernung von didaktischen Kernfragen konstatieren, wobei zugleich die didaktische Bedeutsamkeit der aufgeworfenen Rahmungen unmittelbar schlüssig erscheint.
Kullmann et al. (2014) stellen fünf Leitprinzipien „als Grundlage eines Bielefelder Ansatz einer inklusiven Didaktik“ vor – ein Gesamtkonzept einer solchen Didaktik steht also noch aus. Bisherige Konzeptionen inklusiver Didaktik sowie ihre Leitprinzipien würden auf der kritisch-konstruktiven Didaktik von Klafki (1985/2007) aufbauen. Die Autor:innen sehen mit Klafkis Verständnis von „Allgemeinbildung“ im Sinne einer „Bildung für alle“ (Klafki, 1985/2007, S. 53) und als „Bildung in allen Grunddimensionen menschlicher Interessen und Fähigkeiten“ (S. 54) sowie der davon abgeleiteten Forderung nach Binnendifferenzierung im Unterricht (Klafki & Stöcker, 1985/2007) eine hohe Anschlussfähigkeit für neuere Konzeptionen inklusiver Didaktik. Ihre Prinzipien einer inklusiven Didaktik lauten: „Akzeptanz aller Schülerinnen und Schüler in ihrer Individualität, der Einsatz förderdiagnostisch fundierter individualisierter Curricula, die Verwirklichung eines adaptiven und binnendifferenzierten Unterrichts, eine besondere Aufmerksamkeit für die Herstellung von Gemeinsamkeit aller Schülerinnen und Schüler und die Umsetzung im Co-Teaching“ (Kullmann et al., 2014, S. 89). Diese Prinzipien lassen sich als Grundanforderungen an einen inklusiven Unterricht verstehen und entsprechend auch dem Einbezug von Kindern mit sog. sonderpädagogischem Förderbedarf im Unterricht. Der Anspruch ist, eine (allgemeine) Konzeption für guten Unterricht für alle Schüler:innen im Sinne eines sog. weiten Inklusionsverständnisses vorzulegen. Zwar wird als Bezugsgröße Klafkis kritisch-konstruktive Didaktik benannt, jedoch sind vor allem Entwicklungen und Überlegungen der Integrationsforschung berücksichtigt worden, die ihren Schwerpunkt in der gemeinsamen Beschulung von Kindern mit und ohne Beeinträchtigungen haben und einen besonderen Fokus auf Schüler:innen mit einem sog. sonderpädagogischen Förderbedarf legen. Das wird bspw. dann deutlich, wenn es in der Frage des Team-Teachings vorrangig um die Zusammenarbeit von Lehrkräften mit sonder- und regelschulpädagogischem Hintergrund geht.
Neben inhaltlichen Gemeinsamkeiten zu Anforderungskatalogen an guten inklusiven Unterricht (z. B. der Akzeptanz von Vielfalt; Booth & Ainscow, 2019) und der Forderung nach Differenzierung im Unterricht, wie bereits von Klafki und Stöcker (1985/2007) formuliert, stellt die Anforderung des Co-Teachings als eine strukturelle Umsetzung ein Spezifikum dar, welches ein Novum im Vergleich zu Klafkis Überlegungen darstellt. Die Autor:innengruppe argumentiert, dass sowohl Binnendifferenzierung als auch der Anspruch der „Förderung von Gemeinsamkeit“ (Kullmann et al., 2014, S. 100) zusätzliche Ressourcen erfordert und „eigentlich nur in Form von Team-Teaching“ (Kullmann et al., 2014, S. 100) umgesetzt werden kann. Konkret wird die unterrichtliche Kooperation einer Regelschullehrkraft und einer sonderpädagogisch ausgebildeten Lehrkraft gefordert. Der Bezug zu allgemeindidaktischen Modellen kann explizit nicht herausgearbeitet werden, da die Prinzipien noch nicht in ein Gesamtmodell integriert wurden. Es wird aber in den Bezugnahmen zu Veröffentlichungen sowie im ausführlichen Artikel von Textor (2012) zu den allgemeindidaktischen Modellen deutlich, dass hier letztendlich ausgehend von allgemeindidaktischen Konzeptionen (insb. Klafki) gedacht wird und ein Erkenntnisstand der Literatur zum inklusiven Unterricht zusammengetragen wird, der – ähnlich wie bei Reich, aber unter Bezug auf eine andere allgemeindidaktische Grundkonzeption – die Frage des inklusiven Unterrichts in ein weiteres Feld der inklusiven Schul- und Unterrichtsentwicklung einbettet, wobei ein besonderer Fokus auf dem Team-Teaching liegt. Grundsätzlich kann in Bezug auf dieses Prinzip angemerkt werden, dass Ressourcen in allgemeindidaktischen Modellen im Rahmen einer Bedingungsanalyse (o.ä. Bezeichnung) für die Planung des Unterrichts bis heute in der Praxis, insbesondere im Vorbereitungsdienst, Beachtung finden, jedoch Anforderungen an eine grundsätzliche Verfügbarkeit üblicherweise nicht gestellt werden. Deutlich wird damit erneut die bereits bei Reich diskutierte erweiterte Perspektive inklusionsdidaktischer Konzeptionen über didaktische Fragen hinaus.[7] Neben der Schul- und Unterrichtsentwicklung wird als weiterer spezifischer Aspekt das Team-Teaching im Bielefelder Modell in seiner prominenten und konstitutiven Rolle im inklusiven Unterricht herausgestellt. Die ‚Ecke‘ der Lehrenden im didaktischen Dreieck erfährt an dieser Stelle als ‚multiprofessionelles Team‘ oder zumindest intraprofessionelles Team-Teaching eine besondere Akzentuierung. Trotz der recht umfänglichen Thematisierung von Kooperation in multiprofessionellen Teams, ist die Diskussion didaktischer Schlussfolgerungen sowie Potentialen und Grenzen ausstehend. In empirischen Arbeiten werden erste Spannungen in der Zusammenarbeit von Regelschullehrkräften und Sonderschulpädagog:innen (z. B. Heinrich et al., 2014) herausgestellt sowie konzeptionell verschiedene Kooperationsformen analysiert, jedoch fehlt eine differenzierte und umfassende Konzeption von Teamteaching im engeren Sinne, nicht nur zur grundlegenden Frage wie Lehrende gemeinsam Unterricht planen und gestalten sollen, sondern wie sie bspw. in der Zusammenarbeit die Individualität der Lernenden berücksichtigen und Bildungsinhalte gemeinsam erschließen wollen.
Das ‚Didaktische Modell für inklusives Lehren und Lernen‘ (DiMiLL; s. Abbildung 1) stellt den aktuell umfassendsten Versuch dar, bisherige Entwicklungen zum inklusiven Unterricht neu zu systematisieren und „sucht die unterschiedlichen Ansätze im Sinne einer zeitgemäßen didaktischen Theorie zu verknüpfen“ (Frohn, 2019a, S. 29). Es wurde von einer interdisziplinären Autor:innengruppe und vor dem Hintergrund eines breiten Verständnisses von Inklusion entwickelt (vgl. Simon, 2019, S. 21), um vielfältige Heterogenitätsdimensionen innerhalb einer Lerngruppe zu berücksichtigen und einer intersektionalen Perspektive gerecht zu werden, wobei sich die Autor:innen zugleich in der Tradition der integrationspädagogischen Entwicklungen – also etwa der didaktischen Konzeptionen Feusers – verorten und in der Arbeit der Projektgruppe explizit Verbindungen zu fachdidaktischen Überlegungen erfolgten.
Abbildung 1: Das Didaktische Modell für inklusives Lehren und Lernen (DiMiLL; aus Frohn, 2019a, S. 28)
Das Modell orientiert sich „wie im Inklusionsdiskurs mehrfach praktiziert (…) an der kritisch-konstruktiven Didaktik Wolfgang Klafkis“ (Frohn et al., 2019, S. 10). Begründet wird dieser Bezug mit Klafkis Verständnis von Bildung als „Bildung für alle“ (Klafki, 1985/2007, S. 21) und dem gemeinsamen Anspruch, dass als Ziele von Bildung u. a. Selbstbestimmung und Mitbestimmung verfolgt werden und die Auseinandersetzung mit der Haltung zu kontroversen Themen und Problemen der Gesellschaft genauso notwendig sei wie „ein Höchstmaß an Gemeinsamkeiten anzustreben“ (ebd., 153). Ergänzt wird diese bildungstheoretische Grundlage um die Lehrtheorie von Wolfgang Schulz (1981) bzw. das ‚Hamburger Modell‘. Die Autor:innen begründen diese Orientierung mit der starken Verbreitung des Konzeptes in der zweiten Phase der Lehrer:innenbildung[8] und der Bewertung als „ein dezidiert diskriminierungsvermeidender Ansatz, der seitens der Inklusionsforschung bisher kaum aufgegriffen wurde“ (Frohn et al., 2019, S. 10). Die zu erreichenden Ziele Kompetenz, Autonomie und Solidarität seien einerseits anschlussfähig mit denen von Klafki und anderseits erweitern sie die enge Vorstellung von Leistung und Kompetenz im Sinne der Kompetenzorientierung (vgl. ebd.).
Das didaktische Modell wird nicht durch ein „verbindliches Planungsrezept“ begleitet, da das „der nötigen Flexibilität und dem adaptiven Charakter inklusiven Lehren und Lernens widerspräche“ (Frohn, 2019a, S. 30) und kann für Lehrkräfte bzw. Pädagog:innen im Sinne der Vorstellung von reflektierten Praktiker:innen (Schön, 1983) verstanden werden. Ergänzend wird Reflexion auf die Tätigkeit von Schüler:innen bezogen, die ihre Lernprozesse reflektieren sollen (vgl. Frohn, 2019a, S. 30). Die genannten Strukturelemente basieren auf dem Hamburger Modell von Schulz (1981), lassen sich jedoch auch bei Klafki finden (1985/2007). Unterschiede zwischen diesen Ansätzen und dem DiMiLL bestehen in der Trennung der Kategorien Ziele und Themen/Inhalte, wobei „die individuelle Kompetenzentwicklung im Zentrum des Modells [steht]“ (Frohn, 2019a, S. 31).
An diesem Modell, das bisherige inklusionsdidaktische Entwicklungen explizit aufgreift und sich zugleich bzw. passend dazu unmittelbar von zwei allgemeindidaktischen Modellen ausgehend verortet sowie neuere Diskurse zum adaptiven Unterricht und Kompetenzorientierung aufzugreifen versucht, werden zwei Aspekte deutlich: Erstens geht es in inklusionsdidaktischen Überlegungen vielfach nicht um neue oder andere Konzeptionen, sondern um die Ausdifferenzierung oder ggf. auch neue Rahmung von allgemeindidaktischen oder lehr-/lerntheoretischen Überlegungen. Letzteres ist insbesondere interessant in Bezug auf die Verbindung von Adaptivität und Schüler:innenorientierung sowie Kompetenzorientierung. Zweitens geht es um eine Rahmung und Kontextualisierung, die über didaktische Fragen bzw. der Planung und Gestaltung von Unterricht hinausgeht. In DiMiLL ist dies neben den Aspekten, die auch schon bei Kullmann et al. und Reich eine Rolle spielen, im engeren Sinne eine Hintergrundfolie für die Gestaltung von Unterricht. Es geht nicht allein um die den inklusiven Unterricht rahmenden Bedingungen der Schul- und Unterrichtsentwicklung, sondern auch um die die didaktischen Entscheidungen reflexiv beeinflussenden Bedingungen, deren Analyse über die einfache Betrachtung von Kind, Sache und Lehrenden hinausgehen muss. Wie die anderen vorgestellten Modelle folgen die Autor:innen von DiMiLL einem sog. weiten Inklusionsbegriff und haben zugleich in ihren Bezügen einen starken disziplinären Hintergrund in der Integrationspädagogik mit Fokus auf die Dimension Behinderung verbunden mit einer non-kategorialen Perspektive (zum Verhältnis dieser Perspektiven vgl. Hinz, 2004). Didaktiken aus dem Kontext anderer Differenzdimensionen, bspw. der Didaktik in der Migrationsgesellschaft, stellen somit eine Leerstelle des Modells dar, kann aber auch als Fokussierung interpretiert werden, womit dann wiederum die Frage zu diskutieren wäre, wie „weit“ der Inklusionsbegriff an dieser Stelle gefasst wird.
Bevor wir zur abschließenden Diskussion kommen, soll kurz explizit darauf verwiesen werden, was wir nicht in unsere exemplarischen Analysen einbezogen haben (und warum). Dies sind zum einen stärker unterrichtsmethodisch oder -planerisch angelegte Modelle wie die Differenzierungsmatrix von Sasse und Schulzeck (2021) mit Rückbezug auf den Gemeinsamen Gegenstand oder die Werkstatt Individualisierung (von der Groeben & Kaiser, 2012) und zum anderen grundlegende Kommunikations-/Interaktions- oder Beziehungsmodelle (wie die Theorie der integrativen Prozesse oder die themenzentrierte Interaktion) sowie analytische Zugänge zum inklusiven (Fach-)Unterricht (im Überblick etwa in Sturm & Wagner-Willi, 2018; Korff & Neumann, 2021). Diese Entwicklungen sind zwar hoch relevant für inklusiven Unterricht und letztlich auch für didaktische Entscheidungen. Sie bewegen sich aber auf einer anderen Ebene als allgemeindidaktische Konzeptionen, so dass sie für die hier verfolgte Betrachtung allgemeindidaktischer Elemente und Spezifika in inklusionsdidaktischen Konzeptionen nicht gewinnbringend hätten analysiert werden können. Vor dem gleichen Hintergrund haben wir stärker diagnostisch ausgelegte Konzeptionen ausgeklammert. Ferner haben wir weder spezifisch sonderpädagogische noch spezifisch fachdidaktische Modelle einbezogen, da hier jeweils die Klärung des grundlegenden Verhältnisses zur Allgemeinen Didaktik bzw. Inklusiven Pädagogik zu leisten wäre, bevor über Spezifika und Anschlusspunkte gesprochen werden kann. Schließlich verweisen wir mehrheitlich auf die Theorien von Wolfgang Klafki als Bezüge der Allgemeinen Didaktik. Neben der Bandbreite seiner Themen wie Fragen von Bildungsinhalten als auch Schulentwicklung begründet sich diese Fokussierung damit, dass seine zentralen Arbeiten am häufigsten von inklusionsdidaktischen Konzepten aufgegriffen werden. Nichtdestotrotz sind weiterführende Untersuchungen, die andere allgemeindidaktische Modelle als Ausgangspunkt verwenden, wünschenswert.
In diesem Beitrag wurde der Versuch unternommen, inklusionsdidaktische Konzepte in ihren Bezügen zu allgemeindidaktischen Modellen zu analysieren. Die Konzepte beinhalten häufig (normativ-pädagogische) Prinzipien für das Unterrichten in inklusiven Lerngruppen (z. B. Kullmann et al., 2014), teilweise wird inklusive Schulentwicklung als ein Element inklusiver Didaktik mitgedacht (z. B. Reich, 2013, 2014). In Bezug auf den angestrebten Vergleich ist ein durchgehend vorhandener Bezug zu zumindest im deutschsprachigen Raum prominenten allgemeindidaktischen Modellen zu konstatieren, insbesondere zur kritisch-konstruktiven Didaktik Wolfgang Klafkis (1985/2007) und zur lehrtheoretischen Didaktik von Wolfgang Schulz (1981) – wenn auch deren Explikation nur in einem Teil der Veröffentlichungen erfolgt. Der in diesem Beitrag gezeigte Abriss inklusiver Didaktiken macht entsprechend deutlich, dass Inklusionsdidaktik häufig eine Weiterentwicklung der (Modelle bzw. Theorien der) Allgemeinen Didaktik darstellt. Diese Einordnung steht unter dem Vorbehalt, dass ‚allgemein‘ im Sinne von Klafkis Bildungsbegriff als Didaktik für alle Lernenden verstanden wird und die Verschiedenheit der Lernenden im Sinne von Vielfalt als Normalität begriffen wird. In diesem Sinne formuliert auch Ziemen (2017, S. 107): „Inklusive Didaktik ist Allgemeine Didaktik, die Gültigkeit für alle Kinder und Jugendliche unabhängig von ihren Fähigkeiten, Kompetenzen und Entwicklungsmöglichkeiten beansprucht. Die Didaktik bezieht sich auf die Gesamtorganisation des Lehrens und Lernens; auf Bildung, Erziehung, Dialog, Kommunikation und Kooperation.“ Zurückkommend auf unser Grundanliegen, das Verhältnis der beiden Perspektiven näher zu bestimmen, soll noch einmal zusammenfassend betrachtet werden, wie allgemeindidaktische Fragen in den inklusionsdidaktischen Modellen beantwortet werden bzw. sich darin spiegeln sowie welche Erweiterungen die Perspektive der Vielfalt für das zentrale Verhältnis von Lernenden – Lehrenden – Sache als Basisdimensionen des didaktischen Dreiecks liefert.
In den Analysen wird deutlich, dass die vorgestellten Konzeptionen sich wie die Allgemeine Didaktik „mit den Zielen, Inhalten und Methoden des Lehrens und Lernens befassen “ (Hericks & Kunze, 2008, S. 748) – wenn auch zum Teil weniger ‚vollständige‘ Modelle oder gar Theorien darlegend, sondern stattdessen eher grundlegende Prinzipien einer Didaktik inklusiver Lerngruppen und in eher normativer Weise darlegend. Unter Berücksichtigung der drei Grunddimensionen didaktischer Theoriebildung soll ein kurzer Blick auf die jeweilige Besonderheit gelenkt werden.
Die Dimension der Ziele wird in inklusiven Didaktiken vergleichsweise selten expliziert. Bislang wird zwar deutlich formuliert, dass Zieldifferenz und individuelle Zielsetzungen konstitutiv für die Teilhabe aller Schüler:innen sind, aber nur in Ansätzen ausdifferenziert, wie diese individuelle Zielerreichung oder auch Zielsetzung umgesetzt bzw. überprüft werden kann. Als Ziel eines inklusiven Unterrichts wird im DiMiLL die „individuelle Kompetenzentwicklung“ formuliert, wobei „Dimensionen der individuellen, kognitiven, motivationalen, sozialen, ethisch-normativen und performativen Kompetenzentwicklung“ (Frohn 2019a, S. 31) darunter gefasst werden. Dabei steht gerade auch der Begriff der (adaptiven) Kompetenzorientierung in einem spannungsvollen Verhältnis zu (inklusions- oder allgemein-)didaktischen Überlegungen (Frohn, 2019b). Neben dem Fokus auf das Individuelle wird anhand dieser vielfältigen Ziele auch das für Inklusive Didaktik typische, weit gefasste Verständnis von Zielsetzungen bzw. der ganzheitliche Blick auf die Schüler:innen sichtbar, wie er etwa in Feusers entwicklungslogischer Perspektive und der expliziten Betonung der (normalen) Bandbreite von Wahrnehmungs-, Denk und Handlungskompetenzen deutlich ist. Dort, wo die Zielperspektive jenseits konkreter, eher (förder-)diagnostischer Aspekte thematisiert wird, ist sie verbunden mit einer Debatte zur Notwendigkeit oder Zulässigkeit von (Mindest-)Standards bzw. der Frage, wie ohne solche dennoch die Qualität von Unterrichtsangeboten im Sinne der Zielerreichung der Schüler:innen angemessen dokumentiert und gefördert werden kann (z. B. Frohn, 2019b; Seitz & Platte, 2006).
Mit Blick auf die Dimension der Inhalte lässt sich feststellen, dass ein unmittelbarer Anschluss an Klafki naheliegt. Klafki (1985/2007, S. 56-69) benannte im Rahmen seiner kritisch-konstruktiven Didaktik Inhalte von Allgemeinbildung, die sog. Schlüsselprobleme darstellen (u. a. Umwelt, Technikfolgen, Demokratisierung, Verteilungsgerechtigkeit in der Welt, Gleichberechtigung/Menschenrechte und Glücksfähigkeit). Ziel ist es, mithilfe dieser Themen „ein geschichtlich vermitteltes Bewußtsein von zentralen Problemen der Gegenwart und (…) der Zukunft zu gewinnen“ (S. 56). Eine solche Perspektive, die Inhalte in übergeordneter und zugleich für die individuelle Bedeutung zu prüfender Weise anlegt, scheint auch angesichts der im Kontext der individualisierten Ziele aufgeworfenen Frage nach hinreichenden Standards bei gleichzeitigem Spielraum für individuelle Zugänge ein gewinnbringender Zugriff und wird u. a. von Feuser explizit aufgegriffen. Booth und Ainscow (2019)[9] unterbreiten als eine der wenigen explizit einen (neueren) Vorschlag für eine inhaltliche Strukturierung eines inklusiven Curriculums und schließen mit ihrem Ausgangspunkt in der Frage „Was müssen wir wissen, um gut zusammenleben zu können?“ (Booth & Ainscow, 2019, S. 21) durchaus an die allgemeindidaktische Perspektive an. Die Ähnlichkeit des jeweils formulierten zentralen Unterrichtsziels und der vorgeschlagenen Themen lassen Gemeinsamkeiten der Ansätze erkennen, die didaktisch einen problemorientierten und fächerverbindenden Unterricht erwarten lassen. Nun kann nicht jeder (Fach-)Unterricht diese (gesamtgesellschaftlichen) Themen aufgreifen oder diese zumindest nicht durchgängig zum Ausgangspunkt machen, sofern auch facheigene Logiken erarbeitet und erschlossen werden sollen.[10] Die Idee des Lernens in komplexen, problembezogenen und fachübergreifenden Kontexten bietet sowohl erweiterte Möglichkeiten der Differenzierung als auch der Einbindung gesamtgesellschaftlicher Fragen, die für Inklusion eine zentrale Rolle weit über den Unterricht hinaus spielen. Eine kritische Rezeption der Themen und Evaluation nach einer Praxisevaluation stehen noch aus, aber könnten dann ggf. auch das Verhältnis zu fachdidaktischen Perspektiven genauer klären. Eine solche Liste wäre zwar niemals vollständig und die Gefahr der Kanonisierung bestünde, gleichzeitig können curriculare Vorgaben Impulse für Innovationen darstellen, entweder durch Rezeption der Lehrpläne selbst oder durch neue Lehrmittel bzw. Schulbücher (Totter et al., 2019). Dabei lässt sich in Bezug auf Unterricht in inklusiven Lerngruppen fragen: Welche Themen bräuchte es im Unterricht, um die spezifisch mit inklusiver Schule verbundenen übergreifenden Ziele (bspw. Akzeptanz von Vielfalt unter den Schüler:innen bzw. Reduktion von Diskriminierung) zu erreichen? Reichen exemplarische Unterrichtsbeispiele oder wären konkrete Themen in Curricula für Lehrende eine Unterstützung? In Bezug auf eine konsequente Lernendenorientierung stellt sich weiterführend die Frage, inwiefern die von der Mehrheitsgesellschaft gesetzten (klassischen Bildungs-)Inhalte für die individuellen Lebenswelten der Schüler:innen von Relevanz sind bzw. als relevante Lerninhalte eingeführt werden können. Diskutiert Feuser noch vorrangig wie die gesellschaftlichen Schlüsselfragen für alle Lernenden zugänglich gemacht werden können, wäre aus differenztheoretischer Perspektive auch zu fragen, welches eigentlich die relevanten Schlüsselfragen sind bzw. wer diese bestimmt. Als Spannungsverhältnis ist hier auszumachen, dass es zum einen um die Ermöglichung und Ermächtigung zur (kulturellen) Teilhabe an eben jener Mehrheitsgesellschaft geht – wofür etwa Literatur eines klassischen Kanons von Relevanz sein kann, die daher allen zugänglich gemacht werden sollte –, aber zugleich im Sinne der Zielsetzung einer inklusiven Gesellschaft eben auch die hegemonialen Vorstellungen von ‚Bildung‘ zu hinterfragen sind und die Orientierung an der Individualität der Lernenden verbunden mit deren Partizipationsmöglichkeiten, bspw. bei der Auswahl und Bearbeitung von Bildungsinhalten, als inklusionsdidaktisches Grundprinzip erhalten bleiben muss.
Die Dimension der Methoden wird durch die Forderung nach Individualisierung des schulischen Lernens – ein seit vielen Jahren formuliertes Prinzip der Schulpädagogik (Porsch & Porsch, 2022) – weitgehend in allen inklusionsdidaktischen Ansätzen aufgegriffen. Sowohl allgemein- als auch inklusionsdidaktische Theorien enthalten den Anspruch, dass Unterricht in heterogenen/inklusiven Lerngruppen differenzierend gestaltet werden sollte. Gelingensbedingungen werden ferner vielfach in Kooperation und Partizipation innerhalb der Lerngruppe und unter den Lehrenden gesehen. Die Ansprüche, individuelle Lernbedürfnisse zu berücksichtigen, als gleichberechtigt anerkannte unterschiedliche Bedürfnisse im differenzierten Unterricht zu akzeptieren sowie die Lernenden in die Planung ihrer Lernprozesse einzubeziehen, stehen als Grundanforderungen einer inklusiven Didaktik jedoch im Widerspruch zur Funktion von Schule bzw. zur Aufgabe von Lehrpersonen, Leistungen im Sinne der summativen Diagnostik zu bewerten und zu benoten. Dieses Spannungsverhältnis wird ähnlich wie die oben genannten Fragen der Standardisierung in der Inklusiven Didaktik, aber eben nicht nur dort, sondern auch in allgemeindidaktisch/schulpädagogisch verorteten Diskursen seit vielen Jahren diskutiert (z. B. Teumer, 2012). Der Umgang mit solcherlei Ambivalenzen verweist auf einen grundlegenden Aspekt: Während empirische Arbeiten zum inklusiven Unterricht einen kritisch-analytischen Blick auf Schule und Unterricht(sinteraktion) richten, formulieren Inklusive Didaktiken ihre Prinzipien häufig im Sinne idealiter Vorstellungen von Schule.[11] Dieses Vorgehen ist konsistent zum allgemeindidaktischen Anspruch, den bspw. Klafki (1985/2007) im Rahmen seiner kritisch-konstruktiven Didaktik formulierte. Seine Didaktik stellte zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht das Abbild der Realität dar, sondern eher ein theoretisch gerahmtes pädagogisches Programm von Schule und Unterricht. Exemplarisch in Bezug auf den skizzierten Widerspruch forderte Klafki bereits 1974 die Revision des bisherigen Leistungsverständnisses und die Umsetzung eines pädagogischen Leistungsprinzips in der Schule, wenn er auch an Leistungsvergleichen (und damit Noten) grundsätzlich festhielt. Dieser sollte allerdings „auf das notwendige Minimum beschränkt werden und dem Prinzip der Leistungsanforderung und Leistungsbeurteilung als individueller, der jeweiligen Lernsituation angemessener Lernhilfe untergeordnet werden“ (S. 236). Zur konkreten Frage der Leistungsanforderung und Beurteilung werden seitens der Inklusiven Didaktik solche Überlegungen noch weiter aufgebrochen. So wird durch den Einbezug konsequent aller Kinder die Zielsetzung einer je individuellen Leistungsrückmeldung in den Fokus gerückt. Erneut erscheinen unter inklusiver Perspektive aufgeworfene Fragen nicht neu, sondern in einer zugespitzten Weise.
In der Analyse der inklusionsdidaktischen Modelle unter Berücksichtigung der drei Dimensionen des didaktischen Dreiecks ließ sich feststellen, dass sie in der Bearbeitung der didaktischen Fragen die Lehrenden, Lernenden und die Sache auch im Bezug zueinander gezielter in ihrer Vielfalt betrachten. So werden die Lernenden konsequent individuell betrachtet und bisher marginalisierte Lernbedingungen einbezogen. Damit bekommen Zieldifferenz und eine Entwicklungsorientierung eine besondere Bedeutung. So werden etwa basale Zugänge, aber auch allgemeine außerfachliche Fragen von Lebensumfeld etc. stärker betont. Es geht somit nicht nur um spezifisches Vorwissen oder kognitive Lernvoraussetzungen in einer größeren Bandbreite, sondern auch um einen ganzheitlichen Blick auf Lernvoraussetzungen bzw. die Kinder und Jugendlichen. Weiterhin spielt zugleich die Gemeinsamkeit, die Überschneidungen der Lernenden miteinander, eine Rolle – womit die Komplexität der Betrachtung der Lernenden als Gruppe aus ‚vielfältigen‘ Individuen in Bezug zur Sache relevant wird. Im Gegensatz zur Inklusiven Didaktik werden mögliche Potentiale des Austausches und des gemeinsamen Lernens jedoch in der Allgemeinen Didaktik bislang nicht zentral diskutiert, sondern vielfach eher die Notwendigkeit die unterschiedlichen Voraussetzungen der Lernenden und des Lernens (Stichwort „Bedingungsanalyse“) betont, die dann von der Lehrkraft in der Planung von Unterricht eine Rolle spielen sollten. Lehrende sind in einer stärker inklusionsdidaktischen Perspektive nicht mehr als Einzelperson, sondern im Team zu betrachten. Während Organisations- und Kooperationsformen des Team-Teaching bereits bearbeitet werden, wird dies bislang in seiner didaktischen Dimension kaum thematisiert. Eine genauere Diskussion etwa des Verhältnisses zum Inhalt oder Vermittlungsüberlegungen wäre aber gerade in multiprofessionellen Settings hoch relevant. Weiterhin gilt für die/den einzelne/n Lehrkraft bzw. Pädagog:in, dass sie als Person auch ganzheitlicher adressiert wird. So wird etwa in Bezug auf die konkreten Lernenden und die Kolleg:innen aber auch gesellschaftlich eine selbstreflexive Auseinandersetzung mit der eigenen Positionierung relevant. Die Sache wird wie oben dargelegt gesellschaftlich gerahmt und nicht nur aufgrund der vielfältigen Zugänge der je individuellen Lernenden vielschichtiger zu betrachten sein. Je nach didaktischer Konzeption kommt ihr auch eine Verbindung stiftende Rolle zu, für die wiederum nach gemeinsamen Bedeutsamkeiten gesucht wird. Die Inhaltsfrage aus inklusionsdidaktischer Sicht kann zudem nach expliziter Thematisierung inklusiver Ideen des gleichberechtigten Miteinanders gestellt werden. Bei allen Inhaltsfragen wäre zudem vor allem die Wirkung gesellschaftlicher Marginalisierungsprozesse und Machtverhältnisse reflexiv zu berücksichtigen.
Der Beitrag zeigt, dass sich die gestellten Fragen einer Inklusiven Didaktik denen der Allgemeinen Didaktik gleichen. Die berücksichtigten Faktoren werden jedoch vielfach anders dimensioniert und vertieft, da Differenz und Vielfalt explizit Beachtung finden. So lässt sich übertragen, was Ainscow auf allgemeiner Ebene festhält: „What is particular to an inclusive pedagogy, however, is the way in which teachers conceptualize notions of difference“ (Ainscow, 2008, S. 244; Hervorhebung durch die Autorinnen). So geht es nicht alleine um eine Erweiterung der Bezugspunkte des didaktischen Dreiecks, sondern es zeigen sich Unterschiede dahingehend, wie jeweils Vielfalt oder Differenz sowie Gemeinsamkeit konzeptualisiert wird. Ferner wird in dieser Perspektive die gesellschaftliche Rahmung stärker relevant gesetzt, die sowohl für die konkreten Lehrkräfte und ihre didaktischen Entscheidungen, also die Realisierung in konkreten Praxiskonzepten bedeutsam ist, als auch oft eher unbestimmt in den theoretisch-konzeptionellen Ansätzen thematisiert wird. Eine Frage, die an Inklusive Didaktiken zu stellen ist, wäre hier, inwieweit sie sich als innovativ in Bezug auf das Schulsystem positionieren, d.h. inwieweit sie implizit oder gar explizit die bestehenden Strukturen in Frage stellen und innovative Konzepte für Schulen entwickeln, insbesondere solche mit dem Ziel der Individualisierung des schulischen Lernens (Porsch & Porsch, 2022). Zugleich besteht der Anspruch, dass sie als eher „pragmatischer“ Ansatz unter den aktuellen Bedingungen Umsetzungs- und Gestaltungsmöglichkeiten für sich verändernde schulische Strukturen zu entwerfen vermögen.
Zurück zur Ausgangsfrage des Beitrags – dem Verhältnis der Disziplinen und dem Bild der „fremden Schwestern“ (Terhart, 2002): Noch kann für das Schulsystem nicht festgestellt werden, dass in baldiger Zukunft ein inklusives Schulsystem nahezu flächendeckend in Deutschland implementiert sein wird. Der Prozess der Umsetzung hat jedoch vielfach gezeigt, dass eine inter- und transdisziplinäre Zusammenarbeit (Porsch, 2021) gewinnbringend ist und vielfach zu Innovationen in der Praxis sowie in der Entwicklung theoretischer Konzeptionen geführt hat. Der Beitrag hat auch gezeigt, dass sich die „Schwestern“ nicht unähnlich sind und die Kernaufgabe – die bestmögliche didaktische Förderung der Kinder und Jugendlichen – gleichermaßen verfolgen.
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[2] Eine weitere Analyse der kritisch-konstruktive Didaktik in Bezug auf die Eignung als eine inklusive Didaktik nehmen Kullmann et al. (2014) vor. Der Frage nach der „Eignung Allgemeindidaktischer Modelle für inklusiven Unterricht“ gehen Gesang et al. (2021) in Bezug auf die kritisch-konstruktive Didaktik, dem Berliner und Hamburger Modell nach.
[3] Als anekdotischer Beleg mag hier auch die Tatsache herhalten, dass beide Autorinnen dieses Artikels aus ihrer jeweiligen (vermeintlich getrennten) Disziplin heraus didaktische Modelle in die Arbeit an dem Artikel einbringen wollten und sich schnell herausstellte, dass beide bei den gleichen Autor:innen landeten (einmal verstanden als allgemeindidaktische Konzeptionen, die sich explizit mit Heterogenität befassen und einmal verstanden als inklusionspädagogische Konzepte, die sich explizit mit einer didaktisch-unterrichtsbezogenen Ebene befassen. Dies gab schließlich auch den Anlass für den hier gewählten Zugriff nicht Modelle einander gegenüber zu stellen, sondern in den Modellen die inklusions- und allgemeindidaktischen Perspektiven herauszuarbeiten.
[4] An dieser Stelle gilt ein Dank auch Dr. Julia Frohn für die gemeinsame Diskussion dieser Überlegungen.
[5] Er knüpft dabei u. a. an die Theorie Integrativer Prozesse von Klein et al. (1987) an, die auf die Komplexität dieser Prozesse gerade auf interaktionaler Ebene verweisen.
[6] Auf die umfangreichen Erarbeitungen Wockens dazu sowie zu methodischen Überlegungen im Anschluss an reformpädagogische Konzepte wird hier nicht weiter eingegangen, da sie nicht unmittelbar auf didaktischen Fragen zielen. Sie verweisen aber wie das weiter unten aufgeführte Konzept von Reich auf die Komplexität der Rahmung des Unterrichts in einer inklusiven Schule (z. B. Wocken, 2011).
[7] Dies wird im Übrigen im Sinne normativer Setzungen der Inklusiven Pädagogik durchaus auch kritisch hinterfragt (Balzer, 2019) und kann zugleich u. a. im Sinne (bildungs-)politischer Forderungen als ein konstituierendes Merkmal der (frühen) Entstehungszusammenhänge integrations- und späterhin inklusionspädagogischer Forschung und Theoriebildung gelten (Müller, 2018).
[8] Das Argument der Verbreitung in der Praxis braucht eine Ergänzung. So darf vermutet werden, dass das Modell anschlussfähig auch für die Lehrer:innenbildung sein soll, so dass bekannte Elemente und eine gemeinsame Theoriegrundlage erfolgsversprechend sind.
[9] Der Vorschlag entstammt dem Index für Inklusion, welcher an anderer Stelle auch Indikatoren bzw. Leitfragen zur inklusiven Unterrichtspraxis liefert, aus denen sich durchaus didaktische Leitlinien ableiten ließen. Sie sind aber – entsprechend der Zielsetzung des Index als Schulentwicklungsinstrument – nicht als Teil eines didaktischen Modells aufgestellt oder (theoretisch) eingeordnet. Aus diesem Grund wurde der Index im Artikel trotz seiner Relevanz und Verbreitung nicht genauer behandelt.
[10] Klafki (1985/2007, S. 69) erklärt selbst, dass die „Konzentration auf Schlüsselprobleme (…) die Gefahr von Fixierungen, der Blickverengung, mangelnder Offenheit mit sich“ bringt. Dahingehend wünscht er zusätzlich, dass Unterricht „Zugänge zu unterschiedlichen Möglichkeiten menschlichen Selbst- und Weltverständnisses und zu verschiedenen kulturellen Aktivitäten“ ermöglicht.
[11] Diese Frage greift auch die strukturdeterministische Kritik auf, nach der „sich zuerst die Rahmenbedingungen ändern müssen, um Inklusion erfolgreich umzusetzen“ (Frohn, 2019a, S. 32).