Meike Penkwitt: Einleitung – Intersektionalität und inklusive Pädagogik

Abstract: Das Konzept Intersektionalität ist in der erziehungswissenschaftlichen Diskussion um (insbesondere schulische) Inklusion noch eher neu, die Anzahl an entsprechenden Publikationen bisher vergleichsweise übersichtlich. Die Diskussion wird in der letzten Zeit aber zunehmend intensiver. Geprägt wurde der Terminus im US-amerikanischen Black Feminism Ende der 1980er Jahre ausgehend von einer Reihe von Gerichtsverfahren. Mitte der 2000er-Jahre wurde er – zunächst eher vereinzelt – im deutschsprachigen Diskurs um Feminismus und die Kategorie Gender aufgegriffen und ab etwa 2010 dann auch in der Erziehungswissenschaft immer breiter rezipiert und hier mit unterschiedlichen Ungleichheitskategorien in Verbindung gebracht. Im Kontext der deutschsprachigen Inklusionsforschung ist mittlerweile nicht nur eine ganze Reihe von Büchern und verstreuter Aufsätze, sondern auch Themenhefte und ein Themenstrang in unterschiedlichen Fachzeitschriften erschienen, die sich dem Konzept widmen. Dabei wird Intersektionalität sowohl als theoretisches Paradigma, als (optische) ‚Linse‘ im Sinne eines Sensitizing Konzeptes oder auch (im Rahmen der intersektionalen Mehrebenanalyse) als methodische Herangehensweise diskutiert.

Stichworte: Intersektionalität, Interdependenz, Doing Difference, Soziale Ungleichheit, Disability Studies, Migration, Gender, Alter

Inhaltsverzeichnis

  1. Definitorische Annäherungen und zu den Anfängen des Konzepts Intersektionalität
  2. Die transatlantische und transdisziplinäre Reise des Konzepts
  3. Intersektionalität in Inklusions- und Sonderpädagogischen Fachzeitschriften
  4. Zentrale Punkte in der Diskussion zu Intersektionalität und Inklusion
  5. Zum Mehrwert von Intersektionalität für die Inklusionsdebatte
  6. Literatur

 

“Intersectionality is a lens through which you can see where power comes and collides, where it interlocks and intersects. It’s not simply that there’s a race problem here, a gender problem here, and a class or LBGTQ problem there.” (Kimberlé Crenshaw – aktuell auf ihrer Netzseite)

 

1. Definitorische Annäherungen und zu den Anfängen des Konzepts Intersektionalität[1]

‚Intersektionalität‘ (erstmals Crenshaw, 1989) gilt im Bereich der Inklusiven Pädagogik nach wie vor als ein zumindest noch „relativ neues Forschungsfeld“ (Schildmann, 2019a, 6; ähnlich u.a. Walgenbach, 2015a, 121; Zurbriggen/Kronig, 2016, 210; Schildmann & Schramme, 2018, 86). Im Gegensatz zur weitaus häufigeren Bezugnahme auf den Terminus Heterogenität ist die Anzahl an Publikationen zu Intersektionalität im Forschungsfeld der Inklusions- aber auch Heil-, Sonder- und Behindertenpädagogik bisher relativ überschaubar. Dabei wurde jedoch bereits wiederholt hervorgehoben, dass zwischen dem (nicht auf sonderpädagogische Förderschwerpunkte im Sinne schulischer Behinderungsarten verengten)‚ ‚weiten Inklusionsbegriff‘ – im Sinne einer ‚Pädagogik für Alle‘ im Anschluss an Annedore Prengels ‚Pädagogik der Vielfalt‘ (1993) – und dem Konzept ‚Intersektionalität‘ produktiv nutzbare Schnittstellen bestehen (bspw. Schildmann & Schramme, 2020; Budde et al., 2020). Als eine Art „Bindeglied“ fungieren dabei teilweise die Dis:ability Studies (Walgenbach, 2015a, 122 f.; 128 ff.).
In einer ersten Annäherung bedeutet Intersektionalität „die Überschneidung unterschiedlicher sozialer Kategorien“ und die damit „einhergehenden sozialen Positionierungen“ (Budde, 2013, 27; Herv. i. Orig.). Eine andere Definition hebt darauf ab, „dass historisch gewordene Machtverhältnisse, Subjektivierungsprozesse, Diskriminierungsformen und soziale Ungleichheiten wie Geschlecht, Behinderung, Sexualität/Heteronormativität, Race/Ethnizität/Nation oder soziales Milieu nicht isoliert voneinander konzeptualisiert werden, sondern in ihrer ‚Verwobenheit‘ oder ‚Überkreuzung‘ (intersections) analysiert werden müssen“ (Walgenbach, 2015b, 291 f, Herv. i. Orig.). Indem der Fokus auf das gleichzeitige Zusammenwirken der Ungleichheitsdimensionen, auf ihre Wechselwirkungen, Verschränkungen oder auch Interdependenzen gelegt wird, sollen dabei additive Herangehensweisen überwunden und stattdessen das jeweils Spezifische herausgearbeitet werden (ebd.). Als wichtiger Punkt gilt darüber hinaus, dass den einzelnen Kategorien in unterschiedlichen (gesellschaftlichen, historischen oder auch geographischen) Kontexten eine unterschiedliche Relevanz zukommen kann (ebd.).
Der Ursprungskontext des von der Juristin Kimberlé Crenshaw geprägten Begriffs ist das Antidiskriminierungsrecht und die Critical Race Theory. Ausgangspunkt war die Auseinandersetzung mit einer Reihe von Entscheidungen US-amerikanischer Gerichte: Schwarze Frauen hatten im Fall De Graffenreid vs. General Motors[2] erfolglos versucht zu klagen, weil von einer spezifischen Benachteiligung im Bereich des Arbeitsrechts nur sie betroffen waren, nicht aber Schwarze Männer oder weiße Frauen (Crenshaw, 1989, 141-142). Crenshaw schloss dabei mit ihren theoretischen Ausführungen an die Debatte um ‚race, class & gender‘ an, die aus der Kritik Schwarzer Frauen, sozialistischer Feminist:innen und später auch lesbischer Frauen an der unhinterfragten Absolutsetzung einer heterosexuellen, weißen Mittelschichtsperspektive im Feminismus hervorging. Prominent geworden sind hier u.a. die Rede der Frauenrechtlerin und Abolitionistin Sojourner Truth „Ain’t I a women“ (1851) und das Manifest des Combahee River Collectivs (1977), einem Zusammenschluss Schwarzer, sozialistischer, lesbischer Feministinnen, der 1974 in Boston gegründet wurde.
Das Theorem ‚Intersektionalität‘ veranschaulichte Crenshaw durch das Bild einer Straßenkreuzung (Crenshaw, 1989, 149). Die einzelnen, darauf zulaufenden Straßen repräsentieren dabei unterschiedliche Diskriminierungsachsen. Eine mehrfachbenachteiligte Person befindet sich hier gewissermaßen in deren Zentrum und ist dem Risiko ausgesetzt, von Fahrzeugen, die aus unterschiedlichen Richtungen kommen, angefahren zu werden, was ihre Vulnerabiltät signifikant erhöht. Hinzu komme, dass eine an der Unfallstelle ankommende Ambulanz zunächst klären müsse, welche Versicherung aufgrund der entscheidenden Ungleichheitskategorie gerade zuständig sei, bevor sie mit der Behandlung der verletzen Person beginnen könne. Im Zweifelsfall müsse sie unverrichteter Dinge davonfahren und die verletzte Person zurücklassen (ebd.).

2. Die transatlantische und transdisziplinäre Reise des Konzepts

2005 machte die US-amerikanische Soziologin Leslie McCall einen terminologischen Vorschlag, um die mittlerweile entstandene Vielfalt intersektionaler Zugangsweisen zu systematisieren (McCall 2005). Sie unterscheidet zwischen einer ‚antikategorialen‘, einer ‚intrakategorialen‘ und einer ‚(inter-)kategorialen‘ Herangehensweise. Wie die Bezeichnungen bereits deutlich machen, ist bei McCalls Ordnungsvorschlag der jeweilig spezifische Umgang mit Kategorien zentral: Während bei der antikategorialen Herangehensweise (bestimmte) Kategorien im Sinne poststrukturalistischer und dekonstruktivistischer Zugangsweisen generell in Frage gestellt und problematisiert werden, wird bei der intrakategorialen Herangehensweise jeweils in eine Kategorie hineingezoomt und nach der Heterogenität innerhalb dieser Kategorie, die sich durch die Durchkreuzung mit weiteren (Struktur-)Kategorien ergibt, gefragt.[3] Die interkategoriale oder auch kategoriale Herangehensweise schließlich vergleicht in mehreren Merkmalen unterschiedliche Gruppen miteinander, in der Regel auf der Makroebene und oft mit quantitativen Forschungsmethoden. Das Hinterfragen geläufiger Kategorien steht dabei weniger im Fokus. Ihre Verwendung erfolgt, wie McCall erläutert, jedoch lediglich provisorisch und ‚strategisch‘ (ebd., 1785). Die gesellschaftstheoretische Einbindung, die in intrakategorialen Ansätzen „nur spärlich praktiziert“ (Degele, 2019, 246) wird, wird hier dagegen ‚ernst genommen‘ (ebd.).
Unterschiedliche Theoretiker:innen fokussieren bei ihren Untersuchungen, Rekonstruktionen und Theoretisierungen zumeist nur auf eine von mehreren möglichen Analyseebenen (u.a. McCall, 2005). So beispielsweise auf die gesellschaftliche Mikroebene interaktvier Praktiken bzw. des Doing Difference (u.a. West & Fenstermaker, 1995), die gesellschaftliche Makroebene (u.a. Klinger, 2003 und Knapp, 2005) oder die symbolische Ebene der Diskurse. Zusammengeführt wurden diese unterschiedlichen Ebenen im Modell der intersektionalen Mehrebenenanalyse von Nina Degele und Gabriele Winker (erstmals Degele & Winker, 2007; zentral Winker & Degele, 2009)[4]. Winker und Degele betrachten zum einen die Makro- und Mesoebene der gesellschaftlichen Strukturen, die Organisationen und Institutionen umfassen (1), die Mikroebene der Praktiken, des Doings und der Subjekt- und Identitätskonstitution (2) und schließlich die Repräsentations- oder auch Diskursebene, die quer zu den anderen Ebenen steht und auf der Werte, Normen aber auch Stereotype und Ideologien eine wichtige Rolle spielen (3).[5] Auf der Strukturebene korrespondieren die (Struktur-)Kategorien dabei mit gesellschaftlichen Herrschaftssystemen, die für das kapitalistische Gesellschaftssystem als charakteristisch gelten. Diesbezüglich sprechen Winker und Degele von Heteronormativität/(Hetero-)Sexismus, Klassismus und Rassismus. Diese klassische ‚race, class & gender‘-Trias erweitern sie um eine vierte Strukturkategorie, die Kategorie ‚Körper‘, die die Unterkategorien körperliche Verfasstheit, Gesundheit, Behinderung und Alter umfasst und mit dem Herrschaftssystem Bodyismus korrespondiert, das seinerseits die Diskriminierungsweisen Lookism, Ableism und Ageism zusammenfasst. Während Winker und Degele die (Struktur-)Kategorien auf der Strukturebene im Rahmen der von ihnen vorgeschlagenen empirischen Vorgehensweise einer intersektionalen Mehrebenenanalyse als feststehend betrachten – abgeleitet aus einer Analyse des bestehenden kapitalistischen Gesellschaftssystems –, ist die Art und auch die Anzahl der (Differenz-)Kategorien auf der Identitäts- und der Repräsentationsebene offen.[6] Entsprechend wird in der von den Autor:innen vorgeschlagenen Analysemethode mit den Strukturkategorien deduktiv, mit den Differenzkategorien auf der Identitäts- und der Repräsentationsebene dagegen induktiv verfahren. Ausgangspunkt sind dabei die Praxen einzelner Individuen oder auch Gruppen, die – z.B. ausgehend von Interviews oder auch Gruppendiskussionen – rekonstruiert werden können.[7]
Zunächst wurde das Konzept Intersektionalität vor allem im Bereich der Genderforschung diskutiert,[8] in den USA vor allem in den Bereichen Politik und Recht (oft verbunden mit dem Konzept des Empowerments). Es wurde dann aber schnell auch in anderen Fachbereichen und auch in praktischen Arbeitsfeldern aufgegriffen, so z.B. den Cultural Studies, der Diversity Education oder im Menschenrechtdiskurs der UN (Walgenbach, 2014, 54). So wird die Überschneidung von Behinderung und Geschlecht im Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (United Nations, 2006) im Abschnitt 6 „Frauen mit Behinderung“ angesprochen. McCall spricht davon, dass es sich bei dem Konzept Intersektionalität um den wichtigsten theoretischen Beitrag der Genderforschung handele, der auch jenseits dieses Kontextes rezipiert werde (McCall, 2005, 1771).
Eingeführt in die Pädagogik wurde das Konzept im deutschsprachigen Raum erstmals bereits 2001 von der Gesellschaftswissenschaftlerin Helma Lutz (2001)[9] – im Anschluss an die PISA-Debatte und im Kontext der dadurch ausgelösten verstärkten Ungleichheitsforschung im Bereich der Pädagogik. Zu diesem Zeitpunkt gab es in der Erziehungswissenschaft, wie Walgenbach (2014, 80) hervorhebt, bereits „eine längere Tradition, Kategorien zusammenzudenken“ und manche Autor:innen fassten dann auch Ergebnisse aus früheren Forschungsprojekten „im Paradigma Intersektionalität“ (ebd.) terminologisch neu. Diskutiert und weiterentwickelt wurde das Konzept dabei zunächst in der Geschlechter- und in der Migrationspädagogik, insbesondere von Forscher:innen, die auch schon zuvor beide Perspektiven verbunden hatten.[10]
Im Zusammenhang mit Behinderung tauchte der Terminus ‚Intersektionalität‘ dann zunächst innerhalb der Dis:ability Studies auf – im Rahmen einer Publikation von Heike Raab (2007) zur Interdependenz von Behinderung, Geschlecht und Heteronormativität, einem insbesondere für die Queer Studies zentralen Begriff. Ebenfalls früh verwendete Ulrike Schildmann den neuen Terminus. Sie hatte sich bereits vor dem Aufkommen des neuen Begriffs seit mehreren Jahrzehnten mit dem Zusammenwirken unterschiedlicher Strukturkategorien beschäftigt, wobei für sie – neben Gender und Behinderung – die Kategorie Alter zentral ist. 2012 verfasste sie dann einen ersten Aufsatz, in dem sie sowohl terminologisch als auch theoretisch an die Intersektionalitätsdebatte anschloss (Schildmann, 2012). In der Folge fasste auch sie ihre bisherige Forschung teilweise im begrifflichen Rahmen des Intersektionalitätsdiskurses terminologisch neu (Schildmann et al., 2019).
Insgesamt lassen sich zwei Diskurstränge zur theoretischen und analytischen Verknüpfung von Intersektionalität und Behinderung verfolgen: Der eine Strang ist im Anschluss an Raab im Kontext der Dis:ability Studies verortet. Zentral ist hier u.a. der Sammelband Gendering Disability. Intersektionale Aspekte von Behinderung und Geschlecht, der von Jutta Jacob, Swantje Köbsell und Eske Wollrad (2010) ausgehend von einer gleichnamigen Tagung herausgegeben wurde. Neben der von Raab eingeführten Triade Ability, Geschlecht und Heteronormativität[11] werden über einzelne Aufsätze zudem auch Aspekte zu Schwarzsein, dem Migrationshintergrund und dem Rassebegriff berücksichtigt, was in der Intersektionalitätsforschung oft mit ‚Race‘ oder auch ‚Ethnizität‘ zusammengefasst wird.[12] Der andere Diskussionsstrang geht auf die sozialwissenschaftliche Frauen- und Geschlechterforschung zurück, die sich der Analyse des Verhältnisses zwischen Behinderung und Geschlecht bereits in den 1980er Jahren widmete (Schildmann et al., 2017a, 4) und ab Mitte der Nullerjahre zudem auch der Kategorie Alter (Schildmann & Schramme, 2017b, 191), die von Winker und Degele ebenfalls unter Körper gefasst wird. Die feministische Inklusionspädagogin Schildmann ist hier nach wie vor eine zentrale Stimme.
Die Schnittstelle in Bezug auf Migration wurde von Gudrun Wansing und Manuela Westphal über die beiden Sammelbände Behinderung und Migration. Inklusion, Diversität, Intersektionalität (2014) und Migration, Flucht und Behinderung. Herausforderungen für Politik, Bildung und psychosoziale Dienste (2019) fokussiert. Anzumerken ist, dass zwar jüngere Migrationsbewegungen weitere zu bearbeitende Felder eröffnen, die Schnittstelle zwischen Behinderung und Migration jedoch über die vergleichsweise hohe Anzahl von Empfehlungen und Zuweisungen für Kinder mit familiärer Migrationsgeschichte zu Schulen mit förderpädagogischen Schwerpunkten zeitlich bereits früh bearbeitet wurde. Der Grund dafür liegt dabei nicht in einem tatsächlich genuin‚ erhöhten Förderbedarf der Schüler:innen, sondern vielmehr in der diskriminierenden Separationspraxis und den ungleichen Chancen im Bildungssystem. Die heute immer noch bestehende Kritik wird bspw. von Donja Amirpur (2016) über den Titel einer ihrer Veröffentlichungen zum Ausdruck gebracht: „Migrationsbedingt behindert? Familien im Hilfesystem. Eine intersektionale Perspektive“.

3. Intersektionalität in Inklusions- und Sonderpädagogischen Fachzeitschriften

Mittlerweile sind im Bereich der Sonder-, Heil-, Behinderten und auch Inklusionspädagogik eine Reihe von Zeitschriftenausgaben erschienen, die dem Konzept ‚Intersektionalität‘ gewidmet sind: So erschien in der Sonderpädagogischen Förderung heute 2015 eine Ausgabe mit dem Titel Intersektionalität und Behinderung (mit einer Einführung von Christian Lindmeier sowie Aufsätzen von Katharina Walgenbach, Markus Dederich, Julia Zinsmeister, Jürgen Budde und Merle Hummrich). Im Jahr 2016 eröffneten Carmen Zurbriggen und Winfried Kroner den „Themenstrang Intersektionalität“ im Rahmen der Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihrer Nachbargebiete (VHN), in dem bis 2018 insgesamt fünf weitere Artikel erschienen sind (Walgenbach, 2016; Emmerich, 2017; Schildmann & Schramme, 2017; Wagner, 2017; Zinsmeister & Vogel, 2018; Hinni & Zurbriggen, 2018). Und bei der Zeitschrift Gemeinsam leben. Zeitschrift für Inklusion gab Ulrike Schildmann dann Anfang 2019 gemeinsam mit Sebastian Möller-Dreischer eine Ausgabe mit dem Titel „Inklusion trifft Intersektionalität“ heraus. Mit Intersektionalität beschäftigen sich zudem Christian Lindmeier (2019a) in einem ebenfalls in der Zeitschrift Sonderpädagogische Förderung heute (2019) erschienenem Aufsatz mit dem Titel „Differenz – Othering – sonderpädagogischer Bildungsbedarf“ sowie Katrin Kreuznach mit einem am gleichen Ort erschienen Aufsatz mit dem Titel „Ableismus heute: Greta Thunberg in den Augen Michel Onfrays“ (2019).[13]
Darüber hinaus erschien im Herbst 2020 eine Ausgabe der GENDER. Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft mit dem Titel „Inklusion und Intersektionalität in institutionellen Bildungskontexten“.[14] Und schließlich spielte das Thema Intersektionalität und Inklusion in der bereits 2011 online gegangenen Ausgabe der Zeitschrift für Inklusion online zum Thema Gender[15] sowie in einer Ausgabe des Jahrbuchs Frauen- und Geschlechterforschung in der Erziehungswissenschaft mit dem Titel „Das Geschlecht der Inklusion“ (2016).[16] eine wichtige Rolle.
Bei Katharina Walgenbach (2016) geht es dabei neben der Anschlussfähigkeit der Inklusionsforschung – teilweise auch vermittelt über die Dis:ability Studies (Walgenbach, 2015a) – an die Intersektionalitätsdebatte darum, zu unterstreichen, dass es sich bei Intersektionalität um ein ‚Paradigma‘ handelt (Walgenbach, 2016). Wie sie herausarbeitet, erfüllt Intersektionalität die laut Kuhn dafür erforderlichen Kriterien, indem sie „ein Set von Begriffen, theoretischen Interventionen, Prämissen, Problemvorschlägen und Lösungsvorbildern zur Verfügung“ (ebd., 212) stelle, „die als gemeinsamer Orientierungsrahmen fungieren und neue Forschungsperspektiven eröffnen“ (ebd.). Sie verfügt zudem über ein gemeinsames Gründungsnarrativ, was laut Kathy Davis (2008, 75 zit. nach ebd., 213) „einen bedeutsamen Teil der normative committments“ (Herv. i. Orig.) ausmacht. Intersektionalität dürfe darum, so Walgenbach, nicht auf die Analyse von Wechselbeziehungen reduziert werden. Ein besonderes Potential liege vielmehr darin, dekonstruktive, identitätstheoretische und sozialstrukturelle Perspektiven zusammen zu bringen. Mit den Dis:ability Studies aber auch den Queer Studies verbinde die Intersektionalitätstheorie darum vor allem, dass diese Ansätze „Körper als Effekt von Diskursen, Praktiken und Machtverhältnissen“ (Walgenbach, 2015a, 128) begreifen. Verbindend – auch mit der Inklusionspädagogik – sei darüber hinaus der „Fokus auf Diskriminierung, Macht und Normalisierung“ (ebd., 131).
Neben der Relevanz, in der Inklusions- und Behindertenpädagogik unterschiedliche Ungleichheitsdimensionen zusammenzudenken, betont Dederich (2015) das Potential der Intersektionalitätsforschung für eine Verfeinerung und Ausdifferenzierung von Analyseoptiken bezüglich sozialer Ungleichheit sowie der Produktion oder auch Herstellung von Behinderung beizutragen (ebd., 139). Er begründet dies – wie viele weitere Autor:innen – mit der Überrepräsentanz bestimmter Schüler:innen an Förderschulen, bei denen sich mehrere Ungleichheitslinien verschränken. Darüber hinaus stellt Dederich (2014) einen Bezug zur Debatte um Dekategorisierung her (u.a. Benkmann, 1994; Haas, 2012; Katzenbach, 2015; Hinz & Köpfer, 2016; Dederich, 2016; Musenberg et al., 2018). Hier sieht Dederich Klärungspotential seitens der Intersektionalitätsforschung. Im Gegensatz zur „antikategorialen inklusiven Pädagogik“ (Dederich, 2014, 52) sei nämlich das Verhältnis der Intersektionalitätsforschung zu Kategorien ambivalent. Letztere unterziehe Kategorien einer Kontextualisierung und arbeite deren gesellschaftliche Bedingtheit heraus. Das Dilemma der nicht vollständigen Vermeidbarkeit der Verwendung von Kategorien werde dadurch zwar nicht aufgehoben, aber zumindest theoretisch und reflexiv berücksichtigt (ebd.), indem in einer doppelten Perspektive gleichzeitig kategorial und kategorienkritisch gedacht werde. Laut Dederich kommt die Intersektionalitätsforschung „der in der inklusiven Pädagogik weit verbreiteten Überzeugung entgegen, dass klare klientelbezogene, institutionell-organisatorische und disziplinäre Abgrenzungen nicht mehr zeitgemäß sind“ (Dederich, 2015, 147).
Die Juristin Julia Zinsmeister (2015) geht mit einer rechtswissenschaftlichen Perspektive auf das Thema Mehrfachbenachteiligung ein sowie darauf, dass der Gedanke der Intersektionalität in den vergangenen Jahren auch in das nationale und internationalen Recht Eingang gefunden hat: Diskriminierungen werden dabei nicht nur additiv sondern auch intersektional wahrgenommen und neben unmittelbaren spielen auch mittelbare Diskriminierungen eine wichtige Rolle. Zudem setzt sie sich zusammen mit Anna-Katharina Vogel (Zinsmeister & Vogel, 2018) – ihre rechtswissenschaftliche mit deren sozialwissenschaftlicher Perspektive verbindend – mit der intersektionalen Verschränkung von Behinderung, Geschlecht und Sexualität auseinander. Der Fokus liegt dabei auf den reproduktiven Rechten, dem Strafrechtsschutz bei sexualisierter Gewalt und der sexuellen Selbstbestimmung von Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen. Wie die Autorinnen deutlich machen, kann „auch vermeintlich neutrales Recht diskriminierende Effekte entfalten“ (ebd., 10).
Laut Marcus Emmerich (2017) steht „die Bezugnahme auf Intersektionalität … gegenwärtig für die Wiederentdeckung der Ungleichheitsfrage im erziehungswissenschaftlichen Diskurs um Diversität und Heterogenität“ (ebd., 105), vor deren „Hintergrund … auch Behinderung zum Gegenstand der Ungleichheitsdiskussion zu werden“ (ebd.) scheine. Er betrachtet Intersektionalitätsansätze eher als kategorial verhaftet und schlägt einen „Perspektivwechsel von der Intersektionalität sozialer Gruppenkategorien zur Polykontexturalität gesellschaftlicher Schließungsmechanismen“ (ebd., 102) vor, eine Herangehensweise, die er als „differenzierungstheoretische Intersektionalitätsforschung“ (ebd., 110) bezeichnet. Diese von ihm vorgeschlagene Analyseperspektive geht „von der Intersektionalität sichtbarer Sozialstrukturen zurück … zur Polykontexturalität gesellschaftlicher Strukturierungsprozesse“ (ebd.). Voraussetzung dafür sei die Rückbindung der Intersektionalitätstheorie an eine tragfähige Differenzierungstheorie (ebd., 112).
Ulrike Schildmann und Sabrina Schramme (2017) arbeiten bei ihrer Auseinandersetzung mit der Triade ‚Behinderung, Alter und Geschlecht‘ u.a. heraus, „dass Behinderung in den einzelnen Altersabschnitten von unterschiedlichen politischen Ressorts, Institutionen und Professionen definiert wird“ (ebd., 196). Intersektionalitätstheoretische Ansätze könnten bei dem im Rahmen einer Inklusiven Pädagogik notwendigen „reflexiven Umgang mit diversen Heterogenitätsdimensionen“ (ebd., 197) dabei unterstützen, „Ungleichheitsverhältnisse analytisch zu fassen“ (ebd.). Zentral dabei sei, dass der Blick über den Lebensabschnitt des Schulalters hinaus geweitet werde. Ein spezieller Fokus von Sabrina Schramme liegt auf einer subjektiven Perspektive, die aktuell auch in anderen den Dis:ability Studies nahestehenden Arbeiten an Bedeutung gewinnt, so z.B. bei Mai-Anh Boger (2019), Gertraud Kremsner (2017) und Tobias Buchner (2018). Schildmann et al. (2019) verbinden das Konzept Intersektionalität im Rahmen der Inklusionspädagogik mit einem anderen, in diesem Bereich bereits prominenten Mehrebenenmodell: dem ‚Vierebenenmodell integrativer Prozesse‘ (Reiser/Klein/Kreie/Kron, 1986)[17], mit dem zwischen einer innerpsychischen, interaktionellen, institutionellen und gesellschaftlichen Ebene differenziert wird.
Sandra J. Wagner (2017) sieht den Erfolg des Konzepts Intersektionalität „vor allem in der friedlichen Koexistenz verschiedener theoretischer Strömungen“ (ebd., 298). Verbindend sei dabei „der Wille, Ungleichheitslagen als Herrschaftslagen in neoliberalen Strukturen und Politiken zu identifizieren und neuen Schwung in eine festgefahrene Debatte der modernen Dekonstruktion zu bringen“ (ebd.). Sie vertritt die These, dass nur die Verknüpfung der Kategorien Behinderung und Migrationshintergrund „die ungleiche Platzierung von Kindern mit und ohne Migrationshintergrund im schulischen Bildungssystem ausreichend … erklären“ (ebd., 304) könne. Jegliche Kategorisierung stellt für sie dabei unter Bezugnahme auf Riegel (2016) bereits eine Form des Otherings dar (Wagner, 2017, 301).
Ein Punkt, auf den Jürgen Budde in unterschiedlichen (Co-)Autor:innenschaften immer wieder zurück kommt (zuletzt Budde et al., 2020, 37) ist die Frage nach konkreten Möglichkeiten und Schwierigkeiten einer Umsetzung empirischer Untersuchungen zu Intersektionalität: Zentral sei dabei die Frage, wie es gelingen kann, über eine Rekonstruktion der für eine Situation, eine Gruppe oder auch Einzelperson relevanten Diskriminierungen hinauszugelangen und die Verbindung zu erziehungswissenschaftlichen Fragestellungen herzustellen.
Meist geht es bei Publikationen zum Thema Intersektionalität aus dem Bereich der Heil-, Sonder- und Inklusionspädagogik darum, zu reflektieren, „welche Differenzkategorien und -linien sich mit Behinderung ‚dynamisch überkreuzen‘“ (Lindmeier, 2013, 120). Ähnlich wie bei primären Fokussierungen auf race und gender aus der Perspektive der entsprechenden Differenzpädagogiken besteht hier die Gefahr, dass eine Differenzlinie weiterhin als Masterkategorie fungiert. Die anderen Ungleichheitsdimensionen spielen dann nur eine Rolle, solange ihnen innerhalb der jeweiligen Masterkategorie Relevanz zukommt. Im Falle von Behinderung kann dies dazu führen, dass – sollte ein Kind nicht (auch) behindert sein – sich Heil-, Sonder- und Inklusionspädagog:innen nicht zuständig fühlen, sodass – um im Bild der intersections zu bleiben – die dis:abilty-Ambulanz die Unfallstelle (im Zweifelsfall) unverrichteter Dinge verlässt.
Eine Ausnahme stellt hier das von Jürgen Budde und Merle Hummrich (Budde & Hummrich, 2014, Budde & Hummrich, 2015, Hummrich & Budde, 2015) vorgeschlagene Konzept einer reflexiven Inklusion dar. Den Begriff haben die Autor:innen im Anschluss an das Konzept der ‚reflexiven Koedukation‘ von Hannelore Faulstich-Wieland (1995) im Bereich der Frauen- und Geschlechterforschung und dessen Weiterentwicklung zur ‚reflexiven Interkulturalität‘ durch Franz Hamburger (2000, Anlagen dazu bereits 1991) im Bereich der interkulturellen Pädagogik entwickelt. Bei der reflexiven Inklusion geht es nicht nur darum, Inklusion als eine sensible Balance zwischen Dramatisierung und Entdramatisierung oder auch zwischen einer gezielten Thematisierung und Dethematisierung zu verstehen. Budde und Hummrich plädieren auch dafür, für alle Ungleichheitsdimensionen sowie deren Verschränkungen gleichzeitig sensibel zu sein und die Verantwortung dafür nicht in einen anderen pädagogischen Bereich abzuschieben. Dabei geht es ihnen nicht um eine Ausweitung der Sonderpädagogik, vielmehr solle im Rahmen einer reflexiven Inklusion die Trennung zwischen den sogenannten Bindestrich- und Spezialpädagogiken überwunden werden. Ähnlich wie später u.a. auch Dederich (2020) plädieren Budde und Hummrich (2014) darüber hinaus dafür, Inklusion als sozialwissenschaftliche Thema zu verstehen, das das gesamte Spektrum gesellschaftlicher Teilhabe betrifft.

4. Zentrale Punkte in der Diskussion zu Intersektionalität und Inklusion

Die Subsummierung der Kategorien ‚Alter‘ und ‚Behinderung‘ (neben ‚Gesundheit‘, ‚körperlicher Verfasstheit‘ und ‚Attraktivität‘) unter die übergeordnete Kategorie ‚Körper‘, die Degele und Winker (2007) im Rahmen ihres Modells einer intersektionalen Mehrebenenanalyse auf der Makroebene (neben der klassischen Trias ‚race, class & gender‘) als vierte Strukturkategorie eingeführt hatten, wurden im Rahmen der Intersektionalitätsforschung sowohl seitens der Inklusionspädagogik als auch von den Dis:ability Studies infrage gestellt. Ein entscheidender Kritikpunkt besteht dabei darin, dass die Subsummierung von Behinderung unter Körper einem Verständnis von Behinderung im Sinne des individualisierenden, biologisch-medizinischen Modells entspreche, also hinter das sozialwissenschaftliche Modell zurückfalle (u.a. Dederich, 2015, 145). Darüber hinaus sei „Verkörperung an sich [...] ihrer Form nach intersektionell [sic!]“ (Villa, 2010/2013, 236; Schildmann & Schramme, 2018, 71) und gehe „wegen ihrer mimetischen Dimension […] über jeden kategorialen Rahmen hinaus“ (Villa, 2010/2013, 236 f.). Laut Gudrun Axeli Knapp (2013a) bezeichnet „Körper/Bodyismus […] eine sogenannte ‚Querschnittsproblematik‘, die in jedem der genannten Verhältnisse [‚race, class & gender‘‚ – Ergänzung M.P.] und deren Intersektion auf spezifische Weise relevant“ werde (Knapp, 2013a, 349 f.; zit. nach Schildmann & Schramme, 2018, 71). Schildmann und Schramme heben zudem hervor, dass sich Behinderung und Alter zudem in einer Vielzahl von Aspekten (u.a. betreffe Alter alle Menschen, Behinderung nur eine Teilgruppe) so stark unterscheiden würden, dass sie nicht unter der „(Super-)Kategorie“ ‚Körper‘ zusammengefasst werden können (ebd.).
Sind die Sonderpädagogik oder auch die Dis:ability Studies beteiligt und/oder geht es um Inklusion, die durch die Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention einen erheblichen Reformschub erhielt, ist es aber keine Frage, dass Behinderung in Untersuchungen, Theoretisierungen und Programmen eine zentrale Rolle spielen sollte und zudem zumeist als eigenständige Strukturkategorie behandelt wird (u.a. Ziemen, 2018,[18] Biewer et al., 2019; Lindmeier, 2019b; Dirim/Mecheril 2018[19]).
Im Gegensatz zum Konzept ‚Heterogenität‘ im Sinne einer ‚egalitären Differenz‘ (Honneth, 1990; Prengel, 1993, 2006, 2001) ist das Konzept der Intersektionalität mit seiner Betonung der (strukturellen) Ungleichheitsdimension – zumindest nicht so direkt – an den für inklusionspädagogische Kontexte zentralen ‚normativen‘ Anerkennungsdiskurs (im Anschluss an Honneth)[20] anschließbar (Walgenbach, u.a. 2015, 131 f.), da, wie Kritiker:innen es wiederholt zugespitzt haben, Ungleichheiten nicht ‚gefeiert‘ werden können.
Umgekehrt hat aber das Konzept ‚Heterogenität‘ das Defizit, dass es zumindest nicht in gleicher Weise wie der Terminus ‚Intersektionalität‘ Macht- und Ungleichheitsverhältnisse in den Fokus nimmt. So hebt zuletzt Lindmeier (2019b, 83) – u.a. im Anschluss an Budde 2012, Emmerich/Hormel 2013 und Walgenbach 2014 – hervor, dass der bisher für den deutschsprachigen schulpädagogischen Inklusionsdiskurs zentrale Heterogenitätsbegriff „nur wenig zu Ungleichheits-, Macht- und Normierungsverhältnissen beitragen“ (Lindmeier, 2019b, 83) könne. Eine vermittelnde Position nehmen hier Schildmann und Schramme ein, die angesichts dieses Dilemmas argumentieren, dass Inklusive Pädagogik unterschiedliche theoretische Grundlagen benötige (Schildmann, 2018, 80).[21]
Ein Lösungsansatz zu dieser Begrenzung des Konzepts Intersektionalität, per definitionem strukturelle Ungleichheit zu fokussieren, stammt von Lutz und Leiprecht (2009). Für die von den Autor:innen vorgeschlagene biografie- und ressourcenorientierte Herangehensweise (ebd., 191ff.) dürfe die jeweilige Handlungsmacht einzelner Personen nicht ausgeklammert werden, da es sich bei ihnen nicht um „passive Anhängsel von Strukturen“ (ebd., 195) handele. Vielmehr gehe es auch darum, den jeweiligen konkreten „subjektiven Möglichkeitsraum“ (Holzkamp, 1983, 368; zit. nach Leiprecht & Lutz, 2009, 187) zu erfassen, um die künstliche Trennung zwischen Individuum und Gesellschaft zu überwinden und beide Blickwinkel einnehmen zu können. Über diese Herangehensweise ließen sich „in Biografien intersektionale Verknüpfungen analysieren“ (ebd., 190), was zu umfassenden Erkenntnissen führe.
In dieser u.a. erkenntnistheoretischen Perspektive lassen sich Bezüge zu Marcus Emmerich und Ulrike Hormel (2013) herstellen, die innerhalb einer umfassenden Rekonstruktion das pädagogische Unterscheidungswissen zu Heterogenität, Diversität und Intersektionalität herausarbeiten. Dabei verorten Sie „Intersektionalität zwischen kategorialer Beobachtung und Klassifikationskritik“ (ebd., 211ff.). Demnach kommt dem Ansatz auch die Funktion eines Korrektivs zu, bestehende Deutungsmuster und darüber vollzogene kategoriale Beobachtungsweisen zu hinterfragen. Für den erziehungswissenschaftlichen Bereich der interkulturellen Pädagogik wird diesbezüglich die „Kulturalisierung“, die sich über eine solch kategorial eingenommene Beobachtungsweise einzuschleichen vermag, exemplarisch als "Reflexionsproblem“ (ebd., 132ff.) benannt. Intersektionalität bietet sodann Reflexionswissen im Sinne der von Emmerich und Hormel bezeichneten Klassifikationskritik, das den Erkenntnisgewinn erhöht. Dies betrifft in Anschluss an Krüger-Potratz und Lutz (2002, 85; Emmerich/Hormel 2013, 238) sowohl die Theoriebildung als auch die Empirie. Es bezieht über das Deuten von Situationen und Settings auch die pädagogische Praxis mit ein.
Neben der Funktion des Korrektivs wurde Intersektionalität mittlerweile bereits über eine ganze Reihe von Bezeichnungen begrifflich zu fassen versucht, u.a. über die folgenden Termini: ‚Paradigma‘ (Walgenbach, 2015a, 2015b, 2016), ‚Theorie‘ (u.a. McCall, 2005), ‚Analysewerkzeug‘ (Lutz, 2001), ‚Reflexionsanlass und -wissen‘ (Emmerich & Hormel, 2013), ‚Programmatik‘ und ‚Agenda‘ (u.a. Lutz et al., 2012), ‚Sensitizing Concept‘ (Knapp, 2013b) oder auch – mit Blick auf den Distinktionswillen der Akteur:innen im Feld – als ein „eher internes Erkennungszeichen, mit der man signalisiert, aus welcher Theorieecke man in etwa kommt“ (Boger, 2017). Crenshaw spricht neuerdings häufiger bildhaft von Intersektionalität als einem ‚Prisma‘ oder auch einer ‚Linse‘, das (bzw. die) ansonsten nicht sichtbare Benachteiligungen und Diskriminierungen sichtbar mache (u.a. Crenshaw & Dobson, 2016). Die dadurch umschriebenen Vorteile sollen innerhalb des Themenheftes weiter fokussiert werden.

5. Zum Mehrwert von Intersektionalität für die Inklusionsdebatte

Der zentrale und offensichtliche Mehrwert des Intersektionalitätansatzes für die Inklusionsforschung ist die gleichzeitige Betrachtung unterschiedlicher Ungleichheitsdimensionen. Dabei ermöglicht es die intersektionale Herangehensweise, verschiedene Differenzkategorien nicht additiv zu betrachten, sondern diese in ihrer Interdependenz als miteinander verschränkt und dadurch als etwas Spezifisches der jeweiligen Situation zu verstehen. Doch auch darüber hinaus werden von zahlreichen Autor:innen eine ganze Reihe von Aspekten hervorgehoben, die für die Inklusionsforschung gewinnbringend sein könnten. So wird über das Konzept der Intersektionalität der Fokus explizit auf die soziale Position sowie die damit einhergehende soziale Ungleichheit gerichtet, was in Bildungskontexten für strukturelle Vorteile und Benachteiligungen der Involvierten sensibilisieren kann. Gleichzeitig wird Differenz über die performative Auffassung im Sinne eines ‚Doing‘ als sozial konstruiert verstanden und nicht essentialistisch als vermeintlich ‚gegeben‘. Auch die Funktion eines Korrektivs kommt dem Ansatz gewinnbringend zu, bestehende Deutungsmuster und darüber vollzogene „kategoriale Beobachtungsweisen“ (Emmerich & Hormel, 2013, 211ff.) zu hinterfragen. Darüber hinaus können z.B. im Anschluss an das Modell einer ‚intersektionalen Mehrebenenanalyse‘ auch unterschiedliche gesellschaftliche Ebenen gleichzeitig in den Blick genommen und zueinander in Bezug gesetzt werden.
Eine Spannung, die sich durch den spezifischen Veröffentlichungsort dieses Themenheftes ergibt, liegt in dem priorisierten Stellenwert von Behinderung einerseits, der sich aufgrund der thematischen Ausrichtung der Zeitschrift ergibt, und der eigentlich gewollten Gleichberechtigung unterschiedlicher Differenzkategorien andererseits, die das fokussierte Konzept Intersektionalität verlangt. In diesem Sinne spricht Lindmeier von einem „spezifische[n] Fokus auf die soziale Differenz Behinderung/Nicht-Behinderung“[22] (Lindmeier, 2019b, 12).[23] Er plädiert jedoch gleichzeitig für eine Transformation der bisherigen Sonderpädagogik zu einer „differenztheoretisch[24] reflektierte[n], diversitätsbewusste[n][25] Pädagogik bei Nicht/Behinderung“ (ebd.). Lindmeiers Vorschlag kommt dabei der von Budde und Hummrich propagierten ‚reflexiven Inklusion‘ recht nahe. Alternativ ließe sich vielleicht auch von einer ‚intersektionaliätsbewussten‘ oder auch einfach ‚intersektionalen Pädagogik‘ (Kompetenzstelle intersektionale Pädagogik, 2015) bzw. auch von ‚intersektionaler Inklusion‘ (More & Ratković, 2020) sprechen. (Bei diesen Formulierungen ginge dann allerdings der spezifische Fokus auf die Kategorie Behinderung verloren.) Dabei sollte das Konzept Intersektionalität dafür genutzt werden, insbesondere auch interdisziplinäre Allianzen zu schmieden.[26]
Schließen möchte ich mit einem Zitat von Ulrike Schildmann und Sabrina Schramme:
„Intensive Auseinandersetzungen haben … begonnen und sind nicht nur auf dem Feld der mit Behinderung befassten Teildisziplinen der Erziehungs- und Bildungswissenschaften zu führen, sondern im Rahmen aller Teildisziplinen und vor allem zwischen diesen.“ (Schildmann & Schramme 2018, 84).

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[1] Diesen Text habe ich bereits im Herbst 2020, in Vorbereitung auf unsere Herausgeber:innenschaft bei der Zeitschrift für Inklusion verfasst. Dadurch ergeben sich nun Überschneidungen mit dem in derselben Ausgabe erscheinenden programmatischen Beitrage von Christian Lindmeier. Nach ausgiebigen Überlegungen und Diskussionen (und auch in Rücksprache mit Christian Lindmeier) haben wir uns jetzt letztlich sowohl gegen eine Streichung der entsprechenden Abschnitte in diesem Aufsatz als auch gegen eine Hervorhebung aller Parallelen entschieden: Zum einen nehmen die Texte teilweise eine deutlich unterschiedliche Perspektive ein und ergänzen sich zudem in einigen Punkten auf eine schöne Weise, zum anderen gab es den Text von Lindmeier, als der vorliegende Aufsatz verfasst wurde, noch gar nicht. Die Doppelungen können dabei zudem als eine Bestätigung des unabhängig voneinander rekonstruierten Diskursverlaufes gelesen werden, jeweils mit etwas unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen oder sogar Verständnisweisen: So stammt Christian Lindmeier aus dem Kern der sonderpädagogischen Diskussion und hat dort auch schon wiederholt zum Thema Intersektionalität (und Inklusion) publiziert, während ich mich diesem Gebiet, von den Gender Studies her kommend, erst in den letzten Jahren angenähert haben. Dem Text liegen intensive Diskussionen mit meinem Mitherausgeber Benjamin Haas sowie Tim Wolfgarten zugrunde, der urspünglich ebenfalls als Herausgeber mit eingeplant war und dann auch noch den Schreibprozess durch zahlreiche lange Gespräche und Diskussionen mit begleitete.

[2] Daneben spielten auch die beiden Fälle Moore vs. Hughes Helicopters und Payne vs. Tavenol für ihre Überlegungen und Argumentationen eine wichtige Rolle.

[3] Dies ist nicht zu verwechseln mit der ‚Binnendifferenzierung‘ der jeweiligen Kategorien, die z.B. innerhalb der Kategorie ‚Migration‘ durch die unterschiedlichen Migrationsformen wie bspw. Fluchtmigration und innerhalb der Kategorie ‚Behinderung‘ durch die Unterscheidung anhand von unterschiedlichen Behinderungsformen oder (im schulischen Kontext) Förderschwerpunkten.

[4] Ein intersektionales Modell, das ebenfalls mehrere Ebenen zusammenzudenken versucht, wurde bereits von Floya Anthias (1998) vorgeschlagen. Sie unterscheidet zwischen Diskriminierung/Erfahrung, Akteure/intersubjektive Praxis, Institution/Regime und Repräsentation, symbolisch und diskursiv).

[5] Auf dieser Basis definieren Winker und Degele Intersektionalität „als kontext-spezifische, gegenstandsbezogene und an sozialen Praxen ansetzende Wechselwirkungen ungleichheitsgenerierender sozialer Strukturen (d.h. von Herrschaftsverhältnissen), symbolischer Repräsentationen und Identitätskonstruktionen“ (Winker/Degele 2019, 15).

[6] Auf diese Weise lösen Winker und Degele das von Judith Butler so benannte Etc.-Problem, dass darin besteht, dass auch am Ende einer langen Aufzählung von in einer Untersuchung als relevant erachteten Ungleichheitskategorien am Ende oft noch ein ‚verlegenes‘ Etc. steht, das aber immerhin bewusst macht, dass man sich der unvermeidlichen Unvollständigkeit  einer solchen Aufzählung bewusst ist.

[7] Die sich auf dieser Ebene jeweils als relevant erweisenden Differenzkategorien werden dann mit den auf der Repräsentations- und der Strukturebene relevanten Kategorien in Verbindung gesetzt und schließlich geclustert.

[8] Das ist deshalb besonders bemerkenswert, weil im Rahmen der Gender-Forschung die für die späten Siebzigerjahre prägende Debatte um Haupt- und Nebenwiderspruch ad acta gelegt wurde.

[9] Der Aufsatz von Lutz erschien schon vor dem Aufsatz von Knapp (2005), der häufig als entscheidend für die Eröffnung der deutschsprachigen Intersektionalitätsdebatte angeführt wird (u.a. Winker/Degele 2019, 29). Verstärkt in den Erziehungswissenschaften aufgegriffen wurde das Konzept dann allerdings erst etwa ab 2010 (Budde, 2020).

[10] Siehe hierzu u.a. die kooperative Zusammenarbeit von Lutz mit Akteur:innen aus dem erziehungswissenschaftlichen Feld der Interkulturellen oder der Antirassistischen Pädagogik: Lutz/Wenning 2001; Krüger-Potratz/Lutz 2002, 2004; Leiprecht/Lutz 2005, 2009; Lutz/Leiprecht 2003.

[11] Die Dekonstruktion von Körpernormen stellt dabei generell eine Verbindung zu den Queer und insbesondere den Disability Studies dar (Walgenbach 2015a, 129).

[12] Aufgrund der verschiedenen sich überlagernden und oft vermengten Ansatzpunkte im Kontext von Rassismus und migrationsbedingter VerAnderung spricht Paul Mecheril (2003) von „natio-ethno-kulturellen (Mehrfach-)Zugehörigkeiten“. Eine ähnliche Formulierung verwendet auch Michael Bommes, wenn er von „ethno- bzw. nationalkulturellen Markierungen sozialer Selektionskontexte“ spricht (Bommes 1996: 209).

[13] Ähnlich: Kreuznacht 2020.

[14] Hrsg. Meike Penkwitt, Sina-Mareen Köhler und Anne Schlüter mit Aufsätzen von Ulrike Schildmann und Sabrina Schramme, von Jürgen Budde, Nina Blasse und Georg Rißler, von Wilhelm de Terra, von Rahel More, Viktorija Ratković und von Kerstin Bronner.

[15] Auf Intersektionalität beziehen sich hier die Texte von Heike Raab, Marc Thielen, Barbara Thiessen und (wenn auch ohne die konkrete Begrifflichkeit) Rebecca Masko, d.h. vier der insgesamt sechs Texte. In diesen Texten geht es dabei u.a. um das Verhältnis zwischen den Gender und den Disability Studies, um Männlichkeit und die ‚Verliererdebatte‘ (bezüglich des Schul(miss)erfolges von Jungen), um Vulnerabilität und um „Angewiesenheit als menschliche Bedingtheit“ sowie um die Mehrfachbenachteiligung von Frauen mit Lernschwierigkeiten.

[16] Hrsg.: Jürgen Budde, Susanne Offen und Anja Tervooren.

[17] Die Autor:innen verwendeten damals den Begriff Integration. Heute würde an dieser Stelle wahrscheinlich eher der Begriff Inklusion stehen. Dazu Maria Kron im Interview mit Ulrike Schildmann: „‚Integrativ‘ hieß das damals, war aber z.T. inklusiver als das, was wir heute inklusiv nennen“ (Kron im Interview mit Schildmann 2019b, S. 55).

[18] Als eine weitere, fünfte Differenzlinie führt sie ‚(Neuro-)Diversität‘ ein.

[19] Inci Dirim und Paul Mecheril führen als fünfte Differenzlinie ‚Religion‘ ein.

[20] Umso besser anschließbar ist das Konzept Intersektionalität.

[21] Ähnlich wie in Fußnote 17 zum Ausdruck gebracht wird, ist bei der historischen oder retrospektiven Ordnung begrifflicher Konzepte darauf zu achten, dass die neu eingeführten Korrektive der damaligen pädagogischen oder auch wissenschaftlichen Praxis nicht immer gerecht werden und dass in diesem Fall durchaus Ungleichheitsverhältnisse über die Begriffe Heterogenität und Vielfalt berücksichtigt wurden. So weist bspw. Prengel (1993/2006, 14) darauf hin, dass in allen drei Ausrichtungen – der feministischen, integrativen und interkulturellen Pädagogik – ein Bemühen zu sehen ist, „bestehende hierarchische Verhältnisse nicht zu reproduzieren“ sowie abzubauen.

[22] Ganz ähnlich sprechen auch Winker und Degele davon „… die Frage nach der Masterkategorie“ zu überwinden“ (Winker/Degele 2009, 8), „ohne die Bedeutung der Kategorie Geschlecht zu reduzieren“ (ebd.).

[23] Laut Lindmeier befinden sich die Sozialpädagogik, die interkulturelle Pädagogik und die rassismuskritische Migrationspädagogik bereits in einem entsprechenden Transformationsprozess (Lindmeier 2019b, 13).

[24] Dabei geht es auch Lindmeier darum, die unterschiedliche Differenzlinien zusammen zu denken, d.h. letztlich ebenfalls um Intersektionalität (Lindmeier 2019b, u.a. 47), zudem spielt für ihn der Ungleichheitsaspekt eine wichtige Rolle, der mit dem Begriff ‚Differenz‘ oftmals gerade nicht adressiert wird.

[25] Lindmeier schließt hier an die Linie macht- und ungleichheitskritischer Diversitätsansätze an, wie sie etwa Mecheril, Plößer, Leiprecht, Hormel, Scherr und Yildiz vertreten (Lindmeier 2019b, 85). In der deutschsprachigen Debatte wird Intersektionalität insbesondere von Katharina Walgenbach nicht nur gegen das Konzept Heterogenität sondern auch gegen das Konzept Diversität/Diversity durch seinen spezifischen Fokus auf Machtkritik und Ungleichheiten abgegrenzt, da letztere in unternehmerischen Diversity-Management-Ansätzen, die Differenz in erster Linie als zu nutzende Humanressource begreifen, keine Rolle zukommt.

[26] Auch Mai-Anh Boger (2017) spricht sich für eine Allianzenbildung ausgehend vom Theorem ‚Intersektionalität‘ aus und gegen eine Spezifizierung unterschiedlicher Zuständigkeitsbereiche. Sie beschreibt dies in einem Aufsatz anhand von verschiedenen Bindestrich-Identitätspolitiken.