Abstract: Aktuelle schulbezogene Konzepte sowohl der inklusiven Pädagogik wie auch der demokratischen Bildung kreisen letztlich um eine ganz ähnliche Grundidee: um diejenige nämlich, dass die Schule als Teil unserer (demokratisch verfassten) Gesellschaft deren Vielfalt auch vollumfänglich in sich aufnehmen, abbilden und erfahrbar machen solle. Die sich aus dieser Gemeinsamkeit eröffnenden Möglichkeiten und Widersprüche werden im Beitrag daher ausführlicher analysiert und diskutiert. Zu diesem Zweck wird zunächst die speziell mit John Dewey verbundene Idee der Schule als „Gesellschaft im Kleinen“ eingehender thematisiert und bezüglich ihrer Rezeption speziell im Bereich der Inklusionsforschung diskutiert, bevor im Anschluss die Idee der „Freien Demokratischen Schule“ als Ort der Inklusion fokussiert wird. Ist dies geschehen, werden mögliche Stolpersteine und Hindernisse auf dem Weg hin zu einer „Marriage of Inclusive and Democratic Education“ (Boban et al., 2012) thematisiert sowie abschließend Chancen einer stärkeren Verknüpfung von inklusiver und demokratischer Pädagogik diskutiert.
Stichworte: Demokratische Bildung, Demokratiepädagogik, inklusive Didaktik, Dewey
Inhaltsverzeichnis
Spätestens seit Intensivierung der deutschsprachigen Inklusionsdebatte im Anschluss an das Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention im Jahr 2008 hat sich der Hinweis auf das komplexe Wechselverhältnis von Inklusion, Demokratie und Schule als wichtiges Motiv der pädagogischen Diskussion zum Thema herausgebildet. So konstatiert etwa Marianne Wilhelm bereits 2009 unter dem Stichwort der „inklusive[n] Schule“, es handele sich bei Inklusion um den „Inbegriff des humanen und demokratischen Zusammenlebens unter Anerkennung der gleichen Rechte als absichtsloser Dienst am Nächsten“ (Wilhelm, 2009, S. 64), und Christina Schenz notiert einige Zeit später mit Blick speziell auf die Verknüpfung von Inklusion und Demokratie in der Primarstufe, der „Zusammenhang zwischen (deliberativer) Politik, einer (pluralistisch-demokratischen) Gesellschaft und ihren Fragen zur institutionellen (inklusiven) Bildung und Erziehung“ liege gewissermaßen „auf der Hand“:
„Wenn Demokratie den Wert einer pluralistischen Gesellschaft anerkennt und durch möglichst chancengerechte Partizipation und Mitgestaltung aller in ihr lebenden Menschen Rechnung tragen will [...], dann muss sie auch eine inklusive Rahmung für das Erziehungs‐ und Bildungssystem bereit stellen [sic!], um solche Entwicklungsprozesse anzubahnen und zu sichern.“ (Schenz, 2013, S. 9)
Doch nicht nur braucht eine demokratische Gesellschaft in diesem Sinne ein inklusives Erziehungs‐ und Bildungssystem, sondern auch umgekehrt fordert – um mit Silvia-Iris Beutel, Melanie Radhoff und Christiane Ruberg (2018, S. 202) zu sprechen – die „Anerkennung von Differenz“ als „Bedingung [...] gelingender Inklusion“ zugleich „eine ‚demokratisch gehaltvolle Schulpraxis heraus“. Damit ist eine Praxis gemeint, die es sich „angesichts wahrgenommener Disparitäten sowie zunehmender Differenzerfahrungen und Brüche“ mehr denn je zur Aufgabe macht, „ein soziales Zugehörigkeitsgefühl zu stärken und generalisierungsfähige Solidarbindungen zu erzeugen“ (ebd.).
Vor dem Hintergrund dieses engen Wechselverhältnisses von Inklusion, Demokratie und Schule kann es schließlich kaum verwundern, dass auch aktuelle schulbezogene Konzepte sowohl der inklusiven Pädagogik wie auch der demokratischen Bildungeine Vielzahl von „inhaltlichen Verknüpfungen und Überschneidungen“ (Boban & Kruschel, 2015, S. 313) aufweisen. Beide Konzepte kreisen – wie im Folgenden noch genauer zu zeigen sein wird – letztlich sogar um eine ganz ähnliche Grundidee: um diejenige nämlich, dass die Schule als Teil unserer (demokratisch verfassten) Gesellschaft deren Vielfalt auch vollumfänglich in sich aufnehmen, abbilden und erfahrbar machen solle. Im Falle der Inklusion geht es dabei vornehmlich um die Bereitstellung eines schulischen Settings, an dem jedes einzelne Kind unabhängig von seinen individuellen Voraussetzungen gleichberechtigt teilhaben und partizipieren kann (vgl. bspw. Wocken 2019), während Vertreter*innen der demokratischen Bildung insbesondere an einer Konstitution der Schule als „Gesellschaft im Kleinen“ gelegen ist, in der jede einzelne Schülerin und jeder einzelne Schüler (auch hier unabhängig von ihren bzw. seinen individuellen Voraussetzungen) durch Partizipation zu erfahren vermag, was es bedeutet, als mündiges Mitglied in einer demokratisch verfassten Gemeinschaft zu agieren (vgl. bspw. Retzar, 2020; Röken 2011).
Trotz dieses engen Zusammenhangs von inklusiver Pädagogik und demokratischer Bildungfinden sich bisher allerdings verhältnismäßig wenige erziehungswissenschaftliche Veröffentlichungen, die ebendiesen Zusammenhang sowie die damit verbundenen Chancen und Herausforderungen für Schule und Gesellschaft auch tatsächlich ausführlicher thematisieren und analysieren. Zwar begegnet man immer wieder Kommentaren wie etwa demjenigen, wonach es sich bei Inklusion und Demokratie um ein „Zwillingspärchen“ handele, bei dem die eine Hälfte „ohne [die] andere nicht möglich“ sei (vgl. Kriesel, Hummel & Burmeister, 2017, S. 185), und an anderer Stelle ist sogar von einer „Marriage of Inclusive and Democratic Education“ (Boban, Kruschel & Wetzel, 2012) die Rede. Die wenigen vorliegenden Arbeiten zum Thema verbleiben jedoch oftmals auf der Ebene „einige[r] fragmentarische[r] Notizen“ (Wocken, 2017, S. 154) oder kommen „ein Stück weit stichwortartig“ (Boban & Hinz, 2019, S. 111) daher. Ganz in diesem Sinne konstatieren Meital Hershkovich, Jaqueline Simon und Toni Simon (2017, S. 163) in einer der wenigen ausführlicheren Veröffentlichungen zum Thema dann auch, „Demokratie und Partizipation“ würden zwar immer wieder als „Grundpfeiler und Anliegen bzw. Struktur- und Prozessmerkmale der inklusiven Pädagogik und inklusiven Institutionen“ bezeichnet, bei ihnen handele es sich jedoch gleichzeitig eher um „Randthemen der Inklusionsforschung“, deren genauere Bearbeitung noch weitestgehend ausstehe (ebd.). Ja, Hershkovich et al. (2017) fragen sogar, ob „Menschenrechte, Demokratie, Partizipation und Inklusion“ nicht letztlich als „ein (fast) in Vergessenheit geratenes Wechselverhältnis“ (ebd.) verstanden werden müssten – und bescheinigen der „Inklusionsforschung“ in diesem Zusammenhang daher eine „terminologische Unschärfe und ungenügende Beschäftigung mit Fragen der Partizipation und Demokratisierung“ (ebd., S. 165). Doch auch falls man dieser von Hershkovich et al. vorgetragenen Diagnose in ihrer Absolutheit nicht zustimmen mag: Die Auseinandersetzung mit Fragen des Verhältnisses von inklusiver Pädagogik und demokratischer Bildung und Erziehung erscheint doch zumindest intensivierungsbedürftig – und das, obwohl beispielsweise der im schulischen Umfeld weit verbreitete Index für Inklusion zahlreiche Passagen, Querverweise und Items zum Themenfeld „demokratisches Zusammenleben“ enthält (vgl. Booth & Ainscow, 2019, insb. S. 22, 37 und 108).
Zwar wird es in Anbetracht der Breite und Komplexität des Themas auch in diesem Beitrag nicht möglich sein, das solchermaßen umrissene Themenfeld komplett zu vermessen oder gar neu zu bestellen, es soll aber dennoch versucht werden, die verschiedenen, in diesem Zusammenhang formulierten Hoffnungen, Wünsche und Erwartungen zumindest zu identifizieren und in systematisierender Absicht zueinander in Beziehung zu setzen. Zu diesem Zweck wird zunächst die speziell mit John Dewey verbundene Idee der Schule als „Gesellschaft im Kleinen“ eingehender thematisiert und bezüglich ihrer Rezeption speziell im Bereich der Inklusionsforschung diskutiert (Kapitel 2), bevor im Anschluss die Idee der Freien Demokratischen Schule als Ort der Inklusion fokussiert wird (Kapitel 3). Ist dies geschehen, werden schließlich mögliche Stolpersteine und Hindernisse auf dem Weg zu einer „Marriage of Inclusive and Democratic Education“ (Boban et al., 2012) thematisiert (Kapitel 4) sowie abschließend Chancen einer stärkeren Verknüpfung von inklusiver und demokratischer Pädagogik in den Blick genommen und diskutiert (Kapitel 5).
Die eingangs bereits umrissene Idee der Schule als „Gesellschaft im Kleinen“, in welcher jede*r einzelne Schüler*in durch Partizipation zu erfahren vermag, was es bedeutet, als mündiges Mitglied in einer demokratisch verfassten Gemeinschaft zu agieren, wird in der aktuellen Diskussion zum Thema in der Regel eng mit John Dewey und dessen Arbeiten zum Verhältnis von Demokratie und Erziehung verbunden. So hatte dieser bereits 1916 in Democracy and Education gefordert, die Schule solle als „special environment“ so konzipiert sein, dass sie nicht nur eine vereinfachte Version der sie umgebenden „complex civilisation“ darstelle, sondern innerhalb dieses „simplified environment“ zugleich darum bemüht sei, „to balance the various elements in the social environment“ (Dewey, 1916/1980, S. 24). Und in dem bereits einige Jahre zuvor erschienenen My Pedagogic Creed notiert er:
„I believe that the school, as an institution, should simplify existing social life; should reduce it, as it were, to an embryonic form. Existing life is so complex that the child cannot be brought into contact with it without either confusion or distraction […]. (Dewey, 1897/1972, S. 87)
Dieses Bild der Schule als Reduktion des „existing social life“ auf seine „embryonic form“, bzw. – wie Dewey es in The School and Society formuliert – die Idee der Schule als „embryonic society“ (Dewey, 1899/1976, S. 12), nimmt dementsprechend eine zentrale Rolle gerade auch für Deweys Konzept der schulischen Demokratieerziehung ein. Denn, wie Franz-Michael Konrad es formuliert:
„Wenn Dewey die Schule als ‚embryo community‘ gestaltet sehen möchte, dann kann man das wörtlich nehmen. Die Schule soll eine Gesellschaft im Werden abbilden, eine Gesellschaft auf dem Weg zu mehr Gerechtigkeit, zu mehr Toleranz usw., vor allem aber eine Gesellschaft auf dem Weg zu mehr Demokratie.“ (Konrad, 2018, S. 168)
Ebendieser Impuls Deweys, die Schule als embryonale „Gesellschaft auf dem Weg zu mehr Demokratie“ zu begreifen und solchermaßen einen „gedankliche[n] Zusammenhang zwischen einer demokratischen Schule und der Verwirklichung einer demokratischen Gesellschaft“ (Retzar, 2020, S. 16) herzustellen, entwickelte sich schließlich insbesondere im deutschsprachigen Raum ab Mitte der 1990er Jahre zu einem „wichtigen Begründungs- und Legitimationshintergrund“ für „Erziehungswissenschaftler, Reformpädagogen und Schulen mit demokratischem Anspruch“ (ebd.). So argumentieren diese, ausgehend von Dewey und unter dem Schlagwort speziell der „Demokratiepädagogik“, nun verstärkt für eine Hinwendung gerade auch der Schule zu „Demokratie lernen und leben“ (vgl. Edelstein & Fauser, 2001) – und zwar im Sinne einer handelnden demokratischen Mitwirkung der Schüler*innen im „geschützten pädagogischen Raum“ der Schule (vgl. W. Beutel, Fauser & Rademacher, 2012, S. 21).
Eine besondere Rolle in diesem Zusammenhang nimmt dabei zunächst – und bis zu seiner Verstrickung in den Missbrauchsskandal an der Odenwaldschule im Jahr 2010 (vgl. hierzu genauer Zenke, 2018) – Hartmut von Hentig ein, der bereits verhältnismäßig früh einen expliziten Bezug auf Deweys Konzept der „embryonic society“ hergestellt und mit seinem eigenen Verständnis der „Schule als Polis“ verknüpft hatte. So notiert er 1985 etwa, an die Demokratie könne „nur glauben, wer erlebt hat, daß sie funktioniert“, wohingegen „[i]n den riesigen politischen Einheiten, in denen wir leben“, nur selten mehr als der „Schein der Mitbestimmung“ zu sehen sei (Hentig, 1985, S. 13). Die Schule müsse deshalb, so Hentig weiter, als „ein überschaubares Gemeinwesen“ konzipiert sein, in dem die „verlorengegangene Erfahrung von der polis“ wiederhergestellt werden könne (ebd.) – und er ergänzt:
„Die voraufgehenden [sic!] Prinzipien verlangen zusammen, daß die Schule nicht nur überhaupt eine Erfahrungsgemeinschaft sei, sondern eine, an der unsere Gesellschaft erfahren werden kann. John Dewey hat die Schule eine embryonic society genannt: die Gesellschaft im Kleinen und im Werden! Schulorganisatorisch heißt dies zunächst: eine Gesamtschule. […] Gesamtschule meint: Unterschiede kennen und bejahen lernen, Benachteiligungen aufheben, Chancengleichheit nicht mit Gleichbehandlung und Gleichmachen verwechseln, wahrnehmen, wie viele Formen von unverschuldeter Benachteiligung es gibt.“ (Ebd., S. 14, Hervorhebung im Original.)
Doch auch wenn ebendiese Lesart des Dewey’schen Konzepts einer schulischen Demokratiepädagogik in den folgenden Jahren von zahlreichen Autor*innen aufgenommen und weiterentwickelt wurde (vgl. Kleinespel, 1998; Röken, 2011; Retzar, 2020), ist es doch gerade die auf Hentig zurückgehende Verknüpfung jenes Konzepts mit der Idee der „Schule als Polis“, die in den folgenden Jahren immer wieder auch kritisch diskutiert und hinterfragt wurde. So konstatiert etwa Roland Reichenbach unter Bezugnahme auf ebenjene „reformpädagogisch inspiriert[e]“ allgemeine „Rede von der Schule als polis“´:
„Schule ist keine polis: die polis gibt es nur zwischen Gleichen und Freien, zwischen Menschen, die sich nicht beherrschen lassen und nicht herrschen, die nicht befehlen können und nicht gehorchen sollen. Die polis hat mit institutionalisierter Bildung und Erziehung und den dafür konstitutiven rollenkomplementären Kommunikationsverhältnissen wenig zu tun.“ (Reichenbach, 2007, S. 67, Hervorhebung im Original.)
Ganz in diesem Sinne plädiert Reichenbach selbst gemeinsam mit Fritz Oser denn auch dafür, die Schule viel eher als „Cité“ zu begreifen: als „Ort der Geselligkeit, des Streits und der diskursiven Auseinandersetzung, als Ort der Feste, des Austauschs und der Expression von Differenz, aber auch als Ort der Arbeit und des Zwangs, als Ort der Gemeinschaft“ (Oser & Reichenbach, 2000, S. 32) – und er präzisiert mit Blick auf die durch Dewey inspirierte Vorstellung der Schule als Ort der gelebten Demokratie:
„Schule – weil sie nicht nur ein Recht, sondern auch eine Pflicht darstellt – bleibt eine Zwangsveranstaltung [...]; sie kann deshalb nie ernsthaft als ‚embryonale Demokratie‘ funktionieren. Auch wenn man Partizipation für noch so wichtig hält, so ist Schule gerade im Wesenskern eher eine undemokratische als eine demokratische Lebensform. Das Eingeständnis dieses evidenten und unproblematischen Sachverhalts erlaubt es, die Möglichkeiten der (viel gelobten) Partizipation nüchtern einzuschätzen und nicht Modelle zu postulieren, die de facto nur mehr oder weniger subtile Pseudopartizipationsverhältnisse schaffen [...].“ (Ebd.)
Trotz dieser grundsätzlichen Diskussion um die systematischen Grenzen eines Konzepts der Schule als „Demokratie im Kleinen“ (siehe zur Auseinandersetzung mit diesen Einwänden Reichenbachs und Osers auch Retzar, 2020, S. 19 ff.) sowie einer insbesondere von Michael Knoll (2018) formulierten Kritik an der mit diesem Konzept verbundenen Lesart gerade auch der Dewey’schen Schriften zum Thema, gewinnt die solchermaßen umrissene Hoffnung, dass „Schule als eine Gesellschaft im Kleinen auf die Demokratie im Großen vorbereiten könne“ (Retzar, 2020, S. 20), doch aber spätestens seit Beginn der 2000er Jahre mehr und mehr an öffentlicher Aufmerksamkeit.
Dieser Umstand beginnt sich dabei schon bald auch in entsprechenden Veröffentlichungen speziell zum Themenfeld Inklusion niederzuschlagen. So widmet etwa Kersten Reich der Verknüpfung von inklusiver Pädagogik und demokratischer Bildung einen besonders prominenten Platz in seiner 2014 erschienenen und im Folgenden überaus breit rezipierten Inklusiven Didaktik, wenn er dort konstatiert, eine „inklusive Schule“ sei von ihrer „Zielsetzung her immer notwendig auch eine demokratische und chancengerechte Schule, weil die Teilhabe, die Partizipation eine Leitidee ist, wenn inklusiv gehandelt wird“ (Reich, 2014, S. 104). Er ergänzt:
„Demokratie im Kleinen wird von mir in einer inklusiven Schule im Anschluss an John Dewey als die wesentliche Grundlage für die Entwicklung der Demokratie im Großen gesehen, die auf Gewaltenteilung, der politischen Gleichheit und der uneingeschränkten Achtung der Würde aller Menschen beruht und eine demokratische Verfassung eines demokratischen Staates voraussetzt.“ (Ebd., S. 113)
Es stelle sich deshalb die Aufgabe „in einer inklusiven Schule einen Raum zu schaffen, in dem die Lernenden die Möglichkeit bekommen, schon früh die Ansprüche demokratischen Lebens zu erfahren und zu erleben“ (ebd., S. 114) – beispielsweise durch die Institutionalisierung von „Formen des Klassen- oder Homebase-Rats“, der „Schulvollversammlung“ oder des „Schulparlaments“ (ebd., S. 115). Gleichzeitig jedoch, so Reich weiter, sei im „Rahmen des Schullebens oder in pädagogischen Prozessen allgemein“ selbstverständlich „keine absolute Selbstbestimmung etwa im Sinne herrschaftsfreier Ideale möglich“, weil dies schnell „an die Grenzen der anderen in solchen Prozessen“ stoße. Ja, trotz aller Emphase für die Idee der „Demokratie im Kleinen“ lässt Reich doch zugleich an keiner Stelle Zweifel daran aufkommen, dass sich die Rolle der Lehrer*innen auch in einer solchermaßen demokratisch ausgerichteten Schule seines Erachtens grundsätzlich von derjenigen der Schüler*innen zu unterscheiden habe. Denn schließlich, so Reich, seien die Lehrkräfte „als Didaktiker/innen verantwortlich für alle Lehr- und Lernprozesse“ und könnten daher erst „dann Verantwortung und Kompetenzen an die Lernenden ab[geben], wenn diese bereits in der Lage sind, zugunsten ihres eigenständigen und selbstbestimmten Lernens Aufgaben zu übernehmen“ (ebd., S. 248). Das Ziel einer in gleichem Maße inklusiven wie demokratischen Schule müsse daher denn auch eine „möglichst umfassende altersgemäße Selbstbestimmung der Lernenden“ sein (ebd., S. 114, Hervorhebung CTZ) – und zwar im Rahmen einer schulischen Gesamtanlage, in der man „nicht autoritär-instrumentell, sondern menschlich, verständlich und verständnisvoll, gerecht und fördernd, Grenzen erkennend und Grenzen wahrend“ (ebd., S 67) miteinander umgehe.
In eine ganz ähnliche Richtung zielend argumentiert schließlich auch Sabine Weiß (2016, S. 113), wenn sie unter dem Stichwort der „partizipativ-inklusive[n] Schule“ zunächst notiert, „die Begriffe Partizipation, Demokratie(-Lernen) und Inklusion“ hätten sogleich mehrere „gemeinsame Grundideen“, um sodann im Anschluss unter Bezugnahme auf Dewey, Hentig und Reich ebenfalls die „Vision einer Embryonic Society“ (ebd., S. 114) als entscheidendes Grundmotiv der inklusiven Schule hervorzuheben. Eine „demokratisch-inklusive Lerngemeinschaft“ sei insofern eine, „die Inklusion als gemeinsam zu lösende Aufgabe“ betrachte und dementsprechend darauf abziele, „Selbstbestimmung“ zu ermöglichen und „Partizipation“ einzufordern. Doch auch Weiß möchte in diesem Zusammenhang – ähnlich wie Reich und dabei genau wie dieser die Kritik Reichenbachs und Osers an der Schule als „embryonaler Demokratie“ aufnehmend – auf die „Ambivalenzen, Widersprüche und Schwierigkeiten“ hingewiesen wissen, die sich ergeben, „wenn sich Schule als staatliche Institution mit Selektionsfunktion um die Partizipation von Schülerinnen und Schülern“ bemühe. Denn, so Weiß: „Lernende und Lehrende sind in der Schule nicht gleichgestellt. Ihr Verhältnis zueinander ist im besten Fall komplementär, aber nie symmetrisch.“ (Ebd., S. 120) „Partizipation“, so konstatiert sie denn auch unter direkter Bezugnahme auf Reichenbach (2006, S. 57 f.), bedeute dementsprechend „nie Partizipation in allen Bereichen, sondern, ‚dass es unter den jeweiligen situativen Bedingungen immer nur darum gehen kann, [...] das jeweilige angemessene Maß an Partizipation anzustreben‘“ (Weiß, 2016, S. 124).
Neben der bis hierhin skizzierten Form der schulbezogenen Demokratiepädagogik findet sich mit der Bewegung der sogenannten „Freien Demokratischen Schulen“ (zuweilen auch einfach als „Demokratische Schulen“ bezeichnet) allerdings noch eine weitere, auf den ersten Blick durchaus ähnlich ausgerichtete pädagogische Strömung, die in der fachöffentlichen Diskussion zum Verhältnis von Inklusion und demokratischer Bildung ebenfalls eine überaus wichtige Rolle einnimmt. Ja, in Anbetracht der geringen Gesamtzahl an solch Freien Demokratischen Schulen in Deutschland (siehe hierzu genauer unten) kommt der gemeinten Strömung und ihren Vertreter*innen tatsächlich sogar eine bemerkenswert zentrale Rolle in der hiesigen Diskussion zum Thema zu – weshalb sie an dieser Stelle auch noch einmal gesondert in den Blick genommen werden soll.
Anders als Vertreter*innen der Demokratiepädagogik – die in ihren Arbeiten oftmals ebenfalls vom Ideal der „demokratischen Schule“ sprechen (was die Unterscheidung beider Strömungen nicht unbedingt leichter macht) – beziehen sich jene Freien Demokratischen Schulen in ihrer historischen Verortung allerdings weniger auf Dewey, sondern vielmehr auf Alexander Neills Summerhill School oder auf die Tradition der Sudbury Schools (vgl. Klemm, 2013). Und auch inhaltlich unterscheiden sich beide Strömungen stark (wenn zugleich auch nicht immer vollkommen trennscharf) voneinander: Während im Bereich der Demokratiepädagogik ein deutlicher Fokus gerade auf den systemimmanenten Grenzen schulischer Partizipation liegt (und damit einhergehend zugleich auf der weiterhin herausgehobenen Stellung der Lehrkräfte als Gestalter*innen schulischer Lernprozesse), wird demokratische Bildung im Kontext Freier Demokratischer Schulen in erster Linie verstanden als „Gewährleistung möglichst maximaler Autonomie bezogen auf das eigene Lernen“ sowie als „uneingeschränkte Gleichberechtigung und Gleichwürdigkeit aller an Schule Beteiligter“ (Hershkovich et al., 2017, S. 161). Den Mittelpunkt der Schulpraxis bildet dementsprechend denn auch insbesondere „die aus allen am Schulleben beteiligten, freiwillig teilnehmenden Menschen bestehende Schulversammlung“, welche „mit Vorbereitung und Beratung durch verschiedene Komitees über alle wesentlichen Dinge“ der jeweiligen Schule entscheidet (Boban & Hinz, 2019, S. 102). Ganz im Sinne der Devise „Ein Mensch, eine Stimme“ (vgl. bspw. Wetzel, 2014, S. 79 oder Hinz & Boban, 2019) verändert sich dementsprechend auch die Rolle der Lehrer*innen als Teil einer solchermaßen gestalteten Schule deutlich. So wird nicht nur „die Bezeichnung Lehrer durch den Begriff der Lernbegleiter konsequent abgelöst“ (Wetzel, 2014, S. 81), sondern ebenjene „Lernbegleiter“ sollen darüber hinaus zugleich ganz bewusst darauf verzichten, „den Kindern und Jugendlichen einseitig Grenzen zu setzen“:
„Das Aufstellen von Regeln, Grenzen und Geboten erfolgt in gemeinsamer Abstimmung im Schulparlament. Fairness spielt beim Verhandeln von Interessen eine wichtige Rolle. Wird sich nicht an die Vereinbarungen gehalten, werden die Konsequenzen ebenfalls gemeinsam ausgehandelt. Die Schüler haben hierbei volles Mitsprache- und Mitgestaltungsrecht.“ (Ebd., 2014, S. 82 f.)[2]
Entscheidend ist darüber hinaus, dass es sich bei den solchermaßen ausgerichteten Freien Demokratischen Schulen in der Regel um (kostenpflichtige) Privatschulen in freier Trägerschaft handelt, die sich – zumindest rhetorisch – nicht selten ganz gezielt sowohl vom sie umgebenen staatlichen Schulsystem als auch von anderen „demokratischen Schulen in staatlicher Trägerschaft“ (Klemm, 2013, S. 120, Hervorhebung CTZ) abzugrenzen versuchen. So konstatiert etwa Ulrich Klemm mit Blick auf den Umstand, dass es „[z]wischenzeitlich [...] vor allem im Grundschulbereich eine breite Diskussion über die Demokratisierung von Staatsschulen unter dem Label ‚Demokratische Grundschule‘ und ‚Demokratiepädagogik‘“ gegeben habe, diese „demokratische Öffnung“ sei von den Freien Demokratischen Schulen zwar grundsätzlich begrüßt worden, man sähe „in der staatlichen Reglementierung von Bildung und Lernen“ jedoch weiterhin ein „grundlegendes Handicap“, das einer solchen „Demokratisierung“ von Staatsschulen „im Wege“ stehe (ebd.). Und auch Ines Boban und Andreas Hinz (2019, S. 106) resümieren unter dem Stichwort „Demokratische Schulen als staatliche Schulen???“, es habe sich speziell im deutschsprachigen Raum – anders als etwa in Israel – „eine Situation herausgebildet, in der wenig miteinander verbunden einerseits radikale Demokratische Schulen ein staatlich akzeptiertes Nischendasein“ führten, „während in staatlichen Schulen andererseits eher ‚Demokratieprojekte‘ aufgelegt“ würden. Und sie ergänzen: „Die einen werden dann eher als radikale, gesellschaftsferne Exot*innen angesehen, die anderen kritisch als pseudodemokratisch beäugt, da allein schon zeitlich auf Projektphasen beschränkt.“ (Ebd.)
Trotz dieses „Nischendaseins“ – Boban und Hinz (2019, S. 102) sprechen von insgesamt lediglich siebzehn in diesem Sinne „demokratischen Schulen“ in Deutschland[3] –, nimmt die solchermaßen umrissene Strömung doch aber gerade im Kontext der hiesigen Inklusionsdebatte eine bemerkenswert zentrale Rolle ein. So sind es gerade Veröffentlichungen im Umfeld von Robert Kruschel, Ines Boban und Andres Hinz, die wiederholt auf das Potential speziell ebenjener Freien Demokratischen Schulen für die Etablierung und Stärkung inklusiver Strukturen hinweisen (siehe bspw. Gidion, 2010; Boban & Hinz, 2012; Boban et al., 2012; Wetzel, 2014; Simon, 2015; Boban & Kruschel, 2015; Hershkovich et al., 2017; Kriesel et al., 2017; Boban & Hinz, 2019; Hinz & Boban, 2019) und dabei insbesondere die Idee des „Pluralistische[n] Lernen[s]“ als „Herzstück demokratischer Bildung“ und zugleich „Pulsschlag auch für inklusive Pädagogik“ hervorheben (Boban & Hinz, 2012, S. 77).
Ganz in diesem Sinne konstatieren Boban, Kruschel und Wetzel denn auch bereits 2012 in einem Aufsatz mit dem Titel „‚The Marriage of Inclusive and Democratic Education‘ – Überlegungen zur Synergie zweier Diskurse“, es ließen sich insbesondere zwei Aspekte identifizieren, durch welche die inklusive Pädagogik sich durch die demokratische Bildung „anregen“ lassen könne: Zum einem gebe die an „Demokratischen Schulen“ praktizierte Form der „Demokratischen Bildung“ mit „dem Pluralistischen Lernen eine didaktische [...] Strategie in die Hand und betont dessen Zirkularität“, zum anderen gingen „Demokratische Schulen weit über die im Index [für Inklusion] entwickelten Partizipationsvorstellungen hinaus“, da sie „alle Stimmen für gleich bedeutsam“ hielten und so auf „die Bereitschaft und Fähigkeit zur Mitgestaltung am Schul- und Gesellschaftsleben“ setzten“ (Boban et al., 2012, S. 178). Doch auch die „Demokratische Bildung“ selbst, so Boban et al. weiter, könne „von inklusiver Pädagogik angeregt werden“: dazu nämlich, „Unterstützung zur Wahrnehmung individueller Freiheit im sozialen Kontext auch bei massiven Unterstützungsbedarfen anzustreben und der Gefahr vorzubeugen, bestimmte Fähigkeiten für die Strukturierung des eigenen Lernens vorauszusetzen und dadurch Menschen tendenziell auszuschließen“. Kurz: In „beiden Diskursen“ werde „Schule zu einer aktuellen Praxis (und zu einer Vorbereitung auf die persönliche und gesellschaftliche Zukunft), in der jede(r) selbst gestalten und mitwirken kann – also essentielle Bedeutung hat“ (ebd.).
Inklusive Pädagogik und demokratische Bildung, so dürfte bis hierhin deutlich geworden sein, weisen tatsächlich zahlreiche „inhaltliche Verknüpfungen und Überschneidungen“ (Boban & Kruschel, 2015, S. 313) auf, weshalb auch der Versuch unmittelbar einleuchtet, beide Aspekte gezielt zusammenzudenken und im Sinne einer inklusiv-demokratischen „Schule für alle“ auch konstruktiv aufeinander zu beziehen. Gleichzeitig jedoch zeigen die dargestellten Diskussionen, dass die Frage, wie ein solches Zusammendenken-und-aufeinander-Beziehen jenseits allgemeiner Absichtserklärungen und Überschneidungsfeststellungen inhaltlich und konzeptionell präzisiert werden könnte, doch deutlich schwerer zu beantworten sein dürfte. So lassen sich mit Blick auf die bis hierhin skizzierte Debatte gleich mehrere Hindernisse identifizieren, die auf dem Weg hin zu einer fruchtbaren „Marriage of Inclusive and Democratic Education“ (Boban et al., 2012) überwunden – oder zumindest erst einmal überhaupt als ebensolche Hindernisse anerkannt und adressiert – werden müssten.
Ein erstes dieser Hindernisse bezieht sich dabei auf die Ebene der Begriffsfindung: auf die Frage also, was überhaupt gemeint ist, wenn im Kontext inklusiver Pädagogik von „demokratischer Bildung“ oder gar „demokratischen Schulen“ die Rede ist. Schließlich versammeln sich unter diesen Stichworten – wie im bisherigen Verlauf dieses Aufsatzes zumindest ansatzweise gezeigt werden konnte – verschiedene Strömungen, die oftmals nicht nur mit stark divergierenden Demokratiebegriffen arbeiten, sondern gerade auch von einer zum Teil deutlich entgegengesetzten Vorstellung vom pädagogischen Ideal einer „demokratischen Schule“ ausgehen.[4] Dieser Umstand sowie dessen nur gelegentliche Thematisierung im entsprechenden Diskurs zum Thema[5] machen es wiederum aus Perspektive der Inklusionsforschung oftmals schwer, konkret nachzuvollziehen, um was für „Synergien“ (Wetzel, 2014, S. 97) es denn nun tatsächlich genau gehen soll, wenn vom „Winning Team“ (ebd.) aus inklusiver Pädagogik und demokratischer Bildung gesprochen wird. Mit anderen Worten (und um noch einmal das von Boban et al. verwendete Bild aufzugreifen): Für eine fruchtbare „Marriage of Inclusive and Democratic Education“ müsste zunächst einmal Klarheit darüber hergestellt werden, wer sich denn nun tatsächlich unter dem Schleier ebenjener „Democratic Education“ verbirgt – bzw. ob man nicht vielleicht lieber gleich eine offene Dreierbeziehung eingehen sollte ...
Darüber hinaus – und damit kommen wir bereits zu einem weiteren Hindernis – wäre für eine erfolgreiche Verbindung jener Ansätze zugleich kritisch zu prüfen, inwiefern gerade der zentrale pädagogische Ansatz der Freien Demokratischen Schulen, „möglichst maximale Autonomie bezogen auf das eigene Lernen“ (Hershkovich et al., 2017, S. 161) der Schüler*innen zu gewährleisten, überhaupt mit den Grundprinzipien einer inklusiven Didaktik (bspw. nach Reich, 2014 oder aber auch nach Kullmann, Lütje-Klose & Textor, 2014) vereinbar sein kann: mit einer Didaktik also, im Rahmen derer ja grundsätzlich – und wie vorhin bereits dargestellt – von der Idee ausgegangen wird, dass die Lehrkräfte „als Didaktiker/innen verantwortlich für alle Lehr- und Lernprozesse“ sind und erst „dann Verantwortung und Kompetenzen an die Lernenden“ abgeben sollten, „wenn diese bereits in der Lage sind, zugunsten ihres eigenständigen und selbstbestimmten Lernens Aufgaben zu übernehmen“ (Reich, 2014, S. 248). Es geht hier also letztlich um die von Boban et al. (2012, S. 178) bereits angesprochene Gefahr, „bestimmte Fähigkeiten für die Strukturierung des eigenen Lernens“ einfach „vorauszusetzen“ und dadurch gerade solche Menschen „tendenziell auszuschließen“, die ebendiese Fähigkeiten (noch) nicht mitbringen. Eng verbunden mit dieser Problemlage ist dadurch allerdings noch eine weitere Herausforderung: diejenige nämlich, das grundsätzliche Verhältnis von Lehrkräften und Schüler*innen im Schul- und Unterrichtsalltag inklusiv-demokratischer Schulen weitergehend zu klären – und damit zugleich die systematischen Grenzen des Prinzips Partizipation in der „Zwangsveranstaltung“ (Oser & Reichenbach, 2000, S. 32) Schule genauer zu bestimmen und (nach innen wie außen) zu kommunizieren.[6] Denn: Gerade wenn Freie Demokratische Schulen tatsächlich für eine „uneingeschränkte Gleichberechtigung und Gleichwürdigkeit aller an Schule Beteiligter“ (Hershkovich et al., 2017, S. 161) eintreten, dann stellt sich auf einer ganz basalen Ebene die Frage, inwiefern die Lehrkräfte ihre für das Prinzip der inklusiven Pädagogik so zentrale Rolle als nicht nur Begleiter*innen, sondern zugleich immer auch Organisator*innen von Lernprozessen tatsächlich nachhaltig ausgestalten und einnehmen können.
Und noch ein weiterer Aspekt muss an dieser Stelle angesprochen werden: die Frage, inwieweit der Umstand, dass es sich zumindest bei den meisten Freien Demokratischen Schulen zugleich um kostenpflichtige Privatschulen in freier Trägerschaft handelt, gegebenenfalls mit wichtigen Grundprinzipien sowohl der demokratischen Bildung als auch der inklusiven Pädagogik in Konflikt geraten könnte. Denn: Wenn Demokratie und Inklusion beide – wie Wocken (2017, S. 158) es im Anschluss an Adorno formuliert – das „‚Miteinander der Verschiedenen‘ [...] zum Ziel“ haben, inwiefern kann dann eine Schule, die bereits durch ihre finanziellen Rahmenbedingungen zu einer nicht unbedeutenden Vorselektion ihrer Schüler*innenschaft beiträgt, tatsächlich dem Anspruch gerecht werden, einerseits niemanden systematisch auszuschließen und andererseits die Gesellschaft im Kleinen zu repräsentieren? Dass dieser potenzielle Widerspruch dabei auch im Kreis der Freien Demokratischen Schulen durchaus wahrgenommen und (zumindest gelegentlich) auch diskutiert wird, zeigt dabei bereits ein Beitrag Niklas Gideons aus dem Jahr 2010, in welchem dieser mit Blick auf die Freie Demokratische Schule Kapriole in Freiburg die Schwierigkeit skizziert, einerseits „[a]ls Schule in freier Trägerschaft [...] zur Finanzierung (v.a. für Miete, Materialkosten und Gehälter) leider Schulgeld“ zu benötigen, andererseits aber auch nicht zu einer „‚Schule für Kinder reicher Eltern‘“ werden zu wollen – eine Herausforderung, der die Kapriole laut Gideon durch ein „schlaues System zur Festlegung des Schulgeldes“ gerecht zu werden versuche (Gidion, 2010, S. 194). Das grundsätzliche, im Umfeld aktueller Publikationen zum Verhältnis von inklusiver Pädagogik und demokratischer Bildung bemerkenswert selten thematisierte Problem der gerade auch „finanzielle[n] Inklusion“ (Gidion, 2010, S. 194, Hervorhebung CTZ) jedoch dürfte auch auf diesem Wege letztlich nur temporär zu beheben sein. Ebendiesen Umstand nehmen schließlich auch Robert Heyer und Natascha Mazurski in den Blick, wenn sie 2013 in einem Beitrag mit dem Titel „Demokratie-Lernen – auch im privaten Schulwesen?“ konstatieren, Privatschulen seien zwar einerseits „Bestandteil eines Systems der Vielfalt“, es stelle sich jedoch andererseits die Frage, ob diese auch „für eine Zielgruppe der Vielfalt angeboten“ würden (Heyer & Mazurski 2013, S. 221, Hervorhebung im Original). Und sie ergänzen unter Bezugnahme auf Anne Sliwka (2008, S. 694):
„Privatschulen stellen mitunter nur eine eingeschränkte oder beschränkte Vielfalt dar. Denn durch oftmals hohes Schulgeld oder zielgerichtete Selektion sind die Zugangsmöglichkeiten ,für alle‘ oft nicht gegeben. Die selektierenden Privatschulen schränken ‚den in Schulen erlebten Pluralismus [... ein und wirken] dem Begreifen der Schule als Übungsraum für die pluralistische Gesellschaft‘ entgegen [...].“ (Heyer & Mazurski 2013, S. 221 f.)
Gerade in Anbetracht der verschiedenen soeben skizzierten Hindernisse auf dem Weg hin zu einer „Marriage of Inclusive and Democratic Education“ sollen an dieser Stelle abschließend zumindest einige Gründe dafür skizziert werden, weshalb es dennoch sinnvoll sein könnte, zu ebenjener Hochzeit zu erscheinen. Denn schließlich erfordert die inklusive Pädagogik – um mit Annedore Prengel (2012, S. 28) zu sprechen – „wie alle Vorhaben der Demokratisierung eine permanente Reflexion der unvermeidlichen inneren Widersprüche und der Interessen ihrer Protagonisten im gesellschaftlichen Machtgefüge“ – und genau zu einer ebensolchen Reflexion könnte die skizzierte Debatte zum Verhältnis von inklusiver Pädagogik und demokratischer Bildung einen wichtigen Beitrag leisten. Dabei sind es insbesondere zwei Aspekte, die in diesem Zusammenhang an Bedeutung gewinnen könnten:
Erstens könnten Theorie und Praxis demokratischer Bildung in all ihren verschiedenen Ausprägungen als geeigneter Ausgangspunkt dienen, um eine Schärfung speziell des Begriffs der Teilhabe im Feld der deutschsprachigen Inklusionsdebatte zu befördern – und ebendiesen Begriff dabei zugleich wieder seiner ursprünglichen, in der englischsprachigen Version der UN-Behindertenrechtskonvention angelegten Bedeutung im Sinne einer umfassenderen participation anzunähern (vgl. Hershkovich et al., 2017, S. 168; Schwab, 2016). So steht ebenjener Partizipationsbegriff, wie unter anderem Schwalb und Theunissen (2018, S. 9) gezeigt haben, schließlich „nicht nur für aktive Beteiligung in einem sozialen System oder als Teil oder Mitglied einer Gemeinschaft oder Gesellschaft, sondern gleichfalls – wie im Empowerment-Konzept angelegt – für das Recht auf Mitsprache, konkrete Mitgestaltungsmöglichkeiten sowie Mitbestimmung“. Gerade vor diesem Hintergrund könnte die langjährige Erfahrung demokratischer Schulen (ob „frei“ oder nicht) mit der gezielten Einbeziehung von Schüler*innen in Prozesse der alltäglichen Entscheidungsfindung einen wichtigen Bezugspunkt für inklusive Schulen bilden, um auch ihren eigenen Schul- und Unterrichtsalltag nachhaltig mit partizipativen Strukturen zu durchziehen. Davon wiederum könnten dann – ganz im Sinne der inklusiven Schule – gerade auch solche Kinder und Jugendlichen profitieren, die „ihre Möglichkeit zur politischen Mitbestimmung aufgrund einer Behinderung“ ohnehin bereits „als geringer einschätzen“ – und deshalb umso mehr darauf angewiesen sind, von Seiten der Schule gezielt auf ihre auch zukünftige „politische Partizipation“ vorbereitet zu werden (Schön & Bloise, 2020).[7]
Darüber hinaus könnte zweitens die Einführung und Etablierung ebensolch partizipativer Strukturen und Praktiken zugleich speziell im inklusiven Unterricht die Chance bieten, der Gefahr sowohl einer Vereinzelung der Schüler*innen im Rahmen individualisierten Lernens als auch einer reformpädagogisch inspirierten Romantisierung der „Kraft der Gruppe“ entgegenzuwirken.[8] Insofern nämlich, als im Zuge demokratischer Aushandlungsprozesse einerseits die Autonomie des Einzelnen innerhalb der größeren Gruppe bewusst gestärkt sowie andererseits die Einbindung der einzelnen Schüler*innen in die sie umgebenen Gemeinschaftsstrukturen zugleich transparenter erfahrbar (und damit letztlich auch systematischer kritisierbar) gemacht werden könnte. Ein entsprechendes Verständnis der Schule als inklusiver „Demokratie im Kleinen“, in der die Lernenden „sich als mitbestimmend und gestaltend“ gerade auch „in den Lernprozessen“ erfahren, könnte die Kinder und Jugendlichen insofern darin unterstützen, „nicht nur [...] ein Gefühl für sich und ihre Interessen zu entwickeln“, sondern auch „andere mit ihren Interessen und ihren Sichtweisen wahrzunehmen“ und sich so auch mit „aufkommenden Konflikten lösungsorientiert auseinander[zu]setzen“ (Reich, 2014, S. 114) – ein Vorgang, der zugleich „den Weg zu einer neuen Art von Beziehungskommunikation unter den Lernenden selbst sowie zwischen Lernenden und Lehrenden ebnen“ könnte (ebd.).
Gleichzeitig jedoch könnte im Zuge eines solch stärkeren Zusammendenkens von inklusiver Pädagogik und demokratischer Bildung auch letztere entscheidend profitieren: Insofern nämlich, als diese nicht nur – wie Boban et al. (2012, S. 178) es formulieren – dazu angeregt werden könnte, „Unterstützung zur Wahrnehmung individueller Freiheit im sozialen Kontext auch bei massiven Unterstützungsbedarfen anzustreben“ (um so „der Gefahr vorzubeugen, bestimmte Fähigkeiten für die Strukturierung des eigenen Lernens vorauszusetzen und dadurch Menschen tendenziell auszuschließen“), sondern darüber hinaus auch mit Blick auf die Frage, inwiefern demokratische Aushandlungsprozesse gerade an Freien Demokratischen Schulen nicht vielleicht durch eine noch größere Heterogenität der beteiligten Schüler*innenschaft entscheidend bereichert werden könnten.[9]
Vor dem Hintergrund all dessen ließe sich abschließend mit Blick auf das zu Beginn dieses Aufsatzes bereits skizzierte allgemeine Wechselverhältnis von Inklusion, Demokratie und Schule denn auch zumindest die Hoffnung formulieren, dass von einer systematischeren Verknüpfung jener drei Aspekte am Ende auch unsere Gesellschaft als Ganzes profitieren könnte. Nämlich dann, wenn es gelingen sollte, eine entsprechend inklusiv-demokratisch ausgerichtete Schule tatsächlich nicht nur als Gesellschaft im Kleinen wirken zu lassen, sondern zugleich als Gesellschaft im Werden: als Keimzelle und Übungsraum einer inklusiven, demokratischen Gesellschaft im Großen.
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[1] Der Begriff der „demokratischen Bildung“ (mit kleinem „d“) wird an dieser Stelle bewusst als Sammelbezeichnung für sämtliche Formen der pädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Verknüpfung der Konzepte „Demokratie“, „Bildung“ und „Erziehung“ verwendet – und zwar ohne dabei bereits eine bestimmte Strömung oder Denkschule präferieren oder ausschließen zu wollen. Zur genaueren Auseinandersetzung mit der Vielfalt an entsprechenden Begriffsbestimmungen und -verwendungen siehe Kapitel 4.
[2] Für eine empirische Perspektive auf die mit einem solchen Anspruch verbundenen Aushandlungsprozesse und -praktiken im Schulalltag (Freier) Demokratischer Schulen siehe genauer Leßner 2021.
[3] Zum Vergleich: Das Statistische Bundesamt (2018, S. 36) gibt die Gesamtzahl an Allgemeinbildenden Schulen in Deutschland für das Schuljahr 2016/2017 mit „rund 33.500“ an.
[4] Einen umfangreichen Überblick gerade auch über die englischsprachige Diskussion zum Themenfeld „Democratic Education“ findet sich bei Sant (2019), die unter dem Stichwort „education for democracy“ (ebd., S. 681 f.) gerade auch solche Diskurslinien zusammenfasst, die im deutschsprachigen Raum eher unter dem Begriff der „Politischen Bildung“ gefasst werden. Zur Kontroverse zum Verhältnis von Politischer und Demokratischer Bildung siehe darüber hinaus auch W. Beutel, Fauser und Rademacher (2012, 22 ff.) sowie zu einem Ansatz der Verknüpfung speziell von Politischer Bildung und inklusiver Pädagogik Thorweger (2018) sowie Schön und Bloise (2020).
[5] Siehe für einige der wenigen entsprechenden Thematisierungen in Veröffentlichungen zur Verbindung von inklusiver Pädagogik und demokratischer Bildung etwa Boban und Hinz (2019, S. 106) oder Weiß (2016, S. 115).
[6] Zum hier aufscheinenden, bereits bei Kant formulierten Grundproblem jeglichen pädagogischen Handelns, wie denn „die Freiheit bei dem Zwange“ kultiviert werden könne, siehe genauer u.a. Giesinger 2011.
[7] Zu einer in diesem Zusammenhang an Relevanz gewinnenden kritischen Diskussion des grundsätzlichen Verhältnisses von Partizipation und Inklusion sowie der damit verbundenen Frage, „ob Inklusion als ein Ansatz zur ‚radikalen Veränderung der Verhältnisse‘ (Stein 2012, 88) überhaupt mit pädagogisch-affirmativen Konzepten zur Beteiligung, Teilhabe und Partizipation vereinbar“ sei, siehe genauer Tiedeken 2020 (S. 25).
[8] Zum hier an Relevanz gewinnenden Gegensatz von Gemeinschaft und Gesellschaft speziell in der Reformpädagogik siehe unter anderem Oelkers (2005, 256 ff.).
[9] Eine solch größere Heterogenität wiederum könnte aber letztlich wohl nur durch eine veränderte Aufnahmepraxis erreicht werden – sei es in Form entsprechender Modifizierungen von Seiten der Freien Demokratischen Schulen selbst oder aber durch eine veränderte Form der finanziellen Unterstützung von Seiten des Staates.