Julia Frohn & Toni Simon: Inklusive Didaktik und Bildungsgerechtigkeit – eine Verhältnisbestimmung

Abstract: Dieser Beitrag zielt auf die Reflexion des Verhältnisses von einer an Inklusion orientierten Didaktik und Bildungsgerechtigkeit. Dafür wird zunächst auf Basis des Konstrukts der Anerkennungsgerechtigkeit definiert, was Bildungsgerechtigkeit aus inklusionspädagogischer Perspektive bedeuten kann und wie – mit Blick auf wen oder was – Schule und Unterricht gerecht zu gestalten sind. Der anschließende Rückbezug auf prominente didaktische Modelle des 20. Jahrhunderts illustriert, wie Fragen der Bildungsgerechtigkeit traditionell aus allgemeindidaktischer Perspektive erörtert werden und welche Schnittmengen mit inklusionsorientierten Fragestellungen existieren. Daraufhin wird das „Didaktische Modell für inklusives Lehren und Lernen“ (DiMiLL) als Heuristik herangezogen: Anhand des Prozessmerkmals Partizipation in Verschränkung mit den Strukturelementen des DiMiLL wird analysiert, inwieweit eine inklusionsorientierte Didaktik Bildungsgerechtigkeit zu fördern vermag respektive konzeptionell mit dieser einhergeht. Abschließend werden potenzielle Forschungsfragen adressiert, die aus der produktiven Verschränkung der jeweiligen Diskurse Gegenstand zukünftiger Untersuchungen werden könnten.

Stichworte: Inklusive Didaktik, Bildungsgerechtigkeit, Anerkennungsgerechtigkeit, Didaktisches Modell für inklusives Lehren und Lernen (DiMiLL), Partizipation

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung 
  2. Bildungsgerechtigkeit als vieldeutiges „fuzzy concept“ 
  3. Didaktische Tradition: Gerechtigkeitsfragen in der Allgemeinen Didaktik 
  4. Inklusion und Bildungsgerechtigkeit – zum Potenzial des Didaktischen Modells für inklusives Lehren und Lernen (DiMiLL) für die Umsetzung von Anerkennungsgerechtigkeit 
  5. Literatur  

1. Einleitung

Fragen der (Un)Gerechtigkeit sind für inklusionspädagogische Forschungen höchst bedeutsam und nicht neu (vgl. z.B. Heinrich 2015, Reich 2012, Seitz et al. 2012). In den letzten zwanzig Jahren deutschsprachiger Inklusionsforschung hat sich allerdings gezeigt, dass umfassend differenzkritische Zugänge nicht in allen Strängen der Inklusionsforschung Beachtung finden (siehe bspw. Budde & Hummrich 2013). Dies trifft auch auf allgemein- und fachdidaktische Ansätze der Inklusionsforschung zu (vgl. Seitz & Simon 2021): So lassen sich in der (didaktischen) Inklusionsforschung Arbeiten identifizieren, die exklusiv einem sonderpädagogischen Bias folgen, somit „von Differenzsetzungen ausgehen und diese mit einem entsprechend selbstreferentiellen Zugang bearbeiten – etwa indem nach den spezifischen Lernweisen von Kindern ‚mit‘ sonderpädagogischem Förderbedarf […] gefragt wird und hierzu konzeptionelle Antworten entwickelt werden“ (Seitz & Simon 2021, S. 7). Während hier wichtige Impulse aus der integrationspädagogischen Forschung zur individuellen fachlichen Förderung weitergeführt werden, kann an einer solchen Herangehensweise problematisiert werden, dass damit „in einem eher kategorialen Zugang nach Spezifika von – hierüber definierten – Personengruppen“ (ebd.) gefragt wird und Prozesse der (Re)Produktion von Normalität und Differenz weitgehend unberücksichtigt bleiben. Einem solchen Bias folgende Forschungen zum Themenfeld schulischer Inklusion versäumen es damit, sich an „den Erkenntnissen der ungleichheitskritischen Forschungslinien und hier hinterlegten Theorierahmen“ zu orientieren (ebd.). Eine Folge dieses mitunter reduktionistischen Zugangs ist die Einschränkung des analytischen Potenzials respektive Erkenntnisgewinns schulbezogener und didaktischer Forschungen mit Blick auf Fragen der (Un)Gerechtigkeit im Kontext inklusiver Bildung sowie eine – zumindest implizite – Konservierung (oder auch Restauration) der Orientierung am tradierten (Fach)Unterricht im stratifizierten System der unterschiedlichen Schulformen.
Die Frage, ob ein inklusives Erziehungs- und Bildungssystem per se ein gerechtes ist und Inklusion damit als Ausdruck von Bildungsgerechtigkeit – und umgekehrt – verstanden werden kann, ist allerdings weder einer sonderpädagogisch-differenzsetzenden noch einer erziehungswissenschaftlich-differenzkritischen Perspektive folgend einfach bzw. eindeutig zu beantworten. Geschuldet ist dies u.a. dem Umstand, dass sowohl Inklusion als auch Bildungsgerechtigkeit „gleichermaßen schillernde wie theoretisch nur vorläufig geklärte Begrifflichkeiten und die Zusammenhänge zwischen beiden Aspekten hochkomplex“ sind (Seitz et al. 2012, S. 9). Dasselbe gilt für den Bildungs- und den Gerechtigkeitsbegriff, die ebenfalls viel, jedoch nicht abschließend diskutiert und erforscht wurden (vgl. Dietrich et al. 2013, S. 12), weshalb ihr Zusammenhang umso vieldeutiger ist.
Trotz der jeweiligen terminologischen Mehrdeutigkeit und komplexen Diskurse zielt dieser Beitrag nicht auf eine umfassende, systematische Auseinandersetzung mit den Begriffen bzw. Konzepten Inklusion, Bildung und Gerechtigkeit, gleichwohl aber auf die Reflexion des Verhältnisses von inklusionsorientierter Didaktik und Bildungsgerechtigkeit. Konkret soll anhand eines inklusionsdidaktischen Modells, das allgemein- und fachdidaktisch einsetzbar ist, reflektiert werden, inwiefern didaktische Modelle einen Beitrag zur Schaffung gerechter(er) Lernumgebungen leisten können. Dafür positionieren sich die Autor*innen des Beitrages zunächst bündig dazu, was Bildungsgerechtigkeit bedeuten kann. Mit Bezug auf tradierte didaktische Modelle wird ferner gefragt, welche Bereiche von Bildungs(un)gerechtigkeit eine allgemeine Didaktik traditionell bearbeitet und perspektivisch bearbeiten kann. In einem weiteren Schritt wird das „Didaktische Modell für inklusives Lehren und Lernen“ (DiMiLL) (Frohn 2019) als Heuristik herangezogen, um zu analysieren, inwieweit eine inklusionsorientierte Didaktik Gerechtigkeit(en) zu fördern vermag. Dabei wird exemplarisch das Prozessmerkmal Partizipation in Verschränkung mit den Strukturelementen des DiMiLL fokussiert.

2. Bildungsgerechtigkeit als vieldeutiges „fuzzy concept“

Obwohl der Begriff der Bildungsgerechtigkeit seit den 1960er Jahren zunehmend fester Bestandteil öffentlicher Debatten ist, herrscht noch immer eine „erstaunliche Diskrepanz zwischen dem intensiven öffentlichkeitswirksamen Gebrauch der Kategorie der Bildungsgerechtigkeit einerseits und ihren mangelhaften bis gänzlich fehlenden wissenschaftlich-systematischen Rekonstruktionsversuchen andererseits“ (Stojanov 2011, S. 18).
Zum Thema Bildungsgerechtigkeit als besondere – bzw. gesonderte (Stojanov 2011) – Form von Gerechtigkeit, wird, unter Reflexion des spezifischen Gehalts des Bildungsbegriffs, aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive oft gefragt, wie (gerechte) Bildung und Befähigung miteinander einhergehen (vgl. z.B. Heinrich & Störtländer 2017, S. 97). Dahingegen zielen soziologische Fragestellungen eher auf den Beitrag von Bildungsinstitutionen zu größerer sozialer Gerechtigkeit: Schon in den frühen 1970er Jahren stellten Bourdieu und Passeron (1971) mit ihrem Werk „Die Illusion der Chancengleichheit“ Schule als tatsächlichen Bildungsraum infrage, da die Beibehaltung der sozialen Ordnung bzw. gesellschaftlicher Machtverhältnisse den eigentlichen Hauptzweck von Schule darstelle (ebd. 1971, S. 222) – so würden statt der Ermöglichung von Bildung und Erfolg lediglich soziale Hierarchien reproduziert und Klassenprivilegien zementiert. Vielzitiert ist Bourdieus und Passerons Fazit, demzufolge „alle ein Spiel mitspielen müssen, das unter dem Vorwand der Allgemeinbildung eigentlich nur für Privilegierte bestimmt ist“ (ebd., S. 39).
Mit konkretem Blick auf die Lernenden können – über die Reproduktion sozialer Hierarchien in Schule und Bildung hinaus – unterschiedliche Gerechtigkeitsparadigmen im Feld schulischer Bildung ausgemacht werden (vgl. z.B. Giesinger 2011, Heinrich & Störtländer 2017, Honneth 1992, Otto & Schrödter 2008, Prengel 1993, Stojanov 2011), wobei Verteilungsgerechtigkeit, Teilhabegerechtigkeit und Anerkennungsgerechtigkeit zu den prominentesten Erklärungsansätzen zählen. So kann im Sinne der Verteilungsgerechtigkeit im Hinblick auf das Individuum und gesellschaftliche Effekte von Bildung gefragt werden, wie

„a) jedem Mitglied der Gesellschaft eine angemessene Grundbildung gewährt wird, b) jedes Mitglied der Gesellschaft eine faire Chance erhält, sich für attraktive soziale Positionen zu qualifizieren und c) die Ungleichheiten zum Vorteil der am wenigsten begünstigten Gesellschaftsmitglieder ausgestaltet sind“ (Giesinger 2011, S. 433).
Wird allerdings Bildung im ökonomischen Sinn als endliches Gut definiert, kann die Logik einer gerechten Verteilung zu einer Konkurrenzlogik stilisiert werden, in der unterschiedlich begünstigte Lernende um die Distribution von „Bildung“ im Sinne einer vermeintlichen „Leistungsgerechtigkeit“ oder „Begabungsgerechtigkeit“ (siehe auch te Poel 2019, S. 43) konkurrieren: „Aus dieser künstlich hergestellten Mangelsituation folgt dann auch ein umso rigideres Selektionssystem, wenn es darum geht, das knappe Gut gerecht zu verteilen“ (Heinrich 2021, S. 243). Zudem ist die distributive Idee insofern problematisch, als Bildung darin als messbares und auszugleichendes Gut vorausgesetzt wird, welches jedoch erst durch Bildungsprozesse erworben wird (vgl. Stojanov 2011, S. 38).
Der Ansatz der Teilhabegerechtigkeit wiederum beschreibt
„die Bedingungen eines menschenwürdigen Lebens und sozialer Partizipation als gesellschaftliche Ziele. Die Erreichung dieser Ziele setze einen bestimmten Grad der Entwicklung notwendiger Grundfähigkeiten des Menschen voraus, so dass eine Gesellschaft dann als gerecht gelten könne, wenn sie allen Gesellschaftsmitgliedern das Erreichen mindestens dieses Entwicklungsgrades notwendiger Grundfähigkeiten ermögliche.“ (te Poel 2019, S. 64)
Was im Sinne einer Bildung für alle als Alternative zum nicht-distributiven Ansatz zunächst „verlockend“ (Stojanov 2011, S. 38) erscheint, könne laut Stojanov – etwa in der Frage nach der Definition des Begriffs „menschenwürdig“ – zum Ausschluss führen (vgl. ebd., S. 39) oder aufgrund von Diskrepanzen kognitiver Kompetenzen Elitenbildung begünstigen; zudem verbüße der Gerechtigkeitsbegriff in dieser Lesart „einen Großteil seines kritischen Potentials, da er seinen Bezug zu womöglich ungerechtfertigten Ungleichheiten zwischen den Mitgliedern einer Gesellschaft weitgehend verliert“ (ebd., S. 40), wenn etwa die strukturelle Kapital-Benachteiligung von Kindern und Jugendlichen unerheblich wird, da sie die „Kompetenzschwellen der menschenwürdigen Lebensführung und politischen Partizipation“ (ebd.) erreichen. Besonders für die inklusive (Schul)Bildung werden hier darüber hinaus Fragen zu „notwendigen Grundfertigkeiten“ aufgeworfen, etwa wer diese wie definiert und welche Folgen es hat, wenn diese nicht erreicht werden können.
Als drittes Gerechtigkeitsparadigma verspricht der Ansatz der Anerkennungsgerechtigkeit,
„dass alle Menschen das Potential zur individuellen Autonomie besitzen, dessen Entwicklung nicht eine Frage nach einer paternalistischen Umverteilung von teilbaren Gütern zugunsten der […] Benachteiligten ist, sondern eine Frage nach Abbau sozialer Unterdrückung und Ausgrenzung und nach Schaffung von Lebensformen, in denen sich die Akteure wechselseitig als Personen mit gleichem moralischen Wert achten.“ (ebd.)
Unter Rückgriff auf Honneths (1992) sozialphilosophische Anerkennungstheorie benennt Stojanov mit Empathie, Respekt und sozialer Wertschätzung drei Anerkennungsformen, die die Autonomie und Selbstbestimmtheit von Lernenden zu fördern versprechen: Anerkennungsgerechtigkeit zielt auf „die Herbeiführung von einer bestimmten Qualität von Sozialbeziehungen“ (Stojanov 2011, S. 41). Die Forderung nach uneingeschränkter gegenseitiger Achtung als Grundlage aller bildenden Prozesse, die Annedore Prengel unter der Formel der „egalitären Differenz“ in die Erziehungswissenschaften überführte (Prengel 1993), kann als Grundgedanke inklusiver Pädagogik begriffen werden, weshalb der Ansatz der Anerkennungsgerechtigkeit nachfolgend im Zentrum der Analyse steht.

3. Didaktische Tradition: Gerechtigkeitsfragen in der Allgemeinen Didaktik

In den diskursbestimmenden didaktischen Ansätzen des späteren 20. Jahrhunderts, die weiterhin die Forschungslandschaft und Lehrkräftebildung prägen (Arnold & Zierer 2015), spielen vor allem Fragen der gesellschaftlich (re)produzierten Bildungsbenachteiligung eine Rolle. Bedeutsam sind hier Klafkis Arbeiten, die bereits für Bildungsreformdebatten in den 1960er und 1970er Jahren wegweisend waren und es bis heute sind. Als Basis von Klafkis kritisch-konstruktiver Didaktik etwa dienten die seinerzeit prominenten Untersuchungen zu bildungsbezogener Benachteiligung (zusammenfassend siehe Rolff 1980), die – analog zu den Arbeiten von z.B. Bourdieu (s.o.) – gezeigt haben, dass „Chancengleichheit in unserer Gesellschaft keineswegs verwirklicht ist, sondern eine schichtspezifische Ungleichheit der Bildungschancen und damit weitgehend auch der Berufs- und Sozialchancen besteht“ (Klafki 2007, S. 224). Klafki zufolge seien zwar in den 1970er Jahren einige Fortschritte hinsichtlich der Bearbeitung von ungleichen Bildungschancen erfolgt: „Wo aber die Rede von Chancengleichheit vorgibt, Realität zu beschreiben, ist sie Ideologie oder erzeugt sie Ideologie, d.h. falsches Bewusstsein, hinter dem sich das Interesse an der Aufrechterhaltung bestehender Ungleichheit und an der Sicherung bestimmter Privilegien verbirgt“ (ebd., S. 224). Zur Bearbeitung dieser Ungleichheiten empfiehlt Klafki Bildungsfragen in Wechselwirkung mit Gesellschafts- und Wirtschaftspolitik zu erörtern, und verweist auf die „Einsicht in die Mitverantwortlichkeit aller angesichts solcher Probleme und Bereitschaft, an ihrer Bewältigung mitzuwirken“ (ebd., S. 56). Dies geschehe etwa über die Bildungsziele und -inhalte, indem z.B. als eines der epochaltypischen Schlüsselprobleme „die gesellschaftlich produzierte Ungleichheit“ (ebd. S. 59) adressiert wird.
Weiterhin erörtert Klafki den „Sinn und Unsinn des Leistungsprinzips in der Erziehung“ (ebd., S. 209), wobei die oben beschriebene soziale Ungleichheit als direkte Folge des – vermeintlich chancengleichheitsorientierten – meritokratischen Leistungsprinzips ausgemacht wird: „[D]iese ungleiche Verteilung schien und scheint manchen Zeitgenossen […] vor allem ein Ausdruck natürlicher Ungleichheit, anlagebedingter Begabung und anlagebedingten oder auf individueller Entscheidung beruhenden Leistungswillens zu sein“ (ebd. S. 217).
Die u.a. von Klafki bereits vor Jahrzehnten vorgenommene Problematisierung der Leistungsgesellschaft und die Ausrichtung von Schule und Unterricht auf nachweisbare (Fach)Leistung ist ein Kerngedanke des aktuellen gerechtigkeits- und sozial orientierten Inklusionsdiskurses, dem Klafkis Forderungen inhärent sind: „Daher muss dieses individualistisch-konkurrenzorientierte Leistungsverständnis durch einen Leistungsbegriff ersetzt werden, der an der Lösung gemeinsamer Aufgaben und am Prinzip der Solidarität einer lernenden Gruppe orientiert ist“ (ebd., S. 76).
Auch das Hamburger Modell von Wolfgang Schulz (1981) widmet sich der Erörterung der Themen Leistung und Chancen im Rahmen unterrichtlicher Interaktion:

„Das Modell setzt nicht voraus, dass die Selektion, die die Schule über Zensuren, Versetzungsordnungen, Ausschlussmöglichkeiten, insbesondere von Schulen mit Privilegien schaffenden Abschlüssen bewirkt, allgemein als notwendig, gerecht und damit als angemessene Förderung der Schüler anerkannt werden kann, aber die Zweifel daran sollen Gegenstand öffentlicher Auseinandersetzung und des Unterrichts selbst sein dürfen“ (Schulz 1981, S. 10).
Wie auch Klafki, der nach den Prinzipien der Selbstbestimmung, Mitbestimmung und Solidarität eine schulische Anerkennungsgerechtigkeit (s.o.) fordert, zielt Schulz‘ Theorie im Dreiklang von Kompetenz, Autonomie und Solidarität auf die Anerkennung von und Solidarität „mit denjenigen, die in der Erreichung jener Ziele konkret benachteiligt werden, […] denen das jeweils ökonomisch, politisch und kulturell mögliche Maß an Kompetenzförderung und Autonomie noch vorenthalten wird, […] [und] deren Anspruch auf menschenwürdige, d.h. Freiheit, Gleichheit und Mitmenschlichkeit verbürgende Lebensbedingungen noch nicht gesichert ist“ (ebd., S. 42).
Diese beiden angeführten ‚Klassiker‘ der allgemeinen Didaktik haben wichtige Impulse zur didaktischen Bearbeitung bildungsbezogener Ungerechtigkeiten gesetzt und sind noch heute aktuell. Zur Übertragung dieser Ansätze auf inklusiven Unterricht wird nachfolgend das analytische Potenzial des „Didaktischen Modells für inklusives Lehren und Lernen“ (DiMiLL) für eine Verhältnisbestimmung von inklusiver Didaktik und Bildungsgerechtigkeit genutzt. Das DiMiLL wird deshalb als Heuristik herangezogen, da in seiner Entwicklung Kriterien der Komplexität, Kohärenz, Viabilität und Evidenz (vgl. Wocken 2016, S. 234) berücksichtigt wurden. Während andere inklusionsdidaktische Konzeptionen – z.B. die Entwicklungslogische Didaktik, das Theorem gemeinsamer Lernsituationen, die konstruktivistische oder die menschenrechtsbasierte Didaktik (siehe ebd.) – mit Blick auf die schulpraktische ‚Anwendung‘ oft weniger konkrete Ansätze bieten, „inklusiven Unterricht zu planen, zu gestalten, auszuwerten und zu reflektieren“ (ebd., S. 236), versucht das DiMiLL diesen Anspruch einzulösen (ausführlich siehe Frohn et al. 2019) und somit analytische und planerische Perspektiven miteinander zu verbinden.

4. Inklusion und Bildungsgerechtigkeit – zum Potenzial des Didaktischen Modells für inklusives Lehren und Lernen (DiMiLL) für die Umsetzung von Anerkennungsgerechtigkeit

Anhand der skizzierten Bedeutungen des Gerechtigkeitsbegriffs in der Bildung erscheint das Konstrukt der Anerkennungsgerechtigkeit als schlüssige Zielvariable einer an Inklusion orientierten Didaktik. Denn selbst wenn Verteilungsgerechtigkeit als ausgleichendes Prinzip verstanden wird, ist dieses Vorgehen nach Stojanov mit einem sportlichen Wettkampf zwischen Individuen zu vergleichen, „die danach streben, bessere gesellschaftliche Positionen im Erwachsenenleben durch bessere Schulabschlüsse zu erreichen“ (Stojanov 2019, o.S.). Damit werden die traditionell allgemeindidaktischen Ziele von Schulbildung – Selbstbestimmung, Mitbestimmung und Solidarität (Klafki 2007) bzw. Kompetenz, Autonomie und Solidarität (Schulz 1981) – abgelöst von einer ökonomischen Verwertungslogik, die zwar ähnliche Voraussetzungen schafft, jedoch auf stetige Konkurrenz als ökonomischen Motor setzt.[1]
Im Sinne der Inklusion lässt sich Schulbildung stattdessen als „Mannschaftsspiel“ definieren: Als „ein Spiel des Erwerbs und der Kommunikation von Wissen und von Selbstvertrauen“ für Spieler*innen mit verschiedenen Voraussetzungen, die unterstützt durch Expert*innen „in Interaktion zueinander ihre welt- und selbstbezogenen Fähigkeiten und Kompetenzen entwickeln“ (Stojanov 2019, o.S.).
Mithilfe des „Didaktischen Modells für inklusives Lehren und Lernen“ (DiMiLL), das sich an den allgemeindidaktischen Ansätzen von Klafki und Schulz orientiert (Frohn 2019), sollen entsprechende Bildungsangebote gestaltet werden können. Es eignet sich zudem als Systematisierungsgrundlage für eine Verhältnisbestimmung zwischen inklusiver Didaktik und Bildungsgerechtigkeit, da es Fragen dieses Zusammenhangs direkt adressiert (vgl. ebd., S. 28f).
Mit dem Ziel, traditionelle Ansätze in ein zeitgemäßes didaktisches Modell zu überführen, wurde das DiMiLL (siehe Abb. 1) im Projekt FDQI-HU[2] an der Humboldt-Universität zu Berlin in interdisziplinärer Kooperation von Vertreter*innen aus inklusionsorientierten Querschnittsdisziplinen, sechs Fachdidaktiken, Bildungstheorie, empirischer Lehr-Lern-Forschung sowie der Schulpraxis entwickelt.
Durch die komplexitätsreduzierende Heuristik werden die umfassenden Anforderungen an inklusionsorientiertes Unterrichten auf einen Blick ersichtlich und zueinander in Beziehung gesetzt. Damit eignet sich das DiMiLL – sowie das entsprechende Glossar, das die einzelnen Begriffe umfassend erläutert und kontextualisiert (siehe Frohn 2017/2018 bzw. www.hu-berlin.de/fdqi/glossar) – sowohl für die Vermittlung inklusionsrelevanter Inhalte in allen Phasen der Lehrkräftebildung als auch für die systematische Auseinandersetzung mit erziehungswissenschaftlichen Fragen.


Abb. 1: Das Didaktische Modell für inklusives Lehren und Lernen (Frohn 2019, S. 28)

Die nachfolgenden Erläuterungen zum DiMiLL sind, verfasst von den Projektbeteiligten, detailliert im Band von Frohn et al. (2019) sowie im FDQI-HU-Glossar nachzulesen.

4.1 Individuelle Kompetenzentwicklung als Ziel eines gerechten Unterrichts

Der Kompetenzbegriff ist – nach einer turbulenten Entwicklungsgeschichte (dazu siehe z.B. Huber 2004) – aufgrund der um die Jahrtausendwende einsetzenden nationalen und internationalen Schulleistungsstudien zu einem vielgebrauchten Begriff in den Bildungswissenschaften und der medialen Öffentlichkeit avanciert. Kritiker*innen problematisieren seither die angenommene Wert- und Inhaltsneutralität des Begriffs (Krautz 2015) und monieren, dass „ein auf Messbarkeit angelegter Kompetenzbegriff […] zum technokratischen Modell zu verkommen [droht; d.A.], das – unabhängig von Fragen nach Persönlichkeitsentfaltung und Emanzipation – der ‚Globalisierung‘ die Fähigkeiten und Fertigkeiten zu geben verspricht, die ökonomische Verwertungslogik verlangt“ (Feltes & Salomon 2010, S. 146). Diese Lesart unterschlägt jedoch das bildungstheoretische Potenzial des Begriffs, das in Anlehnung an Weinerts vielzitierte Kompetenzdefinition auch Rückgriffe auf Wilhelm von Humboldts Ansatz zur Entwicklung der menschlichen Kräfte zulässt (Frohn & Heinrich 2018). In der Weiterführung von Weinert (2001) ist es daher essenziell, die auf kognitive Leistungsfähigkeit verkürzte Kompetenzorientierung zu öffnen, um mit einem weiten Kompetenzbegriff auch die individuelle, motivationale, die soziale, die ethisch-normative sowie die performative Dimension des Begriffs in Schule und Unterricht in den Blick zu nehmen. In diesem Sinne zielt die individuelle Kompetenzentwicklung im Zentrum des DiMiLL auf differenzierte, umfassende Entwicklungsmöglichkeiten für alle Schüler*innen.

4.2 Das Fundament für einen gerechten Unterricht

Als Fundament inklusiver Didaktik werden im DiMiLL die Konstrukte ethische Grundlagen inklusiven Lehrens und Lernens sowie Selbst- und Weltverhältnis schulbezogen Handelnder gesetzt. Für die ethischen Grundlagen inklusiven Lehrens und Lernens stellt Bildungsgerechtigkeit neben Teilhabe, Antidiskriminierung und Anerkennung den ersten von vier Referenzpunkten dar. Dabei zielt Bildungsgerechtigkeit nach Moser (2019) in diesem Kontext zuvorderst „auf die Systemebene ab, um hier Availability (allgemeine Verfügbarkeit), Accessibility (diskriminierungsfreie Zugänglichkeit), Acceptability (Angemessenheit) und Adaptability (Adaptierbarkeit bzw. Anpassbarkeit) (vgl. Tomaševski, 2004) zu gewährleisten – und ist damit vor allem auf der Ebene der bildungspolitischen Steuerung und individuellen Schulentwicklung zu platzieren“ (Moser 2019, S. 35). Dass „Anerkennung“ hier als separate Facette ethischer Grundlagen aufgeführt wird, zeigt einerseits, dass das Anerkennungsparadigma nicht zwangsläufig Teil der Definition von „Gerechtigkeit“ ist, andererseits die enge Verknüpfung der Begriffe, die darüber hinaus auch große inhaltliche Schnittmengen mit den Referenzpunkten der Teilhabe und der Antidiskriminierung bergen. Dabei spielt das Menschenrecht auf Bildung auf Systemebene eine ebenso große Rolle wie die alltagspraktische pädagogische „Haltung“ (ebd., S. 36) oder Einstellung, die im Inklusionsdiskurs vielfach untersucht wird und als inklusionsförderliches Konstrukt gilt (zusammenfassend siehe Ruberg & Porsch 2017).
Mit dem Selbst- und Weltverhältnis schulbezogen Handelnder wird die bildungstheoretische Prämisse, die für das Zentrum des DiMiLL geltend gemacht wird (s.o.), auch im Fundament adressiert. Demnach müssen Schule und Unterricht neben (fach)inhaltlichen Lernprozessen auf (ko-konstruktiv zu entwickelnde) Bildungsprozesse abzielen, womit zweckunabhängig und ganzheitlich eine Autonomie- und Persönlichkeitsentwicklung anvisiert wird. Stojanov zufolge lassen sich Bildungsprozesse aus anerkennungstheoretischer bzw. -gerechter Perspektive „als parallele Vorgänge der Entstehung von Selbstbeziehungsformen und der Eröffnung und Erweiterung des Welt-Horizonts des Einzelnen bezeichnen, welche in und durch […] Anerkennungsformen der Empathie, des Respekts und der sozialen Wertschätzung zustande kommen“ (Stojanov 2011, S. 41, Herv. im Original) – was auch im Fundament des DiMiLL festgeschrieben ist.

4.3 Anerkennungsgerechtigkeit in der Planung und Umsetzung inklusiven Unterrichts

Zur Analyse des Verhältnisses von Bildungsgerechtigkeit als Anerkennungsgerechtigkeit und inklusiver Didaktik auf Unterrichtsebene wird nachfolgend das DiMiLL in seiner Operationalisierungsform sogenannter Anforderungs- bzw. Analyseraster (siehe Abb. 2) mit Fokus auf das Prozessmerkmal Partizipation und die Strukturelemente konsultiert.
Die Verschränkung der Prozessmerkmale und Strukturelemente inklusiven Lehrens und Lernens ermöglicht eine tiefergehende Analyse anhand konkreter Parameter im sonst mitunter unübersichtlichen erziehungswissenschaftlichen Diskurs zu Fragen der Inklusion in Schule und Unterricht respektive zu Fragen inklusiver Didaktik. Damit wird eine mögliche Systematik eröffnet, die auch der strukturierten Analyse übergeordneter erziehungswissenschaftlicher Fragestellungen – in diesem Fall zum Zusammenhang zwischen inklusiver Didaktik und Bildungsgerechtigkeit – dient. Hinsichtlich handlungspraktischer Fragen wird mittels dieser Raster auf Basis des DiMiLL Anschlussfähigkeit bzw. ein Transfer zwischen wissenschaftlichen Diskursen und schulischer Alltagspraxis angestrebt: So lässt sich z.B. eine solche Strukturierungshilfe für die Unterrichtsplanung oder zur Überprüfung des schulinternen Curriculums auf inklusionsorientierte Anforderungen nutzen.


Abb. 2: Operationalisierungsform des DiMiLL im sogenannten Anforderungs- bzw. Analyseraster

Partizipation im Sinne einer aktiven Beteiligung aller Lernenden gilt als grundlegende Prämisse von Inklusion in Schule und Unterricht und wird im DiMiLL anhand von vier Dimensionen beschrieben: gestaltende Teilhabe aller an Schule und Unterricht, demokratische Bildung und Demokratie-Lernen, Aktivierung der Lernenden und Förderung ko-konstruktiver Bildungsprozesse.
Unter Einbezug dieser vier Dimensionen ist zur Bestimmung der Ausgangslage von Schüler*innen zu erörtern, inwieweit Lernende an dieser Diagnose beteiligt werden können und welche Perspektiven sie auf den Lerngegenstand mitbringen – um anschließend diese individuellen Perspektiven mit fachlichen Perspektiven im Rahmen didaktischer Strukturierung zu verbinden. Dabei ist die Ausgangslage mit Blick auf die Unterrichtsgegenstände, auf die Lerngruppe sowie die individuellen Lernmöglichkeiten zu ermitteln. Bei der Partizipation an Themen und Inhalten des Unterrichts wird die Frage nach fakultativen bzw. obligatorischen Inhalten (vgl. Prengel 2016; vgl. auch Fundamentum und Additum nach Klafki z.B. 2007) eröffnet sowie nach der individuellen Bedeutung für die Lernenden – sowohl in fachlicher als auch überfachlicher Hinsicht. Grundsätzliche Fragen hierbei sind, wer die Auswahl der Lerninhalte bestimmt, welchen Mehrwert die Mitbestimmung der Schüler*innen für den inklusiven Unterricht birgt (Ziemen 2014) und wie die daraus resultierenden Unterrichtsinhalte „subjektiv sinnvoll und fachlich vertretbar“ (Musenberg & Riegert, 2013, o.S., Herv. im Original) weiterentwickelt werden können.
Für Methoden und Medien gilt im inklusiven Unterricht, dass sie bestmöglich auf Anschlussmöglichkeiten an die Perspektiven der Lernenden sowie auf das individuelle und gemeinsame Bearbeitungspotenzial abgestimmt werden. Verbunden mit Fragen der Partizipation werden hier selbstbestimmte Lernwege, -medien und -formen adressiert, die für eine Passung der kontinuierlichen Reflexion sowohl durch die Schüler*innen als auch durch die Lehrkräfte bedürfen.
Abschließend ist die Erfolgskontrolle, die im Inklusionsdiskurs oft mit einem „mehrperspektivischen Leistungsbegriff“ (vgl. Prengel 2016) und mit formativen Evaluationsformen umschrieben wird, im Zusammenspiel mit dem Prozessmerkmal Partizipation z.B. auf Formen der selbständigen Erfolgskontrolle für alle Schüler*innen auszurichten. Dabei ist zu fragen, ob und wie Lernende in die (Re)Formulierung, Strukturierung und Anpassung von Zielen – je nach individueller Ausgangslage – einbezogen werden können. Besonders beim Strukturelement Erfolgskontrolle wird das Spannungsfeld zwischen individueller Kompetenzentwicklung und Bildungsstandards als „Bewährungsfall der inklusiven Schule“ (Schuck 2014, S. 168) adressiert, das z.B. mithilfe von Selbsteinschätzungen, Portfolios oder Entwicklungsberichten reflexiv bearbeitet werden kann.

Werden diese Schnittstellen zwischen dem Prozessmerkmal Partizipation und den Strukturelementen des DiMiLL auf Fragen der Bildungsgerechtigkeit ausgerichtet, ergeben sich offensichtliche Gemeinsamkeiten zwischen Prozessen und Zielen einer inklusiven Didaktik und einer auf Anerkennung abzielenden Bildungsgerechtigkeit: So ist in der Zusammenführung der DiMiLL-Elemente Partizipation und Ausgangslage – entgegen dem Primat der Leistungsgerechtigkeit – nicht nur die fachliche bzw. kognitive Fähigkeit, sondern das grundsätzliche Potenzial der Schüler*innen zu diagnostizieren. Dem Anspruch der Partizipation folgend sind Schüler*innen i.S. der Überwindung des machtvollen, verdinglichenden Charakters von Diagnostik im pädagogischen Kontext (siehe dazu Simon 2019) einzubeziehen und ihre Sicht auf ihre eigenen (künftigen) Fähigkeiten ist anzuerkennen. „Die Norm der Wertschätzung besagt nämlich, dass spezifische Fähigkeiten oder Fähigkeitspotentiale des/der Einzelnen anerkannt werden sollen, die von einer gesamtgesellschaftlichen Bedeutung sind bzw. sein können.[3] Nur unter der Voraussetzung dieser Anerkennung kann der/die Einzelne diese Fähigkeiten und Fähigkeitspotentiale auch tatsächlich entwickeln und verwirklichen“ (Stojanov 2013, S. 64). Dafür aber bedarf es einer partizipativen Ausgangslagenbestimmung, in der Schüler*innen ihre individuellen Potenziale aktiv einbringen und Lehrkräfte auch die Potenziale der Lernenden als Gruppe reflektieren und nutzen, um individuelle und gemeinsame Bildungsprozesse zu initiieren oder zu begleiten.
Partizipation im Zusammenhang mit der Auswahl von Themen und Inhalten des Unterrichts begünstigt Gerechtigkeit zunächst auf grundlegender Ebene, konkret die (Be)Achtung der Kinder- und Menschenrechte, insbesondere des Rechts auf Partizipation und des „best interest of the child“ (Art. 3 der KRK). Dabei ist das Spannungsfeld von Freiheit und pädagogischer Verantwortung auszubalancieren. Eine solche Balance gelingt umso mehr, wenn Schule nicht nur als Ort der Wissens-, sondern der Generationenvermittlung verstanden wird (vgl. Heinzel 2011) und Kinder im Unterricht „als Mitglieder der Gesellschaft“ adressiert werden, die „an ihren Erziehungs- und Bildungsbedingungen, mithin an ihren Selbst- und Weltverhältnissen, selbst mitwirken“ (ebd., S. 63). Partizipativ ausgerichtete Themen und Inhalte können zudem für die Umsetzung von Bildungsgerechtigkeit in Schule und Unterricht fokussiert werden: Die individuelle Bedeutung des Inhalts für die Lernenden wird dann vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Benachteiligungsprozesse reflektiert, sodass Bildungsgerechtigkeit nicht nur als Ziel, sondern auch als Inhalt schulischer Lehr-Lern-Prozesse mit Blick auf die Lebenswelt der Schüler*innen und ihre individuellen Fähigkeitspotenziale adressiert wird. „Das so skizzierte Anerkennungsmodell von Bildungsgerechtigkeit hat den Vorteil, dass es mit dem nicht primär instrumentalistischen Bildungsverständnis kompatibel ist. Diesem Modell zufolge ist die Überwindung von Herkunftsbenachteiligungen […] nicht in erster Linie eine Frage nach Umverteilung von Bildungsmedien, sondern eine nach Schaffung von sozialen Strukturen, von schulischen Lebensformen mit entsprechender Qualität“ (Stojanov 2011, S. 42). Demnach wäre mit Stojanov die Frage nach Methoden und Medien nicht primär auf Verteilungsfragen auszurichten, jedoch hat z.B. das pandemiebedingte Distanzlernen gezeigt, dass ohne eine ausgleichende Verteilung von Gütern grundsätzliche Formen der Anerkennung z.T. unmöglich sind: Wenn z.B. im Distanzlernen digitale Medien Grundvoraussetzungen für Kommunikation und Anerkennung darstellen, müssen diese uneingeschränkt verfügbar gemacht werden, um die sich durch die Corona-Pandemie verschärfende Bildungsungleichheit zu bearbeiten (Frohn 2020). So ist z.B. der Versuch, ungleich verteiltes objektiviertes kulturelles Kapital sensu Bourdieu auszugleichen und damit Schüler*innen Partizipation zu ermöglichen, die Prämisse für den anerkennungstheoretischen Ansatz, die „Qualität von Sozialbeziehungen“ (s.o.) zu erhöhen. Auch gilt es kritisch zu reflektieren, inwiefern (digitale) Medien und Methoden Partizipation eher verhindern als ermöglichen, so wie es ebenfalls im Kontext der Corona-Pandemie teilweise geschieht (siehe dazu Peschel 2021).
Der Blick auf die partizipative Erfolgskontrolle eröffnet Parallelen zur oben skizzierten Unterscheidung von Gerechtigkeitsparadigmen. Wird in der inklusiven Didaktik ein mehrperspektivischer Leistungsbegriff gefordert, korrespondiert dies mit Grundsätzen einer Bildungsgerechtigkeit, die über Leistungsgerechtigkeit hinausgeht. So lege eine leistungsbezogene Selektion, wie sie durch das dreigegliederte Schulsystem in Deutschland vorprogrammiert ist,

„die Kinder auf ihre vermeintlichen ‚Begabungen‘ fest, und beschert somit die als ‚wenig begabt‘ aussortierten Kinder mit einer eklatanten Missachtung ihres sozial vermittelten Potentials, neue Persönlichkeitseigenschaften in der Form von Fähigkeiten und Kompetenzen, ja neue ‚Begabungen‘ […] zu entwickeln […]. Dadurch aber verkümmert dieses Potential; es verkümmert letztlich die Grundfähigkeit, Limitierungen von Herkunft und frühkindlicher Sozialisation zu überschreiten.“ (Stojanov 2011, S. 45)
Partizipation im Kontext von Erfolgskontrollen kann die für das deutsche Schulsystem – aufgrund von stark ausgeprägter Hierarchie, Asymmetrie und Macht (Helsper et al. 2007) –  besondere Anfälligkeit für „dominanzförmige Entgleisungen“ (Helsper & Reh 2012, S. 277), die sich im Bereich der Erfolgskontrolle anhand von milieu- und migrationsspezifischen Diskriminierungen zeigt (exempl. Sprietsma 2013), durch mehr Transparenz und Mitsprache potenziell mindern.
Das hier gewählte Beispiel eines exemplarisch ausformulierten Anforderungs- bzw. Analyserasters, das das Prozessmerkmal Partizipation auf die Strukturelemente des DiMiLL überträgt und damit Reflexionsräume eröffnet, soll sowohl das systematische Analysepotenzial des DiMiLL als auch die theoriebasierte enge Verzahnung einer inklusiven Didaktik mit Fragen der Bildungsgerechtigkeit veranschaulichen, die anhand der anderen Modellelemente vertiefend unternommen werden können.
Gleichzeitig legt das Analysebeispiel auch eine kritische Reflexion der Bezeichnungen dieser Konzepte und Praktiken nahe, da die starke normative Aufladung der einzelnen Begriffe auch zur ungewollten Unterminierung der anvisierten Ziele führen kann. Für den Partizipationsbegriff etwa warnen Oser und Biedermann (2006): „Wenn man sich der normativen Überdehnung des Konzepts nicht widersetzt, dann läuft man Gefahr, entweder unaufrichtig zu werden, weil die eigenen Worte und Taten nicht übereinstimmen, oder sich fatalistisch in einen Zustand erlernter Hilflosigkeit zu fügen“ (ebd., S. 26). Anerkennungstheoretisch wäre eben jene Unaufrichtigkeit fatal, sodass in der Analyse der Zusammenhänge auch mögliche negative Auswirkungen in der Nutzung stark normativ geprägter Begriffe und Konzepte in Betracht zu ziehen sind. Ein denkwürdiges Unterrichtsbeispiel für solche negativen Auswirkungen anhand einer Fehlinterpretation bzw. ungenügenden Reflexion von Ambivalenzen und möglichen Grenzen von Partizipation ist das nachfolgende „Entengang“-Beispiel.[4]

In der dritten Klasse werden gelegentlich kleine Bewegungseinheiten in den Unterricht eingebaut. Heute sollen die Kinder nacheinander nach vorn kommen und im »Entengang« mehrere Runden gehen. Die Reihenfolge der Kinder und die Anzahl der Runden werden dabei per Handzeichen durch die*den Schüler*in festgelegt, die*der zuvor dran war. Als letztes ist die Schülerin Lia dran – Jonas zeigt ihr „15 Runden“ an und lacht. Frau K. sagt: „Nee, das ist aber n bisschen viel, maximal zehn!“, woraufhin Jonas „acht Runden“ anzeigt. Lia stöhnt, schlurft nach vorn und beginnt den Lauf. Wie bei den anderen Kindern zählt der Rest der Klasse die Runden laut mit. Nach zwei Runden fällt Lia hin. Zunächst motiviert Frau K. sie („Los, du schaffst das!“). Als Lia nach wenigen Schritten wieder hinfällt, kippt die Stimmung der Lehrerin scheinbar. „Jetzt gib dir mal ein bisschen Mühe!“, sagt sie. „Alle anderen haben das auch geschafft!“. Lia schnauft, macht weiter, fällt aber wieder und wieder hin. Die Lehrerin ist nun sichtlich genervt – sie seufzt und sagt, es sei immer dasselbe mit Lia und das Mädchen klaue der ganzen Klasse die Lernzeit. Gleichzeitig besteht sie jedoch darauf, dass Lia die acht Runden im »Entengang« absolviert. Als Lia fertig ist, klatscht Frau K. drei Mal und sagt: „Siehst du, geht doch, dann kannst du jetzt ja noch als Ente zu deinem Platz gehen.“

Auch ohne weitere Hintergrundinformationen – z.B. dass Lia regelmäßig diskreditiert wird, u.a. weil sie adipös ist – ist diese Szene brisant genug und verdeutlicht, dass es auch wichtig sein kann, Partizipation zu begrenzen. So sind Partizipationsansätze zu hinterfragen, wenn diese zu Diskriminierungsprozessen oder nicht-intendierten negativen Folgen führen können. Darüber hinaus wäre es unverantwortlich, den in pädagogischen Beziehungen potenziell bestehenden Wissens- und Erfahrungsvorsprung der Lehrenden gegenüber den Lernenden zu ignorieren. So verweist etwa Prengel (2016a, S. 35) darauf, „dass die älteren Generationen verpflichtet sind, für das Kindeswohl zu sorgen; d.h. bei der Erkundung der Selbstständigkeits- und Partizipationspotenziale […] dürfen keinesfalls riskante Gefährdungen und Vernachlässigungen in Kauf genommen werden“, womit ebenfalls eine pädagogisch notwendige, reflexive Begrenzung von Partizipation angezeigt ist.

5. Fazit

Wie eingangs skizziert, ist die Frage, ob Inklusion als Ausdruck von Bildungsgerechtigkeit verstanden werden kann – und umgekehrt –, weder einfach noch eindeutig zu beantworten. Die angestellten Reflexionen verdeutlichen jedoch, dass Inklusion respektive eine inklusive Didaktik eng mit Fragen der Bildungsgerechtigkeit verbunden ist, auch wenn diese Erkenntnis keinesfalls neu ist: Schon die Integrationsforschung der 1970er widmete sich im Kern der Gerechtigkeitsfrage, wenngleich weniger aus didaktischer Perspektive; und auch die allgemeine Didaktik sensu Klafki oder Schulz ist auf den Zusammenhang von (inklusiver) Didaktik und Bildungsgerechtigkeit ausgerichtet. Umso erstaunlicher ist es, dass das analytische Potenzial dieses Wechselverhältnisses nicht umfassend ausgeschöpft wurde bzw. wird: So erscheint es z.B. rückblickend als verpasste Chance der Ungleichheitsforschung, die Kunstfigur des „katholischen Arbeitermädchens vom Lande“ (vgl. exempl. Böttcher 2021) nicht auch aus intersektioneller Perspektive analysiert zu haben, obschon die Figur selbst verschiedene Differenzlinien vereint. Umgekehrt wird, um auf den Anfang dieses Beitrags zurückzukommen, im Inklusionsdiskurs zuweilen die Möglichkeit vertan, übergreifende Fragen der Bildungs(un)gerechtigkeit zu adressieren, insbesondere dann, wenn Inklusionsforschungen eher differenzsetzend statt -kritisch sind (vgl. Seitz & Simon 2021).
Demnach sind inklusionsorientierte konzeptionelle Arbeiten und didaktische Modelle, die auf mehr Bildungsgerechtigkeit zielen und mit denen Bestehendes anhand neuer Forschungserkenntnisse erweitert oder (re)aktualisiert wird, keinesfalls redundant, auch wenn die ‚neuen‘ Terminologien und Theorien letztlich alte Probleme bearbeiten. Dies verdeutlicht nur umso mehr, wie sehr die (Re)Produktion von Benachteiligung im deutschen Bildungswesen strukturell festgeschrieben ist (zusammenfassend siehe Böttcher 2021). Demnach wäre – im Sinne der Innovations- bzw. Implementationsforschung – eindringlich danach zu fragen, warum das breite Wissen zur (Re)Produktion von Bildungsungleichheiten bzw. warum die wiederkehrenden Befunde kaum realpolitische Konsequenzen oder gerechtigkeitsfördernde Entwicklungen nach sich ziehen (vgl. auch Heinrich 2010, S. 64).
Eine inklusionsorientierte, auf mehr Gerechtigkeit ausgelegte Didaktik ist ein wichtiger Baustein für die Realisierung von Bildungsgerechtigkeit – aber keinesfalls der einzige, da eine gerechtigkeitsorientierte Didaktik in einem nach wie vor hierarchisch geprägten, auf Homogenisierungsprozesse hin ausgelegten, selektiven Bildungswesen die ‚Systemfrage‘ nicht (allein) zu lösen vermag. Unentbehrlich ist es daher, die tradierten Strukturen des Schulwesens aus inklusionsdidaktischer und gerechtigkeitstheoretischer Sicht weitergehend kritisch zu hinterfragen und in einen Zusammenhang mit schulischen bzw. unterrichtlichen Praktiken und Kulturen zu stellen, um der Ungerechtigkeit in und durch Schule auf den Grund zu gehen. Denn, so Stojanov (2011, S. 45), „dieser Zustand der Ungerechtigkeit [bedingt; d.A.] eine soziale Dysfunktionalität des Bildungswesens in Hinblick auf seine Aufgabe, Heranwachsende für sozialen Aufstieg und für politische Partizipation zu befähigen. Zwischen Gerechtigkeit und Demokratietauglichkeit des Bildungswesens besteht ein notwendiger Zusammenhang“. Mit Blick auf diese Dysfunktionalität bleibt vor allem der Unterricht als ‚Kerngeschäft‘ von Schule aus didaktischer Perspektive „ein Feld voller Ängste, aber nicht ohne Hoffnung, voller Bedingtheit, aber nicht ohne Möglichkeiten“ (Schulz 1981, S. 10) – insbesondere dann, wenn didaktische Modelle und Theorien, mit denen systematische, gerechtigkeitstheoretische Analysen angeregt werden können, helfen, sie zu re- und dekonstruieren.

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[1] Auf pädagogische und gesellschaftliche Probleme, die mit einer solchen neoliberalen Marktlogik einhergehen, wird seit langem z.B. aus (integrations)pädagogischer (exempl. Deppe-Wolfinger 2004), (sozial)philosophischer (Nussbaum 2012) und auch ökonomischer Perspektive (siehe Hertz 2020) verwiesen.

[2] FDQI-HU (Phase 1) wurde im Rahmen der gemeinsamen „Qualitäts-offensive Lehrerbildung“ von Bund und Ländern aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) von 2016 bis 2019 gefördert (FKZ 01JA1620).

[3] Hierzu muss – u.a. auf Basis eines ethischen Fundaments inklusiver Pädagogik (siehe oben) – einerseits in Distanz zu einer ‚Brauchbarkeitslogik‘ gegangen respektive die Gefahr einer solchen reflektiert und andererseits kritisch hinterfragt werden, wer die Definitionsmacht besitzt und entscheidet, was gesellschaftlich relevant ist/wird.

[4] Die Sequenz wurde durch eine Studierende der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg beobachtet und verschriftlicht und mir [TS] und Ute Geiling zur Verfügung gestellt. Beiden sei an dieser Stelle herzlich gedankt.