Abstract: Leichte Sprache findet vermehrt Eingang in sowohl die (pädagogische) Handlungspraxis als auch wissenschaftliche Auseinandersetzungen. Während Leichte Sprache die durch sie (vorwiegend) adressierten Menschen mit Lernschwierigkeiten empowern kann und so zu einem wichtigen handlungspraktischen Werkzeug wird, bleibt sie in theoretischer Hinsicht oftmals un(ter)beleuchtet – insbesondere bezüglich der Ambivalenzen, die unweigerlich mit Leichter Sprache einhergehen. Eine zentrale Problematik liegt dabei darin, dass durch Leichte Sprache zwar Teilhabemöglichkeiten eröffnet, gleichzeitig jedoch eingeschränkt werden können, indem die durch Leichte Sprache adressierten Personen als ‚unterstützungsbedürftig‘ und dadurch letztlich ‚behindert‘ gelabelt werden. Diese und zahlreiche weitere Ambivalenzen diskutiert der Autor, wobei er von drei empirischen Zugängen zur Erforschung Leichter Sprache ausgeht. Im Ausblick werden Forschungsdesiderate und Perspektiven einer theoretischen Fundierung Leichter Sprache skizziert.
Stichworte: Leichte Sprache, Menschen mit Lernschwierigkeiten, Ambivalenzen, Inklusion, pädagogisches Handeln, Dekonstruktion
Inhaltsverzeichnis
Sogenannte Leichte Sprache hat ihren Ursprung in Selbst- und Stellvertretungsgruppen von und für Menschen mit Lernschwierigkeiten und zielt darauf ab, schwierige Schrift- und in manchen Zusammenhängen auch Verbalsprache anhand der ‚Regeln‘ Leichter Sprache zu vereinfachen (u.a. Kaczmarzik 2019, S. 10 ; Lange und Bock 2016, S. 117 ; Seitz 2014, S. 4 ; Bock 2014, S. 18ff ; Jekat et al. 2014, S. 7ff) . Dadurch soll Menschen mit Lernschwierigkeiten ein Zugang eröffnet werden, der ihre Teilhabemöglichkeiten an Praxen der Mehrheitsgesellschaft erweitert. Leichte Sprache findet insofern vielfach Eingang in Forderungen nach Barrierefreiheit, Teilhabe und Inklusion von Menschen, die routinemäßige Schrift- und Verbalsprache nur eingeschränkt verstehen. Eine Folge der breiten Forderung nach Leichter Sprache, die von Selbst- und Stellvertretungen sowie handlungspraktischer ebenso wie teils fachwissenschaftlicher Seite vorgebracht wird (Netzwerk Leichte Sprache e.V. o.J.; Antener et al. 2018; u.a. Kupke und Schlummer 2010), ist, dass sich zahlreiche (Selbstvertretungs-)Verbände formiert haben, sogenannte Übersetzungsbüros gegründet wurden oder bspw. Handbücher für Leichte Sprache verfasst wurden (u.a. Bredel und Maaß 2016). Auch im internationalen Raum kommt Leichter Sprache bzw. ihrem jeweiligen Äquivalent eine immer größere Bedeutung zu, was sich nicht zuletzt in der Etablierung des Netzwerks „Easy-to-Read: European Easy-to-Read Guidelines“ zeigt, das europaweit die Grundlagen Leichter Sprache verbreiten will (https://easy-to-read.eu/; zuletzt am 24.11.20). Es kann also eine gewisse Festigung von Regeln zur Gestaltung Leichter Sprache ausgemacht werden und eine hohe Referenz auf diese, die von unterschiedlicher Seite erfolgt – auch vonseiten der Wissenschaft. Gleichzeitig muss problematisiert werden, dass Leichte Sprache „eine künstlich geschaffene Varietät [ist], deren Kodifizierung und Normierung sich noch in einem Stadium der Aushandlung befindet“ (Linz 2017, S. 148). Hinzukommt die Problematik, dass Leichte Sprache oftmals (teils unreflektiert) als ‚Allheilmittel‘, eine Art ‚Garant für Inklusion‘ bzw. als „Inklusionsversprechen der Lobbyisten für ‚Leichte Sprache‘“ (Zurstrassen 2017, S. 54) gilt, allerdings diesen Ansprüchen aus unterschiedlichen Gründen kaum genügen kann. Diesbezüglich kann bereits eine erste, übergeordnete Ambivalenz Leichter Sprache problematisiert werden: Leichte Sprache kann zwar Teilhabemöglichkeiten für Personen eröffnen, die bislang je situativ bzw. bezüglich bestimmter Diskurse primär Ausschluss erfuhren. Allerdings wird durch ihre Funktion einer ‚Sondersprache‘ Behinderung an den durch sie adressierten Personen reproduziert. Dabei „entbehrt [es] nicht einer gewissen Ironie, dass im Zuge der Inklusionsdebatte eine eigene Sprache für Menschen mit Lernschwierigkeiten entwickelt wird“ (Zurstrassen 2015, S. 130). Mit einem Verständnis von Inklusion als Möglichkeit zur uneingeschränkten Teilhabe an den Praxen der Mehrheitsgesellschaft ist dies kaum zu vereinbaren. Schließlich ist die geringe empirische Beleuchtung des Gegenstandes ebenso problematisch wie seine unzureichende theoretische Fundierung (Christmann 2017, S. 36). An diese komplexe Ausgangslage knüpft der vorliegende Beitrag an und wählt dabei zwei Schwerpunkte: Es werden anhand von Studien, die der Autor durchführte, drei unterschiedliche empirische Zugänge zur Erforschung Leichter Sprache dargelegt, die als Annäherung an die Beschäftigung mit dem Phänomen Leichte Sprache verstanden werden können. An den Ergebnissen dieser drei unterschiedlichen Studien können bereits erste Herausforderungen diskutiert werden, denen sich Personen stellen müssen, die sich mit Leichter Sprache beschäftigen. Daraufhin werden entlang von (eigenen) Forschungsergebnissen sowie im Rückbezug auf subjektive Erfahrungen, die insbesondere in der Zusammenarbeit mit sogenannten Übersetzungsbüros gesammelt wurden (siehe hierzu auch Kap. 3), Ambivalenzen Leichter Sprache entfaltet und diskutiert. Der Beitrag schließt mit einem Ausblick, in dem Möglichkeiten theoretischer Fundierung Leichter Sprache skizziert werden.
Ein kurzer Überblick über drei verschiedene Zugänge eigener Erforschung Leichter Sprache zeigt, inwiefern die von unterschiedlicher Seite betonte Forderung nach einer breiteren Forschung zum Phänomen bestätigt werden kann. Außerdem legen die Ergebnisse bereits erste Herausforderungen offen, die sich im Zusammenhang mit Leichter Sprache stellen.
Ein erster Zugang zur Erforschung Leichter Sprache erfolgte im Rahmen der Studie „Kognitive Beeinträchtigung und Barrierefreiheit“ (Trescher 2018c), die in gewisser Weise als Auftakt und Ausgangspunkt der weitergehenden Beschäftigung mit diesem Phänomen angesehen werden kann. Im Fokus dieser Studie stand noch die Erforschung von Barrierefreiheit im Kontext kognitiver Beeinträchtigung und die Erkenntnisse bezüglich Leichter Sprache können insofern als Teilergebnis betrachtet werden. Methodisch wurde hierbei entlang einer dreischrittig verfahrenden Literaturrecherche vorgegangen, anhand derer ein Materialkorpus von über 70.000 deutsch- und englischsprachigen Zeitschriftenartikeln, Monographien, Sammelbandbeiträgen und anderen Fachveröffentlichungen auf Relevanz für das interessierende Thema „Kognitive Beeinträchtigung und Barrierefreiheit“ geprüft wurde (zum Methodendesign siehe Trescher 2018c, S. 21ff). In Schritt 1 der Recherche wurden die Abstracts von Zeitschriftenartikeln etc. darauf geprüft, ob Suchbegriffe, die im Vorhinein festgelegt wurden (u.a. ‚Barrriere‘), darin enthalten sind. War dies der Fall, wurde in Schritt 2 der Recherche das jeweilige Abstract in der Forschungsgruppe gelesen und darauf beurteilt, ob der Beitrag relevant für das interessierende Thema sein könnte. Traf auch dies zu, so wurde in Schritt 3 der Recherche der gesamte Beitrag gelesen und abschließend auf seine Relevanz beurteilt. Nach positiver Prüfung wurden die relevanten Beiträge inhaltsanalytisch aufbereitet. Für Beiträge ohne Abstracts wurden alternative Rechercheverfahren entwickelt (siehe Trescher 2018c, S. 27f). Ein zentrales Ergebnis der umfassenden deutsch- und englischsprachigen Literaturrecherche ist, dass im bezugswissenschaftlichen Diskurs das Thema Barrierefreiheit im Kontext von Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen bzw. Lernschwierigkeiten kaum verhandelt wird. Aus dem Materialkorpus von über 70.000 Beiträgen wurden letztlich lediglich 153 als relevant betrachtet (Trescher 2018c, S. 109). Zu Leichter Sprache kann gesagt werden, dass diese zwar in den (wenigen) letztlich relevanten Beiträgen immer wieder aufgegriffen wird, allerdings überwiegend als Querschnittsthema und/oder als Möglichkeit, Barrierefreiheit für Menschen mit Lernschwierigkeiten herzustellen (siehe u.a. Kohlmann 2011, S. 27; Dönges und Köhler 2015, S. 94; Rüstow 2015, S. 120ff; Hurtado et al. 2014, S. 828; Sutherland und Isherwood 2016, S. 308). Ein konkretes Beispiel kann im Kontext Erwachsenenbildung herangezogen werden, wo teils auf die Bedeutung Leichter Sprache hingewiesen wird, die Teilhabebarrieren reduzieren soll (Ackermann und Ditschek 2015, S. 236; Rüstow 2012, S. 172). Deutlich seltener wird Leichte Sprache selbst zum Thema gemacht, weshalb kaum grundlegende und insbesondere theoretisierende Beiträge zu finden sind – zumindest im sonderpädagogischen Diskurs, der Ausgangspunkt der Literaturrecherche war. Ein Ergebnis der wenigen Forschung zu Leichter Sprache, die sich finden lässt, ist, dass diese zwar Menschen mit Lernschwierigkeiten beim Verstehen von (komplexen) Inhalten unterstützen kann, allerdings bestenfalls durch andere Formate ergänzt wird, wie bspw. Videos, Audios, Grafiken etc., um auf die individuellen Bedürfnisse der AdressatInnen eingehen zu können (Sutherland und Isherwood 2016, S. 370f; siehe auch Hurtado et al. 2014, S. 828). In anderen Fachgebieten dagegen, wie bspw. der psychologischen Textverarbeitungsforschung, wird Leichte Sprache weniger positiv wahrgenommen und ist oftmals Gegenstand problematisierender Auseinandersetzungen (u.a. Christmann 2017).
Um zu untersuchen, inwiefern Leichte Sprache in englisch- und deutschsprachigen Fachzeitschriften thematisiert wird, wird derzeit die Studie „Leichte Sprache im (inter-)nationalen Forschungsdiskurs“ (Trescher 2019-2021; siehe auch Trescher 2020b) durchgeführt. Methodisch orientiert sich diese am Design der Studie „Kognitive Beeinträchtigung und Barrierefreiheit“ (Trescher 2018c). Erneut wurden deutsch- und englischsprachige Fachartikel entlang eines dreischrittigen Verfahrens analysiert. Zudem wurde der Materialkorpus der dortigen Recherche, nach einer entsprechenden Aktualisierung, als Recherchegrundlage herangezogen. Durch das dreistufige, multiperspektivische Verfahren konnten im englischsprachigen Fachdiskurs acht relevante Zeitschriftenartikel herausgefiltert werden, während sich in den untersuchten deutschen Fachzeitschriften in 13 Artikeln ausführlich der Thematik „Leichte Sprache“ gewidmet wurde. An dieser sehr geringen Zahl der Beiträge, die als relevant identifiziert wurden, zeigt sich, dass das Thema Leichte Sprache kaum behandelt wird, was auf eine massive wissenschaftliche Vernachlässigung dieser zentralen Thematik schließen lässt. Dies wird auch in den inhaltsanalytisch untersuchten Artikeln einmütig kritisiert, in denen auf den bestehenden Forschungsbedarf rund um Leichte Sprache aufmerksam gemacht wird (u.a. Poncelas und Murphy 2007; Kupke und Schlummer 2010; Sutherland und Isherwood 2016; Bergelt et al. 2016; Kaczmarzik 2018) . Eine weitere Herausforderung sehen einige AutorInnen darin, dass die Ergebnisse der wenigen, bereits bestehenden Forschung zu Leichter Sprache teils widersprüchlich sind (u.a. Fajardo et al. 2014). Als problematisch wird darüber hinaus teilweise angesehen, dass Symbole in unpassenden Zusammenhängen verwendet werden (Hurtado et al. 2014) sowie, dass Texte in Leichter Sprache missverstanden werden können, was möglicherweise Verwirrung nach sich zieht (Turnpenny et al. 2018). Eine zentrale Herausforderung ist schließlich, dass, laut Karreman et al. (2007), beim Erstellen von Texten in Leichter Sprache stets berücksichtigt werden muss, dass die verbesserte Zugänglichkeit für die eine Personengruppe nicht zu einer schlechteren Zugänglichkeit für eine andere Personengruppe führt. Weitere Ambivalenzen und Herausforderungen Leichter Sprache werden so gut wie nicht thematisiert, wenngleich diese vielzählig bestehen.
Ein weiterer Zugang zur Erforschung Leichter Sprache ist, die Perspektive von Menschen mit Lernschwierigkeiten zu untersuchen. Dies war ein weiterer Forschungsschwerpunkt der oben genannten Studie zu Barrierefreiheit im Kontext kognitiver Beeinträchtigung (Trescher 2018c), in dem individuelle Erfahrungen mit Barrieren und ihrer Überwindung analysiert wurden. Dabei wurde ein biographischer Ansatz gewählt und die übergeordnete Frage verfolgt, inwiefern Menschen mit Lernschwierigkeiten in ihrem Alltag an Barrieren stoßen oder in der Vergangenheit gestoßen sind. Methodisch wurde dabei anhand halbstandardisierter Leitfadeninterviews vorgegangen, die qualitativ-inhaltsanalytisch ausgewertet wurden (Trescher 2018c, S. 111ff). Im Folgenden wird ausschnitthaft ein Einblick in die breiten Ergebnisse (Trescher 2018c, S. 117ff) gegeben, wobei illustrierend Aussagen einzelner Interviewpersonen aufgegriffen werden. Es zeigt sich, dass Leichte Sprache in der Thematisierung von Barrierefreiheit eine wiederkehrende Rolle spielt.
„Ich kann gar nicht wählen. Da müsste jemand mit reinkommen. Ich glaube, das ist nicht erlaubt.“
Barrieren der Teilhabe entstehen für viele Menschen mit Lernschwierigkeiten bspw. dadurch, dass sie ihr Wahlrecht, das ihnen seit dem Jahr 2019 uneingeschränkt zugesprochen wurde, nicht ausüben (können). Eine große Problematik dabei ist, dass viele Personen zu wenig informiert sind über (a) das Wahlprozedere inklusive der Möglichkeiten zur Unterstützung sowie (b) die Vorhaben und Programme der unterschiedlichen Parteien. In der Konsequenz werden Menschen mit Lernschwierigkeiten in ihrer Rolle als StaatsbürgerInnen benachteiligt, was in gewisser Weise einer Entrechtung gleichkommt. Inwiefern dem Verstehen (schwieriger oder komplexer) Schrift- und Verbalsprache dabei eine besondere Bedeutung zukommt, zeigt ein Blick in die weiteren Ergebnisse, in denen deutlich wird, dass Barrieren politischer Partizipation z. B. dann entstehen, wenn Informationen nicht in verständlicher – barrierefreier – Weise zur Verfügung gestellt werden (Trescher 2018c, S. 135f).
„Ich kann Briefe nicht lesen, zum Beispiel vom Amt.“
Eine Barriere, die von einigen Interviewpersonen genannt wurde, liegt darin, dass die Lesekompetenzen der betreffenden Personen oftmals kaum vorhanden oder sehr stark eingeschränkt sind. In der Folge ist es ihnen teilweise nicht möglich, offizielle Briefe von Ämtern und Behörden zu verstehen (die zudem größtenteils in schwierigem ‚Amtsdeutsch‘ verfasst sind). Damit gehen Benachteiligungen einher, die sich primär in Informations- und kommunikativen Einschränkungen manifestieren. Leichte Sprache ist dabei nur für jene Personen sinnhaft, die über ausgeprägte Lesekompetenzen verfügen, was allerdings auf viele Menschen mit Lernschwierigkeiten nicht zutrifft (Kurzenberger et al. 2012, S. 122f). Hierin ist also eine erste Einschränkung der Reichweite und Sinnhaftigkeit Leichter Sprache zu erkennen, die unten noch diskutiert wird.
„Fahrpläne müssten besser gemacht werden, einfacher und größer, auch zum Beispiel Sprechautomaten.“
Die Teilhabe am öffentlichen Personennahverkehr wird für einige Menschen mit Lernschwierigkeiten dadurch eingeschränkt, dass die Orientierung nicht immer leichtfällt, bspw. durch komplexe Fahrpläne, die ein Verstehen auf hohem Niveau erforderlich machen. Barrieren resultieren also auch in einer Benachteiligung im sozialen Feld, da Teilhabemöglichkeiten am Leben der Mehrheitsgesellschaft deutlich eingeschränkt werden. Immer wieder haben die Interviewpersonen konkrete Vorschläge, inwiefern Barrieren abgebaut werden können. In Bezug auf den öffentlichen Personennahverkehr wird diesbezüglich bspw. vorgeschlagen, die Fahrpläne zugänglicher zu gestalten (eine Maßnahme, von der letztlich alle NutzerInnen von Bus und Bahn profitieren würden).
„Mein Mietvertrag ist nicht in Leichter Sprache, darum brauche ich einen Betreuer.“
Barrieren entstehen auch im Kontext Wohnen und liegen dabei vor allem darin, dass Prozesse rund um das Anmieten einer Wohnung und die Kommunikation mit VermieterInnen oder HausverwalterInnen oftmals komplex sind und hohe Ansprüche an schriftsprachliches und kommunikatives Verstehen erfordern . Viele Menschen mit Lernschwierigkeiten sind aufgrund dessen von (formeller ebenso wie informeller) Unterstützung abhängig, die ambivalent ist, da sie zwar Teilhabemöglichkeiten eröffnet, allerdings selbst behindernd wirksam werden kann, bspw. indem sich Abhängigkeiten verstetigen. Insbesondere die Abhängigkeit von den eigenen Eltern geht oftmals mit Infantilisierungspraxen einher (Trescher 2020a; Trescher und Hauck 2020b). Werden lebenspraktische Prozesse, wie bspw. das Anmieten einer Wohnung, barrierefreier gestaltet, so ist es möglich, Abhängigkeitsverhältnisse zumindest aufzuweichen.
„Es gibt Leute, die uns doof anschauen, wenn wir was nicht verstehen, das müsste zum Beispiel nicht sein.“
Barrieren entstehen nicht nur in der Aushandlung alltäglicher Praxen, sondern auch im sozialen Miteinander. Dabei erfahren die Interviewpersonen oftmals Ausgrenzung, einige berichten sogar von Bedrohung. Diese Erfahrungen verweisen auf eine geringe Sensibilität in der Mehrheitsgesellschaft gegenüber diversen Bedarfen, die es unter Umständen erforderlich machen, erweiterte Kommunikationswege zu finden. Diese geringe Sensibilität rührt möglicherweise zusätzlich von nur geringen Berührungspunkten zwischen Menschen mit und Menschen ohne Lernschwierigkeiten. Barrieren abzubauen bedeutet also auch, gesamtgesellschaftliche Teilhabemöglichkeiten zu eröffnen. Inwiefern Leichte Sprache dabei unterstützend wirksam werden kann sowie welche Ambivalenzen damit dennoch unweigerlich einhergehen, wird im Folgenden diskutiert.
Die im vorangegangenen Abschnitt dargelegten empirischen Zugänge bilden einen Auftakt zur vertiefenden Auseinandersetzung mit Leichter Sprache, im Zuge derer sich immer weiter herauskristallisiert: Leichte Sprache und der Umgang mit ihr ist sehr ambivalent. Während Leichte Sprache immer breitere Anwendung findet und sowohl von SelbstvertreterInnen als auch deren Umfeld (z.B. PädagogInnen) als wichtige Möglichkeit angesehen wird, Barrieren für insbesondere Menschen mit Lernschwierigkeiten zu reduzieren, gibt es nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen zu dieser, weshalb theoretische Grundlagen ebenso wie (handlungspraktische) Herausforderungen größtenteils unterbelichtet bleiben. Dies führt dazu, dass Ambivalenzen ebenfalls nur wenig diskutiert werden und oftmals gar nicht offengelegt sind. Um dem entgegenzuarbeiten und eine erste Grundlage zur weiteren Auseinandersetzung mit Leichter Sprache zu bereiten, werden in den folgenden Abschnitten Ambivalenzen Leichter Sprache zusammengeführt und diskutiert. Dabei sei noch einmal darauf hingewiesen, dass der Autor in ganz unterschiedlichen Kontexten breite Erfahrungen mit Leichter Sprache gesammelt hat – in eigener Forschung ebenso wie ganz subjektiv, unter anderem in Auseinandersetzungen mit sogenannten Übersetzungsbüros. In Bezug auf jene subjektiven Erfahrungen kann folglich kein Verweis auf entsprechende (eigene) Veröffentlichungen oder Forschungsergebnisse eingefügt werden. Es wird sich hierbei auf die Beschreibung jener subjektiven Erfahrung fokussiert, was an den entsprechenden Stellen jeweils hervorgehoben wird. Vorweggenommen werden soll an dieser Stelle bereits, dass Leichte Sprache zwar Teilhabebarrieren abbauen kann (und dies teils auch tut), dass durch sie jedoch ihre AdressatInnen als ‚besonders‘, ‚kognitiv beeinträchtigt‘ oder ‚behindert‘ hervorgebracht werden. Leichte Sprache wird also gleichzeitig sowohl als behindernde als auch als inklusive Praxis wirksam. „Leichte Sprache, das wird hier deutlich, sorgt somit einerseits für Teilhabe, geht aber mit der Zuschreibung an das Gegenüber einher, auf Leichte Sprache angewiesen zu sein und unterstellt damit ein Defizit“ (Seitz 2014, S. 4). Dies wird im abschließenden Kapitel noch weiter ausgeführt, sollte allerdings hier bereits angerissen werden und die nun folgende Diskussion der Ambivalenzen Leichter Sprache gedanklich begleiten.
Leichte Sprache findet derzeit primär als Schriftsprache Anwendung, wobei die Frage gestellt werden muss, inwiefern dadurch Menschen, die nicht (ausreichend) Lesen können, weiterhin Ausschluss erfahren. Dies trifft auf viele Menschen mit Lernschwierigkeiten zu, deren Lesekompetenzen oftmals sehr stark eingeschränkt sind. Dadurch kann Leichte Sprache „ebenso eine Barriere darstellen […] wie schwere Sprache“ (Kurzenberger et al. 2012, S. 122). Hinzukommt, dass in gewisser Weise eine Gruppe derjenigen gebildet wird, denen auch durch Leichte Sprache keine Teilhabemöglichkeiten eröffnet werden. Diese drohen dadurch in gewisser Weise zu ‚InklusionsverliererInnen‘ (Becker 2016, S. 33; Trescher 2018c, S. 139f) zu werden, die nach wie vor umfassend an Barrieren stoßen. Leichte Sprache ist in dieser Hinsicht also nicht nur eine Möglichkeit, Teilhabebarrieren abzubauen, sondern trägt mit dazu bei, die Grenze derjenigen zu verschieben, die umfänglich Ausschluss erfahren.
Es wäre konsequenterweise zu prüfen, ob es nicht eine sinnlogische Folge der Anwendung Leichter Sprache wäre, die Regeln, die derzeit an ‚schwierige‘ Schriftsprache gestellt werden, zu lockern, sodass ihre Verwendung ‚leichter‘ fiele. Dies betrifft bspw. orthographische Regeln, die entlang der Logik der Leichten Sprache gelockert werden könnten. So wäre es gegebenenfalls ‚leichter‘ ‚Rütmus‘ anstelle von ‚Rhythmus‘ zu schreiben. Eine solche Herangehensweise an Schreiben und Lesen fand sich immer wieder in grundschuldidaktischen Auseinandersetzungen, wurde dort mehrperspektivisch diskutiert und mittlerweile wieder abgelehnt Die Frage, die sich diesbezüglich stellt, ist, nach welchen Regeln Sprache schriftlich fixiert werden soll, sodass diese für alle nachvollziehbar und verständlich ist – außerdem muss diskutiert werden, wer ‚alle‘ ist und wer dadurch gegebenenfalls weiterhin ausgeschlossen wird. Außerdem gilt zu diskutieren, dass auch die Verwendung von Piktogrammen nicht zwangsläufig dafür sorgt, dass ‚jeder‘ Leichte Schriftsprache versteht. Wie Stefanowitsch treffend bemerkt: „Es ist fraglich, ob es für eine derart heterogene Zielgruppe eine einheitliche Lösung geben kann oder sollte“ (Stefanowitsch 2014, S. 11f).
Eine weitere Ambivalenz kann hinsichtlich des sprachlichen Stellenwerts von Leichter Sprache diskutiert werden. Soll diese als Sondersprache fortgeführt werden, in die ‚schwierige‘ Sprache übersetzt wird, oder ist es gegebenenfalls denkbar, Leichte Sprache als eine Art ‚Lingua franca‘ zu etablieren, die von allen (zumindest deutschsprachigen) Menschen uneingeschränkt geschrieben, gesprochen und verstanden wird? Eine Grundlage dafür wäre, allgemein gültige Regeln festzulegen und bekannt zu machen. Dies berührt die Diskussion darum, ob Leichte Sprache als eine ‚eigene Sprache‘ oder nicht viel eher als eine „Varietät“ (Bock et al. 2017, S. 12) des Deutschen verstanden werden soll. Gleichzeitig kann zu bedenken gegeben werden, dass das Phänomen der Sondersprache zunimmt. Bspw. gibt es inzwischen ganze (virtuelle) Räume, in denen fast nur noch in einer – allen Diskursbeteiligten bekannten – Sprache kommuniziert wird. Als Beispiel kann der Jargon der sogenannten ‚Massively Multiplayer Online Role-Playing Games‘ (MMORPG) genannt werden, der zahlreiche Abkürzungen und Ausdrücke kennt (insbesondere in englischer Sprache), anhand dessen die SpielerInnen von Onlinespielen miteinander kommunizieren (Stertkamp 2017, S. 227ff).
Wie im Vorigen bereits geschildert, wird die englische Sprache, zumindest in grundlegenden Ausdrücken, immer mehr Teil der (deutschen) Lingua franca, die global verstanden wird. Englisch wird dadurch zu einer Sprache, die die meisten Menschen auf der Welt, nicht nur die in den westlichen Ländern, zumindest ansatzweise beherrschen und anhand derer einfache Konversationen oder zumindest Informationsaustausch möglich sind – Englisch ist „die Verkehrssprache schlechthin“ (Leitner 2009, S. 8). Diese besondere Rolle des Englischen gilt es auch bezüglich der Ausgestaltung Leichter (deutscher) Sprache zu berücksichtigen, insbesondere entlang der Frage, wie Anglizismen und Ähnliches in Leichte Sprache integriert werden können. Schließlich vollzieht sich auch darin ein Stück weit kulturelle Teilhabe, Anglizismen zu kennen und verwenden zu können, weshalb eine schlichte Übersetzung dieser gleichbedeutend mit kulturellem Ausschluss wäre. Leichte Sprache bzw. die Personen, die diese gestalten, müssen also darauf reagieren, dass teilweise ganze Diskurse kaum noch in deutscher Sprache verhandelt werden. Neben dem Englischen als Lingua franca und damit verbundenen Anglizismen ist dies bezüglich sogenannter Jugendsprache zu diskutieren sowie hingehend der teilweise selbstverständlichen Verwendung von Abkürzungen.
Weitere Herausforderungen ergeben sich daraus, Leichte Sprache und andere (An-)Forderungen an Sprache, wie bspw. gendergerechte Formulierungen, miteinander zu vereinbaren. Eigene, ganz subjektive, Erfahrungen mit Übersetzungsbüros für Leichte Sprache zeigen, dass ‚gendergerechte‘ Sprache eine nachgeordnete Rolle spielt und deshalb oft auf diese verzichtet wird – mit der Begründung, diese entspreche nicht den Regeln Leichter Sprache und/oder sei schwierig zu verstehen (hierbei handelt es sich um die Paraphrase der Aussage einer Person, die in einem solchen Übersetzungsbüro arbeitet und mit der der Autor Kontakt hatte). Bspw. werden männliche und weibliche Formen des jeweiligen Begriffs nur einmal genannt und im Anschluss daran ausschließlich die männliche. Auf diverse Formulierungen bzw. Adressierungen wird vollständig verzichtet. Auch wenn es Vorschläge gibt, wie in Leichter Sprache gendergerecht formuliert werden kann (bspw. hier: https://www.genderleicht.de/leichtesprache/; zuletzt am 24.11.20), fließen diese ganz offensichtlich kaum in die Übersetzungspraxis ein. Diese Praxis wirft die Frage auf, worauf der Fokus gelegt werden soll und was letztlich als ‚höheres Gut‘ betrachtet wird. Welche Änderungen an routinemäßiger Sprache sind (auch moralisch) ‚wertvoller‘?
Eine der größten Herausforderungen Leichter Sprache ist, dass mit der technischen Vereinfachung oftmals beinahe zwangsläufig eine inhaltliche Vereinfachung einhergeht, da es bei der Übersetzung zu inhaltlichen Auswahl- und Deutungsprozessen kommt (Zurstrassen 2015, S. 129; Bock 2014, S. 25f) . Leichte Sprache kann deshalb komplexe Inhalte nicht immer umfassend und einschränkungslos transportieren (Kupke und Schlummer 2010, S. 70ff). Damit gehen zwei Ambivalenzen einher. (1) Die Ambivalenz der Interpretation hat zum Gegenstand, dass durch die ‚Übersetzung‘ bestimmter Information etc. in Leichte Sprache zwar Inhalte zugänglich gemacht werden, dass diese jedoch immer aus Perspektive der übersetzenden Person erstellt werden, womit grundsätzlich gewisse Interpretationen des Inhalts einhergehen. (2) Die Ambivalenz der Selektion hat denselben Ausgangspunkt und liegt darin, dass durch Leichte Sprache zwar Inhalte zugänglich gemacht werden, dass mit einer Um- und/oder Neuformulierung jedoch immer auch Verluste einhergehen. Dies versetzt die übersetzenden Personen in eine überaus potente Position, da ihnen obliegt, relevante und unverzichtbare von weniger relevanten Inhalten zu abstrahieren. Ein Beispiel hierfür ist eine Informationsbroschüre über das Abgeordnetenhaus von Berlin. Dort heißt es im Original in ‚schwieriger‘ Sprache:
„Das Abgeordnetenhaus von Berlin, direkt an der Linie der ehemaligen Berliner Mauer gelegen, befindet sich heute im Zentrum der wieder vereinten Stadt. Gemeinsam mit dem Martin-Gropius-Bau, der Topographie des Terrors und dem Bundesrat bildet es einen spannungsreichen Kontrast zum Flair des modernen Potsdamer Platzes.“ (https://www.parlament-berlin.de/C1257B55002AD428/vwContentbyKey/W29BW9WD053MMISDE/$FILE/AH_Broscheure_2017_web.ppd; zuletzt am 20.04.2020)
Die Übersetzung in Leichte Sprache wird von einem Übersetzungsbüro als Beispiel für ihre Dienstleistungen angeführt und lautet wie folgt:
„Das Abgeordneten-Haus von Berlin liegt mitten in der Stadt. Dort wo früher die Berliner Mauer war. Die Berliner Mauer war die Grenze zwischen Ost-Berlin und West-Berlin. Heute ist die Mauer nicht mehr da. Und Berlin ist wieder eine Stadt.“ (http://www.leicht-gesagt.de/Beispiele/DasBerlinerParlament_screen.pdf; zuletzt am 24.11.2020)
Während eine Selektion auf den ersten Blick darin zu erkennen ist, dass der zweite Satz des Textes in ‚schwieriger‘ Sprache in der Übersetzung keine Berücksichtigung findet, ist das Problem der Interpretation diffiziler. Dieses wird an mehreren Stellen deutlich und liegt primär darin, dass Inhalte herausgenommen oder (um-)gedeutet wurden. Auch wenn eine solche Information im Einzelfall als hilfreich wahrgenommen wird, so wird dadurch doch eine Dichotomie zwischen Personen, die schwierige Sprache – und komplexen oder vorausgesetzten Inhalt – verstehen, und Personen, die dies eben nicht tun, verfestigt. Somit werden hier letztere von ersteren als zumindest ‚weniger wissend‘ hervorgebracht. Demgegenüber kann diskutiert werden, dass eine Komplexitätsreduktion manchmal notwendig ist, um komplexe Inhalte überhaupt vermitteln zu können. Schiewe (2017) nennt als Beispiel hierfür die Situation, in der ein Arzt/eine Ärztin einer Person, die kein medizinisches Fachwissen hat, erklärt, sie habe einen Herzinfarkt erlitten, auch wenn der medizinisch korrektere Ausdruck ein Myokardinfarkt wäre (S. 82). „Fehlende wissenschaftliche Exaktheit in der Bezeichnung bewirkt für den Patienten geradezu das Verstehen des Inhalts und in der Folge vermutlich auch ein entsprechendes Handeln, denn dieser gemeinsprachliche Begriff besitzt gewiss auch Appellcharakter“ (Schiewe 2017, S. 82). Die Praxis der Selektion und Komplexitätsreduktion im Kontext Leichter Sprache ist also durchaus mehrperspektivisch zu betrachten.
Unmittelbar an die Herausforderungen von Selektion und Interpretation bei der ‚Übersetzung‘ in Leichte Sprache schließt sich das Problem der Abhängigkeit an. Die AdressatInnen Leichter Sprache sind massiv von den Personen abhängig, die die Texte gestalten. Dies betrifft sowohl die Ausgestaltung der Information an sich als auch die Fragen, welche Texte überhaupt für eine Bearbeitung ausgewählt werden, sowie, inwiefern die späteren AdressatInnen Möglichkeiten haben, mitzubestimmen, zu welchen Themen, Inhalten oder Informationen sie gerne eine zusätzliche Version in Leichter Sprache hätten. Inhalte werden von Menschen ohne Lernschwierigkeiten für Menschen mit Lernschwierigkeiten ausgewählt, interpretiert und geschrieben. Auch sogenannte Kontrollgruppen, die sich aus Menschen mit Lernschwierigkeiten zusammensetzen und die die meisten Übersetzungsbüros einsetzen, können diese Problematik der Fremdsteuerung nicht aufweichen, insbesondere da die Praxis des Umgangs mit jenen Gruppen selbst hoch problematisch ist. Beispielsweise besteht kein Prüfkriterienkatalog (Baumert 2016, S. 79; Bredel et al. 2016, S. 95) . In gewisser Weise kann gesagt werden, dass das Hinzuziehen einer solchen Kontrollgruppe darauf ausgerichtet ist, dem übersetzten Inhalt eine Art Weihe zu erteilen. Hierin wird ein Rechtfertigungsmechanismus deutlich, der dieser Praxis der Kontrolle durch Menschen mit Lernschwierigkeiten innewohnt und der (zumindest latent) dazu beitragen soll, das ‚Übersetzte‘ weniger angreifbar zu machen.
Wie variierend – um nicht zu sagen willkürlich – Übersetzungspraxen in Leichte Sprache oftmals sind, zeigt die eigene, subjektive Erfahrung in der Auseinandersetzung mit diversen entsprechenden Büros. In mühevoller Kleinarbeit wurde der Fragebogen für einen Onlinesurvey übersetzt, um dem, durchaus berechtigten, Anspruch des Kooperationspartners zu genügen, den Fragebogen so barrierefrei wie möglich zur Verfügung zu stellen. Dass auch durch einen Fragebogen in Leichter Sprache zahlreiche Personen Ausschluss erfahren ist hoch problematisch, soll allerdings für den Moment nicht im Vordergrund stehen. Die Erfahrung mit den Personen, die in einem der eingebundenen Büros für Leichte Sprache arbeiten, zeigt, dass die ‚Übersetzungstätigkeit‘ eine Aushandlungspraxis ist, die Raum für Kompromisse lässt – worin sich ganz deutlich das Problem der Beliebigkeit zeigt. Beliebigkeit kommt zudem darin zum Ausdruck, dass eine zweite Kontrollgruppe den ursprünglichen Fragebogen als uneingeschränkt bearbeitbar erklärte. Problematisch ist darüber hinaus die pauschalisierende Herangehensweise der Übersetzenden, ausgehend von der immer wieder angemerkt wird, diese oder jene Wendung sei „zu schwer für die Zielgruppe“ (hierbei handelt es sich um eine schriftliche Anmerkung einer übersetzenden Person in einem der Kommentare zum Fragebogen). Auch Anmerkungen wie die folgende fanden sich im Zuge der Finalisierung des Fragebogens in Leichter Sprache: „Perspektive z. B. ist kein Wort, das der Zielgruppe bekannt ist“ (dies ist ebenfalls ein Kommentar von einem/einer ÜbersetzerIn). Jene als Zielgruppe abstrahierten Personen werden dadurch gleichzeitig pauschalisiert als auch vom Übersetzungsvorgang ausgeschlossen, denn die letztliche Gestaltung des Fragebogens vollzog sich zwischen dem Autor dieses Beitrags und einer Person, die in jenem Büro arbeitete. Es ist durchaus zu hinterfragen, wer aus welcher Expertise heraus hier Deutungshoheit für sich beanspruchen kann.
Für die Übertragung von Texten in schwieriger Sprache in Texte in Leichter Sprache existieren Regeln, die jedoch teilweise variieren und von unterschiedlichen Seiten als entsprechende Vorgaben bereitgestellt werden. Bspw. prüft die Lebenshilfe Bremen Texte in Leichter Sprache und verleiht ihnen, sollte es keine Beanstandungen geben, ein Prüfsiegel (siehe https://leichte-sprache.de/uebersetzungen/textpruefungen/; zuletzt am 24.11.20). Gleichzeitig sind „Texte, die sich selbst als ‚Leichte Sprache‘ ausweisen, […] keineswegs einheitlich und auch nicht durchgängig regelkonform gestaltet“ (Bock et al. 2017, S. 12f). Trotzdem ist es so, dass sich Personen, die in entsprechenden Übersetzungsbüros arbeiten, auf Regeln beziehen und diese heranziehen, um bspw. Einwände bei der Gestaltung abzuwehren. Das folgende Zitat stammt aus einem Kommentar einer Übersetzerin zu einer Informationsbroschüre, mit der der Autor im Zuge eines Forschungsprojekts zusammengearbeitet hat: „Eine Änderung ist jetzt zu diesem Grad der Bearbeitung des Textes nicht mehr so leicht, da ich durch diese Form der Aufzählung Nebensätze vermeide, die in der Leichten Sprache nicht zulässig sind.“ Auch wenn Hinweise zur Gestaltung Leichter Sprache teilweise darauf aufmerksam machen, dass Nebensätze schwierig zu verstehen sind und deshalb vermieden werden sollen, so existieren doch keine allgemeingültigen Regeln, die ebendies grundsätzlich festlegen. Es gibt „kein elaboriertes, wissenschaftlich überprüftes und evaluiertes einheitliches Konzept für ‚Leichte Sprache‘“ (Zurstrassen 2017, S. 55). Es stellt sich also die Frage, mit welcher Berechtigung und auf welcher Grundlage jene Person sich auf eine Regel beruft, die sie als allgemeingültig darstellt – auch wenn sie das nicht ist. Leichte Sprache wird dadurch in gewisser Weise zum umkämpften Terrain, in dem unterschiedliche AkteurInnen ihre – nicht immer identischen – Interessen durchsetzen. Exemplarisch kann dies daran diskutiert werden, dass „sich um Leichte Sprache ein Anbietermarkt von Übersetzungsbüros und Fortbildungsinstitutionen [entwickelt], die zum Teil für mehrere 1000 Euro Seminare für Fortbildungen zu Leichter Sprache offerieren“ (Zurstrassen 2015, S. 131). Leichte Sprache und die damit verbundenen Übersetzungstätigkeiten können also auch ein lukratives Geschäftsmodell sein (Zurstrassen 2015, S. 131f; siehe auch Bock et al. 2017, S. 14; siehe außerdem das entsprechende nachfolgende Kapitel).
Immer wieder problematisieren InterviewpartnerInnen mit Lernschwierigkeiten, die im Kontext unterschiedlicher Studien kontaktiert wurden (bspw. Trescher 2018c) und die als primäre AdressatInnen Leichter Sprache gelten (siehe u.a. Poncelas und Murphy 2007; Kupke und Schlummer 2010; Bergelt 2018; Karreman et al. 2007; Bock und Lange 2017) , dass Informationen und andere Angebote in Leichter Sprache oftmals eine infantilisierende Wirkung auf sie haben. Auch durch die Ansprache in Fragebögen in Leichter Sprache kommen sich einige dieser Personen teils verkindlicht vor, was insbesondere an den oftmals Verwendung findenden Piktogrammen liegt, denn durch diese fühlen sich einige Personen an Kinderbücher erinnert. Teils hat die Problematisierung von Infantilisierungserfahrungen bereits Eingang in die Fachliteratur gefunden, wird mitunter allerdings negiert, was vor dem Hintergrund entsprechender Erfahrungen von AdressatInnen Leichter Sprache hoch problematisch ist (siehe u.a. Kupke und Schlummer 2010; Rüstow und Volkmann 2013). Eine Folge der infantilisierenden Wirkmächtigkeit Leichter Sprache ist, dass ihre AdressatInnen als kindlich und dadurch in gewisser Weise als ‚behindert‘ hervorgebracht werden (siehe auch Trescher 2018c, S. 146f). Leichte Sprache wird dadurch zur Behinderungspraxis und steht somit ihrem eigentlichen Anspruch entgegen, da sie ebenso Ausschluss reproduziert wie Teilhabemöglichkeiten eröffnet.
Werden Leichte Sprache und der an sie gestellte Anspruch, Teilhabemöglichkeiten zu eröffnen und das Verstehen aller Personen zu erleichtern, konsequent weitergedacht, so muss (zumindest in analytischer Sicht) die Frage diskutiert werden, ob elaborierte, hochsprachliche Diskurse ersetzt und dadurch abgeschafft werden können bzw. sollten. Klar ist, dass durch eine Vereinfachung elaborierter Fachsprachen mehr Teilhabe auch an spezifizierten Diskursen ermöglicht würde, die oftmals durch ebensolche hochsprachlichen Ausdrucksformen gekennzeichnet sind. Jene Diskurse thematisieren unterschiedliche Gegenstände – Literatur, Wissenschaft, Politik sind nur einige Überbegriffe dafür. Demgegenüber kann zu bedenken gegeben werden, dass eine elaborierte Sprache vor allem in den Diskursen unerlässlich ist, in denen Sprache selbst der Gegenstand ist, wie in Literatur, Dichtung, Liedtext und vielem mehr. Sprache ist kulturelle Praxis, „die von politischen und institutionellen Rahmungen ebenso wie von sozialen, ethischen und ökonomischen Regelhaftigkeiten und Interessen beeinflusst“ (Holly 2013, S. 58) wird. Darüber hinaus hat Sprache, insbesondere im literarischen Sinne, auch eine Erlebensebene, denn sie wird emotional wahrgenommen und kann Emotionen transportieren ebenso wie hervorrufen. Die Ausdifferenzierung von Sprache über die bloße Weitergabe von Information hinaus ist also fundamental für ihre Konstitution. Es stellt sich die Frage und eröffnet sich damit das Desiderat, ob Leichte Sprache das Erleben gleichermaßen wie ‚schwierige‘ Sprache transportieren kann oder ob es sich hierbei gegebenenfalls erneut um eine Reduktion handelt.
Ein Blick in die Wissenschaft und ihre Kommunikation zeigt, dass bspw. die englische Wissenschaftssprache zumindest in den Sozialwissenschaften oft als wesentlich ‚einfacher‘ gilt als die deutsche, wodurch in gewisser Weise eine Art (englische) Lingua franca der Wissenschaft erzeugt wird. Längst ist es routinemäßig bzw. erforderlich, als deutsche Forschende im englischsprachigen Diskurs vernetzt zu sein und entsprechend englischsprachige Vorträge und Veröffentlichungen vorzuweisen – im naturwissenschaftlichen Bereich findet häufig der gesamte Forschungsdiskurs in englischer Sprache statt. Demgegenüber wird am Beispiel der Philosophie oder Psychologie deutlich, dass aufgrund der Verortung wichtiger Entwicklungsschritte dieser Fachwissenschaften im deutschsprachigen Diskurs viele deutsche Fachbegriffe Eingang in die internationale Rezeption gefunden haben und dort teils aufwendig ausdifferenziert werden. Ein Beispiel dafür ist der Begriff Bildung. Obwohl also eine Vereinfachung elaborierter Diskurse teilweise durchaus eine Berechtigung haben kann – und sich im Kontext der englischsprachigen Wissenschaftsdiskurse bereits vollzieht –, so kann dies dennoch nicht global umgesetzt werden, da Sprache über ihr ‚Gewordensein‘ konstituiert wird und deshalb nur sehr eingeschränkt ‚von oben‘ verändert werden kann. Im Diskurs um Leichte Sprache scheint teilweise ausgeblendet zu werden, dass es sich bei Sprache um eine kulturelle Praxis handelt, mit der Identität einhergeht. Sprache ist „selbst produktiv, konstituiert ihre eigene Realität“ (Krasmann 1995, S. 252) . Gleichzeitig ist klar, dass die gegenwärtigen Auseinandersetzungen mit Leichter Sprache zu einer Veränderung von Sprachkultur führen können. Bspw. gibt Schiewe (2017) zu bedenken: „Leichte Sprache leistet insofern einen Beitrag zur Sprachkultur, als ihre bewusste Wahl und Verwendung dazu führt, das Spektrum menschlicher Verständigung zu erweitern und so für ein Mehr auch an demokratischer Kommunikationskultur zu sorgen“ (S. 80f). Einmal mehr wird also deutlich, inwiefern Leichte Sprache respektive der Umgang mit dieser ambivalent ist.
Ambivalenzen Leichter Sprache zeigen sich in Forschungszusammenhängen insbesondere darin, dass das Einhalten von Forschungsstandards und die Zugänglichkeit der Erhebungsinstrumente gegeneinander abgewogen werden müssen. Dies kann an einem konkreten Beispiel aus dem Projekt „Kommune Inklusiv“ verdeutlicht werden, das der Autor gemeinsam mit KollegInnen derzeit beforscht (u.a. Trescher und Hauck 2020a). In der wissenschaftlichen Begleitforschung des Projekts „Kommune Inklusiv“ werden anhand von Fragebögen Maßnahmen evaluiert, die von den Projektverantwortlichen in den fünf untersuchten Sozialräumen entwickelt und durchgeführt werden. Elemente des Fragebogens sind sowohl geschlossene Fragen, die mit einer Einschätzung auf einer siebenstelligen, unipolaren Likert-Skala beantwortet werden, als auch offene Fragen, die durch einen schriftlichen Eintrag in Freitextfeldern bearbeitet werden sollen. Erstere werden für Menschen mit Lernschwierigkeiten zur Barriere, wie den Forschenden durch ein Übersetzungsbüro für Leichte Sprache rückgemeldet wurde, die davon ausgehen, dass, neben den in schwieriger Sprache formulierten Fragen, eine unipolare Likert-Skala nicht ‚barrierefrei‘ für die AdressatInnen ist. Der Vorschlag des Übersetzungsbüros war, die Fragen in Leichte Sprache zu übersetzen und eine dreistufige Skala zu verwenden, die anhand von ‚Smileys‘ bewertet werden soll (‚lachender Smiley‘, ‚neutraler Smiley‘, ‚trauriger Smiley‘). Damit geht allerdings, neben einer gewissen Infantilisierung, die Problematik einher, dass sich diese ‚Smileys‘ nicht rückübertragen lassen in Zahlen auf der unipolaren Likert-Skala, sondern vielmehr ein eigenes Instrument darstellen. Mittels der unipolaren Likert-Skalen ist es möglich, einzelne Maßnahmen auf ihre Zufriedenheit bei den AdressatInnen zu testen und anhand einer Zahl (z.B. Zustimmungsgrad) zu vergleichen. Bei einer Skala anhand von drei unterschiedlichen ‚Smileys‘ ist dies nicht möglich, da den Smileys kein Wert zugeordnet werden kann. Die Folge dieses Befundes war, dass abgewogen werden musste, welcher Aspekt der Forschung als ‚wertvoller‘ beurteilt wird – Teilhabemöglichkeiten auch für Personen, die Unterstützungsbedarfe im Bereich Lesen/Verstehen haben, oder ein methodisch ‚sauberes‘ Forschungsinstrument, anhand dessen mehr oder weniger valide Aussagen getroffen werden können. Forschung zugänglich zu gestalten ist also anhand Leichter Sprache möglich, dennoch stellt sich die Frage, inwiefern dadurch möglicherweise Ergebnisse geschmälert werden.
Ein weiterer Ansatz, den es zu durchdenken gilt, betrifft die Idee, Leichte Sprache als ‚eigene Sprache‘ zu etablieren, die zum Kommunikations-, Ausdrucks- und Gestaltungsmittel der Gruppe von Menschen mit Lernschwierigkeiten werden kann – bzw. all jener Personen, die sich ihrer bedienen wollen. Dies hätte Strukturähnlichkeiten mit der Deutschen Gebärdensprache, die, wie bekannt, keine Übersetzung deutscher Lautsprache ist, sondern ein eigenes Sprachgerüst hat, also eigene Regeln und Ausdrucksformen, und die von gehörlosen Menschen verwendet wird. Während Leichte Sprache als Sprache der (primär) Menschen mit Lernschwierigkeiten sicherlich identitätsstiftend wäre für diejenigen, die sie verwenden, und zu einer Art Solidarisierung und Vergemeinschaftung untereinander beitragen könnte, würde dadurch gleichzeitig eine Art Sondergruppe geschaffen, die durch sprachliche Exklusivität Ausschluss erfährt. Zusätzlich problematisch ist, dass Leichte Sprache oftmals von einer homogenen AdressatInnenschaft ausgeht, die allerdings gar nicht existiert (Köhler 2016, S. 134). In der Folge wird Leichte Sprache erneut als Ausschlussmechanismus wirksam, der droht, je bestimmte Personen in gewisser Weise als ‚InklusionsverliererInnen‘ hervorzubringen. Eigene Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Übersetzungsbüros zeigen, dass dies von den dortigen MitarbeiterInnen durchaus in Kauf genommen wird. Ein/e ÜbersetzerIn sagte im gemeinsamen Gespräch sinngemäß: „Wir machen nix für schwer geistig Behinderte. Das hat hier schon ein gewisses Niveau“. Aus dieser Aussage folgt die Frage, ob diese Ansicht nicht der Idee Leichter Sprache widerspricht, die Zugänge und Teilhabemöglichkeiten für Menschen mit Lernschwierigkeiten eröffnen will und zwar grundsätzlich unabhängig ihres Unterstützungsbedarfes.
Dadurch, dass die Zielgruppe Leichter Sprache zwar mehrheitlich als homogen adressiert wird, tatsächlich aber hochgradig heterogen ist, verschwimmen Grenzziehungen: zwischen AdressatInnen ebenso wie zwischen einfacher und Leichter Sprache sowie anderen Formaten, die schwierige (Schrift-)Sprache zugänglicher gestalten sollen. Jene Grenzziehungen kulminieren darin, dass „[b]ereits um die Bezeichnung ‚Leichte Sprache‘ […] semantische Kämpfe geführt“ (Bock et al. 2017, S. 13) werden. Da Abgrenzungen allerdings ganz offensichtlich kaum vorzunehmen sind, ist – gerade im Kontext Inklusion und Teilhabe – die Frage zu diskutieren, ob eine Art vereinfachte ‚Lingua franca‘, die oben bereits in anderer Hinsicht diskutiert wurde, gegebenenfalls inklusiver ist, also mehr Menschen dort Teilhabemöglichkeiten eröffnet, wo sie ihnen bislang verschlossen waren. Dies kann am Beispiel des National Health Service (NHS) in Großbritannien verdeutlicht werden, der bereits umfänglich Informationen in ‚easy language‘ bereitstellt, um Personen, die englische Schriftsprache nur eingeschränkt verstehen, die Möglichkeit zu eröffnen, sich eigenständig zu informieren. Dabei werden zwar primär Menschen mit Lernschwierigkeiten adressiert, grundsätzlich wird allerdings ein breiter Ansatz verfolgt, der unterschiedliche Personengruppen fokussiert. Leichte Informationen (‘easy read’) werden in dieser Hinsicht als hilfreich angesehen für „people with low literacy levels and/or English as a second language, people who have had a stroke or people with dementia“ (NHS England 2018, S. 6) . Daneben wird eine Aufbereitung von Informationen als „simple text“ oder in sogenanntem „plain English“ diskutiert (NHS England 2018, S. 7). Herausfordernd ist allerdings auch hierbei, komplexen Anforderungen gerecht zu werden und heterogenen Lese- und Verstehenskompetenzen zu begegnen. So sinnvoll eine Öffnung einfacher oder Leichter Sprache über den AdressatInnenkreis von Menschen mit Lernschwierigkeiten ist, so schwierig ist es, Gestaltungsformen zu finden, anhand derer tatsächlich vielen unterschiedlichen Personen der Zugang zu Informationen erleichtert oder überhaupt erst eröffnet wird. Auch in dieser Hinsicht ist der Umgang mit Leichter Sprache also ambivalent.
Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass Leichte Sprache einen nicht zu unterschätzenden ökonomischen Faktor hat – Leichte Sprache kostet Geld und es gibt mittlerweile Berufsgruppen und Institutionen die ein nicht unerhebliches Interesse daran haben, mit ihren Diensten rund um Leichte Sprache Geld zu verdienen (z.B. Übersetzungen). Es wird also deutlich, wie zuvor bereits kurz angerissen, dass es sich bei Leichter Sprache in gewisser Weise um ein für einzelne Personen lukratives Geschäftsmodell handelt (Zurstrassen 2015, S. 131). Gerade die handlungspraktische Auseinandersetzung mit Leichter Sprache ist oftmals „von ökonomischen und machtpolitischen Faktoren (mit)bestimmt“ (Bock et al. 2017, S. 13f). So sinnvoll wie Leichte Sprache für Einzelpersonen sein kann und so wichtig es ist, dass gerade Menschen mit Lernschwierigkeiten mehr in den Fokus der öffentlichen ebenso wie wissenschaftlichen Wahrnehmung rücken, so muss doch auch die Frage gestellt werden, wer letzten Endes von Leichter Sprache am meisten profitiert und ob dies für die eigentliche Zielgruppe möglicherweise kaum merkbare Veränderungen bedeutet.
Im Kontext dessen, dass Leichte Sprache zwar mehrheitlich für sich beansprucht, allgemeinen Regeln zu folgen, tatsächlich aber häufig beliebig erscheint, kann eine weitere eigene Erfahrung geschildert werden, die mit einem Übersetzungsbüro gemacht wurde. Dieses wurde von einem Bundesministerium beauftragt, den Abschlussbericht einer Studie zum Thema Barrierefreiheit und kognitive Beeinträchtigung (Trescher 2018c) in Leichte Sprache zu übersetzen. Eine der Rückmeldungen des Übersetzungsbüros war, Forschungsergebnisse zum Thema politische Partizipation und Barrierefreiheit zu streichen, da die Prüfgruppe, die aus Menschen mit Lernschwierigkeiten besteht und mit der das Übersetzungsbüro zusammenarbeitet, andere als im Bericht geschilderte Erfahrungen bezüglich der Teilhabe am politischen Leben gemacht hat. Hoch problematisch ist dabei nicht nur, dass durch die MitarbeiterInnen des Übersetzungsbüros in wissenschaftliche Ergebnisse eingegriffen und diese, wenn nicht verfälscht, so doch zumindest interpretiert werden, sondern auch, dass diese sich eine Expertise zuschreiben, aus der heraus sie Handlungspraxis, Wissenschaft und Politik Vorgaben machen wollen – die sie jedoch schlicht nicht haben. Es zeigt sich daran, dass es an einem unabhängigen Kontrollgremium mangelt, das die Übersetzungsbüros überprüft und auf ‚Objektivität‘ verpflichtet. Problematisch ist, dass es, analog zu uneinheitlichen Übersetzungsregeln, auch für den Ablauf des Prüfprozesses an einheitlichen Regelungen mangelt (Bergelt 2018, S. 168) . Dem Abhilfe zu schaffen, ist eine wichtige handlungspraktische Empfehlung, die aus der jahrelangen Auseinandersetzung mit Leichter Sprache und entsprechenden Institutionen abgeleitet werden kann.
Leichte Sprache wird von bestimmten Communitys (bspw. Interessenverbände von Menschen mit Lernschwierigkeiten, VertreterInnen aus Behindertenpolitik und -praxis) als sinnvoller Weg betrachtet, Teilhabe zu ermöglichen, und wird aufgrund dessen oftmals von der Mehrheitsgesellschaft eingefordert, die überwiegend in ‚schwieriger‘ Sprache kommuniziert. Außerdem werden durch Leichte Sprache für Einzelpersonen Teilhabebarrieren verringert – dies soll keinesfalls abgestritten werden. Problematisch sind vielmehr die oben skizzierten Ambivalenzen, die teilweise ungehört bleiben bzw. zu wenig reflektiert werden. Ein Grund dafür ist, dass die Auseinandersetzung um Leichte Sprache häufig moralisch aufgeladen ist. In der Folge ist es kaum möglich, sich bezüglich Leichter Sprache problematisierend oder eher ablehnend zu positionieren, vielmehr wird eine (uneingeschränkte) Befürwortung nahezu eingefordert – wodurch aber grundlegende Ambivalenzen nicht aufgehoben, sondern lediglich ignoriert werden.
Auch wenn durch Leichte Sprache vereinzelt Teilhabebarrieren abgebaut werden können, so wird dadurch nicht das übergeordnete Problem angegangen, dass ein Großteil der Menschen mit Lernschwierigkeiten, die überwiegend als Zielgruppe Leichter Sprache angesehen werden, eher abgekapselt und sozusagen in einer Art ‚behinderten Sphäre‘ lebt, durch die die Kontakte in die Mehrheitsgesellschaft stark beschränkt sind. Gerade im Kontext institutionalisierten und dabei insbesondere stationär betreuten Wohnens haben Menschen mit Lernschwierigkeiten oftmals kaum Berührungspunkte zur ‚Welt außerhalb‘ der jeweiligen Einrichtung (Trescher 2018a, 2018b). Daran wird auch eine weitere Etablierung Leichter Sprache nur wenig ändern. Am Beispiel von Wahlprogrammen in Leichter Sprache kann diese Problematik verdeutlicht werden. Auch wenn es sicherlich ein wichtiger Schritt ist, Wahlprogramme in Leichter Sprache aufzubereiten, der zur mehrheitsgesellschaftlichen Sichtbarkeit des AdressatInnenkreises beiträgt und gegebenenfalls sogar Möglichkeiten politischer Teilhabe schafft, ist dennoch zu bedenken, dass (a) ein Großteil der AdressatInnen nicht lesen kann und (b) viele dieser Personen so weit entfernt von Praxen der Mehrheitsgesellschaft leben, dass durch Wahlprogramme in Leichter Sprache kein Zugang und keine politische Partizipation geschaffen wird. Neben der oftmals physischen Geschlossenheit von insbesondere stationär betreuten Wohnformen ist dafür zudem größtenteils ein mangelnder Internetanschluss und/oder das Fehlen von entsprechenden Endgeräten verantwortlich (Reichstein 2016, S. 82). Auch wenn selbstredend keine Problematiken gegeneinander aufgewogen werden sollen und können, so muss doch betont werden, dass Leichte Sprache grundlegende Herausforderungen und Barrieren im Leben von Menschen mit Lernschwierigkeiten nicht angeht.
Bei aller – berechtigten – Kritik an Leichter Sprache, die von unterschiedlicher Seite vorgebracht wird, und zahlreichen Ambivalenzen, die mit dieser einhergehen, muss doch darauf hingewiesen werden, dass durch die Diskussion eine Personengruppe (und sei sie noch so heterogen) in den Fokus gerückt wird, der und deren gegebenenfalls besonderen Bedürfnissen bisher kaum mehrheitsgesellschaftliche Aufmerksamkeit zuteilwurde. Aus dieser Perspektive handelt es sich bei den Auseinandersetzungen mit Leichter Sprache um eine wertvolle Diskussion. Auf der anderen Seite ist denkbar, dass durch die vermehrte Öffentlichkeit Leichter Sprache und den durch sie adressierten Personen ein gegenteiliger Effekt als der beabsichtigte erzielt wird, da aus der Mehrheitsgesellschaft womöglich ablehnende Reaktionen auf Leichte Sprache und ihre AdressatInnen zu verzeichnen sind. Dies hängt damit zusammen, dass mit Leichter Sprache teilweise Auflagen und veränderte Anforderungen entstehen, mit denen ein erhöhter Aufwand verbunden ist (bspw. bezüglich der Gestaltung von Informationen auf Internetseiten; siehe Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung – BITV 2.0 §4). Auch in dieser Hinsicht handelt es sich bei Leichter Sprache um eine Medaille mit zwei Seiten, die beide betrachtet werden müssen.
Die Zugehörigkeit zu einer je bestimmten Sprachgemeinschaft produziert kulturelle Identität und festigt die Verbundenheit der jeweiligen Mitglieder. Teilhabe an der Sprachgemeinschaft ist dabei gleichbedeutend mit kultureller Teilhabe, bringt Sprache den Menschen doch, in mancher Hinsicht, erst als „kulturfähig“ (Brinkmann 1981, S. 31) hervor. In gewisser Weise Ausschluss von Sprache zu erfahren, bedeutet konsequenterweise, ein Stück weit vom jeweiligen kulturellen Zusammenhang abgeschnitten und nur sehr eingeschränkt handlungsfähig zu sein. Die Öffnung der Sprachkultur für erweiterte Verständigungspraxen kann dabei einerseits als Bedrohung wahrgenommen werden, wird allerdings andererseits auch als Bereicherung wirksam. Sprache und kulturelle Identität werden in dieser Hinsicht „nicht gefährdet durch den Gebrauch Leichter Sprache gegenüber Menschen mit geistigem Handicap, wohl aber durch den Ausschluss von Menschen aus dem gesamtgesellschaftlichen Kommunikationsgefüge“ (Schiewe 2017, S. 84).
In Bezug auf das Lesen und Verstehen ‚schwieriger‘ Sprache spielt die Erkenntnis eine Rolle, dass Lesen nicht auf das Entziffern von Zeichen reduziert werden kann, denn das jeweilige „Vor- und Hintergrundwissen“ (Christmann 2017, S. 46) der lesenden Person trägt unmittelbar zum (Nicht-)Verstehen bei. Lesen ist also eine kulturelle Praxis, die ein Wissen um die eigene bzw. jeweils bezugsrelevante Kultur erforderlich macht, und (Nicht-)Teilhabe manifestiert. Folglich ist es denkbar, dass ein Ausschluss von der kulturellen Mehrheitsgesellschaft, wie er auf einige, insbesondere stationär betreute, Menschen mit Lernschwierigkeiten zutrifft, Verstehensprobleme mit sich bringen kann. Es zeigt sich also: „Ein Text kann noch so stark nach Verständlichkeitsprinzipien optimiert sein – wenn er nicht an die kognitiven [und lebensweltlichen; HT] Voraussetzungen der Lesenden angepasst ist, dann wird er die erhoffte Wirkung nicht entfalten“ (Christmann 2017, S. 38). Dementgegen kann argumentiert werden, dass eine bislang (zu) geringe mehrheitsgesellschaftliche Beschäftigung mit Leichter Sprache dazu führt, dass diese selbst als Sprache nicht kulturell wachsen kann.
Über Sprache werden Zugehörigkeiten geregelt. Die „Ordnung der sprachlichen Tätigkeit, der die Teilnehmenden angehören, […] entsteht aus allen spezifischen Sprachpraktiken aller Sprecher dieser Gemeinschaft“ (Bertau 2015, S. 102) . Beispiele dafür sind die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Dialektgemeinschaft, einer Jugendgruppe oder einer ‚scientific community‘. Insbesondere bezüglich letzterer bedarf es im Allgemeinen einer gewissen hochsprachlichen Eloquenz, um als vollwertiges Mitglied anerkannt zu werden. Personen, die sich dieser Eloquenz nicht bedienen können, erfahren infolgedessen oftmals von vorneherein Ausschluss, ungeachtet des inhaltlichen Beitrags, den sie gegebenenfalls für die Gruppe erbringen könnten. Auch am Beispiel politischer Teilhabe kann diese Problematik diskutiert werden, denn dort werden oftmals nur diejenigen ‚gehört‘, die den impliziten Anforderungen folgen (können), die an politische AkteurInnen gestellt werden und dazu gehört in erster Linie ein gewisses hochsprachliches Ausdrucksvermögen. Leichte oder einfache Sprache sind im politischen Alltag nicht verbreitet – zumindest nicht bezüglich passiver Partizipation, das heißt, gewählt zu werden und als PolitikerIn zu handeln (Informationen zum aktiven Wählen, wie bspw. Parteiprogramme, werden dagegen teilweise in Leichter Sprache aufbereitet). Dass es (in Deutschland) keine PolitikerInnen mit Lernschwierigkeiten gibt, ist auch eine Folge der Hegemonie ‚schwieriger‘ Sprache und der damit verbundenen Notwendigkeit, sich einigermaßen eloquent ausdrücken zu können (Trescher 2016, 2018d).
PädagogInnen müssen sich bei der Auseinandersetzung mit Leichter Sprache die Frage stellen, inwiefern durch diese zu einer (weitergehenden) Besonderung ihrer AdressatInnen beigetragen wird, die schließlich selbst als Behinderungspraxis wirksam werden kann. Neben möglichen Infantilisierungen und der Verfestigung eines defizitären Blicks sind hierbei beispielsweise mögliche negative Auswirkungen auf die zukünftigen Lesekompetenzen der AdressatInnen zu problematisieren (Zurstrassen 2017, S. 61ff). Thematisiert werden sollte also, „ob Leichte Sprache mit ihrem eigenen Regelwerk nicht sogar die Ausgrenzung von Menschen mit Lernschwierigkeiten fördern kann, wenn diese auf den zunehmend normierten Schreib- und Sprachstil der ‚Leichten Sprache‘ hin sozialisiert werden“ (Zurstrassen 2015, S. 130). Darüber hinaus ist zu reflektieren, ob durch die zunehmende Fokussierung Leichter Sprache pädagogisches Handeln – insbesondere im Kontext schulischer Bildung – nicht massiv eingeschränkt wird, da in gewisser Weise Lese-, Schreib-, und Verstehenskompetenzen lediglich bis zu einem gewissen Niveau gefordert und unterrichtet werden. Zugespitzt bedeutet dies letzten Endes eine Hintertür zur Sonderbeschulung, die der Idee inklusiven Unterrichts im Gros zuwiderläuft.
Leichte Sprache ist ambivalent – dies wurde sehr breit diskutiert, weshalb abschließend offene Fragen dargelegt und theoretische Perspektiven skizziert werden sollen, anhand derer sich vertiefend mit dem Phänomen Leichte Sprache beschäftigt werden kann. Der Bedarf, sich wissenschaftlich eingehender mit Leichter Sprache auseinanderzusetzen, ist immens und wird von zahlreichen ForscherInnen benannt (u.a. Poncelas und Murphy 2007; Kupke und Schlummer 2010; Sutherland und Isherwood 2016; Bergelt et al. 2016; Kaczmarzik 2018; Schuppener et al. 2018, S. 361; Bredel et al. 2016, S. 95; Bock 2014, S. 29). Eine mögliche Forschungsperspektive wäre, die Recherche zum Stand der Beforschung Leichter Sprache zu vertiefen (u.a. hinsichtlich Monographien, Beiträgen in Sammelbänden und anderen Fachveröffentlichungen). Hierbei kann auf den Ergebnissen der oben genannten Studie „Leichte Sprache im (inter-)nationalen Forschungsdiskurs“ aufgebaut werden. Interessant wäre außerdem eine genalogische Untersuchung, um Leichte Sprache als Praxis der (Nicht-)Teilhabe in theoretischer Hinsicht zu fassen zu suchen. Anhand eines solchen Vorgehens könnten die Strukturen, Mechanismen, Praxen betrachtet werden, die zur Entwicklung Leichter Sprache beigetragen haben und diese (mit) hervorbringen. Interessante Fragen, die darüber hinaus weitergehend untersucht werden können, betreffen beispielsweise die Rollen der unterschiedlichen ProtagonistInnen, die sich mit Leichter Sprache befassen, wie etwa aus (Sozial-)Politik, (Bezugs-)Wissenschaft, Selbst- und Stellvertretungen oder pädagogischer Praxis. In Bezug auf Letztere wäre es beispielsweise sinnvoll, sich fundiert mit Ambivalenzen Leichter Sprache im Kontext pädagogisches Handelns zu befassen. Hervorzuheben sind hierbei insbesondere Fragen der Problematik Leichter Sprache als Sondersprache im Inklusionsdiskurs, Stellvertreterproblematiken, Didaktische Herausforderungen, die Frage nach Standards oder eben auch: Wie wird damit umgegangen, dass Leichte Sprache ein Vermittler ist, der gleichzeitig in gewisser Weise ‚statuserniedrigt‘? Interessant wäre außerdem die Untersuchung der Frage, ob und inwiefern pädagogisch Handelnde in Wohneinrichtungen oder in Übersetzungsbüros Möglichkeiten haben, (politische) Interessen der AdressatInnen Leichter Sprache zu ermitteln und in den Diskurs einzubringen (für diese wertvolle Frage danke ich dem/der GutachterIn dieses Beitrags). Es zeigt sich also, dass es angesichts dieser breiten Fragen unbedingt der weitergehenden wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Leichter Sprache bedarf, um das Verständnis um diese ambivalente Praxis zu vertiefen.
Im Mangel theoretischer Grundlegungen, in denen Leichte Sprache begründet werden kann, kann, wenngleich sich in sprachwissenschaftlicher ebenso wie (in einem geringeren Umfang) sonderpädagogischer Hinsicht bereits in Ansätzen mit Leichter Sprache befasst wird, ein weiteres Forschungsdesiderat ausgemacht werden. An dieser Stelle soll eine mögliche theoretische Grundlegung Leichter Sprache entfaltet werden, die eine diskurstheoretische Perspektive einnimmt und Sprache in foucaultscher Lesart als Praxis versteht. Sprache ist in diesem Verständnis die Praxis, entlang derer sich Teilhabe (nicht) vollzieht und die das Subjekt in je bestimmter Art und Weise hervorbringt. Sprache ist somit ein performativer Akt, der sich (in foucaultscher Hinsicht) machtvoll vollzieht (Butler 1993, S. 129; Villa 2012, S. 20; Dietrich 2014, S. 481f) . Wird demnach Sprache, auf welche Weise auch immer, eingeschränkt, so entstehen Barrieren, die die Teilhabe an der Konstitution von Welt behindern (Dietrich 2014, S. 481) und die das Subjekt in gewisser Weise als ‚behindert‘ hervorbringen. Eine Subjektivierung als ‚sprachbehindert‘ ist unmittelbar gleichbedeutend mit Ausschluss von (je bestimmten) Diskursen. Dabei wird unmittelbar an das Verständnis von Behinderung als Praxis angeknüpft, die sich immer dann vollzieht, wenn Personen je situativ an Barrieren stoßen, die ihre Teilhabe behindern (Trescher 2018b). Demgegenüber vollzieht sich Inklusion folglich immer dann, wenn Teilhabebarrieren infrage gestellt und schließlich abgebaut werden. Inklusion hat insofern kritisches Potenzial, da durch sie Praxen des Ausschlusses reflektiert und sukzessive verändert werden (Trescher 2018b). Wird Leichte Sprache im Lichte dieses Theorems gedacht, so kann gesagt werden, dass diese sowohl als behindernde als auch als inklusive Praxis wirksam wird – und die jeweilige Person als ‚behindert‘ ebenso wie als ‚teilhabend‘ hervorbringt. Dies ist wie folgt zu verstehen: Leichte Sprache zeigt Teilhabebarrieren auf, stellt diese infrage und trägt zu ihrem Abbau bei – sie ermöglicht also Teilhabe. Gleichzeitig wird durch Leichte Sprache ‚Behinderung‘ reproduziert und als Subjektstatus ihrer AdressatInnen manifestiert – Leichte Sprache ‚behindert‘ insofern Teilhabe. Diese Einsicht in die Gleichzeitigkeit von ‚behindernder‘ und ‚inklusiver‘ Wirkmächtigkeit Leichter Sprache, bzw. konstruierender und dekonstruierender Praxis, kann als großer Gewinn der Diskussion um diese betrachtet werden, da dadurch eine einseitige Bewertung Leichter Sprache als uneingeschränkt ‚gut‘ oder uneingeschränkt ‚schlecht‘ vermieden und ihre Ambivalenzen theoretisch abgebildet werden können. Ausgehend davon ist es also möglich, Leichte Sprache fundiert zu reflektieren. Dies kann zudem als große Bereicherung für die pädagogische Handlungspraxis betrachtet werden, in die Leichte Sprache – und damit Ambivalenzen, die unweigerlich mit dieser einhergehen – vermehrt Eingang findet (bzw. finden soll). Das kritische Potenzial, das pädagogischem Handeln in Form einer gewissen „eine Widerständigkeit [eignet]“ (Thompson und Weiss 2008, S. 8; siehe auch Trescher 2018a, S. 51ff; Bernhard 2011, S. 86), kann dabei unterstützen, Ambivalenzen Leichter Sprache zu reflektieren.
Ackermann, Karl-Ernst; Ditschek, Eduard Jan (2015): Voraussetzungen, Ziele und Orte inklusiver politischer Erwachsenenbildung. In: Christoph Dönges, Wolfram Hilpert und Bettina Zurstrassen (Hg.): Didaktik der inklusiven politischen Bildung. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, S. 230–242.
Antener, Gabriela; Girard-Groeber, Simone; Lichtenauer, Annette (2018): Empowerment durch Leichte Sprache. Das Projekt «Einfach leicht verständlich» als Beitrag zur Ermächtigung von Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung. In: Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik 24 (7-8), S. 44–50.
Baumert, Andreas (2016): Leichte Sprache - Einfache Sprache. Literaturrecherche - Interpretation - Entwicklung. Hannover: Bibilothek der Hochschule Hannover.
Becker, Uwe (2016): Die Inklusionslüge. Behinderung im flexiblen Kapitalismus. Bielefeld: transcript.
Bergelt, Daniel (2018): Wie wird Leichte Sprache geprüft? Abbildung der gegenwärtigen Prüfpraxis. In: Teilhabe 57 (4), S. 168–173.
Bergelt, Daniel; Goldbach, Anne; Seidel, Anja (2016): Leichte Sprache im Arbeitsleben. Analyse der derzeitigen Nutzung von Texten in Leichter Sprache im beruflichen Kontext von Menschen mit Lernschwierigkeiten. In: Teilhabe 55 (3), S. 106–113.
Bernhard, Armin (2011): Pädagogisches Denken. Einführung in allgemeine Grundlagen der Erziehungs- und Bildungswissenschaft. 4., verbesserte Aufl. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren.
Bertau, Marie-Cécile (2015): Sprache: öffentliche Praxis im Medium des Dritten. In: Thomas Alkemeyer, Volker Schürmann und Jörg Volbers (Hg.): Praxis denken. Konzepte und Kritik. Wiesbaden: Springer VS, S. 81–107.
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