Abstract: Die grundlegende Ambivalenz der Anforderung, Leistung zu bewerten, erscheint in inklusiven Settings angesichts der widersprüchlichen Logiken von Leistung und Inklusion verschärft. Vor diesem Hintergrund fragt der Beitrag auf Basis einer qualitativen Studie danach, wie sich Lehrkräfte zur Leistungsbewertung positionieren. Der Beitrag fokussiert einen inklusiven Gymnasialkontext, den übergreifend eine hohe Bedeutung eines dort konstruierten Anspruchs, Leistungspotentiale bei allen Schüler*innen ‚abzurufen‘, kennzeichnet. In diesem Kontext werden die Positionierungen zweier Lehrkräfte zur Frage der (Nicht-)Versetzung und damit verbundenen ‚Abschulung‘ eines Schülers im Kontext der Zeugniskonferenz am Schuljahresende kontrastiert. Unter Rückgriff auf Ableism als sensibilisierendes theoretisches Konzept werden Spielräume in der Leistungsbewertung und ihre Begrenzungen vor dem Hintergrund institutioneller Fähigkeitserwartungen diskutiert.
Stichworte: Inklusion, Leistungsbewertung, Grounded Theory Methodologie, Fähigkeitserwartungen, Ableism
Inhaltsverzeichnis
Inklusion kann insbesondere im Kontext des nach Leistung differenzierenden Schulsystems als „Kritik und Herausforderung des schulischen Leistungsprinzips“ (Sturm 2015, 25) gefasst werden. Dies schließt an Kontroversen um und Problematisierungen von Leistung an (vgl. u.a. Schäfer & Thompson 2015). Im Kontext schulischer inklusiver Bildung und Zieldifferenz „verschärft sich die Debatte um Leistungsgerechtigkeit und Praktiken der Leistungsbewertung“ (Sansour, Musenberg & Riegert 2018, 8). Leistungsbewertung wird in der qualitativen Bildungsforschung als ein mit Ambivalenzen besetztes Thema beschrieben. Auch Stojanov (2015, 140) weist darauf hin, dass Lehrkräfte „in eine […] geradezu schizophrene Doppelrolle hineingedrängt“ werden, die er darauf zurückführt, dass sie einerseits die „grundsätzlich nicht abschließbare Entwicklungsfähigkeit“ (ebd.) von Schüler*innen anerkennen, sie gleichzeitig aber „auf ihre aktuell erbrachten, d.h. quantifizierbaren Leistungen reduzieren“ (ebd.) müssten. Akbaba und Bräu (2019) gehen davon aus, dass sich die grundsätzliche Ambivalenz unter dem Anspruch von Inklusion weiter verschärft und begründen dies mit den divergierenden programmatischen Logiken von Leistung und Inklusion. Breidenstein und Thompson (2014) fragen in Anschluss an Foucault danach, inwiefern sich schulische Leistungsbewertung als Praxis der Subjektivierung verstehen lässt. Dabei fragen sie nach den auf Schüler*innenseite entstehenden Subjektformen, thematisieren aber auch die „Position des Lehrer-Subjekts“ (ebd., 105) und konstatieren, dass die in ihrem Material auftretende Lehrerin „weniger die souveräne Herrscherin ist als vielmehr ein ‚Durchgangspunkt‘ für Machtbeziehungen“ (ebd., 106) sei. Die Lehrkraft ist vielmehr selbst von Subjektivierungsprozessen betroffen, insofern sie „rationale Begründungen für Schulnoten liefern können muss und […] so viel wie möglich über ihre Schüler wissen soll“ (ebd.).
Dies führt uns zu der Frage, wie sich Lehrkräfte zur schulischen Leistungsbewertung positionieren. Dieser gehen wir in diesem Artikel für einen inklusiven gymnasialen Schulkontext nach. Nach einer kurzen Skizze bisheriger Forschungsperspektiven zu Leistungsbewertung (Kapitel 2) greifen wir auf Ergebnisse einer qualitativen Studie aus dem Verbundprojekt ReLInk (Kapitel 3) zurück. An Gymnasien treffen programmatische Ziele inklusiver Bildung auf eine Selektion nach Leistung durch Nicht-Versetzen oder ‚Abschulung‘ von Lernenden, die gymnasiale Leistungserwartungen nicht erfüllen. Dies wirft die Frage auf, wie damit verbundene Spannungsfelder bearbeitet werden. Das hier betrachtete Gymnasium kennzeichnet die Figur Das zugeschriebene Leistungspotential abrufen (Kapitel 4). Vor diesem Hintergrund kontrastieren wir die Positionierungen zweier Lehrkräfte in der Aushandlung um die (Nicht-)Versetzung und damit verbundene ‚Abschulung‘ eines Schülers (Kapitel 5-7). Neben den grundsätzlichen Positionierungen zur Anforderung, bewerten zu müssen, interessiert uns hinsichtlich der Aushandlung der (Nicht-)Versetzung, inwiefern ‚Behinderung‘ hier jeweils als Begründungsfigur relevant wird. Mit Weisser (2005, 106) bezieht sich die „Unterscheidung von Behinderung und Nichtbehinderung“ auf „die Erfahrung, dass etwas nicht geht, von dem man erwartet, dass es geht“. Hiermit rückt die Vermitteltheit von Behinderung und Fähigkeitserwartungen in den Fokus. Daran anschließend greifen wir im Sinne einer theoretischen Sensibilisierung auf die analytische Perspektive des Ableismus zurück (Kapitel 8) und beziehen uns in einem Ausblick u.a. auf sich anschließende Fragen für die Professionalisierung (Kapitel 9).
Angesichts des zentralen Stellenwerts von ‚Leistung‘ in Schule wie Gesellschaft sowie der langjährigen Diskussionen um schulische Leistungsbewertung – die z.B. der Sammelband „Leistung als Paradigma“ (Reh & Ricken 2018) widerspiegelt –, streben wir keinen systematischen Forschungsüberblick zu Leistung und Leistungsbewertung an (vgl. hierzu Zaborowski, Meier & Breidenstein 2011, 17ff; Weinert 2014; Sacher 2014). Stattdessen skizzieren wir unseren Anschluss an eine sozialwissenschaftliche Perspektive auf das Thema Leistungsbewertung, die, mit Rabenstein et al. (2013, 674) formuliert, „Leistung als Kern pädagogischer Ordnung“ betrachtet und davon ausgeht, dass Leistung schulische Mikroprozesse durchdringt (vgl. auch Urban et al. im Druck). Während im (Schul-)Alltag Leistung oft als individuelles ‚Merkmal‘ verhandelt bzw. gemessen wird, rücken ausgehend von einer sozialkonstruktivistischen Konzeptionierung (Bräu & Fuhrmann 2015) Leistung und Leistungsbewertung als relationale Phänomene und damit insbesondere die je spezifischen Leistungserwartungen in den Blick. Dies ist nicht nur für Formate der Leistungsbewertung im engeren Sinn, wie zum Beispiel Klassenarbeiten, Zeugnisse o.Ä., zu beobachten, sondern auch für Leistungsbewertungen in einem weiten Verständnis, wie etwa Kalthoff (1995, 2000) sie in unterrichtlichen Interaktionsprozessen rekonstruiert hat.
In ihrem Überblick über Studien zur schulischen Leistungsbewertung seit den 1950er Jahren zeichnen Meister und Hollstein (2018) eine Linie von Parsons über die „linguistisch orientierten bzw. auf die Unterrichtskommunikation ausgerichteten Studien“ (Meister & Hollstein 2018, 127) in den 1970er Jahren bis hin zur Frage nach „Praktiken, mit denen Schülerinnen und Schüler in der Leistungshierarchie der Klasse verortet werden, bzw. mit denen sie sich selbst verorten“ (ebd., 128). Bezogen auf den individualisierten Unterricht erscheint vor allem „die Fähigkeit von Schülerinnen und Schülern, sich selbstständig zu zeigen, […] das zentrale Kriterium für die Zuschreibung von Leistung zu sein“ (ebd., 131, Hervorh. i. O.; vgl. auch Rabenstein 2016). Hinsichtlich eines inklusiven Unterrichts wird auf die „enge Verwobenheit von Bewertungspraxis und Differenzierungsprozessen“ (Meister & Hollstein 2018, 131) hingewiesen.
Die seitens der Lehrkräfte formulierten Leistungserwartungen sind vielfach an den institutionellen Kontext Schule und die hiermit einhergehenden rechtlichen und curricularen Vorgaben angebunden (vgl. Lüders 2001). Als Kriterien zur Bewertung des Verhaltens zu einer Leistungserwartung, werden dann etwa verschiedene Bezugsnormen schulischer Leistungsbewertung aufgerufen (vgl. Rheinberg 2014; Prengel 2012). Insofern stehen bei der empirischen Analyse von Leistungsbewertung soziale Aushandlungsprozesse im Fokus, bei denen es um die „Transformation eines bloß subjektiv gültigen Urteils in ein verteidigungsfähiges, allgemein anerkennungswürdiges Urteil“ (Lüders 2001, 231) geht. Kalthoff (1996, 112) verweist neben dem Aspekt der intersubjektiven Aushandlung und der Verteidigung des eigenen Urteils vor Kolleg*innen auch auf die innersubjektive, affektive Dimension des Prozesses von Leistungsbewertung für die beteiligten Lehrkräfte. Zaborowski, Meier und Breidenstein (2011, 24) verweisen mit Bezug auf Terhart, Langkau und Lüders (1999) darauf, dass das Beurteilen von Leistungen „für die meisten ‚einsozialisierten’ Lehrkräfte keine psychische, sondern allenfalls eine zeitliche Belastung dar[stellt]“. Unter der Annahme eines Dilemmas von „Fördern und Auslesen“ weisen Streckeisen et al. (2007, 14) auf Deutungsmuster hin, mit denen Lehrkräfte für sie im Kontext von Leistungsbewertung entstehende Spannungszustände entschärfen. Zaborowski, Meier und Breidenstein (2011, 21ff) legen in diesem Zusammenhang eine Lesart des Theorems der Selektionsfunktion vor, in der sie die Gefahr beschreiben, mit der Betonung der gesellschaftlichen Dimension von Leistungsbewertung eine zu starke theoretische Setzung vorzunehmen und die Betrachtung der schulischen Eigenlogik zu vernachlässigen (vgl. auch Breidenstein 2018). Ähnlich argumentierend kritisiert Dietrich (2019) bezogen auf die Diskussion um inklusive Bildung die Annahme, dass Leistung ausschließlich außerhalb des Schulischen verortet sei und dem Schulischen gesellschaftlich oktroyiert werde. Demgegenüber verweist er, ausgehend von dem Grundmuster unterrichtlicher Interaktion (Frage, Antwort, Evaluation) sowie aktuellen Forschungsergebnissen zum individualisierten Unterricht, auf die „immanent[e] Bedeutung von Leistung im und für das Schulische“ (ebd., 200).
Die skizzierten Forschungsergebnisse verdeutlichen übergeordnet die für schulische Prozesse grundlegende Relevanz von Leistung als „zentrale[r] schulische[r] ‚Währung‘ (Rabenstein et al. 2013, 675). Betrachtet man die hier dargestellten Perspektiven, die auf die enge Verflechtung von Leistung mit schulischen Prozessen und eine notwendige Entschärfung von Spannungszuständen seitens der Lehrkräfte verweisen, vor dem Hintergrund der Annahme der sich widersprechenden Logiken von Leistung und Inklusion, so stellt sich umso dringlicher die Frage, wie sich Lehrkräfte in einem inklusiven Setting zur Leistungsbewertung und dem ‚Bewerten-Müssen‘ positionieren.
Die hier vorgestellten Ergebnisse stammen aus dem BMBF-geförderten Verbundprojekt Reflexion, Leistung & Inklusion. Qualifizierungserfordernisse für einen reflexiven Umgang mit Leistung in der inklusiven Sekundarstufe (ReLInk, Förderkennzeichen 01NV1710A-C). Das Forschungs- und Entwicklungsprojekt zielt auf Basis der in diesem Beitrag fokussierten qualitativen Studie auf die Entwicklung und Erprobung von Materialien für die kasuistische Aus- und Fortbildung von Lehrkräften für einen reflexiven Umgang mit Leistung in der inklusiven Sekundarstufe I (für eine ausführliche Projektdarstellung vgl. Urban et al. 2018). Hierfür wurden an je zwei Integrierten Gesamtschulen sowie Gymnasien, die Schüler*innen mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarfen gemeinsam besuchen, in Anlehnung an die fokussierte Ethnographie (Knoblauch 2001), teilnehmende Beobachtungen im Unterricht sowie außerunterrichtlichen Settings durchgeführt, insgesamt 89 episodische Interviews (Flick 2011) mit Klassenleitungen (n=11), Fachlehrkräften (n=12), Sonderpädagog*innen (n=8), weiteren pädagogischen und therapeutischen Fachkräften (n=4) sowie Schüler*innen (n=54) geführt, zwei Teamgespräche sowie acht Eltern-Lehrkräfte-Schüler*innen-Gespräche audiographiert und verschiedene leistungsbezogene Dokumente erhoben. Die Auswertung erfolgt angelehnt an die Grounded Theory Methodologie (GTM, Strauss & Corbin 1996) sowie Strategien der Situationsanalyse (Clarke 2012). Aus diesem Datenkorpus heraus stellen wir in Kapitel 4 zunächst für den hier fokussierten Schulkontext eine übergreifende Figur dar, die in den verschiedenen Materialformen sowie Erhebungssituationen sichtbar wird. Hieran schließt eine detaillierte Analyse zweier Fälle an, an denen sich die Frage der Positionierung von Lehrkräften zur Leistungsbewertung in inklusiven Settings verdichtet darstellen und diskutieren lässt. Dabei werden keine Praktiken der Leistungsbewertung in situ beobachtet. Die Äußerungen der Lehrkräfte in den Interviews bzw. Gesprächen im Rahmen teilnehmender Beobachtung, verstehen wir als Reflexionen hinsichtlich der im Zuge der Leistungsbewertung stattfindenden Aushandlungsprozesse. Von Relevanz sind dabei die verschiedenen Begründungsfiguren, Dilemmata und Problematisierungen (Lüders 2001), welche die Lehrkräfte im Prozess ihrer Positionierung zur Frage schulischer Leistungsbewertung aufrufen. Hinsichtlich der Frage nach Inklusion liegt ein besonderes Augenmerk der Analyse darauf, ob bzw. in welcher Hinsicht die Lehrkräfte die Phänomene Beeinträchtigung bzw. Behinderung aufrufen und welcher Stellenwert diesen in ihren Positionierungen zukommt. In beiden Falldarstellungen verhalten sich die Lehrkräfte Frau Tiefensee und Frau Schweigert anlassbezogen zur Frage der (Nicht-)Versetzung eines Schülers und einer diesbezüglichen Diskussion im Kollegium auf der Zeugniskonferenz am Schuljahresende. Frau Tiefensee ist Klassenlehrerin in der achten Klasse und unterrichtet dort Deutsch. Frau Schweigert ist Musik- und Französischlehrerin und unterrichtet in der achten Klasse Musik. Mit beiden wurde zunächst je ein Interview geführt, das im Folgenden dazu dient, die grundsätzliche Positionierung beider Lehrkräfte zum Thema Leistung und Leistungsbewertung herauszuarbeiten. Darüber hinaus beziehen sich beide im Nachgang der Zeugniskonferenz – Frau Tiefensee im Rahmen eines gemeinsamen Interviews mit ihrer Co-Klassenleitung, Frau Schweigert bei einem Gespräch im Rahmen der teilnehmenden Beobachtungen – auf die Aushandlung im Zuge der in der Konferenz diskutierten Frage, ob der Schüler Matthias versetzt oder nicht versetzt werden sollte – wobei die Nichtversetzung aufgrund einer bereits erfolgten Klassenwiederholung eine Abschulung im Sinne eines Schulformwechsels zur Folge hätte – oder ob es zu einer Nachprüfung am Anfang des nächsten Schuljahres kommen soll.
Die hiermit begonnene Kontextualisierung der vorgestellten Fälle wird im folgenden Kapitel vertieft. Sie wird eingebettet in die Darstellung der für den Schulkontext des untersuchten Gymnasiums als zentral herausgearbeiteten Figur Das zugeschriebene Leistungspotential abrufen.
Das Gymnasium C ist Teil einer größeren, mehrere Schulformen umfassenden, Einrichtung in privater Träger*innenschaft. Schulgeschichtlich gesehen hat es sich aus einer Förderschule im Förderschwerpunkt körperlich-motorische Entwicklung heraus entwickelt, die für Schüler*innen ohne sonderpädagogischen Förderbedarf geöffnet wurde. Im Feld stießen wir diesbezüglich mehrfach auf den, auch in der Literatur genutzten (Thümmel 2016, 187; Gräfen & Wessel 2018, 43), Begriff der „umgekehrten Inklusion“. Hierbei reichte die Bandbreite der angeführten Begründungen für die Öffnung der ehemaligen Förderschule von der normativ positiven Bezugnahme auf gemeinsamen Unterricht bzw. Vielfalt im Allgemeinen bis hin zur ökonomischen Notwendigkeit der Erhöhung der Schüler*innenzahl zur Sicherung des Fortbestandes der Schule in der Vergangenheit. Sowohl im Rahmen der teilnehmenden Beobachtungen als auch der Interviews wurde von den professionellen Akteur*innen die räumliche, technische sowie personelle Ausstattung der Schule positiv hervorgehoben. Ein damit zusammenhängendes Spezifikum besteht in den etablierten Formen multiprofessioneller Kooperation zwischen Fachlehrkräften, Sonderpädagog*innen (in der Orientierungsstufe, danach nicht mehr) sowie therapeutischen, pflegenden und sozialpädagogischen Fachkräften sowohl im Unterricht als auch darüber hinaus.
Im Gymnasium C wird, entsprechend der Regelung im Bundesland für den gymnasialen Kontext, nur lernzielgleich unterrichtet wird. Anders ausgedrückt, Schüler*innen mit den Förderschwerpunkten Lernen und geistige Entwicklung werden bereits im Vorfeld selektiert. Zudem bestehen, wie nachfolgend vertiefend betrachtet, weiterhin Möglichkeiten der Nichtversetzung bzw. der Abschulung. Während somit die eingangs erwähnten Widersprüche im Kontext der Zielsetzungen inklusiver Bildung auch für diesen gymnasialen Schulkontext bedeutsam sind, lässt sich auf Basis unserer Ergebnisse eine zentrale Figur herausarbeiten, für die Verweise auf den gymnasialen Anspruch und damit verbundene, eher ‚starr‘ erscheinende Erwartungshaltungen gegenüber Schüler*innen gerade nicht vordergründig erscheinen. Dass diese dennoch nicht vollkommen außer Kraft gesetzt werden, wird insbesondere in Kapitel 8 deutlich.
Für Schule C kristallisiert sich auf Basis der Analyse der Interview- und Beobachtungsdaten die übergreifende Figur Das zugeschriebene Leistungspotential abrufen heraus. Hiermit ist gemeint, dass in verschiedenen Situationen relevant wird, dass bzw. wie Schüler*innen ein ihnen von den Lehr- und weiteren Fachkräften zugeschriebenes Leistungspotential zu realisieren befähigt werden sollen. Eine ähnliche Figur wird auch von Breidenstein und Thompson (2014, 94) beschrieben, dort allerdings nicht in Hinblick auf inklusiven Unterricht. Die ausgehend von unseren Daten herausgearbeitete Figur Das zugeschriebene Leistungspotential abrufen zeigt sich z.B. in der Äußerung der Lehrkraft Frau Tiefensee, deren Positionierung im Folgenden noch ausführlich behandelt wird, im Zusammenhang mit dem Instrument des Nachteilsausgleiches:
„Wie kommen Schüler mit dem Potenzial, was sie haben ähm an ihre/ das klingt jetzt blöd (lacht)/ an ihre Grenzen? Also an das, was sie am besten leisten können. Zu ihrer besten Leistung! Wie kommen sie mit dem, was sie mitbringen auch mit ihren Einschränkungen trotzdem zu ihren bestmöglichen Ergebnissen“ (Int_C8RL2, 436-439).
Schule C stellt eine Reihe von Formaten und Ressourcen bereit, um diesen Abruf des Leistungspotentials der Schüler*innen zu unterstützen. So wird im Rahmen der multiprofessionellen Kooperation eine mehrperspektivische Arbeit am Einzelfall deutlich. Zudem ist die technische Ausstattung bedeutend. Die Figur des Abrufens des zugeschriebenen Leistungspotentials bezieht sich auch und insbesondere auf Schüler*innen mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf. Im Unterschied zu anderen Schulkontexten im Sample des Verbundprojektes, in denen die leistungsbezogene Differenzkonstruktion ‚Regelschüler‘ gegenüber ‚Förderschülern‘/ ‚Inklusionsschülern‘ im Zusammenhang mit dem zieldifferenten Unterricht im Förderschwerpunkt Lernen deutlich wird (Arndt et al. 2019), werden Leistung und Beeinträchtigung bzw. Behinderung im Kontext von Schule C nicht prinzipiell als Dichotomien verstanden. Auch eine „Suspendierung der Leistungsordnung“ für diese Schüler*innen, die Sturm, Wagener und Wagner-Willi (2020, 588) in ihrer Studie herausarbeiten, zeigt sich – im Kontext des zielgleichen Unterrichts – in Schule C nicht. Vielmehr werden, wie sich z.B. im Rahmen einer Beobachtung der Zeugnisausgabe in Klasse 8 besonders deutlich zeigt, Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf ‚sogar‘ als die leistungsstärksten Schüler*innen der Klasse adressiert. Mehrfach findet sich im Material eine angenommene Verknüpfung von körperlichen Beeinträchtigungen bzw. dem Förderbedarf im Schwerpunkt körperliche und motorische Entwicklungen mit hieraus resultierenden psychosozialen Belastungen. So formuliert z.B. eine Ergotherapeutin: „Wir haben natürlich viele Kinder mit ner K-Diagnose, die aber auch traumatisiert sind“ (Int_Frau T, 214f.). Entsprechend ist die multiprofessionelle Teamzusammensetzung hier wiederum bedeutend und wird zugleich auch für die Aufnahme von „Kindern mit ner Essstörung oder mit ner Aggressionshemmung“ (ebd., 219) relevant, da das „Know-how“ (ebd., 222) für die Unterstützung dieser an der Schule gegeben ist. Als charakteristisch für die Schule erscheint, dass die Lehrkräfte zumeist davon ausgehen, dass die Schüler*innen über ein je spezifisches Leistungspotential verfügen, das sie aber aufgrund ihrer Beeinträchtigung nicht ohne Weiteres abrufen können, weshalb sie hierfür Unterstützung bzw. Adaptionen des Unterrichts in Form von technischen Hilfsmitteln, Videozuschaltungen bei längeren Krankheits- und Abwesenheitsphasen sowie der multiprofessionellen Kooperation brauchen. Leistung, Fähigkeiten (Können) und Behinderung werden damit stärker als relationale Konstruktionen statt als ‚natürliche Eigenschaften‘ sichtbar.
Für Frau Tiefensee ist Leistung „eigentlich´n schwieriges Thema“ (Int_C8RL2, 29f.), weil Leistung für verschiedene Schüler*innen Verschiedenes bedeute, woraus für sie folgt, dass man „jeden Schüler individuell betrachten“ (ebd., 3f.) müsse. Sie beschreibt anhand konkreter Unterrichtssituationen, auf welche Art und Weise und mit welchen technischen Hilfsmitteln in ihrer Schule gearbeitet wird, damit möglichst alle Schüler*innen das ihnen zugeschriebene Leistungspotential abrufen können. So führt sie etwa an, dass Schüler*innen, die aufgrund von Krankheit oder Operationen längerfristig nicht am Unterricht teilnehmen können, per Videokonferenz dem Unterricht zugeschaltet werden. Ferner arbeitet Frau Tiefensee Präsentationen farblich auf, damit eine Schülerin, die nur spezifische Farben optisch wahrnehmen kann, ebenfalls ihre Präsentationen nutzen kann. Zudem wird Schüler*innen z.B. mit Epilepsie über Kooperationsformate mit sozialpädagogischem und medizinischem Personal in der Tagesschulbetreuung die Teilnahme am Unterricht und an außerunterrichtlichen Aktivitäten ermöglicht.
In dem zweiten (Doppel-)Interview nach den Zeugniskonferenzen berichtet Frau Tiefensee, sie habe als einzige im Kollegium gegen eine Versetzung bzw. die stattdessen vom Kollegium gewählte Variante einer Nachprüfung Matthias´ zu Beginn des neuen Schuljahres gestimmt. Sie begründet dies mit seinem fehlenden Willen, ihm zugedachte „Hilfsangebote“ (Int2_C8RL2_C8RL1, 9) anzunehmen und grundsätzlich wenig Interesse am Lernen zu haben, was letztlich zu einer „Quälerei“ (ebd., 432) auf dem Gymnasium für ihn führe[1] . Sie kritisiert in diesem Zuge, dass ihre Stimme als Klassenlehrkraft in der Abstimmung nicht mehr wiegt als die der Fachlehrkräfte, obwohl sie Matthias viel öfter sehe und ein umfassenderes Bild von ihm habe. In ihrer Kommentierung der Frage um die (Nicht-)Versetzung von Matthias zeichnet Frau Tiefensee drei verschiedene Modelle von Schule bzw. schulischer Leistungsbewertung: Im Modell „08/15“ (ebd., 39) bedeuten zwei Fünfen im Zeugnis gemäß der Notenverordnung eine Nichtversetzung. Das Abstimmungsverhalten von Frau Tiefensee spiegelt dieses Modell wider. Jedoch erscheint ihr das Modell 08/15 im Fall von Matthias nicht ohne weiteres passend: Im Interview problematisiert sie seine Nicht-Versetzung, weil im Falle seiner Abschulung „in einer Realschule keine Inklusion (betont:) - so - möglich ist. Und mit seiner Behinderung ist die Wahrscheinlichkeit doch sehr groß, dass er dann gemobbt wird“ (ebd., 36f.). Dem Modell 08/15 kontrastiert sie das Modell „Sozialanspruch“. Matthias sei „stark behindert“, was sie zur Frage führt, ob er nicht noch „einmal eine Chance“ (ebd., 22f) in Form der Nachprüfung bekommen müsse. Dieses Modell problematisiert sie deswegen, weil sie die Nachprüfung für Matthias für „eine zu starke Belastung“ (ebd., 51) halte. Als drittes nennt sie das Modell „Wohlfahrtsverein“ (ebd.). Nach diesem bekommen „Kinder, die solche Einschränkungen haben“ (ebd., 59) keine Noten und werden per se in die nächste Klasse versetzt. Auf dieses Modell bezieht sie sich allerdings nicht positiv. Sie formuliert „ganz überspitzt und brutal gesagt“ (ebd., 57) die Frage: „Sind wir jetzt eine Schule oder sind wir ein Wohlfahrtsverein?“ (ebd., 57f) und macht hiermit deutlich, dass für sie ein prinzipieller Dispens der Leistungsbewertungen keine Option darstellt.
In dem mit Frau Schweigert geführten Interview wird eine deutliche Distanzierung von Leistungsbewertung im engeren Sinne sichtbar: „[I]ch schmeiße sowieso mit Einsern um mich, weil ich dieses Notensystem nicht mag. Also bei mir gibt es sowieso nur eins und zwei“ (Int_C7RL3, 183f.). Sie beschreibt ihre Bemühungen, Leistung(sbewertung) aus ihrem Unterricht weitestgehend fernzuhalten und stattdessen eine von Vertrauen geprägte Atmosphäre zu etablieren, in der die Schüler*innen sich auch trauen, Fehler zu machen. Ihr Musikunterricht sei darauf ausgerichtet, dass alle Schüler*innen teilhaben und zum Beispiel beim gemeinsamen Musikmachen einen Beitrag leisten können: „Es gibt Instrumente, die zu jedem Behinderungsbild so ein bisschen passen“ (ebd., 650f.). Als ein Beispiel erzählt sie von Leon, einem Schüler aus der beobachteten siebten Klasse, „der letztes Jahr so große Schwierigkeiten mit seiner Psyche hatte“, sodass Unterricht mit ihm kaum möglich gewesen sei. Sie habe ihm daraufhin Schlagzeugunterricht gegeben und „da konnte der da sein Zeug machen“ (ebd., 698f.) Sie habe so einen Zugang zu ihm bekommen und inzwischen spiele er beim gemeinsamen Musikmachen Schlagzeug (Beob_16.11.18_Musik).
Dieses Modell stellt sie als Spezifikum des Musikunterrichts heraus und kontrastiert den Französischunterricht, in dem dies so nicht umzusetzen sei. Als Begründung für die Grenzen des von ihr favorisierten Modells im Musikunterricht führt sie das „blöd[e] Schulsystem“ (Int_C7RL3, 590) an, das nur wenig Spielräume zulasse: „Das ist eben preußisch von vor zweihundert Jahren“ (ebd., 591), wobei sie diese Kritik nicht weiter spezifiziert. In der Kritik deutet sich eine externalisierende Figur an, die Leistung bzw. Leistungsbewertung als etwas von außen an den eigenen Unterricht Herangetragenes versteht. Letzteres problematisiert, wie bereits in Kapitel 2 erwähnt, Dietrich (2019) in Bezug auf die Diskussion um inklusive Bildung, wenn in dieser Leistung ausschließlich als externe Anforderung an Schule thematisiert wird.
Wie ihre Kollegin beschreibt Frau Schweigert in ihrer Kommentierung der Aushandlungen auf der Zeugniskonferenz, dass Matthias sich im Unterricht des Öfteren verweigert habe und dass so Konflikte mit ihm entstanden seien. Allerdings schreibt sie dies anders als Frau Tiefensee nicht Matthias´ fehlendem Willen zu, sondern betont, dass er sich nicht anders verhalten konnte. So habe sich im Nachhinein etwa herausgestellt, dass er Schmerzen wegen einer Operation hatte. Frau Schweigert kommentiert dies lachend damit, „dass es einfacher sei, wenn er einfach direkt Bescheid sagen würde, wenn etwas sei. Dann wisse sie Bescheid und würde ihn einfach in Ruhe lassen“ (C7RL3_Gespräch 25.07.19, 16-18). In der Zeugniskonferenz hat Frau Schweigert für die Möglichkeit der Nachprüfung gestimmt, wohl wissend, dass dies vielleicht „Ajapopaja-Pädagogik“[2] (ebd., 22) sei. Sie fände dies aber angemessener als eine Abschulung. Matthias müsse also nun zeigen, „ob er lernen kann oder nicht“ (ebd., 20).
Beide Fälle lassen sich als Versuche der Bearbeitung eines Spannungsverhältnisses lesen, das sich aus der Anwendung allgemein wirksamer exkludierender Momente von Leistungsbewertung im Einzelfall ergibt. Beide Male erscheinen Leistungsbewertung im Allgemeinen und die Selektionsmöglichkeiten am Gymnasium im Besonderen als etwas, dem die Lehrkräfte – im Unterschied zu affirmativen Bezugnahmen in anderen Schulkontexten im Sample (Urban et al. im Druck.) – nicht uneingeschränkt affirmativ gegenüberstehen. Insbesondere Frau Tiefensee arbeitet sich dabei an einem Dilemma ab: Zwar gibt sie einerseits den Anspruch an eine ‚passende‘ Leistungsbewertung nicht vollkommen auf. Eine Praxis des Um-sich-Schmeißens mit Einsen etwa wie bei Frau Schweigert taucht hier nicht als mögliche Handlungsoption auf. Andererseits argumentiert sie in ihrer Diskussion der drei Modelle von Schule immer auch mit dem Wohl von Matthias – und entsprechenden Annahmen dessen, was für ihn gut sei. Der Versuch der Vermittlung zwischen den beiden Logiken – von denen die eine stärker aus der Perspektive des konkreten Schülers Matthias denkt, damit den Einzelfallbezug betont und die andere stärker die institutionalisierten Leistungserwartungen in den Vordergrund rückt –zeigt sich besonders pointiert daran, dass Frau Tiefensee zwar die von ihr wahrgenommene Verweigerungshaltung von Matthias auf ein mangelndes Wollen seinerseits zurückführt und in ihrer Entscheidung für eine Nicht-Versetzung damit das Nicht-Erfüllen der Anforderungen in den Fokus rückt, mit Blick auf die Nachprüfung aber mit der Sorge um seine Überforderung argumentiert. Frau Schweigert hingegen entlastet mit Verweis auf die operationsbedingten Schmerzen zwar Matthias von der Verantwortung für die auch von ihr wahrgenommene Verweigerungshaltung und beschreibt den Versuch des Dispenses von Leistung aus ihrem Unterricht. Ihr Verweis darauf, dass Matthias in der Nachprüfung seine Fähigkeit zum Lernen unter Beweis stellen müsse, deutet wiederum auf eine Begrenzung des Dispenses von Leistung hin.
Über die auf der Mikroebene erkennbar werdenden kontrastierenden Momente der beiden Positionierungen hinaus fällt auf, dass sich beide Lehrkräfte in Auseinandersetzung mit der Frage nach Leistungsbewertung auf implizite Fähigkeitserwartungen beziehen. Betrachtet man ihre Bearbeitungsversuche vor dem Hintergrund einer ableismussensiblen Perspektive, wird die selektive Logik deutlich, denen beide Positionierungen verhaftet bleiben, wenngleich sie diese auf unterschiedliche Art und Weise bearbeiten.
Ableism kann als eine auf das Phänomen Behinderung bezogene Diskriminierungskategorie analog zu etwa Rassismus oder Sexismus verstanden werden (hierzu vgl. etwa Dederich 2010, 175f.; zu verschiedenen Diskriminierungsdiskursen vgl. den Sammelband von Scherr, el-Mafaalani & Yüksel 2017). Zudem kann Ableism grundlegender als eine analytische Perspektive genutzt werden, die soziale Kontexte dahingehend befragt, wie diese entlang einer „ableistischen Norm“ (Köbsell 2015, 29) strukturiert sind und mit der Unterscheidung „‚able‘ – ‚unable‘“ agieren (ebd.). Damit rücken für den je spezifischen Kontext wirkmächtige Fähigkeitszuschreibungen bzw. -erwartungen sowie der Umgang mit Abweichungen von diesen (Buchner, Pfahl & Traue 2015) in den Vordergrund. Buchner (2015) untersucht diesbezüglich, wie sich Schüler*innen mit Beeinträchtigungen zu Subjektivierungsprozessen verhalten, die aus in der Institution Schule wirkmächtigen Fähigkeitserwartungen resultieren. Im Folgenden nutzen wir die theoretische Figur des Ableismus im Sinne der GTM als ein Konzept zur theoretischen Sensibilisierung (Strauss & Corbin 1996, 25ff) und gehen davon aus, dass „empirische Beobachtungen und theoretische Überlegungen wechselseitig ein neues Licht aufeinander zu werfen vermögen“ (Breidenstein & Thompson 2014, 90).
Auf Basis der Interview- und Beobachtungsdaten werden Handlungsspielräume für die Lehrkräfte deutlich, um im Laufe des Schuljahres mit schulischen Fähigkeitserwartungen flexibel umzugehen und diese zeitweise auch auszusetzen. Ein Beispiel hierfür ist die von Frau Schweigert angeführte Möglichkeit, Matthias bei seinen operationsbedingten Schmerzen in Ruhe zu lassen. Dies lässt sich als Ausdruck der Anerkennung einer prinzipiellen menschlichen Verletzlichkeit (Tervooren 2000) lesen. Die Spielräume verflüchtigen sich allerdings mit der sich in der Zeugniskonferenz materialisierenden Frage nach der (Nicht-)Versetzung: Die Konferenz wirkt als analytisches ‚Brennglas‘ im Sinne einer Zuspitzung der Verhandlung der Frage von Leistungsbewertung bzw. dem Umgang mit Abweichungen von erwarteten Leistungsanforderungen. Hier spitzt sich der schulische Handlungsdruck (Helsper 2016, 228) zu. Dies ist der, stärker formalisierte, Ort für die Entscheidung über Versetzungs- und damit Exklusionsfragen. Bezogen auf die Frage von Leistungsbewertung rückt mit dem Zeugnis die Zuschreibung individueller Leistungen in den Vordergrund. Eine relationale und mehrperspektivische Betrachtung, auch bezogen auf die Thematisierung von Behinderung, tritt stärker in den Hintergrund. So nehmen auch die therapeutischen und sozialpädagogischen Fachkräfte, die ansonsten im schulischen Alltag präsent sind, an der Konferenz nicht teil und sind an den Aushandlungen nicht beteiligt. Sie erstellen ein eigenes Zeugnis zu ihrer Arbeit mit Matthias, das auf die Versetzungsfrage keinen Einfluss hat. Das für die Konferenz entscheidende Kriterium ist nun, ob Matthias genügend oder „ungenügend fähig“ (Merl 2019, 5) ist, die im Gymnasium bestehenden Leistungs- und die damit vermittelten Fähigkeitserwartungen zu erfüllen. Auch die Entscheidung der Konferenz für die Möglichkeit der Nachprüfung ist kein Bruch mit dieser Logik. In den Worten Frau Schweigerts: Er muss „zeigen, ob er lernen kann oder nicht“ (C7RL3_Gespräch 25.07.19, 20).
Frau Tiefensees Problematisierung des Modells von Schule 08/15 lässt sich vor diesem Hintergrund auch als Ausdruck der Wahrnehmung lesen, dass die rigorose Anwendung dieses Modells im Fall von Matthias bestimmte Voraussetzungen, die dieser mitbringt, nicht berücksichtigen würde. Insofern können die anderen beiden von ihr aufgeworfenen Modelle auch als Ausdruck der Annahme verstanden werden, dass es in spezifischen Konstellationen wichtig ist, institutionelle Fähigkeitserwartungen außer Kraft zu setzen, wobei ‚Beeinträchtigung‘ dann ein mögliches Moment solcher Konstellationen darstellen würde. Gleichwohl wird die Verwicklung in Fähigkeitserwartungen deutlich, denn das Modell Sozialanspruch wird von Frau Tiefensee damit begründet, dass Matthias „stark behindert“ (Int2_C8RL2_C8RL1, 22) sei. Behinderung wird hier dem Individuum zugerechnet (Waldschmidt 2005) und erscheint darüber hinaus als etwas, das – kritisch gesprochen – „paternalistische[r] Fürsorge“ (Köbsell 2015, 24) bedarf. Auch im Zuge des Modells Wohlfahrtsverein wird eine homogenisierende Zuschreibung von Schüler*innen aufgerufen, die aufgrund des Merkmals Beeinträchtigung als nicht leistungsfähig gelten.
Obgleich in beiden Falldarstellungen eine Verstrickung in die mit institutionellen Fähigkeitserwartungen verbundene ableistische Logik deutlich wird, so können doch die Positionierungen beider Lehrkräfte als Ausdruck der Suche nach Alternativen dazu gelesen werden, dass sich ihr Repertoire an Handlungsmöglichkeiten spätestens am Ende des Schuljahres auf die individualisierende Zuschreibung von Leistung und die damit einhergehende Notwendigkeit der Unterscheidung Versetzung/Nichtversetzung hin verengt und dass die von ihnen beschriebenen Nichtpassungsverhältnisse in Bezug auf Matthias nicht auf andere Art und Weise bearbeitet werden können.
Dass auch inklusive Settings von Momenten der Exklusion durchzogen sein können, wurde bereits mehrfach herausgearbeitet (Sturm & Wagner-Willi 2015; Bräu 2018; Rabenstein, Gnauck & Schäffer 2019), ebenso die Problematik einer Trennung der analytischen Konzepte von Inklusion und Exklusion (Budde & Hummrich 2013; Emmerich 2016). Ausgehend von der Figur des Ableismus wird in den beiden Falldarstellungen eine unauflösbare Verschränkung von kritischen Perspektiven auf Fähigkeitserwartungen bei der gleichzeitigen Reproduktion von Fähigkeitserwartungen deutlich. Die exkludierenden Momente im inklusiven Setting stellen sich pointiert so dar: Matthias ist nicht aufgrund seiner auf einer somatischen Ebene verorteten Beeinträchtigung behindert, sondern behindert wird Matthias dann, wenn er an der Norm der für das Gymnasium als notwendig erachteten Fähigkeiten scheitert und als ungenügend fähig für diesen Bildungsgang gilt. Der Reproduktion dessen können sich die Lehrkräfte bestenfalls punktuell entziehen, obgleich ein Unbehagen nachgezeichnet werden konnte. Damit eröffnet sich eine Perspektive, die Schule als Institution auf Benachteiligungsprozesse hin befragt, die aus der (Eigen-)Logik der der Institution immanenten Prozesse selbst – hier der Leistungsbewertung bzw. Abschulungsoption – resultieren. Eine ähnliche Argumentationsfigur, allerdings entlang der Diskriminierungskategorie Rassismus entwickelt, findet sich im Kontext der Kritik an einer institutionellen Diskriminierung von Schüler*innen mit Migrationshintergrund im deutschen Schulsystem (Gomolla & Radtke 2009). Hier wird die Herstellung ethnischer Differenz in der und durch die Schule ebenfalls über die basalen Prozesse des Einführens von Unterscheidungen sowie der Bewertung dieser Unterscheidungen beschrieben (ebd., 15).
Dass sich für die Lehrkräfte Spielräume in der Leistungsbewertung im Schuljahresverlauf verändern, verdeutlicht die nachgezeichnete, mit einer Begrenzung der (vorherigen) Spielräume verbundene, Zuspitzung im Kontext der Zeugniskonferenz am Schuljahresende. Während zuvor im Sinne der Figur Das Leistungspotential abrufen der Bezug zum Einzelfall eher vordergründig erschien, rückt hier die Abschulung als Teil der selektiven Struktur im selektiven Schulsystem in den Fokus. Hier lässt sich die Frage anschließen, inwiefern und an welchen schulischen Entscheidungsstellen eine Verschärfung (Akbaba & Bräu 2019) der grundlegenden Ambivalenz des ‚Bewerten-Müssens‘ in inklusiven Settings relevant wird. Zugleich stellen sich anknüpfende Fragen für die Professionalisierung der Lehrkräfte: Die dargestellte Verstrickung in institutionelle Fähigkeitserwartungen kann grundlegend darauf bezogen werden, dass „inklusive Pädagogik nicht technologisierbar ist, sondern professionalisierungsbedürftig, da es niemals eine ‚Lösung‘ geschweige denn eine Lösung für alle* geben wird“ (Boger 2017, 15). Für Fortbildungssettings ergibt sich die Anforderung, im Unterschied zum Schulalltag zumindest partiell handlungsentlastete Räume zu schaffen, in denen Dynamiken und Widersprüche, wie sie in diesem Artikel herausgearbeitet wurden, beobachtbar und zum Diskussionsgegenstand werden können. Dieser Idee folgen die Fortbildungsveranstaltungen, die aus dem Verbundprojekt ReLInk heraus entwickelt und durchgeführt wurden, um in Verbindung mit der Bearbeitung kasuistischen Materials eine Reflexionspause zu schaffen (Lau, Heinrich & Lübeck 2019). Zugleich deuten sich auch hier Begrenzungen z.B. hinsichtlich der (Re-)Produktion der Kategorie ‚Behinderung‘ bzw. ‚sonderpädagogischer Förderbedarf‘ an, welche die Frage aufwerfen, ob und wie es – in Fortbildungssettings wie in schulischen Reflexionsräumen – gelingen kann, im jeweiligen institutionellen Rahmen gegen dessen Begrenzung selbst zu denken.
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[2] Im Rahmen der teilnehmenden Beobachtung war damit die situative Deutung verbunden, dass Frau Schweigert von anderen Kolleg*innen vorgeworfen wird, sie praktiziere eine Ajapopaja-Pädagogik, sie würde die Schüler*innen also nicht genug fordern. Dies passt auch dazu, dass Frau Schweigert in dem mit ihr geführten Interview ein Bild ihres Musikunterrichts entwirft, bei dem es ihr darum geht, dass die Schüler*innen sich wohlfühlen, ihr Vertrauen und sich trauen, Fehler zu machen (Urban et al. im Druck).