Abstract: Im Zuge der zunehmenden integrativen Beschulung von Lernenden mit besonderem Bildungsbedarf werden an Schweizer Regelschulen vermehrt sogenannte integrative schulische Massnahmen angewandt, um besser auf die Bedürfnisse und Interessen aller Schülerinnen und Schüler eingehen zu können. Bei deren Implementierung spielen die Schulleitungen eine entscheidende Rolle. Der vorliegende Beitrag befasst sich mit den beiden integrativen schulischen Massnahmen reduzierte individuelle Lernziele (RILZ) und Nachteilsausgleich (NAG). Untersucht wurden die Einschätzungen von Schulleitungen der Oberstufen des Kantons Bern bezüglich Chancen und Risiken der beiden Massnahmen. Es zeigt sich, dass diese sehr unterschiedlich bewertet werden und der NAG im Hinblick auf die Entwicklung der betroffenen Lernenden grundsätzlich positiver wahrgenommen wird als RILZ.
Stichworte: Integrative Massnahmen, Schulleitung, Chancen, Risiken, Nachteilsausgleich, Lernzielreduktion
Inhaltsverzeichnis
In vielen Ländern werden Kinder und Jugendliche mit besonderem Bildungsbedarf zunehmend in Regelklassen unterrichtet. Die schulische Integration von Lernenden mit Behinderungen beziehungsweise besonderem Bildungsbedarf ist in der Schweiz gesetzlich verankert (Bundesverfassung [BV], Art. 8, Abs. 2; Direktionsverordnung über die Beurteilung und Schullaufbahnentscheide in der Volksschule [DVBS], Art. 19; UN-Behindertenrechtskonvention [UN-BRK]; Art. 24). Im Zuge der gegenwärtigen Integrationsbestrebungen werden in Regelschulen vermehrt sogenannte integrative schulische Massnahmen angewandt, um allen Kindern stärker gerecht zu werden (Luder, Kunz, & Müller Bösch, 2019). Diese Massnahmen werden im föderalistisch organisierten Bildungssystem der Schweiz unterschiedlich benannt, ähneln sich aber in ihrer Umsetzung und Vergabe.
Der vorliegende Beitrag befasst sich mit den beiden integrativen schulischen Massnahmen „reduzierte individuelle Lernziele“ (RILZ) und „Nachteilsausgleich“ (NAG) im Kanton Bern. Wenn es um die Vergabe dieser Massnahmen geht, ist die Schulleitung die entscheidende Instanz (Erziehungsdirektion des Kantons Bern [ERZ], 2019), denn ihr kommt eine zentrale Rolle in schulischen Integrationsprozessen zu (Hillenbrand, Melzer, & Hagen, 2013, S. 48; Scheer, Laubenstein, & Lindmeier, 2014, S. 159). Ihre Aufgabe ist es, die Entwicklung und Umsetzung eines Schulprogramms zu steuern, zu begleiten und zu moderieren (Verband Schulleiterinnen und Schulleiter Schweiz, 2015). Dementsprechend ist es wegweisend, wie Schulleitungen den bestehenden integrativen Massnahmen gegenüberstehen. Es ist von Interesse zu erfahren, inwiefern sie diese im Hinblick auf den Integrationsprozess einer Schülerin resp. eines Schülers mit besonderem Bildungsbedarf als Chance oder eher als Risiko wahrnehmen und ob sie sich den Dilemmata (Boger & Textor, 2015; Norwich, 2009; Sturm, 2015), die mit der Zuweisung von Massnahmen einhergehen, bewusst sind. Aktuelle Studien zu integrativen schulischen Massnahmen geben Hinweise darauf, dass diese die Integration und die Förderung von Chancengleichheit nicht nur begünstigen, sondern gleichzeitig auch Risiken bergen (Greber, Sahli Lozano, & Steiner, 2017; Sahli Lozano, Greber, & Wüthrich, 2017). In diesem Beitrag interessiert demnach, inwiefern Aussagen von Schulleitungen zu Chancen und Risiken der integrativen Massnahmen mit den derzeit in theoretischen und empirischen Beiträgen diskutierten Chancen und Risiken sowie den damit verbundenen Dilemmata bezüglich integrativer Beschulung übereinstimmen.
Nachfolgend werden als erstes die Zielgruppen, die Ziele sowie die Umsetzung der beiden Massnahmen RILZ und NAG im Kanton Bern näher beschrieben. Anschliessend wird der zentrale Forschungsgegenstand zu Chancen und Risiken der beiden Massnahmen in einen theoretischen und empirischen Rahmen eingebettet. In Kapitel vier wird auf die Stichprobe und die Methodik eingegangen, welche eingesetzt wurde, um die Aussagen der Schulleitungen zu den Chancen und Risiken von RILZ und NAG zu analysieren. Darauf folgt eine Präsentation der Ergebnisse, welche anhand der Theorie und des Forschungsstands kritisch diskutiert werden.
In ihrer Ausgestaltung sind die Massnahmen RILZ und NAG an die beiden Grundformen der inneren Differenzierung (Klafki & Stöcker, 1996) angelehnt. So differenzieren RILZ nach Lerninhalten und -zielen (ERZ, 2019), der NAG hingegen differenziert nach Methoden und Medien bei gleichbleibenden Inhalten und Zielen (ERZ, 2019; Glockengiesser, Henrich, Lienhard, Scheuner, & Schriber, 2012). Auch die Zielgruppen der beiden Massnahmen unterscheiden sich. RILZ werden bei Lernenden eingesetzt, bei welchen eine verminderte kognitive Leistungsfähigkeit vermutet wird, beziehungsweise bei Schülerinnen und Schülern, „welche dauernd erheblich weniger leisten (…) als durch die Lernziele vorgegeben ist“ (ERZ, 2019, S. 14). Im Gegensatz dazu gehören jene Lernenden zur Zielgruppe des NAG, welche die benötigten kognitiven Fähigkeiten für das Erreichen der vorgegebenen Lernziele zwar mitbringen, ihr Potential jedoch aufgrund einer spezifischen Beeinträchtigung oder fehlender Sprachkenntnisse nicht vollständig ausschöpfen können (DVBS, Art. 19; ERZ, 2018). Für die Vergabe eines NAG ist generell eine „fachliche Beurteilung der Beeinträchtigung“ (ERZ, 2018, S. 4) respektive ein ärztliches oder psychologisches Attest einzuholen. RILZ können in bis zu zwei Fächern von den Lehrpersonen ohne eine Abklärung vergeben werden. Für RILZ in mehr als zwei Fächern sind eine fachliche Beurteilung (z. B. psychologische oder medizinische Abklärung) und ein Antrag bei der Schulleitung durch die Erziehungsberatung oder Kinder- und Jugendpsychiatrie notwendig (ERZ, 2019). RILZ werden ausserdem im Zeugnis vermerkt und die Lehrpersonen der Betroffenen verfassen anstelle oder zusätzlich zu einer Note einen Bericht. Der NAG wird nicht im Zeugnis vermerkt. Beide Massnahmen sind nicht zwingend an eine heilpädagogische Förderung gekoppelt (ERZ, 2019).
Tabelle 1 fasst die Hauptmerkmale der beiden Massnahmen in Anlehnung an den IBEM-Leitfaden des Kantons Bern (ERZ, 2019) zusammen.
Massnahme |
Zielgruppe |
Voraussetzungen |
Zuständige Instanz |
Ziel |
Koppelung mit Integrativer Förderung |
Vermerk Zeugnis |
Reduzierte individuelle Lernziele |
Kinder mit niedrig eingeschätztem Leistungspotential |
Angenommene kognitive Beeinträchtigung bzw. ständiges |
Schulleitung mit Attest ab 3 Fächern |
Lernziele werden durch Lehrperson angepasst und reduziert |
nicht zwingend |
Ja |
Nachteilsaus-gleich |
Kinder mit regulär bis hoch eingeschätztem Leistungspotential aber mit explizit angenommener und begründeter Benachteiligung |
Benachteiligung vorhanden |
Schulleitung |
Rahmenbedingungen werden durch Lehrperson angepasst
(Schnyder & Jost, 2013) |
nicht zwingend |
Nein |
Tabelle 1: Gegenüberstellung der Massnahmen RILZ und NAG
Im folgenden Kapitel werden mögliche Chancen und Risiken der Massnahmen RILZ und NAG vor dem aktuellen theoretischen und empirischen Hintergrund besprochen.
RILZ und NAG sind institutionalisierte Massnahmen, welche eingesetzt werden können, sofern die Massnahmen im regulären Rahmen der inneren Differenzierung bereits ausgeschöpft sind. Sie sollen den individualisierten Unterricht fördern und damit der Diversität innerhalb einer Schulklasse Rechnung tragen (ERZ, 2019). Ziel dieser fachbezogenen didaktisch-methodischen Massnahmen ist es, möglichst alle Schülerinnen und Schüler trotz unterschiedlicher Lernvoraussetzungen individuell zu fördern (Sitte, 2001). Wie das Differenzieren im Bereich der Lernziele respektive der Methoden und Medien in Bezug auf Chancen und Risiken einzuschätzen ist, soll im Folgenden näher erläutert werden. Des Weiteren wird auf die Rolle von Stigmatisierungsprozessen im Zusammenhang mit integrativen schulischen Massnahmen eingegangen.
Aus Sicht der Lernforschung bieten differenzierte Lernziele Chancen, vorausgesetzt der Schwierigkeitsgrad der Lernziele und die individuellen Voraussetzungen der Schülerin bzw. des Schülers werden aufeinander abgestimmt. Optimale Lernvoraussetzungen bestehen dann, wenn die Schwierigkeit und Komplexität der Lernziele sowie die Fähigkeiten und Selbstwirksamkeitserwartungen der Lernenden übereinstimmen. Die besten Lernergebnisse werden bei einer mittleren Schwierigkeit erzielt. Eine Reduktion der Lernziele für Lernende mit Schwierigkeiten kann diese vor Überforderung schützen, eine bessere Passung zwischen Fähigkeiten und Ansprüchen herstellen und somit die Motivation erhöhen (Locke & Latham, 2002). Auch Hascher (2017) konnte nachweisen, dass ein tiefer wahrgenommener Leistungsdruck mit einem positiven schulischen Selbstwert und der Absenz von schulbezogenen Sorgen und sogar von körperlichen Beschwerden zusammenhängt. Dieser Zusammenhang ist dann besonders stark, wenn die Leistung des Kindes nicht in einem direkten Vergleich mit der Klassennorm steht (Gläser-Zikuda & Fuss, 2004).
Jedoch besteht in Verbindung mit reduzierten Lernzielen immer auch die Gefahr einer übermässigen Lernzielreduktion. Bei einem zu tiefen Anspruchsniveau kann die Leistungsmotivation sinken (Locke & Latham, 2002). Es existieren erste empirische Hinweise, die diese Annahme bestätigen. Lernende auf Primarschulstufe mit RILZ weisen ein signifikant tieferes akademisches Selbstkonzept und eine geringere Leistungsmotivation auf als leistungsmässig vergleichbare Schülerinnen und Schüler ohne RILZ (Sahli Lozano, Greber, et al., 2017). Damit gehen tatsächlich abfallende schulische Leistungen einher (Sahli Lozano & Wüthrich, 2019). Sahli Lozano, Greber et al. (2017) konnten überdies aufzeigen, dass sich Kinder mit RILZ in der Klasse schlechter integriert fühlen als vergleichbare Kinder ohne diese Massnahme. Ein möglicher Grund dafür stellt das mangelnde Verfolgen gemeinsamer Ziele dar, was für die Entwicklung sozialer Kompetenzen und in der Folge für die Integration dieser Schülerinnen und Schüler hinderlich sein kann (Eckhart, Blanc & Sahli, 2010). Durch RILZ werden Betroffene einem reduzierten Lernmilieu ausgesetzt und erhalten nicht die Chance, sich dieselben Lerninhalte wie ihre Mitschülerinnen und Mitschüler anzueignen (Neumann et al., 2007; Pfost, Karing, Lorenz & Artelt, 2010). Diese teils stigmatisierenden Mechanismen widersprechen überdies den Anforderungen, welche im Zuge der inklusiven Schulentwicklung an die Regelschulen gestellt werden und konfrontiert pädagogische Fachpersonen mit einem Dilemma: Einerseits soll auf den Förderbedarf einzelner Lernender individuell reagiert werden, andererseits sollen diese die national geregelten und geprüften Leistungsanforderungen erfüllen (Sturm, 2015).
Der NAG, der für ein Differenzieren im Bereich der Methoden und Medien steht, umfasst beispielsweise Prüfungszeitverlängerungen, mehr oder längere Pausen, eine stärkere Gliederung oder das Aufteilen von Prüfungen, das Hinzuziehen einer Assistenz, Anpassungen des Raumes oder die Verwendung eines Hilfsmittels. Mit diesen individuellen Hilfestellungen sollen ‚behinderungsbedingte‘ Nachteile ausgeglichen werden, damit Lernende mit NAG die gleichen Lernziele wie ihre Mitschülerinnen und Mitschüler erreichen können. Dadurch wird das Ziel angestrebt, die Leistungsschere in der Klasse zu verringern. Der NAG ist somit definitionsgemäss an das Prinzip der Chancengleichheit geknüpft (Glockengiesser, 2014; Becker & Hadjar, 2011). Herausfordernd in diesem Zusammenhang ist jedoch, Methoden und Medien an die Bedürfnisse von Schülerinnen und Schüler anzupassen, die tatsächlich Anspruch darauf haben. Dies abzuschätzen ist deshalb so schwierig, da sich die Zielgruppe des NAG nur schwer eingrenzen lässt. Störungs- bzw. Behinderungsbegriffe sind oft mehrdimensional, immer einer vorherrschenden gesellschaftlichen Norm unterlegen und damit einem stetigen Wandel ausgesetzt (Schnyder & Jost, 2013, S. 11). Des Weiteren ist davon auszugehen, dass Eltern mit einem hohen Bildungsabschluss eher über Möglichkeiten zur Förderung ihrer Kinder informiert sind und auch ein grösseres Interesse an deren akademischer Leistung aufweisen (Becker, 2003; Stocké, 2010). Im Gegensatz zu bildungsfernen Eltern sind sie aufgrund dessen besser in der Lage und stärker dazu motiviert, unterdurchschnittliche Schulleistungen ihrer Kinder zu kompensieren, indem sie für ihren Nachwuchs einen NAG beantragen. Diese konflikttheoretische Annahme wird gestützt durch die Ergebnisse von Sahli Lozano und Wüthrich (2019), welche aufzeigen, dass Kinder mit NAG auf Primarstufe Eltern mit einem höheren Bildungsniveau haben als vergleichbare Mitschülerinnen und Mitschüler. Somit besteht die Gefahr, dass Schülerinnen und Schüler ausserhalb der beabsichtigten Zielgruppe einen NAG erhalten. Die Vergabe eines NAG ist demzufolge eine stete Gratwanderung zwischen Ungleichbehandlung und Bevorzugung und erfolgt womöglich systematisch zufällig (Glockengiesser et al., 2012; Kronig, 2007).
Da schulische Fördermassnahmen immer mit einer Ungleichbehandlung der betroffenen Lernenden durch die Lehrpersonen einhergehen, kann diese zu Stigmatisierungsprozessen (Fox & Stinnett, 1996; Norwich, 2009) führen. So lässt sich die für die Sprechung der Massnahme RILZ notwendige Einschätzung durch die Lehrperson und der Vermerk der Massnahme im Zeugnis beispielsweise als eine Form der negativen Etikettierung oder nach Goffman (1967) als Stigma verstehen. Dieses ‚diagnostische‘ Etikett führt möglicherweise dazu, dass die Betroffenen negativer wahrgenommen und in ihren Leistungen tiefer eingeschätzt werden als vergleichbare Schülerinnen und Schüler ohne ein solches Etikett (Fox & Stinnett, 1996; Koonce et al., 2004; Ohan, Visser, Strain, & Allen, 2011). Greber, Sahli Lozano & Steiner (2017) konnten erstmals aufzeigen, dass Kinder mit RILZ (im Gegensatz zu Lernenden mit NAG) von Lehrpersonen tatsächlich signifikant unterschätzt werden. Dass sich falsch eingeschätzte Leistungen im Sinne einer selbsterfüllenden Prophezeiung bewahrheiten können, wurde in verschiedenen Studien bestätigt (Ercole, 2009; Gomolla & Radtke, 2009; Jungbluth, 1994; Lanfranchi, 2007). Solche Stigmatisierungsprozesse wirken sich überdies negativ auf das Selbstkonzept, die soziale Integration und die Motivation der betroffenen Schülerinnen und Schüler aus (Bakker, Denessen, Bosman, Krijger, & Bouts, 2007; Sahli Lozano, Greber, et al., 2017).
Im Gegensatz zu RILZ, welche zu einem Stigma im negativen Sinne führen können, entspricht der NAG einem positiven Etikett bzw. einer positiven Diskriminierung, welche zur Wiederherstellung von Chancengleichheit beitragen soll (Gomolla & Radtke, 2009). Damit ist gemeint, dass im Rahmen eines NAG eine Ungleichbehandlung des betroffenen Kindes nach dem Prinzip der inneren Differenzierung notwendig ist, um seine Chancen denjenigen seiner Mitschülerinnen und Mitschüler anzugleichen (Vock & Gronostaj, 2017). Es besteht jedoch die Gefahr, dass Mitschülerinnen und Mitschüler oder deren Eltern die Lage anders einschätzen als Lehrpersonen, die den NAG beantragt haben, und die Massnahme als ungerechten Vorteil empfinden. Schellenberg und Kolleginnen (2017) stellten fest, dass die Akzeptanz der Lernenden auf Sekundarstufe II gegenüber einem NAG je nach Art der Beeinträchtigung der betroffenen Mitschülerinnen und Mitschüler variiert. Wird ein NAG aufgrund einer Lese-Rechtschreibstörung vergeben, ist der Zuspruch der Klasse – vermutlich aufgrund des Missbrauchsverdachts – geringer als bei anderen Diagnosen (ebd., S. 44). Zu anderen Schulstufen liegen bisher keine Daten hierzu vor.
Aufgrund der in Subkapitel 3.1 und 3.2 aufgeführten bisherigen Erkenntnisse wird deutlich, dass ein angemessenes Differenzieren im Bereich der Lernziele sowie der Methoden und Medien von den Lehrpersonen ein grosses Fachwissen (beispielsweise bezüglich spezifischer Lern- und Entwicklungsbeeinträchtigungen) sowie hohe zeitliche Ressourcen erfordert. Die professionelle Gestaltung einer integrativen Lernumgebung verlangt in der Regel eine von der Schulleitung koordinierte Zusammenarbeit unterschiedlicher pädagogischer Fachpersonen (Lehrpersonen, heilpädagogische Fachpersonen, Logopädinnen und Logopäden etc.) und ist von einer einzelnen Lehrperson kaum umsetzbar. Schulleitungen haben deshalb die herausfordernde Aufgabe, die einzelnen Fachpersonen gezielt zu koordinieren und die vorhandenen personellen und materiellen Ressourcen bestmöglich und den Bedürfnissen der Lernenden entsprechend einzusetzen. Dies bedingt, dass sich Schulleitungen im Zuge der schulischen Integration hinsichtlich sonderpädagogisch relevanter Themen weiterbilden und in diesem Bereich Handlungskompetenzen aufbauen (Sahli Lozano, Vetterli, & Wyss, 2017). Beispielsweise sollten sie die Chancen und Risiken der unterschiedlichen integrativen Massnahmen kennen und sich den Dilemmata bezüglich des Eingehens auf individuelle Bedürfnisse versus Etikettierungsgefahrbewusst sein (Boger & Textor, 2015; Norwich, 2009). Sie müssen gemeinsam mit ihrem Schulteam einen sinnvollen Umgang mit den integrativen schulischen Massnahmen finden. Hierzu gilt es, die gegebenen Rahmenbedingungen so auszuloten, dass Massnahmen möglichst sinnvoll eingesetzt werden können. Es ist unbestritten, dass integrative Massnahmen insbesondere im Rahmen eines selektiven Bildungssystems nötig sind, da nicht alle Schülerinnen und Schüler die gleichen Ziele erreichen können. Zur Zielerreichung benötigen sie individuell abgestimmte Methoden und / oder geeignete Hilfsmittel.
Unterkapitel 4.1 und 4.2 beinhalten einen kurzen Überblick über die Stichprobe, das Vorgehen der Datenerhebung sowie über die angewandte Methode bei der Datenanalyse.
Im Rahmen des Projekts „Chancen und Risiken integrativer schulischer Massnahmen“ (ChaRisMa)[1], welches Teil einer Längsschnittstudie ist, wurde nebst der Befragung von Lehrpersonen und deren Schülerinnen und Schülern eine Onlinebefragung aller Schulleitungen der Oberstufenschulen des Kantons Bern durchgeführt. Ziel der umfassenden Gesamtbefragung war es, Einblicke in die Praxis der Vergabe und der Umsetzung integrativer Massnahmen an den einzelnen Schulen zu erhalten. Weiter wurden die Einstellungen und die Informiertheit der Schulleitenden gegenüber integrativen Massnahmen erhoben sowie in offenen Fragen nach der Einschätzung von Chancen und Risiken von NAG und RILZ gefragt. Von den angefragten 189 Schulleitenden nahmen 147 an der Befragung teil, was einer Rücklaufquote von rund 78 Prozent entspricht. Zehn der Befragten stammten aus dem französischsprachigen Teil des Kantons. Nebst geschlossenen Fragen, welche den grössten Teil der Befragung ausmachten, und welche Angaben zur Schule, zur Person sowie zur Einstellung gegenüber integrativen schulischen Massnahmen erhoben, enthielt der Fragebogen auch die vier offenen Fragen zu den subjektiv eingeschätzten Chancen und Risiken der Massnahmen RILZ und NAG: „Wo liegen Ihrer Meinung nach die Chancen von RILZ resp. NAG?“, „Wo liegen Ihrer Meinung nach die Risiken von RILZ resp. NAG?“ Die vorliegende Publikation richtet den Fokus ausschliesslich auf die Auswertung dieser offenen Fragen. In quantitativen Befragungen erlauben solche offenen Fragen einen umfangreicheren und differenzierteren Einblick in die Perspektive der Befragten (Züll & Menold, 2019).
Die Antworten auf die vier in Kapitel 4.1 genannten Fragen wurden für den vorliegenden Beitrag mittels zusammenfassender qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) ausgewertet. Die qualitative Inhaltsanalyse ist ein kategorienbasiertes Auswertungsverfahren, welches systematisch und regelgeleitet vorgeht und daher intersubjektiv überprüfbar ist und quantitative Resultate ermöglicht. Die Kategorienbildung kann dabei theoriebasiert (deduktiv) oder materialgeleitet (induktiv) erfolgen, wobei letztere die qualitativ-interpretative Orientierung des Vorgehens erklärt. Im Rahmen der hier vorgestellten Arbeit wurde ein induktives Vorgehen gewählt. Ausgehend von den beiden Hauptkategorien «Chancen» und «Risiken», welche auf der grundliegenden Fragestellung basieren, wurden materialgeleitet Subkategorien entwickelt. Damit wird eine zusammenfassende Analyse ermöglicht, welche das Material so reduziert, dass die wesentlichen Inhalte erhalten bleiben (Mayring, 2015). Ziel war es, möglichst parallele Subkategorien zu den Chancen von RILZ und NAG resp. zu den Risiken von RILZ und NAG zu entwickeln. Das heisst, dass zuerst anhand der Aussagen zu RILZ ein Kategoriensystem mit Subkategorien zu genannten Chancen und Risiken der Massnahme erstellt wurde. Danach wurden die Aussagen zu NAG anhand desselben Kategoriensystems codiert. Konnten Aussagen keiner bestehenden Subkategorie zugeordnet werden, wurden jeweils zusätzliche Subkategorien erstellt. Die einzelnen Subkategorien wurden genau definiert und mit Ankerbeispielen versehen. Tabelle 2 stellt einen Auszug der am häufigsten genannten Subkategorien zu den Codes Chancen und Risiken mit Ankerbeispielen dar. Die Anzahl der codierten Segmente ist hinter den jeweiligen Subkategorien in Klammern aufgeführt.
Tabelle 2: Subkategorien mit Ankerbeispielen und Anzahl codierter Segmente pro Massnahme
Subkategorien für den Code Chancen |
Subkategorien für den Code Risiken |
Individuelle Förderung (RILZ 59 /NAG 22) |
Aufwand / Ressourcen (RILZ 41 /NAG 22) |
Entlastung Schülerinnen und Schüler (RILZ 45 /NAG 24) |
Stigmatisierung (RILZ 34 /NAG 14) |
Motivation / Erfolgserlebnisse / Selbstwert (RILZ 36 /NAG 14) |
Schwierige / schlechte Umsetzung (RILZ 23 /NAG 25) |
Leistung / Lernfortschritt (RILZ 15 /NAG 22) |
Anschlussprobleme Beruf (RILZ 22 /NAG 16) |
Herstellung Chancengleichheit (RILZ 1 /NAG 18) |
Verminderte Anstrengung / Motivation (RILZ 21 /NAG 4) |
Integration (RILZ 11 /NAG 14) |
Leistungsbeurteilung schwierig (RILZ 12 /NAG 2) |
Massnahme auf Zeit (RILZ 9 /NAG 3) |
Keine / schlechte Förderung (RILZ 11 /NAG 0) |
Entlastung Eltern / LP (RILZ 7 /NAG 2) |
Missbrauch der Massnahme (RILZ 2 /NAG 11) |
Transparenz (RILZ 6 /NAG 6) |
Anschlussprobleme Schule (RILZ 4 /NAG 9) |
Bei spezifischen Problemen (RILZ 6 /NAG 7) |
Ungerechter Vorteil (RILZ 1 /NAG 9) |
Bessere Zukunftschancen (RILZ 3 /NAG 6) |
Scheinmassnahme (RILZ 1 /NAG 7) |
Insgesamt wurden 560 Einzelaussagen der Schulleitungen analysiert. Eine einzelne Aussage konnte in Segmente zerlegt und so jeweils mehreren Subkategorien zugeordnet werden. Die 41 französischsprachigen Aussagen wurden übersetzt und konnten problemlos mit den gleichen Kategorien abgedeckt werden. Das finale Codierungssystem beinhaltet vier Oberkategorien („Chancen RILZ“, „Chancen NAG“, „Risiken RILZ“, „Risiken NAG“), wobei die Chancen in 13 Subkategorien und die Risiken in 15 Subkategorien unterteilt sind. Den „Chancen RILZ“ wurden 217 Segmente zugeordnet, den „Chancen NAG“ 144 Segmente, den „Risiken RILZ“ 185 Segmente und den „Risiken NAG“ 142 Segmente. Die Aussagen der Schulleitungen wurden von zwei Personen unabhängig voneinander codiert und danach miteinander verglichen und gegebenenfalls angepasst. Die Intercoderreliabilität wurde anhand der Software MAXQDA 2018 (VERBI Software, 2017) ermittelt, welche auch für die Codierung eingesetzt wurde. Die Übereinstimmung betrug 82 Prozent, was als sehr hoch gilt (Mayring, 2015).
Nachfolgend wird die Verteilung der codierten Aussagen der Schulleitungen auf die Subkategorien aufgezeigt und anhand von Beispielen illustriert, wobei auf Subkategorien, die weniger als fünf Prozent der gesamten Aussagen ausmachen, nicht näher eingegangen wird.
Die folgenden Abbildungen 1 und 2 stellen die Verteilungen der Codierungen grafisch dar. Als Mass wird die relative Häufigkeit verwendet, wobei die Gesamtzahl aller Codierungen in der jeweiligen Oberkategorie (bspw. „Chancen NAG“ oder „Risiken RILZ“) die Referenzgrösse darstellt. Die absoluten Zahlen zu den codierten Segmenten sind in vorangehenden Tabelle 2 ersichtlich. Subkategorien, die sowohl bei RILZ als auch bei NAG weniger als sechs codierte Segmente enthalten, werden nicht aufgeführt.
Abbildung 1: Anzahl Codierung der Subkategorien (in Prozent) zu Chancen RILZ und NAG
In Abbildung 1 ist ersichtlich, dass die Chancen der beiden integrativen Massnahmen RILZ und NAG von den Schulleitungen in vielen Bereichen ähnlich beurteilt werden. Auffällige Unterschiede liegen insbesondere bezüglich der Einschätzung der Massnahmen hinsichtlich der individuellen Förderung und der Herstellung von Chancengleichheit vor: Aus Sicht der Schulleitenden stellen vor allem RILZ für die individuelle Förderung der betroffenen Schülerinnen und Schüler eine Chance dar (27 %). Oft angesprochen wird hierbei die Rücksichtnahme auf das individuelle Lerntempo und die Orientierung an den individuellen Bedürfnissen der Lernenden. Die Herstellung von Chancengleichheit scheint laut Schulleitungen nicht zu den Chancen zu gehören, die mit der Einschätzung von RILZ verbunden werden. Der NAG hingegen wird von mehreren Befragten explizit mit Chancengleichheit in Verbindung gebracht (13 %). Weiter sehen Schulleitende in RILZ weniger das Potential integrativ zu wirken (5 %) als im NAG (10%). Chancen von RILZ sehen die Schulleitenden insbesondere in der Entlastung der Schülerinnen und Schüler (21 %) und deren Motivations- und Selbstwertsteigerung (17 %). Auch im NAG sehen Schulleitungen Chancen in der Entlastung der Lernenden (17%), gefolgt von der individuellen Förderung und der Steigerung der Leistung beziehungsweise des Lernfortschritts mit jeweils 15 Prozent. Die Chance der Motivations- und Selbstwertsteigerung wird im Zusammenhang mit dem NAG (10%) deutlich weniger häufig genannt als bei RILZ (17%).
Auch in Abbildung 2, welche die Risiken der Massnahmen RILZ und NAG aufzeigt, werden die Häufigkeiten der Codierungen in relativen Zahlen dargestellt.
Abbildung 2 : Anzahl Codierungen der Subkategorien (in Prozent) zu Risiken RILZ und NAG
Abbildung 2 macht deutlich, dass sich die Risiken der beiden Massnahmen abgesehen von zwei Subkategorien (Anschlussprobleme Beruf, Leistungsbeurteilung schwierig)deutlich unterscheiden. Risiken, die fast ausschliesslich im Zusammenhang mit RILZ wahrgenommen werden, sind folgende: Laut Einschätzung der Schulleitenden vermindern RILZ bei Betroffenen die Anstrengungsbereitschaft resp. Motivation (12 %) und sie sehen in der Massnahme ein schlechtes Förderinstrument (6 %). Hauptsächlich der NAG birgt nach Meinung der Schulleitenden die Risiken, missbräuchlich zum Einsatz zu kommen (8 %), was in der Folge zu ungerechten Vorteilen führt (6 %). Zudem scheint die Massnahme nicht den vorgesehenen Zweck zu erfüllen (5 %).
Besonders häufig als problematisch wahrgenommen werden jedoch andere Aspekte: Mit 22 Prozent wird der zu hohe Aufwand beziehungsweise mangelnde Ressourcen als grösstes Risiko von RILZ genannt. Aus Sicht der Schulleitungen sind somit insbesondere die Lehrpersonen von Nachteilen der Massnahme RILZ betroffen. Knapp ein Fünftel der Aussagen bezieht sich auf das Risiko einer Stigmatisierung der betroffenen Schülerinnen und Schüler, was sich in Aussagen, wie „Mit RILZ ist das Unterrichten einfach und abgestempelt. Somit sind auch die Schülerinnen und Schüler abgestempelt.“, widerspiegelt. Schwierigkeiten in der Umsetzung der Massnahme und Anschlussprobleme in der Berufswelt machen jeweils 12 Prozent aus.
Das grösste Risiko bezüglich NAG sehen die Schulleitungen in der schwierigen Umsetzung der Massnahme (18 %). Eine Person merkt beispielsweise an, die Massnahme werde „nicht sorgfältig ein- und umgesetzt und nicht regelmässig überprüft“. Aufwand und Ressourcenmangel bilden mit 15 Prozent die am zweitmeisten genannte Subkategorie. Anschlussprobleme in der Berufswelt befürchten mit 11 Prozent relativ betrachtet ungefähr gleich viele wie bei RILZ. Das Risiko einer Stigmatisierung durch den NAG wird mit zehn Prozent weit seltener genannt als bei RILZ.
Im Rahmen des Projekts ChaRisMa wurden Schulleitungen des Kantons Bern vier offene Fragen zu subjektiv eingeschätzten Chancen und Risiken der integrativen schulischen Massnahmen RILZ und NAG gestellt. Chancen und Risiken sahen die Schulleitungen nicht nur in Bezug auf die betroffenen Schülerinnen und Schüler, sondern auch hinsichtlich der Umsetzung der Massnahmen sowie der Lehrpersonen, Eltern und Mitschülerinnen und Mitschüler ohne eine solche Massnahme. Im Folgenden soll vor dem Hintergrund der theoretischen Vorannahmen und der bisherigen Forschungsergebnisse diskutiert werden, welche Bedeutung die Einschätzungen der Schulleitungen bezüglich der Chancen und Risiken der Massnahmen RILZ und NAG haben.
Eine der meistgenannten Chancen, die die Schulleitungen in beiden Massnahmen, jedoch insbesondere in Bezug auf RILZ, sehen, ist die individuelle Förderung. Laut Definition wird aber gerade der NAG sehr individuell an die jeweilige Situation des Lernenden angepasst und hat das Ziel, Benachteiligungen aktiv abzubauen, was dem Konzept der individuellen Förderung entspricht (Klieme & Warwas, 2011). RILZ hingegen senken zwar die Anforderungen an den einzelnen Lernenden, gehen aber nicht zwingend mit einer Erhöhung der Möglichkeiten zur Ausschöpfung des individuellen Potentials einher (Locke & Latham, 2002). Die Orientierung am Klassendurchschnitt und das Anpassen der Lerninhalte an die Schwächen des Lernenden (Gläser-Zikuda & Fuss, 2004) führen dazu, dass es sich bei RILZ eher um ein defizitorientiertes Förderkonzept handelt, welches gewisse Schülerinnen und Schüler vom allgemeinen Lernprozess der Klasse ausschliesst und somit ihre Integration gefährden kann (Sahli Lozano, Greber et al., 2017). Aus Sicht der Schulleitungen scheint dies anders herum wahrgenommen zu werden. Weshalb dies so ist, kann aufgrund der eingeschränkten Datenlage nicht beurteilt werden. Zumindest geben nur wenige Schulleitende an, dass sie bei den Betroffenen aufgrund der Massnahme RILZ Chancen bezüglich besserer Lernfortschritte sehen. Es wäre möglich, dass die Bezeichnung der Massnahme RILZ (reduzierte individuelle Lernziele) implizit die Assoziation mit dem Begriff der individuellen Förderung hervorruft, während es sich beim NAG – wie der Name besagt - um ausgleichende Massnahmen handelt.
Ein auffälliges Analyseergebnis ist die gehäufte Nennung der Herstellung von Chancengleichheit im Zusammenhang mit Chancen des NAG gegenüber RILZ. Aufgrund seiner Zielgruppe entspricht der NAG dem Prinzip der Chancengleichheit denn auch deutlich stärker, denn Lernende mit dieser Massnahme erhalten im Rahmen der Bewertungs- und Zielgleichheit die Chance dieselben Lernziele resp. Gleiches wie ihre Mitschülerinnen und Mitschüler ohne Beeinträchtigung leisten und erreichen zu können (Geber, 2017). Zudem birgt der NAG in den Augen mancher Schulleitungen die Chance, das individuelle Potential der Betroffenen zu fördern. Dies ist gemäss Richtlinien zum NAG auch ein definiertes Ziel dieser Massnahme (ERZ, 2019). Bei RILZ wurde dieser Aspekt deutlich seltener als Chance genannt.
Ein weiteres Ziel integrativer schulischer Massnahmen besteht darin, Personen mit besonderem Bildungsbedarf in die Regelschule zu integrieren (Luder, Kunz, & Müller Bösch, 2019). Sowohl für RILZ als auch für NAG wird Integration selten als Chance genannt. Der NAG wird von den Befragten jedoch, im Vergleich zu RILZ, deutlich häufiger mit dem Stichwort Integration in Verbindung gebracht. Entsprechend zeigen Sahli Lozano, Greber et al. (2017), dass sich Kinder mit RILZ zumindest auf Primarschulstufe tatsächlich schlechter sozial integriert fühlen als vergleichbare Lernende hinsichtlich Schulleistungen, IQ, Geschlecht und Herkunft.
Eine weitere grosse Chance in Bezug auf die beiden Massnahmen sehen die Schulleitungen in der Entlastung der Lernenden. Diese Wahrnehmung wird gestützt durch die empirische Erkenntnis, wonach ein tiefer wahrgenommener Leistungsdruck mit einem positiven schulischen Selbstwert und der Absenz von schulbezogenen Sorgen zusammenhängt (Hascher, 2017). Dies entspricht auch der Tatsache, dass viele Schulleitungen sowohl für RILZ als auch für NAG Chancen bezüglich Steigerung der Motivation bzw. des erlebten Erfolgs und des Selbstwertgefühls nennen. Allerdings weisen Sahli Lozano, Greber et al. (2017) darauf hin, dass Kinder mit RILZ über ein tieferes akademisches Selbstkonzept verfügen, d.h. ihre schulischen Fähigkeiten tiefer einschätzen als leistungsmässig vergleichbare Kinder ohne diese Massnahme. Eine Erklärung hierfür wird darin gesehen, dass Lernende mit RILZ sich mit den leistungsstärkeren Mitgliedern der Klasse ohne Massnahmen vergleichen und im Zuge selbststigmatisierender Prozesse ihre eigenen Fähigkeiten schlechter beurteilen (ebd.).
Die meistgenannten Risiken bezüglich beider Massnahmen beziehen sich auf organisatorische Aspekte, wie einen übermässigen Aufwand oder zu wenige Ressourcen, um die Massnahmen adäquat umsetzen zu können. Da Lehrpersonen sich in Bezug auf die inhaltliche Ausgestaltung des NAG zwar von einer heilpädagogischen Fachperson beraten lassen können (Glockengiesser et al., 2012), im Schulalltag jedoch nicht zwingend Unterstützung erhalten (ERZ, 2019), ist anzunehmen, dass sie häufig fachlich oder ressourcenmässig überfordert sind mit der praktischen Umsetzung integrativer Massnahmen. Gründe für die hohe Anzahl von genannten Risiken in diesem Bereich könnten sein, dass im Untersuchungskanton beide Massnahmen innerhalb des regulären Unterrichts umgesetzt werden, dafür aber keine zusätzlichen personellen oder zeitlichen Ressourcen bereitgestellt werden. Zusätzliche Unterrichtsstunden stehen nur zur Verfügung, wenn die betroffenen Schülerinnen und Schüler gleichzeitig integrativen Förderunterricht erhalten (ebd.). Die Kompetenz der Schulleitung besteht unter anderem darin, vorhandene Ressourcen bedarfsgerecht einzusetzen (ebd.). Sie würde somit die Verantwortung dafür tragen, ausreichende Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Allerdings wird den Schulgemeinden eine limitierte Anzahl Lektionen für „besondere Massnahmen“ zur Verfügung gestellt (ebd.), die möglicherweise nicht immer ausreicht, um allen Bedürfnissen gerecht zu werden. Diese vermuteten Gründe für die hohe Anzahl genannter Risiken im Bereich der Ressourcen müsste in einer weiterführenden Studie, die Lehrpersonen und Schulleitungen stärker fokussiert, näher untersucht werden. Hierbei wäre es auch interessant zu erfahren, inwiefern Unterschiede in der Umsetzung (z.B. Ressourcenverteilung, Zusammenarbeit im Team) integrativer schulischer Massnahen die Einschätzung von Chancen und Risiken beeinflusst.
In Bezug auf die Massnahme RILZ wird am zweithäufigsten das Risiko einer Stigmatisierung genannt, dem diese Schülerinnen und Schüler ausgesetzt sind. Diese Ansicht deckt sich mit der theoretischen Annahme, dass ein ,diagnostisches’ Etikett, hier RILZ, einen Stigmatisierungsprozess in Gang setzen kann (Fox & Stinnett, 1996). Auch empirisch konnte für Lernende mit RILZ ein erhöhtes Risiko nachgewiesen werden, von Lehrpersonen in ihren kognitiven Grundfähigkeiten schlechter eingeschätzt zu werden als leistungsmässig vergleichbare Lernende ohne RILZ (Greber et al., 2017), was sich schliesslich im Sinne einer selbsterfüllenden Prophezeiung bewahrheiten kann (Ercole, 2009). Für Lernende mit NAG hingegen konnte bisher kein solcher Stigmatisierungseffekt nachgewiesen werden (Greber et al., 2017), obwohl ihn einige Schulleitungen dennoch befürchten. Dieses Risiko ist möglicherweise eng verknüpft mit den genannten Anschlussproblemen in der schulischen bzw. beruflichen Laufbahn der Betroffenen, da die Leistungen dieser Jugendlichen durch das ‚diagnostische’ Label schlechter eingeschätzt werden, als sie tatsächlich sind (Fox & Stinnett, 1996; Koonce et al., 2004; Ohan, Visser, Strain, & Allen, 2011). Anschlussprobleme können im Zusammenhang mit RILZ aber auch darauf zurückzuführen sein, dass ein reduzierter Lernplan die Lerngelegenheiten vermindert (Neumann et al., 2007) und die Leistungsentwicklung der Betroffenen bremst. Das durch die Schulleitungen genannte Risiko der schlechten Förderung im Zusammenhang mit RILZ wäre ein Hinweis darauf. Auch äussern Schulleitungen für Lernende mit RILZ das Risiko einer verminderten Anstrengungsbereitschaft oder Motivation.
Kennzeichnend für den NAG ist nach Meinung einiger Schulleitenden, dass die Massnahme missbräuchlich eingesetzt wird und den Betroffenen einen ungerechten Vorteil verschafft. Zudem sei der NAG eine Scheinmassnahme. Als wichtiger Indikator für Chancengleichheit gilt die Entbindung der Leistung vom Sozialstatus (Becker & Hadjar, 2011), was in Bezug auf die Massnahme NAG kritisch bewertet werden muss. So kann aus konflikttheoretischer wie auch aus empirischer Perspektive argumentiert werden, dass gerade Schülerinnen und Schüler mit hohem sozioökonomischem Hintergrund stärker von dieser Massnahme profitieren, da deren Eltern aufgrund ihres Bildungsstands eher in der Lage sind, ihre Kinder zu unterstützen. Zudem streben die Eltern aufgrund von statuserhaltenden Motiven für ihre Kinder eine höhere Bildung an (Becker, 2003; Sahli Lozano & Wüthrich, 2019; Stocké, 2010). Dass der NAG aus diesem Grund von Eltern missbraucht werden könnte, wurde von Schulleitungen vereinzelt als Risiko genannt.
Das Prinzip der inneren Differenzierung, welchem auch die beiden integrativen Massnahmen unterliegen, fordert eine Ungleichbehandlung aller Schülerinnen und Schüler, um innerhalb der Schulklasse einen Chancenausgleich zu erreichen (Klafki & Stöcker, 1996). Wer tatsächlich Anspruch auf einen NAG hat, lässt sich jedoch nur schwer eingrenzen (Schnyder & Jost, 2013). Wenige Schulleitungen äusserten in diesem Zusammenhang die Problematik, dass gerade die Massnahme NAG von anderen Schülerinnen und Schülern oder aber Eltern als ungerechte Bevorteilung empfunden werden könnte. Erste empirische Hinweise deuten darauf hin, dass die Akzeptanzwerte der Mitschülerinnen und Mitschüler gegenüber Lernenden mit NAG je nach Art der Beeinträchtigung des Betroffenen variieren und die Massnahme insbesondere im Zusammenhang mit einer Lese-Rechtschreibstörung als „‚Hintertürchen‘ für bessere Noten“ wahrgenommen werden könnte (Schellenberg et al., 2017, S. 44).
Ein Risiko, das im Zusammenhang mit beiden Massnahmen vereinzelt angesprochen wurde, ist die herausfordernde Leistungsbeurteilung von Schülerinnen und Schülern mit integrativen Massnahmen. Laut aktuellem Forschungsstand scheint es insbesondere bei Schülerinnen und Schülern mit RILZ tatsächlich schwierig zu sein, ihre Leistungen adäquat einzuschätzen (Greber et al., 2017). Aufgrund des diagnostischen ,Labels’ (hier RILZ) könnte es bei Lehrpersonen zu einer verzerrten Wahrnehmung der tatsächlichen Leistungen der Lernenden kommen (Fox & Stinnett, 1996; Koonce et al., 2004; Ohan, Visser, Strain, & Allen, 2011). Für Lernende mit einem NAG konnte diese Annahme bislang nicht bestätigt werden (Greber et al., 2017).
Ziel des vorliegenden Beitrages war es, die Aussagen von Schulleitenden der Oberstufe zu Chancen und Risiken der integrativen schulischen Massnahmen RILZ und NAG zu analysieren. Diese Analyseergebnisse sind bedeutend, weil die Schulleitung vielerorts die entscheidende Instanz bei der Vergabe und Umsetzung dieser Massnahmen ist. Sie hat in schulischen Integrationsprozessen eine zentrale Rolle inne, da sie Schulprogramme entwickelt, steuert, begleitet und moderiert (Verband Schulleiterinnen und Schulleiter Schweiz, 2015). Entwicklungen hin zu Integration und Inklusion sind mit vielen Spannungsfeldern und Dilemmata verbunden. Insbesondere integrative schulische Massnahmen bringen aus Sicht von Theorie und Empirie nebst Chancen auch Risiken mit sich. Deshalb war es von Interesse herauszuarbeiten, inwiefern sich Schulleitende dieser Spannungsfelder bewusst sind. Dieses Bewusstsein ist wichtig, damit Schulleitende gemeinsam mit ihrem Team Wege finden, die ihnen zur Verfügung stehenden integrativen Massnahmen und Ressourcen sinnvoll und gewinnbringend einsetzen zu können.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass RILZ von Schulleitenden in erster Linie mit Chancen im Bereich der individuellen Förderung, der Entlastung von Lernenden und der gesteigerten Motivation resp. des Selbstwerts in Verbindung gebracht werden. Auch im NAG sehen Schulleitende Chancen in diesen drei Bereichen. Im Vergleich zu RILZ scheint der NAG aus Sicht der Schulleitenden jedoch von grösserer Bedeutung zu sein für den Lernfortschritt, für die Herstellung von Chancengleichheit und für die Integration. Generell nennen Schulleitungen im Zusammenhang mit der Massnahme NAG weniger Risiken als dies bei der Massnahme RILZ der Fall ist. Für die Massnahmen RILZ wird als häufiges Risiko weniger Leistung und eine tiefere Motivation der Betroffenen genannt. Zudem haben sie gemäss Einschätzungen der Schulleitungen ein hohes Stigmatisierungsrisiko und es werden häufiger Risiken, wie Anschlussprobleme in Schule und Beruf genannt. Risiken der Massnahme NAG sehen die Befragten vor allem in organisatorischen Aspekten. Die genannten Chancen und Risiken unterscheiden sich je nach Massnahme somit klar, was nicht weiter erstaunlich ist, da RILZ und NAG Zielgruppen mit ungleichen Bedürfnissen adressieren.
Aus der Analyse der Chancen und Risiken geht hervor, dass die Schulleitungen die Dilemmata zwischen Fördern, Etikettierung und Leistungsbeurteilung resp. in Bezug auf die Ungleichbehandlung einzelner Lernender im Kontext von Chancengleichheit stark wahrnehmen. Dies wird daraus ersichtlich, dass die Schulleitungen die beiden Massnahmen, die ihnen von Bildungssteuerung und -politik zur Herstellung von mehr Chancengleichheit (ERZ, 2019) zur Verfügung gestellt werden, äusserst kritisch betrachten und insbesondere zur Massnahme RILZ mehr Risiken als Chancen nennen. Somit befinden sich die Schulleitungen mitten in den komplexen Spannungsfeldern, die mit Prozessen hin zur Inklusion einhergehen (Boger & Textor, 2015; Sturm, 2015).
Im Rahmen der hier vorliegenden Analysen wurden die einzelnen Aussagen zu Chancen und Risiken zusammenfassend und personenunabhängig untersucht. Interessant wäre es, in weiterführenden Untersuchungen zu erforschen, ob und wie die Einstellungen der Schulleitenden gegenüber verschiedenen integrativen Massnahmen bzw. gegenüber inklusiven Schulen generell mit den Umsetzungspraktiken und Rahmenbedingungen an unterschiedlichen Schulstandorten und -regionen zusammenhängen. Da die im vorliegenden Beitrag ausgewerteten Antworten häufig sehr knapp und stichwortartig ausgefallen sind, wären leitfadengestützte Interviews eine gute Möglichkeit, um mehr über die Hintergründe der angegebenen Chancen und Risiken zu erfahren.
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