Abstract: Der sogenannte spatial turn hat mittlerweile auch die Schulforschung erreicht und im Zuge dessen werden unterschiedliche räumliche Aspekte der Schule analysiert. Oftmals wird dabei implizit ein statisches Verständnis eines Klassenraumes gleichsam als materielle Rahmung pädagogischer Praktiken zugrunde gelegt. Noch wenig Aufmerksamkeit erhält hingegen die zunehmende Pluralisierung schulischer Lernort im Zuge des Anspruchs an Inklusion. Denn während Inklusion einerseits mit dem Versprechen der Teilhabe aller Schüler*innen ausgestattet ist, werden andererseits oftmals räumlich Differenzen reinstalliert. So wäre zu argumentieren, dass die sukzessive Aufhebung von Förderschulen und die damit einhergehende abnehmende institutionelle Differenzierung keineswegs in einem ‚inklusiven gemeinsamen Unterricht Aller‘ mündet, sondern neue (räumliche) Differenzierungspraktiken im Klassenraum in Gang setzt. Der Beitrag lotet aus, was für Implikationen die Suspendierung einer Verknüpfung von materiell-statischem Klassenraum und Unterricht zu Gunsten eines materiell-praktischen Klassenraumverständnisses auf der Basis praxistheoretischer Fundierungen für eine Unterrichtstheorie im Zusammenhang mit Inklusion/Exklusion bedeuten könnte.
Stichworte: Klassenraum, Praxistheorie, Materialität, Heterogenität, Inklusion, Dezentrierung von Unterricht, Konstellationen
Inhaltsverzeichnis
Bereits vor knapp zehn Jahren verwies Schroer auf die immense Bedeutung des Raumes für die Sozialwissenschaft, indem er „die neue Aufmerksamkeit gegenüber Raum und Räumlichkeit“ als „unbestreitbar“ identifizierte (Schroer 2009, S. 125). Dass die Erziehungswissenschaft und eine erziehungswissenschaftlich konturierte Schul- und Unterrichtsforschung diese allgemeine Aufmerksamkeit gegenüber Raum und Räumlichkeit erstens generell teilen und dabei zweitens sowohl sozialtheoretisch, als auch methodologisch-methodisch und bezogen auf Raumbegriffe wie Forschungsperspektiven pluralistisch verfasst sind, wird durch einen Blick in die einschlägige Literatur eindrücklich deutlich. Neben historisch ausgerichteten Perspektiven auf Schulgebäude, die als „designed spaces that […] project a system of values“ (Burke und Grosvenor 2008, S. 8) fokussiert werden; neben Studien, die auf Architekturen und Orte (topographischer Raum), Bilder und Karten (Entwurfsraum) abzielen (z.B. Böhme und Herrmann 2011, Flasche und Herrmann 2016); neben bildungs- und lerntheoretischen Zugängen (z.B. Hackl 2015); neben auf Subjektivationsprozesse fokussierende Perspektiven (z.B. Foucault 1976); neben diskursiv-textualistischen oder – im Gegensatz dazu – handlungstheoretischen Perspektiven auf die Produktion ‚immaterieller‘ Räume (z.B. Nugel 2014; Löw 2001) richtet sich das erziehungswissenschaftliche Forschungsinteresse auch auf das Klassenzimmer als (materielle) Raum(an)ordnung. Wenngleich Kajeztke und Schroer 2009 noch von einer stark vernachlässigten Perspektive auf diesen Raumtypus sprechen, liegt auch hier eine ganze Bandbreite an Forschungen vor, beispielsweise zu Adressierungen und Subjektivation durch Raumordnungen (z.B. Grabau und Rieger-Ladich 2014) zu den Wirkung(en) von Farben und Formen (z.B. Rittelmeyer 1994), von Akustik und Geräuschen (z.B. Tiesler und Oberdörster 2006), zu raumbezogenen Aufmerksamkeitszonen (z.B. Weinstein 1979), (un-)günstigen Sitzplätzen und Sitzordnungen (z.B. Hastings 1995), zu Transformationen im historischen Prozess der Entwicklung von Klassenzimmern (z.B. Burke und Grosvenor 2008; Göhlich 2013) oder etwa zu inklusiven Gestaltungsvarianten (vgl. Schöler 2013; Budde et al. 2016). Im Zuge von Integrations-, bzw. Inklusionsdebatten wird diesem Raum dabei eine besondere Bedeutung im Sinne eines ‚gemeinsamen Unterrichts aller Schüler*innen‘ zugeschrieben.
Im folgenden Beitrag wird die These verfolgt, dass die Transformationen von Schule im Zuge des Anspruchs an Inklusion mit einer (räumlichen) Pluralisierung von Unterricht und Klassenzimmer einhergehen. Dazu wird zuerst die Bedeutung des Klassenraums für die Unterrichtsforschung angedeutet (Kap. 2) und anschließend mit Schatzki ein begriffliches Instrumentarium für die praxistheoretische Fundierung entfaltet (Kap. 3), welches dann mit Bezug auf die Unterscheidung von Raum und Räumlichkeit ausgebaut wird (Kap. 4). Anschließend werden Tendenzen der Differenzierung und Pluralisierung von Unterricht und Klassenzimmer dargestellt und zu der These verdichtet, dass die sukzessive Aufhebung räumlicher Differenzierung in ‚größeren‘ Konstellationen wie dem Schulsystem und der Schulformen keineswegs in einem ‚inklusiven gemeinsamen Unterricht Aller‘ mündet, sondern neue Differenzierungspraktiken im Klassenraum in Gang setzt (Kap. 5). Der Beitrag lotet aus, was für Implikationen die Suspendierung einer Verknüpfung von materiell-statischem Klassenraum und Unterricht zu Gunsten eines materiell-praktischen Klassenraumverständnisses für eine Unterrichtstheorie im Zusammenhang mit Inklusion/Exklusion bedeuten könnte.
Schultheoretisch kann eine enge Kopplung von Unterricht an Klassen- und Fachräume als eines seiner besonderen Kennzeichen markiert werden. Wenngleich immer auch andere Formen diskutiert wurden und diskutiert werden (vgl. Burke und Grosvenor 2008), kann insgesamt geltend gemacht werden, dass (neben etwa der symbolischen Vermittlung von Gegenständen oder der zeitlichen Strukturierung) Schulunterricht auch dadurch gekennzeichnet ist, dass er an extra zu diesem Zwecke angefertigte materielle Objektkonfigurationen, an Funktionsräume (vgl. Nugel 2016; Hackl 2015), materiale Zweckräume (vgl. Böhme 2014, S. 423) oder „Settings“ (vgl. Schatzki 1991; 1996) – eben an Klassenräume – geknüpft ist. Das Klassenzimmer in all seinen vielfältigen Gestaltungsweisen gilt damit als „das schulräumliche Intensitätszentrum formaler Lehr-Lernprozesse“ (Böhme et al. 2016, S.68, Herv. d. A.). Daran anschließend wird davon ausgegangen, dass dieses „innerhalb des Großraums Schule […] natürlich eine besondere Rolle [spielt], denn es ist der Ort, an dem das zumindest offiziell wichtigste institutionelle Geschehen stattfindet: die Erziehung und Bildung der Schüler“ (Willems und Eichholz 2008, S. 871, Herv. d. A.).
Diese überaus enge und stabile Verknüpfung von Praktiken der Bildung und Erziehung mit der materiellen Konfiguration des Klassenraums gründet schultheoretisch in mehreren Argumenten. So kann erstens als organisationales Argument angeführt werden, dass eine spezialisierte Bildung und Erziehung der Massen gar nicht anders als an eigenen Orten organisiert werden kann. Das Klassenzimmer stellt in dieser Perspektivierung eine ‚funktionale‘ Lösung für ein organisationales Problem bereit. Die praktische räumliche Konzentration von Aktivitäten gleicher Art kennzeichnet insgesamt das 19. Jh., in dem sich auch die moderne Schule herausbildet (Schule für Praktiken des Unterrichtens, Mietskasernen für Praktiken des Wohnens, Fabriken für Praktiken des Produzierens etc.). Zweitens wird in Klassenräumen die Differenz zwischen formaler schulischer Bildung und informellem lebensweltlichen Lernen materiell zum Ausdruck gebracht. Drittens kann die Verknüpfung als eine, auf die spezifischen Anforderungen der Gesellschaft abgestimmten Disziplinierung und Zurichtung der Körper durch materielle Raumordnungen verstanden werden. Prominent weist Foucault (1976) am Beispiel des Gefängnisses auf den normierenden und disziplinierenden Charakter von Raumordnungen hin, was beispielsweise Caruso (2003) dann auch auf den Klassenraum bezieht. Und viertens sitzt sie auf pädagogischen Argumenten auf, etwa wenn das Klassenzimmer selbst als (spezifisch arrangierte) Lerngelegenheit gesehen wird, in der Formulierung des Anspruches, Klassenräume als ‚Lebenswelten‘ (wohnlich) zu gestalten oder etwa in der Vorstellung vom Raum als einem weiteren (dritten, vierten, fünften…) Erzieher oder Pädagogen (vgl. Kajetzke und Wilde 2013; Schäfer und Schäfer 2009). Diese schlaglichtartigen Perspektivierungen verweisen unterrichtstheoretisch sowie in empirischen Analysen auf eine Art Gleichsetzung von Unterricht und materiell-statischem Klassenraum, wenngleich oftmals auch diskursiv auf den Konstruktionscharakter von Klassenräumen hingewiesen wird. Vor diesem Hintergrund wird verstehbar, dass sich (auch die raumbezogene) Unterrichtsforschung weitgehend für einen ‚statisch‘ verfassten Klassenraum interessiert, etwa wenn im Anschluss an den um face-to-face Situationen zentrierten Ansatz von Goffman mit dem Konzept der Vorder- und Hinterbühne operiert wird (z.B. Breidenstein 2010; Bennewitz 2004), wenn Sitzordnungen und die räumlichen Positionen klassifizierter Akteur*innen ‚im‘ Klassenraum als Ausdruck von räumlichen Positionierungen analysiert werden (z.B. Willems 2007; Budde und Rißler 2016) oder aber wenn sich überlappende Raumbildungsprozesse im materialen Klassenraum ethnographisch analysiert werden (z.B. Breidenstein 2004).
Wird auf diese Art und Weise auf Unterricht und Klassenzimmer fokussiert, so sind erste Bezüge zum Thema Inklusion schnell geschaffen: Die aus Türen, Wänden, Fenstern etc. und spezifisch-klassifizierten Akteur*innen sich zusammensetzenden Objektkonfigurationen ermöglichen die Etablierung eines ‚Innen‘ im Sinne eines Rahmens für Praktiken und Interaktionen in exklusiver Ko-Präsenz (vgl. Schmidt 2012) über den Ausschluss äußerer Einflüsse. ‚Andersherum‘ gewendet stellt sich dieses Innen exklusiver Ko-Präsenz simultan als eine Abtrennung der Kinder von der Gesellschaft (vgl. Grosvenor und Burke 2008) dar. Aus pädagogischer Perspektive wiederum kann dem ‚räumlichen Dabei-Sein‘ – auf das Klassenzimmer bezogen das ‚Bestandteil-Sein eines Innen exklusiver Ko-Präsenz mit anderen Anderen‘ – eine inklusive Perspektive zugesprochen werden, da nicht ‚nur‘ alle Kinder von der Gesellschaft separiert werden, sondern sie dabei (zumindest) auch räumlich gleichbehandelt werden. Im Zusammenhang mit Transformationen von Schule und Unterricht im Sinne einer „Heterogenitätsorientierung“ (Budde 2015, S. 19) wird dabei aktuell insbesondere für die Inklusion von Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf sowie die Integration von Schüler*innen mit Migrationshintergrund und hier aktuell vor allem geflüchtete Schüler*innen[1] eine (auch räumlich gedachte) gemeinsame Unterrichtung befürwortet und ihr hohes inklusives Potenzial zugeschrieben (vgl. z.B. Gebhardt 2015; Hillenbrand 2014), denn die Forderung nach Anerkennung aller Schüler*innen (vgl. z.B. Prengel 2006; Werning 2014) wird immer auch in Bezug auf gemeinsame Aktivitäten im gleichen Raum artikuliert. Dies gilt jedoch nicht für die aktuelle Debatte oder lediglich für Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf oder Migrationshintergrund, sondern das gleiche Argument findet sich bereits in der Koedukationsdebatte sowohl der 1910er (vgl. Pestalozza 1922) als auch der 1960er Jahre (vgl. Faulstich-Wieland 1991). An diesen Überlegungen anschließend folgen wir in unserem Beitrag einem ‚weitem Inklusionsverständnis‘ (Budde und Hummrich 2013), welches das relationale Verhältnis von Teilhabe und Ausschluss ins Zentrum stellt und sich in einer intersektionalen Perspektive nicht auf Fragen der gemeinsamen Beschulung von Schüler*innen mit bzw. ohne Förderbedarf reduzieren lässt.
Allerdings ist die Gleichsetzung von Unterricht und materiell-statischem Klassenraum nicht unproblematisch. Insbesondere qualitative Studien weisen zum einen auf den relationalen Charakter von Inklusion und Exklusion (z.B. Budde und Hummrich 2015; Blasse et al. 2015) hin, sodass spezifische Raumordnungen – etwa der Gruppentische oder der Sitzkreis – ein- und zugleich ausschließend wirken und zwar in dem Sinne, als dass sie nicht für alle gleich anschlussfähig sind (z.B. Budde und Weuster i.E.; Magyar-Haas und Kuhn 2011; Bennewitz und Hecht 2017). Darüber hinaus zeigt sich zum anderen, dass die Transformationen von Schule und Unterricht im Sinne der Heterogenitätsorientierung ebenso zu einer Pluralisierung von (Erziehungs- und Bildungs-)Räumen beitragen und deshalb das Konzept statisch konzipierter Klassenräume kritisch angefragt werden muss. So verweisen verschiedene Arbeiten auf die praktische Relevanz von Inklusions-, Differenzierungs- oder Nebenräumen bei der Regulierung von Zugehörigkeiten und Exklusion in sogenannten inklusiven Settings (z.B. Budde und Blasse 2017; Buchner 2015), wobei spezifische Raumordnungen als besonders günstig (sprich besonders inklusiv) markiert werden (z.B. Schöler 2013; Schönig und Schmidtlein-Mauderer 2016). Ähnliche Pluralisierungen zeigen sich auch in Bezug auf die Regulation von Verhaltensaspekten, wie sich beispielhaft am sogenannten ‚Trainingsraum‘ dokumentieren lässt (Budde 2014).
Auch wenn die Label Praxistheorie und „practice turn“ (Schatzki et al. 2001) einen einheitlichen „praxeologischen Raumbegriff“ (Schütz 2015, S. 101) suggerieren, so gibt es diesen genauso wenig, wie eine einzige Praxistheorie. Mit dem Label Praxistheorie wird vielmehr eine ob ihrer Ränder und Grenzen insgesamt uneinheitlich umrissene Theoriebewegung markiert, welche heterogene theoretische Perspektiven versammelt (vgl. Schäfer 2016b; Budde et al. 2017). In ihrer Heterogenität teilen diese Theorien jedoch Ähnlichkeitsmerkmale, sie können etwa über ein Netz historischer und konzeptioneller Gemeinsamkeiten in Beziehung zueinander gestellt werden (vgl. Nicolini 2012) und stellen Praktiken als die fundamentale theoretische Kategorie ins Zentrum (vgl. Reckwitz 2003; Schäfer 2016a, S. 11). Praxistheorie ist damit nicht als Synthese verschiedener Ansätze zu einem Paradigma zu verstehen[2], sondern zeichnet sich durch ihren Variantenreichtum aus, der sich auch in Zugriffen auf Raum und Räumlichkeit wiederspiegelt.
Die Theorie sozialer Praktiken des Sozialphilosophen Schatzki stellt Raum/Räumlichkeit werkgeschichtlich bereits zu einem frühen Zeitpunkt als zentrale Kategorien heraus. Aus der ‚Theoriefamilie‘ der Praxistheorien kommend, operiert dieser Ansatz dabei mit unterschiedlichen Räumen, relationiert diese aber – in wechselseitig konstitutiver Weise – zueinander. Schatzkis Konzeption wird im Folgenden entlang von zwei Kernbegriffen vollzogen: Als erste analytische Dimension wird der zentrale Begriff der Praktik(en) und ihrer Organisation umrissen, welche gleichsam mit einem normativen Horizontverknüpft sind und einen „space of meaning“ (Schatzki 2005, S. 470) eröffnen; dann rückt der Schlüsselbegriff der materiellen Arrangements als weitere analytische Dimension ins Zentrum. Die Verflechtung dieser Dimensionen über die Differenzierung von Verknüpfungstypen zu „practice-arrangement bundles“ stellen in der Theorie Schatzkis (2002) die Stätten des Sozialen dar.
Schatzki bestimmt soziale Praktiken – und ein erster räumlicher Bezug ergibt sich bereits darüber, dass Praktiken historisch-geographisch variieren – als „open-ended, spatially-temporally dispersed nexus of doings and sayings“ (Schatzki 2012, S. 14, Herv. d. A.), als „organized manifold of doings and sayings” (Schatzki 2009, S. 39, Herv. d. A.). Als zusammengeschnürte Aktivitätsbündel sind (z.B. Unterrichts-)Praktiken, nicht nur potentiell geographisch variabel und (zumindest) in diesem Sinne auch als lokalisierte Phänomene zu fassen[3], sondern darüber hinaus als ein organisierter Zusammenhang verfasst, dessen (Einzel-)Aktivitäten und Handlungen sich jeweils an irgendeinem Punkt, einem Spot des (objektiven) Raumes ereignen. Erkenntnistheoretisch ist damit zwischen Praktik und Aktivität (activities) und Handlung (action) zu unterscheiden. Die Einheit(en) der (zeit-)räumlich verstreuten Aktivitäten, die handlungskonstituierenden doings und sayings also, stellen dasjenige dar, was beobachtet (wahrgenommen) werden kann. Wir verstehen damit Aktivitäten als die eigentlichen Oberflächenphänomene, von denen z.B. Breidenstein (2002, S. 19) spricht. Zumindest bilden sie den zentralen Gegenstand der forschenden Beobachtung.[4] Aktivität(en)/Handlung(en) und Praktik(en) sind damit nicht dasselbe, sondern erst ein Nexus – ein Zusammenhang – von Aktivitäten/Handlungen macht eine Praktik zu einer Praktik – wenngleich einzelne Aktivitäten oder Organisationselemente Bestandteil unterschiedlicher Praktiken sein können, Praktiken können sich demnach auch überlappen.
Der Zusammenhang, die Organisation der vielfältigen Aktivitäten, welche Praktiken konstituieren, ruht auf vier sogenannten Organisationselementen auf. Diese umreißen einen normativen Horizontdessen,was sein sollte, also erstens dessen was vorgegeben/vorgeschrieben ist; und zweitens dessen, was im Vollzug einer Praktik noch als akzeptabel gelten kann (vgl. Schatzki 2013, S. 70). Sie ermöglichen der Praktik ‚die Richtung ihres Verlaufs‘ und verleihen ihr ihre Ordnung, also einen normativen Horizont des akzeptierten und richtigen Vollzugs, der weitgehend implizit bleibt. Diese Organisationsitems sind a) praktische Verständnisse als Konglomerat aus Ausführungs-, Erkennens-, Reaktionsfähig- und -fertigkeiten, b) explizite Regeln, also Richtlinien, Grundsätze, Prinzipien, Gebote, Daumenregeln und Anleitungen die Partizipand*innen dazu anhalten sollen etwas Spezifisches zu tun, c) eine teleo-affektive Struktur, die als eine Art emotionale ‚Besetzung‘ verstanden werden kann und ein Sortiment hierarchisch geordneter Ziele, Projekte und Aufgaben umfasst,[5] sowie d) generelle Verständnisse als abstrakter Sinn für den Wert, Nutzen und das Wesen von Dingen. In Bezug auf das Thema Inklusion könnte mithin formuliert werden, dass in den durch die Organisationsitems ‚ausgerichteten‘ Ordnungen eingeschrieben ist, welche Differenzen und damit auch welches Verständnis von Inklusion jeweils relevant ist.
Materielle Arrangements bilden den zweiten Kernbegriff. Sie können als materielle Figurationen, als Ordnungen bestehend aus unterscheidbaren Typen physisch-materieller Objekte und damit als materielle Objektkonfigurationen verstanden werden, „eine Menge wechselseitig miteinander verbundener materieller Entitäten“ (Schatzki 2016, S. 69). Analytisch lassen sich hierbei mehrere Entitäten unterscheiden: (1) menschliche Wesen (Körper); (2) (nicht-menschliche) Organismen; (3) materielle Artefakte; (4) natürliche Dinge (vgl. Schatzki 2002).
Auf Grund wechselseitiger Verflechtungen von Praktiken und materiellen Arrangements spricht Schatzki von „practice-arrangement bundles“ (Schatzki 2012, S. 21).[6] Stellt man die herausgehobene Bedeutung von Praktiken in Rechnung, die Schatzki für die Ordnung materieller Arrangements unterstellt, gründen die wechselseitigen Verbindungen zu weiten Teilen in Praktiken. Zudem lassen sich Bedeutungen/Identitäten damit auch nicht allein aus den Positionen und den Relationen der Arrangementelemente zueinander ableiten. Schatzki insistiert:
„social orders are not self-standing or self-propagating configurations, […] they instead exist and evolve only in some context encompassing them. […] this context is a nexus of social practices.“ (Schatzki 2002, S. 59).
Über diese Praktiken-Arrangement-Bündel hinaus werden typgleiche Verflechtungen zwischen Praktiken und Praktiken sowie zwischen (materiellen) Arrangement und (materiellen) Arrangement relevant (vgl. Schatzki 2015). Greift man die Vorstellung auf, dass „a bundle is a set of linked practices and arrangements” während „a constellation is a set of linked bundles” (Schatzki 2011, S. 8), dann kann Schule als Konstellation – von miteinander wechselseitig in Beziehung stehenden Praktiken-Arrangement Bündeln – verstanden werden (vgl. Schatzki 2005). Praktiken-Arrangement Bündel bilden somit über wechselseitige Verbindungen Konstellationen.[7] Als eine solche Konstellation kann Schule begriffen werden. Ein Blick auf Schule als Konstellation fasst diese dann als komplexe Verflechtungen von, mit materiellen Arrangements verknüpften Erziehungs- und Bildungspraktiken, die mit Beratungs- und Verwaltungspraktiken in Verbindung stehen, welche jeweils mit Arrangements (z.B. Sekretariat, Lehrer*innenzimmer) verknüpft sind, die wiederum mit weiteren Arrangements (z.B. Lautsprecher, Kabelverbindungen) und Praktiken (z.B. Praktiken des Verwaltens, Praktiken der Personalführung) verbunden sind usw..
Praktiken-Arrangement Bündel als relativ ‚kleine‘ analytische Einheit wie auch Konstellationen als ‚größere‘ analytische Einheit sind dabei grundsätzlich als räumliche Phänomene bestimmt. Praktiken „make spaces, […] are and have spaces.” (Schatzki 2015 o. A.). Grundlegend lassen sich mit objektiven Räumen und Räumlichkeit zwei Arten der Verräumlichung unterscheiden.
Die analytisch unterschiedenen materiellen Entitäten[8] eines jeweiligen Bündels bilden zum einerseits objektive Raumordnungen aus, einen objektiven „physical space“ (Schatzki 2002, S. 42f.). Materielle Objektkonfigurationen sind dabei a) weitgehend als Ergebnis des Vollzugs von Praktiken zu sehen, in welchen zudem (Um-)Ordnungen der materiellen Entitäten erfolgen. Da jedoch auch die doings nicht-menschlicher Entitäten konzeptionell miteingebunden werden, ist diese objektive Objektkonfiguration b) durch die doings nicht-menschlicher Entitäten beeinflusst. Es handelt sich c) um einen objektiven, physisch-materiellen Raum. Seine Objektivität liegt darin begründet, dass er unabhängig von menschlicher Aktivität, menschlicher Erfahrung, menschlichem Erleben oder Wahrnehmen bestehen bleibt (vgl. Schatzki 2013). Es geht damit weder um einen erlebten Raum noch um einen wahrgenommenen Raum oder um imaginäre Raumentwürfe. Die körpergebundenen Aktivitäten, die im Rahmen einer Praktik vollzogen werden, sind darüber hinaus d) in diesem physischen Raum verstreut und damit als ein ‚weiterer‘ objektiver Raum bestimmbar. Dieser ist allerdings als nicht-physische Matrix verfasst, da seine Bestandteile nicht physische Objekte (also menschliche Körper; Artefakte usw.) sind, sondern die verstreuten (körpergebundenen) Aktivitäten/Handlungen einer Praktik betreffen. Seine Objektivität ist von den bestimmbaren Stellen des Vollzugs dieser körpergebundenen Aktivitäten im objektiven physischen Raum ableitbar (vgl. Schatzki 2002, S. 43).
„The bodily movements that occur when people perform the doings and sayings that compose a practice, together with the material entities that form arrangements bundled with that practice form an objective spatial configuration.“ (Schatzki 2015, k.A.).
Praktiken werden damit in einem objektiven und physischen Raum, also inmitten von Konfigurationen materieller Entitäten vollzogen. Dieser Raum wird weitgehend in ihnen hergestellt und umgeordnet, besteht letztlich aber unabhängig von menschlichem Erleben, Erfahren oder menschlicher Wahrnehmung. Dieser objektiv-physische Raum bildet darüber hinaus die ‚Basis‘ für einen weiteren objektiven, nicht-physischen Raum, dessen Komponenten verstreute und körpergebundene Aktivitäten sind.
Andererseits eröffnen Praktiken-Arrangement Bündel „activity timespaces“ (vgl. Schatzki 2009, 2010, 2015), bzw. „activity-place spaces“ (vgl. Schatzki 2002). Diese von objektiven Räumen abgrenzbare Räumlichkeit als weiteres Merkmal von Praktiken-Arrangement Bündeln, umfasst eine geordnete, sogenannte ‚Platz-Pfad-Menge‘, deren Bestandteile (Plätze und Pfade) in materiellen Entitäten verankert sind. Solche Plätze und Pfade können als „microsites for human activity“ (Schatzki 1991, S. 653) gelten, als Plätze und Pfade zum Vollzug von Aktivitäten/Handlungen im Rahmen einer Praktik. In diesem Sinne ist „a place [is] a place to perform some action“ (Schatzki 2012, S. 19). Ein Pfad wiederum bezeichnet einen Weg von einem Platz zum Vollzug von x zu einem anderen Platz zum Vollzug von xy und kann damit als spezifische Variante eines Platzes gelten. Räumlichkeit umfasst damit eine geordnete Vielheit „of places and paths anchored in material entities” (Schatzki 2009, S. 36). Die (materielle) Objektkonfiguration Klassenzimmer kann verstanden werden als ein geordneter Zusammenhang
„of ‘equipment’ for sitting, standing, writing, painting, reading together, and the like, that anchors places where the actions performed in teaching, reading, writing, painting, and so on can correctly and acceptably take place.”(Schatzki 1996, S. 189).
Nimmt man diese Überlegungen zu Raum und Räumlichkeit und kombiniert sie mit der Vorstellung von Schule als Konstellation bestehend aus Praktiken-Arrangement Bündeln, dann beinhaltet diese Konstellation im Falle des Vollzuges von Unterrichtspraktiken (Erziehungs-, Bildungs-, Lehr-Lernpraktiken) Platz-Pfad-Ordnungen die in einem Zusammenhang mit diesen stehen – aber nicht notwendigerweise an die Grenzen dessen gebunden sind, was üblicherweise als materielles Klassenzimmer verstanden wird, sondern vielmehr als eine über einzelne Bereiche (Trainingsraum; Flur; usw.) der Konstellation verteilte und miteinander in Verbindung stehende Menge zu verstehen ist (vgl. Abb. 1).
Abbildung 1: Konstellationen bei Schatzki (eigene Darstellung).
Bezieht man diese theoretische Positionierung nun auf Schulunterricht, so gelingt es zum einen, Schulräume nicht zuallererst als statische Klassenzimmer zu verstehen, sondern als praktisch-materielle Objektkonfiguration. Wie in Kapitel 2 angedeutet, scheint Unterricht im Anspruch eines ‚weiten‘ Inklusionsverständnisses räumlich nicht auf einen statischen Klassenraum rückführbar zu sein, sondern mit einer Pluralisierung der Arrangements für Erziehungs- und Bildungspraktiken einherzugehen, womit eine Transformation objektiver Räume verbunden ist. Unserer Ansicht nach lassen sich mindestens vier Pluralisierungen von Arrangements identifizieren, die neben der räumlichen Einheit auch die Einheit von Bildungs- und Erziehungspraktiken im Fachunterricht als Kennzeichen des modernen Schulunterrichtes zunehmend diffus erscheinen lassen.
Mit diesen vier neuen Arrangements etablieren sich neue Plätze und Pfade, die die pädagogischen Praktiken pluralisieren und diversifizieren, auf diese Weise die Konstellation verschieben und eine „Dezentrierung von Unterricht und eine Aufspaltung von Erziehung und Bildung“ (Budde und Weuster i.E.) mit sich bringen. Plausibler Weise transformieren sich Schulen als Konstellation, sobald Neustrukturierungen von Raum stattfinden wie auch anders herum. Wenn also Menschen mit spezifischen Identitäten (etwa Förderbedarf oder Migrationshintergrund usw. aber auch neue Professionen wie Sonderpädagog*innen) nicht mehr Bestandteile anderer (Räume und Räumlichkeit) sind, sondern zu Elementen bereits bestehender Räume werden. Damit verändert sich erstens auch der Zusammenhang der Partizipand*innen bereits bestehender Praktiken-Arrangement Bündel oder von Konstellationen und zweitens notwendigerweise auch die materiellen Arrangements. Das ist insgesamt als Ergebnis einer gesellschaftlichen Veränderung von Verständnissen, Regeln usw. in Bezug auf den Umgang mit Heterogenität zu sehen, die gar nicht unbedingt und zuallererst in Erziehungs- und Bildungspraktiken aufscheinen, sondern zu großen Teilen in bildungspolitischen Praktiken-Arrangement Bündeln und Konstellationen. Aber die Erziehungs- und Bildungspraktiken bzw. ihre Organisation hängt zusammen[9]mit Transformationen von Verständnissen (wie das hier zugrundeliegende gewandelte Heterogenitätsverständnis im Sinne einer Heterogenitätsorientierung), Regeln und der teleoaffektiven Struktur in diesen ‚anderen‘ Praktiken. Als anschließende These wäre dann zu formulieren, dass dasjenige, was im sogenannten ‚dreigliedrigen‘ Schulsystem über ‚außen-draußen‘ (z.B. in Haupt- und Förderschulen) exkludiert wurde, jetzt zum ‚innen-draußen‘ wird, z.B., wenn für Kinder mit Förderbedarf ein Differenzierungsraum eingerichtet wird, wenn Störer*innen in den Trainingsraum ausgelagert werden usw.. Die ehemals in einer Konstellation „größerer raum-zeitlicher Ausdehnung“ (Schatzki 2016, S. 38) vorgenommene ‚Außen-Differenzierung‘ (z.B. in Schulformen) scheint in der ‚kleineren‘ Konstellation von Schule und Unterricht wiederanzutreffen zu sein.[10] Im Prinzip spiegelt Schule damit dann im Inneren – auch räumlich – die Struktur, die vormals räumlich draußen war. Damit einhergehend wird die Verbindung von Unterricht und Klassenzimmer brüchig. Ähnlich argumentieren auch Herzmann und andere, wenn sie
„auf eine Verschiebung im Umgang mit Differenz bei schulrechtlich vorgegebener Mitgliedschaft aller Schüler*innen im inklusiven Unterricht[hinweisen]. Der Ausschluss aus dem Klassenzimmer macht deutlich, dass Differenz erneut über den Raum prozessiert wird, nur dass der Radius nun auf die Einzelschule und nicht mehr auf verschiedene Schulen des Bildungssystems insgesamt gerichtet ist.“ (Herzmann et al. 2017, S. 269).
Auf diese Weise werden auch vormals wesentliche soziale Differenzen reproduziert und eben nicht, wie gehofft, abgebaut. Die neuen Arrangements machen im Sinne einer „Präfiguration“ (Schatzki 2012, S. 16) darüber hinaus neue Differenzierungen möglich oder wahrscheinlich, denn diese nach innen verlagerten Pluralisierungen beinhalten immer Praktiken der Inklusion in bestimmte – und der Exklusion aus bestimmten Praktiken-Arrangement-Bündeln. So wird der empirisch-analytische Blick auf Inklusion und Exklusion als relationaler Bestandteil der, durch die Organisationsitems ‚ausgerichteten‘ sozialen Ordnung der Schule ermöglicht.
Der Beitrag zeigt theoriebasiert, dass die sukzessive Aufhebung räumlicher Differenzierung innerhalb größerer Konstellationen (wie den Schulformen), keineswegs in einem ‚inklusiven gemeinsamen Unterricht Aller‘ münden muss, sondern neue Differenzierungen innerhalb der kleineren Konstellation des Klassenraums in Gang setzen könnte. Am Ende entscheiden die empirisch rekonstruierten Plätze, die in materiellen Entitäten verankert sind und an denen Aktivitäten in Rahmen von Unterrichtspraktiken vollzogen werden darüber, was als Unterrichtsräume und Unterrichtsräumlichkeiten verstanden werden kann – das Klassenzimmer als abgrenzbares materielles Arrangement, ist dann zukünftig möglicherweise nur noch ein Bereich neben anderen.
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[1] Die synonyme Verwendung der Begriffe Inklusion und Integration greift gängige Diskursfiguren auf und stellt keine Positionierung unsererseits dar (vgl. Diehm 2017).
[2] Nicolini insistiert darauf, dass eine solche Zusammenfügung unterschiedlicher Elemente zu einer Theorie eben genau nicht im Sinne von Praxistheorie(n) sei, ihre Stärke im Gegenteil geradezu darin bestehe vielfältige Perspektivierungen möglich zu machen und diese im Sinne einer Vielfalt von Blickachsen auch zu nutzen (vgl. Nicolini 2012).
[3] Wenngleich sie sich auf unterschiedliche Arten und Weisen mit anderen – auch weit entfernten – Praktiken verbinden und damit keineswegs ausschließlich lokale Phänomene sind.
[4] Grundsätzlich handelt es sich auch bei Praktiken um „Oberflächenphänomene“, die sich aus den Einheiten dazugehöriger Aktivitäten als quasi kleinere Oberflächenphänomene zusammensetzen lassen. Allerdings ist es im Anschluss an Schatzki nicht möglich eine Praktik – selbst wenn sie grundsätzlich „out there in public space“ (Schatzki 2013, S. 135) ist – zu beobachten. Nicht zuletzt deshalb, weil die Aktivitäten über Raum und Zeit verstreut sind (vgl. Schatzki 2012).
[5] Diese hierarchische Struktur aus Aufgaben, Projekten und Zielen kann eine hilfreiche Beschreibungsform von Praktiken sein.
[6] Die Verflechtungen sind bei Bündeln in der Regel dicht, stark und beständig (vgl. Schatzki 2012; 2015).
[7] Konstellationen wiederum bilden „larger constellations. The total plenum formed by this labyrinth of linked practices and arrangements is the overall site where social life transpires“ (Schatzki 2012, S. 21).
[8] Welche Entitäten jeweils praktisch relevant sind, ist eine empirische Frage.
[9] Practices bzw. ihre Organisation verbinden z.B. im Modus der Orchestration „when one item being part of one practice’s organization is not independent of a different item being part of a different practice’s organization: an example is the pursuit in administrative and teaching practices, respectively, of making money and educating students.” (Schatzki 2015, o.A.).
[10] Im Sinne einer „flachen Ontologie“ weist Schatzki hierarchisierende Ebenenmodelle (wie etwa die Unterscheidung zwischen Mikro und Makro) zurück und sprich von Konstellationen mit „größerer oder kleinerer raum-zeitlicher Ausdehnung“ (Schatzki 2016, S. 38).