Robert Kruschel & Christine Pluhar:Der lange, aber kontinuierliche Weg in Richtung Inklusion – Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Schulsystem Schleswig-Holsteins

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung
  2. Vom Letzten zum Ersten – ein (kurzer) historischer Rückblick
  3. Entwicklungen und Maßnahmen zur Umsetzung der UN-BRK in den Jahren 2009 bis 2016
  4. Statistischer Überblick und Entwicklungen
  5. Auf dem Weg zur Inklusion – Vorschlag für ein Phasenmodell
  6. Einschätzung & Ausblick
  7. Literatur

1. Einleitung

Der folgende Beitrag beschreibt die Etablierung integrativer und inklusiver Strukturen in Schleswig-Holstein nach dem Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in Deutschland im Jahr 2009. Dabei wird im ersten Teil ein kurzer Rückblick vorgenommen und die bisherige historische Entwicklung im Bundesland skizziert. Anschließend werden konkrete Entwicklungen und Maßnahmen zur Umsetzung der UN-BRK in den Jahren von 2009 bis 2016 dargestellt. Im darauffolgenden Teil wird die skizzierte Entwicklung statistisch illustriert und in den Kontext der anderen Bundesländer gestellt. Den Abschluss bilden ein Fazit sowie der Ausblick der Autor*innen.
Es ist darauf hinzuweisen, dass an dieser Stelle keine Wertung oder Diskussion der einzelnen Maßnahmen erfolgt, sondern es sich um ein empirisch-beschreibendes Vorgehen handelt. Zudem ist anzumerken, dass auch wenn Inklusion im originären Sinne die Partizipation aller Menschen in den Fokus nimmt, im Folgenden jedoch entsprechend der UN-BRK Bezug auf Kinder und Jugendliche mit Behinderungen genommen wird, die explizit Anspruch auf „ein inklusives Bildungssystem“ (UN BRK, Art. 24 Abs. 1) haben und in dem „angemessene Vorkehrungen“ (UN BRK, Art. 24 Abs. 2) zu treffen sind, damit sie ungehindert und barrierefrei an einer inklusiven Schule teilhaben können.
Die Konstellation der Autor*innen ist ungewöhnlicher Natur, da zwei sehr unterschiedliche Blickwinkel aufeinandertreffen: Robert Kruschel, Jg. 1984, Sonderpädagoge, im Prozess des Verfassens seiner Dissertation und auf wissenschaftliche Distanz bedacht und Christine Pluhar, Jg. 1947, nach dem Ende ihrer Dienstzeit im Bildungsministerium in Kiel, dort viele Jahre zuständig für sonderpädagogische Förderung, gemeinsamen Unterricht und Inklusion in Schleswig-Holstein, administrativ verantwortlich im Fachreferat. Diese starke Heterogenität im Autor*innenteam ermöglicht, so die Hoffnung, einen differenzierten Blick auf das Feld.

2. Vom Letzten zum Ersten – ein (kurzer) historischer Rückblick

Aktuelle Entwicklungen in Schleswig-Holstein lassen sich im Zusammenhang mit der historischen Entwicklung des gemeinsamen Schulbesuchs behinderter und nicht behinderter Kinder und Jugendlicher im Land besser verstehen. In mehreren Aspekten war das Bundesland im (westdeutschen) bundesweiten Vergleich lange Zeit Schlusslicht. So gab es viele Jahre nach dem zweiten Weltkrieg noch immer keine Schulpflicht für Kinder und Jugendliche mit geistiger Behinderung, diese wurden noch in Sonderhorten und somit ausgeschlossen von formaler Bildung untergebracht. Als letztes Bundesland etabliert Schleswig-Holstein 1971 schließlich die gesetzliche Schulpflicht für alle Kinder und Jugendlichen. Unter dem Eindruck der Empfehlung „Zur pädagogischen Förderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder und Jugendlicher“ des deutschen Bildungsrates 1973 setzt sich der Landtag im gleichen Jahr erstmals in einer Debatte mit dem aufkommenden Diskurs um Integration auseinander (vgl. SHL 1973). Als „besorgniserregend“ bezeichnet Kultusminister Braun (1976, 85) den Umstand, dass immer mehr Kinder mit Lernbehinderung nach fünf bis sieben Jahren in Regelschulen auf eine Sonderschule abgeschult werden und Schleswig-Holstein somit in den 1970 und frühen 80er Jahren die bundesweit höchste Sonderschulbesuchsquote aufweist (vgl. Abb. 1, 2, 3 und 6). Zu einer Zeit, in der in anderen Bundesländern bereits Schulen mit ihren integrativen Konzepten bundesweite Aufmerksamkeit erlangen, beginnt in Schleswig-Holstein als Reaktion auf die hohen Sonderschulbesuchszahlen der erste „integrative“ Modellversuch, der vorerst darauf fokussiert, Sonderschulbedürftigkeit zu vermindern bzw. zu verhindern. Zwar ist das differenzierte Sonderschulsystem Anfang der 1980er Jahre ausgebaut, doch existieren im Land nach wie vor keine dezidierten schulischen Angebote für Kinder und Jugendliche mit Sehbeeinträchtigung. Mit der Einrichtung des Förderzentrums Sehen in Schleswig 1983 startet schließlich ein bundesweit wegweisendes Modell einer Sonderschule, die keine eigenen Schüler*innen vor Ort unterrichtet, sondern mobil in den Schulen des Landes unterstützt: „Durch die Staatliche Schule für Sehbehinderte wurde […] der Prototyp eines Förderzentrums […] entwickelt und erprobt, und dies schon einige Zeit vor den Überlegungen zur Gründung von sonderpädagogischen Förderzentren“ (Hasemann 1993, 26).
Der erste wirkliche Schulversuch zur Integration behinderter Schüler*innen startet 1985 mit Integrationsklassen an Grundschulen und später an Haupt- und an Gesamtschulen und wird über die folgenden Jahre hinweg sukzessive ausgebaut (vgl. Sucharowski et. al. 1988 und Sucharowski & Hausotter 1992). Durch die Regierungsübernahme der SPD im Jahre 1988 werden die bereits begonnen Entwicklungen gesetzlich verankert. Nach dem Saarland (1987) ist Schleswig-Holstein das zweite Bundesland, das mit seinem neuen Schulgesetz von 1990 die Weichen in Richtung Gemeinsamen Unterricht stellt. Der Passus, „Behinderte und nichtbehinderte Schülerinnen und Schüler sollen gemeinsam unterrichtet werden, soweit es die organisatorischen, personellen und sächlichen Möglichkeiten erlauben und es der individuellen Förderung behinderter Schülerinnen und Schüler entspricht“ (§ 5 Abs. 2 SchulG 1990, 281) wird später in ähnlicher Form in den meisten Bundesländern übernommen. Dieser auch im bundesweiten Vergleich damals progressive Passus führt in Schleswig-Holstein – flankiert von einer Vielzahl weiterer Bestimmungen (vgl. Pluhar 2014 sowie Kasten in Kap. 5) – dazu, dass integrative Maßnahmen in den folgenden Jahren und Jahrzehnten zunehmend in allen Schularten etabliert werden und die Zahl von Schüler*innen an Sonderschulen kontinuierlich im gleichen Maße abnimmt. Gleichzeitig werden die Strukturen angelegt, die das zukünftige Schulsystem in Schleswig-Holstein kennzeichnen: Damit die allgemeinen Schulen den Gemeinsamen Unterricht flächendeckend einführen können, brauchen sie die Sonderschulen als Unterstützungssysteme: „Als Förderzentren unterstützen die Sonderschulen Unterricht und Erziehung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Schulen anderer Schularten …“ (§25 Abs. 2 SchulG 1990). Schleswig-Holstein setzt also seit 1990 konsequent darauf, die Förderzentren als Unterstützungssysteme für die allgemeinen Schulen in den Prozess der flächendeckenden Einführung des Gemeinsamen Unterrichts aktiv mit einzubeziehen und ihnen mit dem perspektivischen Konstrukt des ‚Förderzentrums ohne eigene Schüler*innen’ eine durchaus attraktive Identifikationsmöglichkeit zu eröffnen. Die Sonderschullehrkräfte arbeiten mehr und mehr in den allgemeinen Schulen, verbleiben dabei aber dienstrechtlich in den Förderzentren. Zudem wird seit 1990 die integrative Entwicklung des Landes von der Beratungsstelle Integration in der Schule – kurz BIS (zunächst am Bildungsministerium, später am Lehrerfortbildungsinstitut) – begleitet, deren Aufgabe es ist, zu beraten, zu unterstützen sowie Fortbildung anzubieten. Später wird aus dieser Einrichtung die Beratungsstelle inklusive Schule.
Einen weiteren wichtigen Meilenstein auf dem langen Weg in Richtung Inklusion bildet in Schleswig-Holstein 2007 das Schulgesetz der großen Koalition, das als erstes Land die Gemeinschaftsschulen einführt und damit die Haupt- und Realschulen ablöst, auch wenn die CDU kurzfristig noch eine Regionalschule von Klasse 5 bis 9 bzw. 10 durchsetzt. Trotzdem werden damit letztlich die Weichen gestellt für ein zweigliedriges Schulwesen[1] mit Gemeinschaftsschulen und Gymnasien in der Sekundarstufe, die beide alle Abschlüsse vergeben und zum Abitur führen. Diese Vereinfachung und Bündelung der Strukturen begünstigen die Ausweitung und qualitative Verbesserung des Gemeinsamen Unterrichts.

Zusammenfassend ist die sonderpädagogische Förderung in Schleswig-Holstein am Ende des ersten Jahrzehnts des neuen Jahrhunderts bemüht, für jede*n Schüler*in mit sonderpädagogischem Förderbedarf „unabhängig vom Förderort ein individualisiertes, zeitlich und inhaltlich auf die persönlichen Möglichkeiten sowie auf die Jahrgangsstufe und die Ziele des sonderpädagogischen Förderplans abgestimmtes sowie systematisiertes Lernen sicherzustellen. Die sonderpädagogische Arbeit ist also in allen Förderschwerpunkten, auf allen Entwicklungsniveaus und an allen Lernorten gleichermaßen von zwei zentralen Leitideen gekennzeichnet, nämlich der passgenauen individuellen und förderplanorientierten Bildung und Erziehung – also auch der Berücksichtigung des Elternwunsches entweder nach integrativer Beschulung oder aber Förderung innerhalb des geeigneten Förderzentrums – sowie der passgenauen Verbindung von prozessbegleitender Diagnostik und Intervention in allen Bildungs- und Erziehungsprozessen“ (Ehlers & Frank 2009, 296, Herv. i. O.). Eine Wahlmöglichkeit besteht allerdings nur dort, wo die Förderzentren noch eigene Schüler*innen haben.
Bis zum Jahre 2009 vollzieht sich eine kontinuierliche Entwicklung, die zunächst sehr zögerlich beginnt, dann aber umso intensiver an Fahrt gewinnt. Ausgehend von der höchsten Sonderschulbesuchsquote in den 1970er und 80er-Jahren erreicht das Bundesland die niedrigste eines deutschen Flächenlandes in der Gegenwart (vgl. Abb. 6) und das hochdifferenzierte Sonderschulsystem der 1980er wird zu einem individuumszentrierten, system(unter)stützenden und mobilen sonderpädagogischen System. So ist das Land bereits vor dem Inkrafttreten der UN-BRK bezogen auf die Entwicklung integrativer und inklusiver Bildung einer der Vorreiter in Deutschland.

3. Entwicklungen und Maßnahmen zur Umsetzung der UN-BRK in den Jahren 2009 bis 2016

Weil die jeweiligen politischen Konstellationen bestimmend sind für die bildungspolitischen Weichenstellungen in Richtung inklusive Bildung, werden sie zunächst kurz thematisiert, bevor anschließend ein detaillierter Blick auf die konkrete Bildungspolitik geworfen wird.
Nach Jahrzehnte langer CDU-Regierung stellt die SPD mit Björn Engholm ab 1988 den Ministerpräsidenten und ab 1993 die erste deutsche Ministerpräsidentin, Heide Simonis. 2005 ändert sich dieses mit der großen Koalition unter der Führung von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen, CDU. Allerdings verblieb das Bildungsministerium von 1988 bis 2009 bei insgesamt vier Ministerinnen der SPD (Eva Rühmkorf, Marianne Tiedick, Gisela Böhrk und seit 1998 Ute Erdsiek-Rave). Als Ministerpräsident Carstensen im Frühjahr 2009 das Ende der großen Koalition bekannt gibt, wird Wirtschaftsminister Jörn Biehl bis zu den Neuwahlen beauftragt, auch das Bildungsministerium zu leiten. Im Herbst 2009 wird erneut gewählt, woraus eine CDU/FDP Koalition hervorgeht. Die gemeinsame Regierungszeit der beiden Parteien währt jedoch nicht lange, denn 2012 erfolgen auf Veranlassung des Verfassungsgerichts Schleswig-Holsteins Neuwahlen. Nach diesen wird eine Koalition zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und dem Südschleswigschen Wählerverband (SSW) gebildet.
Zwischen 2009 und 2012 stellt die FDP mit Ekkehard Klug in Schleswig-Holstein erstmals den Kultusminister. Dieser wird durch den Regierungswechsel nach nur drei Jahren Amtszeit von der parteilosen Waltraud Wende (für die SPD) abgelöst, die aus persönlichen Gründen bereits im September 2014 zurücktritt. Ihre Nachfolgerin ist Britta Ernst, SPD. Nach einer längeren Phase bildungspolitischer Kontinuität zuvor ist die Zeit zwischen 2009 und 2016 geprägt durch mehrfachen Wechsel.
Im Jahr des Inkrafttretens der UN-BRK erscheint in Deutschland das Bildungsbarometer des Sozialverbands Deutschland (SoVD). Es stellt Schleswig-Holstein in Bezug auf seine inklusive Entwicklung ein positives Zeugnis aus, indem es ihm das Prädikat „Auf gutem Weg zur Inklusion“ verleiht, d.h. es bestehe ein politischer Wille, inklusive Bildung umzusetzen, und es wurden bereits überzeugende Schritte eingeleitet, diesem Ziel entscheidend näher zu kommen (vgl. Sozialverband Deutschland 2009). Positiv ist zudem, dass das Sozialministerium Inklusion bereits zu seiner Leitlinie hat werden lassen (vgl. Stahlmann 2009: 8). Ein etwas anderes Bild zeichnet Preuss-Lausitz auf einer GEW- Veranstaltung im gleichen Jahr. Er blickt vor dem Hintergrund der historischen Entwicklung vor allem kritisch auf die Förderzentrumsstruktur in Schleswig-Holstein. Nur vier der Förderzentren im Land würden ohne Schüler*innen arbeiten. Sein Fazit: „Demografie plus Ausbau der Behindertenrechte u.a. durch die UN-Konvention spitzen die Krise getrennten Sonderschulunterrichts weiter zu“ (Preuss-Lausitz zit. n. Petersen 2009: 15).
Den meisten Bundesländern ist bei der Auseinandersetzung mit der großen Herausforderung der UN-BRK zunächst ein äußerst zögerliches Vorgehen gemeinsam. Dies lässt sich auch statistisch nachweisen (siehe Abb. 6 und 7). Im Gegensatz dazu setzte die Regierung von Schleswig-Holstein schon früh ein Zeichen, um ihren politischen Willen zur Umsetzung der Konvention zu bekunden. Unter dem Eindruck des Nachholbedarfs, den die seit 1998 amtierende Bildungsministerin[2] Ute Erdsiek-Rave (SPD) auf der UNESCO Weltbildungsministerkonferenz von 2008 mit dem Titel „Inclusion – the Way of the future“ in Bezug auf Inklusion erfährt, erklärt sie noch vor dem offiziellen Inkrafttreten der Konvention, „es sei Aufgabe der Regierungen auf allen Ebenen, das in der Konvention formulierte Recht in die Tat umzusetzen“ (Ministerium für Bildung und Frauen des Landes Schleswig-Holstein 2009: 1) und dass sie sich „diese Aufgaben […] zu Eigen“ (ebd.) mache. Im Gegensatz zum häufig auf politischer und medialer Ebene diskutierten engen Verständnis von Inklusion, erinnert sie an das weite Verständnis, denn inklusive Bildung meine auch „zum Beispiel Kinder aus sozial randständigen Milieus oder aus ethnischen Minderheiten“ (ebd.). Und so ruft sie als eine Konsequenz der Ratifizierung der UN-Konvention bereits 2008 das folgende Jahr zum „Jahr der Inklusiven Bildung“ aus und initiiert so „eine Kampagne mit Öffentlichkeitsarbeit, Debatten und Gesprächen, Tagungen [und] Schulwettbewerben“ (2010, 314). Sie proklamierte als Ziel, bis zum Jahr 2O20 den europäischen Durchschnitt von rund 85% der Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf in inklusiven Schulen erreichen zu wollen. Diese Zielsetzung regt innerhalb der KMK zu heftigen Reaktionen sowie zu einem kontroversen Dialog an.
Das Jahr der inklusiven Bildung, das unter dem Motto „Besser zusammen“ läuft, ist mit seinen mehr als 60 Veranstaltungen in allen Regionen des Landes ein Erfolg und führt dazu, das Thema Inklusion im Land publik zu machen. Bereits seit 2007 ist die Lebenshilfe Schleswig-Holstein in diesem Bereich aktiv, in dem sie ein Projekt mit dem Namen ‚Inklusionsbüro’ betreibt, dessen langfristige Aufgabe es ist, Veränderungsprozesse in allen gesellschaftlichen Bereichen zu initiieren, die die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen stärkt, ihre Selbstvertretung im öffentlichen Raum zu stärken, Öffentlichkeitsarbeit vorzunehmen sowie Inklusionsprojekte im Bundesland zu vernetzen. Finanziert wird das Projekt u.a. vom Sozialministerium des Landes (vgl. Dillenberg 2007, 1). Eine hervorzuhebende, aber temporär begrenzte Entwicklung, stellt die „Denkfabrik inklusive Bildung“ dar, die sich seit 2009 mehrfach trifft. Dieser „Zusammenschluss von Menschen, die ohne Trägerinteressen kreativ denken und persönliche Sichtweisen zur Entwicklung einer inklusiven Bildung für alle Menschen einbringen möchten“ stellt ein Netzwerk von Akteuren aus Politik und Zivilgesellschaft dar, die sich treffen, um gemeinsam über die Bedeutung der UN-BRK für ihr Bundesland zu diskutieren. Daraus entstand ein umfangreiches Positionspapier, das – so die Zielsetzung der Gruppe – zur Politikberatung dienen, einen wissenschaftlichen Grundkonsens schaffen und zur Diskussion anregen soll (Denkfabrik inklusive Bildung 2009).
Gerade in diesem „Jahr der Inklusion“ erfolgt der Regierungswechsel und das Bildungsministerium wird nach den Neuwahlen von der FDP geführt. Der Koalitionsvertrag der neuen Regierung nimmt die Themen Inklusion und UN-BRK nicht auf. Es wird lediglich darauf hingewiesen, dass behinderte Schüler*innen in allgemeinen Schulen integriert werden sollen, „wenn dies nach der Art ihrer Behinderung und nach den personellen und räumlichen Voraussetzungen der Schule möglich und sinnvoll ist. Daneben soll für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf aber auch Unterricht in Förderzentren, speziellen Schulen oder in besonderen Lerngruppen an Regelschulen erteilt werden können, wenn dies nach sachverständigem Urteil der Schule im Interesse der Schülerinnen und Schüler liegt oder sofern die Eltern dies wünschen“ (CDU & FDP Schleswig-Holstein 2009: 23). Der Begriff „Inklusion“ findet sich im Kontext von Bildung im Dokument nicht. Der neue Bildungsminister Klug (FDP) richtet gemeinsam mit dem Landesbehindertenbeauftragten Ulrich Hase den „Dialog Inklusive Beschulung" mit Vertreter*innen von Behindertenverbänden, Lehrerverbänden, Landeseltern- und Landesschülervertretungen ein und erteilt den Auftrag, Vorschläge für die Umsetzung der UN-BRK zu erarbeiten. Darüber hinaus werden vom Bildungsminister Projekte zum Übergang Schule-Beruf bei geistiger Behinderung und zur Barrierefreiheit aufgelegt.
Ein weiterer Schritt zur Etablierung von Inklusion in der Fläche wird in den Jahren 2008 – 2010 im Kreis Schleswig-Flensburg und in der Stadt Flensburg gegangen, initiiert durch die Schulrät*innen. Mit externer Unterstützung entstehen dort Formen einer regionalen inklusiven Entwicklungsunterstützung. Mit der Koordination durch eine zentrale Steuergruppe im Kreis und in der Stadt werden hier inklusive Schulentwicklungsaktivitäten auf der Grundlage des Index für Inklusion begonnen (vgl. Hinz & Jesumann 2010). Dieses Projekt stößt durch eine ausbleibende finanzielle Unterstützung durch das Ministerium nach dem Regierungswechsel zwar an seine Grenzen, liefert aber wertvolle Erfahrungen in Bezug auf die Unterstützung lokaler und regionaler Initiativen durch zwei Schulämter, in deren Folge sich eine starke Eigendynamik entwickelt. Besonders wichtig ist die Erkenntnis, dass der Prozess in Richtung Inklusiver Bildung dann erfolgreich verläuft, wenn sich die Leitungspersonen, d.h. die Schulaufsicht und die Schulleitungen der Förderzentren und der allgemeinen Schulen verantwortlich zeigen (vgl. ebd.). Das Projekt stellt zudem einen Vorläufer für ein weiteres Pilotprojekt dar, das den Schwerpunkt von der regionalen auf die Ebene aller elf Kreise und vier kreisfreien Städte des Bundeslandes ausweitet.
Dieses Pilotprojekt namens InPrax – Inklusion in der Praxis, das im August 2011 von Bildungsminister Ekkehard Klug in Auftrag gegeben wird, leitet eine landesweite Offensive für die Umsetzung der Konvention durch inklusive Schulentwicklung ein. In allen Kreisen und kreisfreien Städten werden Lehrer*innen aus Förderzentren und Regelschulen durch die Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft, Bonn (vgl. MSJG 2015) qualifiziert, um anschließend den Schulen in multiprofessionellen Tandems als Prozessbegleiter*innen für inklusive Schulentwicklungsprozesse zur Verfügung zu stehen. Das Projekt endet nach einer zweijährigen Laufzeit und wird schließlich in stärker zentralisierter Form in Regelstrukturen bei der BIS angesiedelt (vgl. Hinz & Kruschel 2017).
Zudem beginnt unter der Regie von CDU und FDP die Überarbeitung des Schulgesetzes. Der VDS Schleswig-Holstein kritisiert bereits in Bezug auf den ersten Entwurf vor allem, dass nach wie vor ein Ressourcenvorbehalt besteht und dass dieser nicht in Einklang mit der UN-BRK stehe (vgl. Ehlers 2010). Die GEW Schleswig-Holstein lehnt den Entwurf ebenfalls ab und kritisiert u.a. an der späteren Gesetzesänderung, dass diese die Konvention nicht beachte bzw. ihr sogar „vollständig widerspricht“ (Petersen 2010a: 4) und Inklusion „frei nach dem Motto suche und ersetze“ (ebd., Herv. i. O.) Platzhalter für die Begrifflichkeit Integration sei.
Dennoch ist die dann vorgenommene Änderung insofern bedeutsam, als mit der Änderung des Schulgesetzes von 2011 die „inklusive Beschulung“ in Schleswig-Holstein erstmalig im Schulgesetz erwähnt wird und Vorrang hat (SchulG SH 2011, § 4 Abs. 11). In der Praxis wird bereits seit vielen Jahren trotz des rechtlich codierten Ressourcenvorbehalts in aller Regel der Elternwahl entsprochen, sonst wäre die hohe Integrationsquote nicht zu erreichen gewesen. Der Ressourcenvorbehalt bleibt auch 2011 nach wie vor im Schulgesetz erhalten. Generell wird dem FDP-Bildungsminister vor allem von Seiten der GEW Schleswig-Holstein vorgeworfen, sich in seiner Arbeit eher der Thematik Begabtenförderung zu widmen – und dabei Inklusion aus den Augen zu verlieren (vgl. Petersen 2010b).
Nach Regierungsübernahme der Koalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und dem SSW, 2012 gibt ihr Koalitionsvertrag Auskunft über die weiteren Ziele. Als ein expliziter Schwerpunkt aus einem inklusiven Blickwinkel wird die „Stärkung des Gemeinsamen Lernens“ in Form der besseren Ausstattung von Gemeinschaftsschulen genannt. Ferner bekennt sich die Koalition dazu, Inklusion weiter fördern zu wollen. Dazu soll ausgehend von einer landesweiten Bestandsaufnahme ein Konzept entwickelt werden, mit dem der UN-BRK Rechnung getragen werden kann. Dabei soll vor allem an der Qualität schulischer Inklusion gearbeitet werden. Die Koalition betont, dass Förderzentren erhalten bleiben, aber ihre subsidiäre Funktion zunehmend ausgebaut wird (vgl. SPD, Bündnis 90/Die Grünen & SSW Schleswig-Holstein 2012: 17). In einer „Bildungskonferenz Schule“ soll mit Akteuren aus Schule, Gesellschaft, Kommunen und Fraktionen parteiübergreifend und über einen Zeitraum von zehn Jahren Planungssicherheit für die Schulen erarbeitet werden (vgl. ebd.: 16).
Seit 2012 wird das Bildungsministerium von Waltraut W. Wende (parteilos) geführt. Sie erklärt Inklusion sowie die Umsetzung der UN BRK für wichtige Ziele ihrer Bildungspolitik. Die Ministerin hat den ,,Dialog Inklusive Beschulung" der Vorgängerregierung um die Bildungspolitischen Sprecher der den Landtag tragenden Parteien erweitert und führt ihn als ,,Runder Tisch Inklusion" weiter. Der Landtag hat die Bildungsministerin im November 2013 beauftragt, ein Gesamtkonzept zur Umsetzung der UN BRK im Bildungsbereich für Schleswig- Holstein vorzulegen. Zudem wurde von ihr ein neues Lehrerbildungsgesetz in den Landtag eingebracht, in dem in Anlehnung an die Berliner Expertenkommission Lehrerbildung (2012) inklusive Inhalte in allen Lehramtsstudiengängen vorgeschrieben werden und im Lehramt Sonderpädagogik ein Fach auf Grundschul- oder Gymnasialniveau zu studieren ist, so dass die Möglichkeit geschaffen wird, dass Sonderpädagogische Lehrkräfte sowohl Fachunterricht als auch sonderpädagogische Förderung in den allgemeinen Schulen erteilen können. Letzteres wird von einigen allgemeinen Schulen begrüßt, in der Fachöffentlichkeit jedoch häufig kritisch gesehen. Hier sind noch offene Fragen zu diskutieren.
Einen weiteren Schritt auf dem Weg zu einem inklusiven Schulsystem stellt die Schulgesetzänderung von 2014 dar. Mit ihr nimmt Schleswig-Holstein endgültig Abschied vom so genannten „dreigliedrigen“ Sekundarstufenschulsystem, dessen Strukturen noch in der Schulform der Regionalschule zu finden waren (in dem aber von je her vom Sonderschulwesen keine Rede war). Zukünftig haben Schüler*innen und ihre Eltern die Wahl zwischen Gemeinschaftsschulen und Gymnasien, beide Schularten führen zum Abitur. Damit geht das Land einen weiteren Schritt in Richtung eines nicht selektierenden Schulsystems. Das erklärte Ziel der Gesetzesänderung besteht darin „jedem Kind, unabhängig von seiner sozialen Herkunft, eine faire Chance auf einen bestmöglichen Schulabschluss zu ermöglichen“ (Ministerium für Bildung und Wissenschaft 2013).
Rund einen Monat vor ihrem Rücktritt veröffentlichte Bildungsministerin Wende 2014 das vom Landtag geforderte Inklusionskonzept. Das Ministerium erkennt durchaus, dass die „konsequente Umgestaltung einer inklusiven Schule […] mehr und andere Ressourcen verlangen [wird] als den Schulen bislang zur Verfügung standen“ (Ministerium für Bildung und Wissenschaft 2014: 4). Die Schlussfolgerung aus dieser Erkenntnis stellt jedoch nicht die Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen dar, sondern vielmehr sollen „die vorhandenen Potenziale effektiver genutzt und die Schulen nach und nach durch zusätzliche Professionen gestärkt werden“ (ebd.). Hier folgt das Ministerium einem international festzustellenden Trend: Die bisher vor allem im Rahmen der Bildungsexpansion erreichten Leistungszuwächse sollen nicht nur erhalten, sondern vielmehr qualitativ gesteigert werden, indem auch zunehmend im Rahmen von Bestrebungen nach Bildungsgerechtigkeit auf die Heterogenität der Schüler*innen eingegangen wird. Und dies bei gleichbleibenden oder gar sinkenden monetären Ressourcen. Aus diesem Dilemma entwickelt sich der Druck der Bildungspolitik auf die Bildungseinrichtungen, endogene Potenziale zu lokalisieren und auszuschöpfen. Diese vermuteten Zeit-, Motivations- und Organisationsreserven finden sich z.B. in einer verlängerten Anwesenheit der Lehrer*innen in den Schulen oder der Ausbildung bestimmter Kompetenzen im Bereich der Management- und Entscheidungsfähigkeiten von Schulleitungen (vgl. Kussau & Brüsemeister 2007: 17).
Dem vorgestellten Inklusionskonzept liegt ein weiter Inklusionsbegriff zugrunde, indem es betont, dass sich Heterogenität „nicht nur auf Behinderung oder sonderpädagogischen Förderbedarf [bezieht]. Sie steht generell für Vielfalt und schließt beispielsweise die Hochbegabung ebenso ein wie den Migrationshintergrund oder unterschiedliche soziale Ausgangslagen“ (Ministerium für Bildung und Wissenschaft 2014: 41). Dennoch sind die im Konzept aufgelisteten Vorhaben meist sonderpädagogisch geprägt. Da sich Schleswig-Holstein im bundesweiten Vergleich bezüglich der Integrationsquoten (siehe unten) bereits über dem Durchschnitt befinde, stehe aus Sicht der Bildungsministerin „der Blick auf die qualitativen Aspekte des schulischen Inklusionsprozesses“ (ebd.: 6) im Vordergrund. Dieser Aspekt ist Grundlage für das Inklusionskonzept, das über die Legislaturperiode hinaus verwirklicht werden soll.
Da das Konzept als direktes Ergebnis der Forderungen der UN BRK zu verstehen und ihm ein mehrjähriger Beratungsprozess mit unterschiedlichen Akteuren im Land vorausgegangen ist, wird es im Folgenden ausführlicher, aber dennoch zusammenfassend vorgestellt. Das Konzept sieht folgende Maßnahmen vor (vgl. ebd. ff):

  1. Beginnend mit den Grundschulen sollen schulische Assistent*innen eingesetzt werden, die Schulen pädagogisch unterstützen. Andere Schularten sollen folgen.
  2. Durch landesweit neu entwickelte Parameter, die die Zuweisung der sonderpädagogischen Lehrkräfte in den Blick nehmen, soll die Ressourcensteuerung im Land verbessert werden. Sonderpädagog*innen sollen auf die Weise verlässlicher den Schulen zur Verfügung stehen. Gerade für kleine Schulen ist angestrebt, dass Sonderpädagog*innen auch Fachunterricht geben dürfen, damit sie diesen Schulen als permanente Ressource zur Verfügung stehen.
  3. Alle Lehramtsstudent*innen erhalten im Rahmen ihres Studiums pädagogische und didaktische Basisqualifikationen für den Umgang mit Heterogenität und Inklusion und werden zudem mit den Grundlagen der Förderdiagnostik vertraut gemacht. Lehrkräfte für Sonderpädagogik werden neben ihren zwei Fachrichtungen auch im Fachunterricht ausgebildet.
  4. Die Lehrkräfte im Land erhalten mehr Fortbildungen, die sie im Umgang mit Heterogenität und besonderen Förderbedarfen sicher machen sollen. Das 2010 zur landesweiten Unterstützung inklusiver Entwicklungsprozesse gestartete Projekt InPrax (s.o.) erfährt durch seine Andockung an der Beratungsstelle für Inklusion im IQSH eine Verstetigung.
  5. Die bisherige Finanzierung der Schulsozialarbeit durch den Bund wird durch das Land fortgesetzt und damit abgesichert.
  6. Förderzentren bleiben erhalten und werden vor allem in den Bereichen geistiger oder schwerer körperlicher Behinderung bzw. Hörschädigung auch weiterhin eigene Schüler*innen unterrichten. Perspektivisch soll der Anteil der Kinder und Jugendlichen mit einem Förderbedarf im Bereich Lernen oder sozial-emotionale Entwicklung, die noch in Förderzentren unterrichtet werden (2014: 22%), zugunsten eines integrativen Schulbesuchs weiter sinken.
  7. Ein großes Förderzentrum, das am Ort keine Schüler*innen mehr unterrichtet, in jedem Kreis bzw. jeder kreisfreien Stadt soll sich zu einem ‚Zentrum für inklusive Bildung’ (ZiB) weiterentwickeln. Eine detaillierte Aufgabenbeschreibung lag zur Veröffentlichung des Konzepts noch nicht vor, aber ihr Aufgabenbereich wird vor allem in der Vernetzung und Qualitätsentwicklung auf regionaler Ebene gesehen.
  8. Mit der Etablierung bzw. dem Ausbau diverser Programme soll der Übergang Schule-Beruf inklusiver ausgerichtet werden.
  9. Durch eine Verdopplung der Stellen des Schulpsychologischen Dienstes sollen die Aufgabenbereiche der Krisenintervention und Lehrer*innengesundheit umfassender wahrgenommen werden können und der Dienst verstärkt Supervision, Beratung und Begleitung aller schulischen Akteure anbieten.
  10. Als ein perspektivischen Paradigmenwechsel kann – sofern er umgesetzt wird – der letzte Punkt bezeichnet werden: Zugunsten einer sonderpädagogischen Grundversorgung soll langfristig eine Abkoppelung der Planstellenzuweisung von der Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs geschehen.

Die Reaktionen wichtiger Akteure in Schleswig-Holstein fallen unterschiedlich, aber häufig negativ aus: In der Presse wird das Konzept bezeichnet als „eine bunte Mischung aus Einzelmaßnahmen, von denen viele nicht zu Ende gedacht, geschweige denn ausfinanziert sind“ (Christen 2014: o.S.), aber die Ministerin wird auch gelobt, weil sie das „hohe Inklusionstempo ihrer Vorgänger drosseln und viele Förderzentren erhalten“ (ebd.) will. Die eigene Regierungskoalition spricht positiv über das Konzept, aber weist auch auf ungeklärte Fragen hin. So stellt die Vorsitzende des Bildungsausschusses, MdL Anke Erdmann (GRÜNE), fest: „Tatsächlich sind, unter anderem bei der Ausgestaltung der Zentren für inklusive Bildung und im [sic!] Bezug auf die Schulassistenten, noch einige, wichtige Fragen zu beantworten.“ Aus der oppositionellen Politik kommt scharfe Kritik. Die CDU bezeichnet das Konzept als einen „Ausdruck der Handlungsunfähigkeit“ (Schleswig-Holsteinische Zeitung 2014: o.S.) und die Piratenpartei spricht „von einer Ideensammlung und keinem Konzept“ (ebd.). Auch in der Zivilgesellschaft ist das Konzept umstritten. Die Lebenshilfe sieht zwar „gute Ansätze, einige Ideen – aber weit entfernt davon zu erreichen, was notwendig ist“ und fordert daher eine Überarbeitung (Lebenshilfe Schleswig-Holstein 2014). Auch die GEW Schleswig-Holstein fordert eine Überarbeitung in elementaren Punkten und stellt zudem fest, dass die „personelle Unterfütterung mit Lehrerstellen […] völlig [fehlt]“ (GEW Schleswig-Holstein 2014: o.S.). Positiv ist aus ihrer Sicht die Schaffung der schulischen Assistenzkräfte für Grundschulen (vgl. ebd.).
Als Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) 2014 ihren Dienst aufnimmt, bestätigt sie die Fortsetzung der eingeschlagenen Bildungspolitik. Inklusion ist einer ihrer Schwerunkte und es gelingt ihr, erhebliche zusätzliche Ressourcen für die inklusive Schule einzuwerben. Um darüber hinaus eine breite Akzeptanz für das Inklusionskonzept zu erhalten, soll es „begleitet sein von einem Dialog, in den die Schulen und ihr Umfeld einbezogen sind; dazu wird der mit dem Runden Tisch und den Regionalkonferenzen zu diesem Konzept begonnene Austausch“ (Ministerium für Schule und Berufsbildung des Landes Schleswig-Holstein 2016: 4) fortgesetzt und intensiviert.
In den durch das Bildungsministerium initiierten regionalen Fachgesprächen im Sommer 2014 wurde auch die Weiterentwicklung der Förderzentren erörtert. Weiterhin richten diese ihre Arbeit konsequent – wie in den 1980er und 1990er eingeleiteten Entwicklungen – an der Unterstützung integrativer Prozesse aus, „wobei sich die Art und Weise der Zusammenarbeit und der Kooperation nach dem jeweiligen Profil bestimmt.“ (ebd.: 7). Spannend ist, dass nach intensiven Diskussionen in dem beschriebenen Dialogprozess „die im Inklusionskonzept formulierte Perspektive für ausgewählte Förderzentren, sich zu ZIBs (Zentren für inklusive Bildung) zu entwickeln, […] aufgegeben worden [ist], stattdessen sollen sich alle Förderzentren weiterentwickeln“ (ebd.). Ebenso wurde mit großer Zustimmung der Dialogpartner*innen die Einrichtung von Schwerpunktschulen als Rückschritt betrachtet und für Schleswig-Holstein abgelehnt.
Trotz aller positiven Entwicklungen in Bezug auf den gemeinsamen Schulbesuch behinderter und nicht behinderter Schüler*innen hat Schleswig-Holstein im bundesweiten Vergleich traditionell ein Defizit in der Versorgung mit Lehrerstellen insgesamt, aber auch speziell mit sonderpädagogischen Ressourcen (siehe jährlicher „Bericht zur Unterrichtsversorgung“, Tabellen zu Lehrerwochenstunden je Schüler*in im Bundesvergleich). Bildungsministerin Ernst hat deshalb ein Gutachten zum Lehrkräftebedarf in der Inklusion in Schleswig-Holstein an Klaus Klemm, Universität Essen, in Auftrag gegeben, das im Oktober 2016 vorgelegt wurde (Klemm 2016). Darin kommt der Autor zu dem Schluss, dass in SH in den kommenden Jahren insgesamt rund 500 zusätzliche Lehrerstellen für inklusive Beschulung benötigt werden. Es ist der Bildungsministerin gelungen, die Zustimmung der Landesregierung zum Einwerben dieser Stellen zu erhalten.

4. Statistischer Überblick und Entwicklungen

Zwei Jahre nach Veröffentlichung des Inklusionskonzepts zieht das Bildungsministerium ein positives Fazit (vgl. Ministerium für Schule und Berufsbildung des Landes Schleswig-Holstein 2016). Die Förderquote liegt im Schuljahr 2015/16 (Klemm 2016) bei 6,33 % und der Integrationsanteil bei 67,2 %. Mehr als zwei Drittel der Schüler*innen mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf besuchen also den Gemeinsamen Unterricht. Die Spannbereite zwischen den unterschiedlichen Förderschwerpunkten ist nach wie vor groß. Während im Bereich Sehen 100% und im Bereich Lernen 83,4% der Schüler*innen integrativ beschult werden, sind es im Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung nur 13,5 %. Von den im Schuljahr 2015/16 eingesetzten 2.153 Stellen für sonderpädagogische Lehrkräfte sind 22,4% in der Prävention und weitere 34,7% in integrativen Maßnahmen tätig. Um multiprofessionelle Teams zu stärken, wurde die Schulsozialarbeit finanziell verstetigt und die Stellen des schulpsychologischen Dienstes fast verdoppelt. Zudem richtete das Bildungsministerium an allen öffentlichen Grundschulen und Grundschulteilen sowie den 26 Schulen in privater Trägerschaft und 43 Schulen der dänischen Minderheit eine schulische Assistenz ein.
Nach diesem Überblick über den aktuellen Stand werden im Folgenden detaillierte Daten über die langfristige Entwicklung in Richtung inklusiver Bildung in Schleswig-Holstein anhand von verschiedenen Indikatoren dargestellt und erläutert. Danach werden diese in den Kontext der Entwicklungen in den übrigen Bundesländern gestellt, womit die Basis für einen Ausblick gelegt wird.
Die integrative und inklusive Entwicklung in Schleswig-Holstein gründet darauf, dass die Eltern von Kindern mit besonderen Bedarfen ganz überwiegend die Beschulung ihres Kindes in einer allgemeinen Schule[3] wünschen. Die Schulen kommen dem in aller Regel nach und entwickeln sich dadurch Schritt für Schritt immer integrativer bzw. inklusiver. Dabei werden sie durch die Förderzentren unterstützt, die seit dem Schulgesetz 1990 diese Aufgabe übertragen bekommen haben (siehe oben).
Die schulstrukturellen Voraussetzungen für die zunehmende inklusive Bildung sind gelegt durch die seit dem Schulgesetz 2007 eingeleitete Einführung der Gemeinschaftsschulen und damit die Ablösung der Haupt- und Realschulen. Sie sind im Schuljahr 2016/17 vorerst abgeschlossen. Im Schuljahr 2015/16 gab es insgesamt 771 öffentliche Schulen, darunter 395 Grundschulen (1. bis 4. Jgst.), noch 5 auslaufende Regionalschulen, 185 Gemeinschaftsschulen, darunter 144 von der 5. bis zur 10. Jgg. und 41 von der 5. bis zur 13. Jgst. sowie 100 Gymnasien (5. bis 12. Jgst.). In beiden Schularten der Sekundarstufe I und II können alle Schulabschlüsse erreicht werden, in den Gemeinschaftsschulen ohne eigene Oberstufe durch Kooperationsverträge mit Schulen mit Oberstufe. Darüber hinaus sind 86 öffentliche Förderzentren in Schleswig-Holstein verzeichnet, von denen aktuell rund ein Drittel keine eigenen Schüler*innen mehr hat. Es gibt zudem viele Schulen in verschiedenen organisatorischen Verbindungen.
Jahrzehnte lange und stetig zunehmende Erfahrungen mit Gemeinsamem Unterricht in den Schulen aller Schularten, insbesondere jedoch in den Grundschulen, den Haupt- bzw. Gesamtschulen und, in der Folge, in den Gemeinschaftsschulen, sind wiederum die Grundlage für die jeweils weitere Entwicklung auf allen Ebenen, der einzelnen Schule, der Regionen und des Landes insgesamt. Abb. 1 zeigt die schrittweise moderate aber stetige Steigerung der Zahl der Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die in allgemeinbildenden Schulen in Schleswig-Holstein unterrichtet werden.

 

Abb. 1: Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf alle Förderschwerpunkte in allgemeinbildenden Schulen 1. – 10. Jgst. (rot) und in Förderschulen (blau), öffentliche Schulen in Schleswig-Holstein (Daten: Bildungsministerium SH, eigene Darstellung)

Zwischen 1970 und 1985, hier in Fünfjahresschritten dargestellt, war die Zahl der Sonderschüler*innen (blau) besonders hoch. Als bildungspolitische Reaktion darauf wurden ab Mitte der 70er Jahre mehrere Modellversuche zur Verminderung von Schulversagen aufgelegt. Diese sollten durch Versetzung von Sonderschullehrer*innen an Grundschulen eine Art präventiver Grundversorgung erproben. Das sehr deutliche Absinken der Zahl der Sonderschüler*innen zwischen 1980 und 1985 ist jedoch nicht auf den Erfolg der Modellversuche (mit lediglich bis zu acht Grundschulen) zurückzuführen, sondern vielmehr auf die Schwankung der Schüler*innengesamtzahl aller Schularten 1. - 10. Jahrgangsstufe (Abb. 2), die in weiten Teilen ähnlich wie in Abb. 1 verläuft.

Abb. 2: Schüler*innengesamtzahl alle Schularten 1. – 10. Jgst., öffentliche Schulen in SH
(Daten: Bildungsministerium SH, eigene Darstellung)

Vergleicht man in Abb. 3 den prozentualen Anteil der Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Förderschulen (Förderschulbesuchsquote blau) und in allgemeinbildenden Schulen (Integrationsquote rot) und die Höhe der Säulen insgesamt (Förderquote) mit den Darstellungen der absoluten Zahlen (Abb. 1 und 2), so zeigen sich einige Sachverhalte besonders deutlich.

Abb. 3 Förderquote der Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf an allen Schüler*innen der 1. - 10. Jgst. aller Schularten darunter Förderschulbesuchsquote (blau) und Integrationsquote (rot). Öffentliche Schulen in Schleswig-Holstein (Daten: Bildungsministerium, eigene Darstellung).

Von 1975 bis 1991 blieb die Förderschulbesuchsquote in Schleswig-Holstein nahezu unverändert bei 5% aller Schüler*innen. Da die integrativ unterrichteten Schüler*innen in Schleswig-Holstein erst ab 1991 statistisch erfasst wurden, ist davon auszugehen, dass 1989 und 1990 bereits integrativ unterrichtete Schüler*innen in nennenswertem Ausmaß vorhanden, aber noch nicht dargestellt waren. Von 1992 bis 2012 liegt die Förderquote für 20 Jahre konstant zwischen 5% und 6%. Erst von 2013 bis 2015 ist sie auf über 6% angestiegen. Letzteres scheint allerdings weniger durch einen überproportionalen Schüler*innenzuwachs begründet als vielmehr durch das Absinken der Schüler*innengesamtzahl und das damit verbundene Steigen der Förderquote. In der Grafik wird insgesamt belegt, dass es in Schleswig-Holstein grundsätzlich gelang, die Förderquote über Jahrzehnte hinweg im Wesentlichen stabil zu halten, während die Integrationsquote systematisch stieg und die Förderschulbesuchsquote im Gegenzug sank. Dies deutet auf eine Steuerung auf Landes-, Kreis- und örtlicher Ebene hin. Vergleicht man diese Entwicklung mit der der meisten anderen Bundesländer, so wird deutlich, dass sie eher die Ausnahme darstellt. Die meisten anderen Länder verzeichnen einen erheblich stärkeren Anstieg der Förderquote, einen weniger starken Anstieg der Integrationsquote und eine deutlich geringere Absenkung der Förderschulbesuchsquote. Die KMK hat erst 1999 begonnen, mit der jährlichen Statistik über die sonderpädagogische Förderung auch die integrative Beschulung zu erheben. Deshalb beginnt Abb. 4 mit dem Jahr 1999. Es kommt zu leichten Differenzen zwischen der Schulstatistik des Bildungsministeriums in Schleswig-Holstein, die über öffentliche Schulen berichtet, und der der KMK, die sich stets auf die öffentlichen und privaten Schulen eines Landes bezieht.

Abb. 4: Förderquote der Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf an allen Schüler*innen der 1. - 10. Jahrgangsstufen alle Schularten, (Integrationsquote und Förderschulbesuchsquote zusammen) alle Förderschwerpunkte, öffentliche und private Schulen in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland (Daten: KMK, eigene Darstellung).

In allen Ländern sind die Förderquoten seit 1999 gestiegen, wie auch die Daten des Bundesdurchschnitts (D) zeigen, jedoch in unterschiedlichem Maße. In den neuen Ländern sinken die Förderquoten nach zunächst überproportionaler Steigerung ab 2007 wieder. Auch dort macht sich das starke Absinken der Schüler*innengesamtzahlen verstärkend bemerkbar.

Abb. 5: Integrationsquote aller Förderschwerpunkte (Daten: KMK, eigene Darstellung).

Auch hier wird deutlich, dass die Integrationsquoten in den letzten 15 Jahren z.T. erheblich gestiegen sind, allerdings in unterschiedlicher Geschwindigkeit und Höhe.

Abb. 6: Förderschulbesuchsquote alle Förderschwerpunkte nach Ländern der Bundesrepublik Deutschland, ab 1991 mit neuen Ländern (Daten: KMK, eigene Darstellung).


Ab 2010 wird statistisch sichtbar, dass die Förderschulbesuchsquote in den Ländern Nordrhein-Westfalen, Berlin, Niedersachsen und in Deutschland insgesamt erstmalig sinkt und in Bremen und Hamburg stärker sinkt als zuvor. In den neuen Ländern setzt diese Entwicklung bereits ab 2005 ein; in Schleswig-Holstein liegt die Förderschulbesuchsquote in den 70er und 80er Jahren konstant bei hohen 5 %, am obersten Ende der westdeutschen Länder. Bereits ab 1988 sinkt die Quote moderat aber stetig auf den im Jahr 2015 nach Bremen zweitniedrigsten Wert. Nur noch 5.000 Schüler*innen besuchen Förderschulen in Schleswig-Holstein, 1975 waren es noch 20.000. Entsprechend steigt der Integrationsanteil insbesondere in Bremen, Schleswig-Holstein, Hamburg und Berlin.

Abb. 7: Integrationsanteil der Schüler*innen mit spFB in allgemeinen Schulen von allen Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf (Daten: KMK, eigene Darstellung).

Der Integrationsanteil steigt in allen Ländern, jedoch in unterschiedlicher Geschwindigkeit. Während sich 1999 alle Länder zwischen 2% (Sachsen-Anhalt) und 28% (Berlin) bewegten und der Bund gerade einmal 12 % erreichte, ist die Schere 15 Jahre später, 2014, wesentlich weiter geöffnet von der niedrigsten Quote, 23% (Hessen) bis zur höchsten, 77% (Bremen) und mit nur 34% im Durchschnitt der deutschen Länder. Schleswig-Holstein kann als einziges Flächenland mit den drei Stadtstaaten mithalten, die Rate steigt zwischen 1999 und 2004 moderat an, ab 2005 nimmt sie nahezu linear von jährlich 3% bis 4% zu. In Bremen, Hamburg und Niedersachsen ist der Anstieg seit 2009, 2010 bzw. 2011 deutlich steiler, was in der öffentlichen Darstellung mitunter als problematisch beschrieben wird. Die regionalen und überregionalen Medien griffen das Thema Inklusion in den letzten Jahren verstärkt auf, mit meist eher negativer Konnotation: Gegen Inklusion an sich sei ja nichts zu sagen, wie sie aber von der Politik durchgedrückt würde, mit mangelnden Ressourcen, sowohl bei der Barrierefreiheit als auch bei der Lehrerversorgung, bisher keiner Ausbildung und zu wenig Fortbildung der Lehrkräfte und vor allem in der hohen Geschwindigkeit, sei unverantwortlich (vgl. exemplarisch für Schleswig-Holstein: Küppers 2014; Brameshuber 2015; bundesweit: Schnabel & Spiewak 2014; Allmendinger & Wrase 2014). Diese Kritik wird meist unabhängig von der z.T. sehr unterschiedlichen Situation in den Ländern pauschal vorgenommen. Es macht jedoch aus der Sicht der Autor*innen einen signifikanten Unterschied, ob in einem Land die überwiegende Mehrheit der Lehrkräfte Jahrzehnte lange Erfahrung mit Gemeinsamem Unterricht hat und die Sonderschullehrkräfte der Förderzentren den Prozess aktiv unterstützen oder ob die Lehrkräfte in der Mehrzahl keine Erfahrungen (Inklusionsrate bis ca. 20 %, dann sind noch 80% der Kinder mit spFB noch in Förderschulen) haben und die Sonderschullehrkräfte nicht mit in den Prozess eingebunden sind.
Im Ländervergleich ergibt sich bei den übrigen drei Indikatoren (Förderquote, Integrationsquote und Förderschulbesuchsquote) ebenfalls ein sehr unterschiedliches Bild. Zieht ein Kind mit Unterstützungsbedarf von Bremen nach Mecklenburg-Vorpommern, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass es dort eine Sonderschule besucht, fünfmal höher als in Bremen.

Abb. 8: Förderquote in Prozent aller Schüler*innen der Jgst. 1 – 10 aller Schularten, darunter Integrationsquote (rot) und Förderschulbesuchsquote (blau) sortiert nach Förderschulbesuchsquote 2014. KMK Daten, eigene Darstellung

In der Momentaufnahme 2014 wird in Abb. 8 erneut deutlich, dass es keine objektiven Kriterien für „Sonderpädagogischen Förderbedarf“ gibt, sondern dass in jedem Land zwischen den Beteiligten je nach Geschichte (siehe Abb. 4 bis 8), Organisationsstruktur und Tradition unterschiedliche Vorstellungen herrschen, was ein Kind mit einer Behinderung oder einem sonderpädagogischen Förderbedarf, z.B. mit dem Förderschwerpunkt „Lernen“, sei. In Ländern mit hoher Förderquote und speziell mit hoher Förderschulbesuchsquote sind mit der gleichen Etikettierung offenbar ganz andere Schüler*innen gemeint als bei denen mit niedrigen Quoten.

5. Auf dem Weg zur Inklusion – Vorschlag für ein Phasenmodell

Wie aufgezeigt, sind in den deutschen Ländern die Prozesse in Richtung Inklusiver Bildung jeweils seit vielen Jahren – in unterschiedlicher Intensität – im Gange. Zeichnet man diese anhand der o.a. Indikatoren zu verschiedenen Zeitpunkten nach, so ergibt sich das komplexe Bild einer Schulsystementwicklung, die stetig weitergeht und in Phasen eingeteilt werden kann. Wenn die Situation der inklusiven Bildung in einem Land dargestellt werden soll, ist es daher unerlässlich, jeweils anzugeben, welchen Zeitpunkt oder Zeitraum die Darstellung umfasst, damit die o.a. Indikatoren im Sinne einer Hintergrundfolie zur Kenntnis genommen werden können. Denn, wie oben bereits erläutert, macht es einen Unterschied, in welcher Phase sich der Prozess in dem jeweiligen Land befindet. So können anhand des Integrationsanteils (Abb. 7 und Abb. 10) vier Phasen der Integrationsentwicklung unterschieden werden (siehe auch Pluhar 2015).

Tab. 1: Vier-Phasen-Modell der Entwicklung hin zu einem inklusiven Schulsystem, Groborientierung anhand des Integrationsanteils


Integrationsanteils

Phase

Merkmale

ca. 0 – 10 %

Initialphase

Elterninitiativen wie „Gemeinsam Leben…“ erstreiten Schulversuche, „Leuchtturmschulen“ entstehen, Know-how wird entwickelt. 90 % der Schüler*innen mit spFB sind noch in den Sonderschulen. Es gibt Pro und Contra Diskussionen. Relativ wenige allgemeine Schulen sind betroffen

 ca. 10 – 25 %

Entscheidungsphase

Die Strukturen für die flächendeckende Umsetzung des GU werden angelegt und schulrechtlich kodifiziert. Über die Aufgabenverteilung der allg. Schulen und Förderzentren wird entschieden. Die allgem. Schulen sind etwa bis zu einem Drittel der Grund-, Haupt- und Gesamtschulen involviert.

ca. 25 – 50 %

Konsolidierungsphase

Zunehmend mehr Schulen sind beteiligt, die neuen rechtlichen Grundlagen werden angewendet, alle Förderzentren unterstützen allgemeine Schulen. Es bilden sich Routinen heraus, Unebenheiten werden beseitigt, die Quote der Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf steigt insgesamt, da sich die Nachfrage erhöht. Das Kind, das Unterstützung braucht, muss aber nicht mehr automatisch in die Förderschule. Die Förderschulbesuchsquote sinkt entsprechend.

über 50 %

Verallgemeinerungsphase

Alle Schulen sind beteiligt, inzwischen ist viel Erfahrung auf allen Seiten entstanden, die Zahl der Kinder mit spFB steigt weiter moderat, die Zahl der Schüler*innen in Förderzentren sinkt. Diverse Förderzentren haben zunehmend keine eigenen Schüler*innen mehr. Die Stellen der Förderzentren werden überwiegend in allgemeinen Schulen eingesetzt. Erst in dieser Phase sind die Voraussetzungen für die flächendeckende Einführung der Inklusion entstanden.

Konkrete Schritte am Beispiel Schleswig-Holstein

Schulgesetz 1990: Einführung Gemeinsamen Unterrichts mit Unterstützung durch die Förderzentren; Ordnung für Sonderpädagogik (OSP), 1992: 1. Teil: Gemeinsamer Unterricht, 2. Teil Förderzentren; Erlass über Berücksichtigung der Fahrzeiten der Sonderschullehrkräfte, 1993; Ausbildungs- und Prüfungsordnung der Lehrkräfte, 1993; Erlass sonderpädagogische Schülerakte, 1994; Landesbesoldungsgesetz, 1995: integrative Schüler*innen werden für die Schulleiterbesoldung beim Förderzentrum zur Hälfte gezählt; Neues Planstellenbemessungsverfahren, 1996: Loslösung von der Prokopfzuweisung bei LSE, statt dessen Budget; Ausgleichsstundenerlass, 1997: Berücksichtigung der Zahl der Lehrkräfte bei den Förderzentren, nicht mehr der Schüler*innenzahl; Anwenderhinweise zu Organisations- und Finanzierungsfragen der Integration, 1997; Bekanntmachung über den Nachteilsausgleich, 1997; Ordnung für Sonderpädagogik (SoFVO), 2002; Neuer Lehrplan Sonderpädagogische Förderung, 2002, unabhängig vom Förderort, und damit Ablösung der Lehrpläne der Sonderschulen; Schulgesetzänderung, 2007: Strukturreform, Einführung der Gemeinschaftsschule, Abschaffung der Haupt- und Realschulen, Abschaffung des Wortes Sonderschule, da alle Förderzentren ihrem integrativen Auftrag nachkommen; Mindestgrößenverordnung, 2007: Selbständige Förderzentren sollen mindestens 1000 Grundschüler im Einzugsbereich haben; Schulgesetzänderung 2011: Vorrang der inklusiven Beschulung; Schulgesetzänderung, 2014: Förderzentren ohne Schüler*innen sind auch Schulen.

Bezogen auf Schleswig-Holstein, reicht die Abb. 7 nicht aus, da sie erst mit dem Jahr 1999 beginnt. Die statistische Erfassung des Integrationsanteils ist für Schleswig-Holstein bereits ab 1991 möglich, dabei ist die Entwicklung, wie erwähnt, bereits seit Ende 70er, Anfang 80er Jahren im Gange.

Abb. 11: Integrationsanteil der Schüler*innen mit spFB in allgemeinen Schulen von allen Schüler*innen mit spFB, alle Förderschwerpunkte, öffentliche Schulen in Schleswig-Holstein. 4 Phasen Modell (Daten: Bildungsministerium SH, eigene Darstellung).


Erst in der Verallgemeinerungsphase sind genügend Voraussetzungen vorhanden, flächendeckend die neue Entwicklung der Inklusion zu beginnen. Ab jetzt befindet sich die Mehrheit der Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den allgemeinen Schulen. Dadurch entstehen andere ‚Spielregeln’, die sich, wenn die Politik es befördert, mit den Forderungen der UN-BRK decken. Es ist kein ‚Gnadenakt’ der Schule mehr, Kinder oder Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf aufzunehmen, so wie noch in der Initialphase die Meinung vorherrschte, sondern die Eltern und ihre Kinder nehmen jetzt das menschenrechtlich begründete Recht auf inklusive Bildung wahr. Alle gesellschaftlichen Ebenen unterstützen dies. Die Staaten haben sich (Deutschland seit 2009) verpflichtet, ein inklusives Bildungssystem vorzuhalten und angemessene Vorkehrungen zu treffen, damit Kinder und Jugendliche mit Behinderungen dort qualitativ hochwertigen Unterricht bekommen. Inklusive Bildung meint in diesem Sinne die Schule für Alle, die alle Kinder individuell fördert und sicherstellt, dass alle Kinder angemessen und auf dem ‚State of the Art’ unterrichtet werden. Dazu muss gewährleistet werden, dass die notwendige sonderpädagogische Unterstützung eingesetzt werden kann. In Schleswig-Holstein geschieht das durch die Lehrkräfte der Förderzentren, die auch noch zuständig sind, wenn die Förderzentren keine eigenen Schüler*innen mehr haben. Ohne eigene Schüler*innen können sie sich vollkommen der Unterstützung der Schüler*innen in den allgemeinen Schulen widmen und stehen nicht mehr vor dem Dilemma, sich bei knappen Ressourcen für die ‚eigenen’ Schüler*innen und gegen die ‚anderen’ entscheiden zu müssen. Ein solches Phasenmodell erscheint geeignet, auch in anderen Ländern eine grobe Orientierung über deren erreichten Entwicklungsstand vorzunehmen und etwaige zukünftige Entwicklungen zu beschreiben.
Bisher wurden alle Förderschwerpunkte zusammen ‚im Durchschnitt’ betrachtet. Um einen konkreteren Einblick in die z.T. sehr unterschiedliche Arbeit in den Förderschwerpunkten zu erhalten, ist es notwendig, Daten zu den einzelnen Schwerpunkten gesondert zu betrachten. Zunächst wird der Förderschwerpunkt Lernen, dem die meisten Schüler*innen zugeordnet sind, statistisch dargestellt.
Abb. 12: Förderschulbesuchsquote: Anteil der Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf an allen Schüler*innen 1. bis 10. Jgst. alle Schularten, alle Förderschwerpunkte (blau) und Förderschwerpunkt Lernen (rot) (Daten: Bildungsministerium SH, eigene Darstellung).

Beide Kurven verlaufen seit 1985 fast parallel, zuvor wurde der Ausbau der Sonderschulen mit der Gründung des späteren Landesförderzentrums Sehen 1983 abgeschlossen. Verlängert man die Kurve der Förderschulbesuchsquote des Förderschwerpunktes Lernen in der gleichen Steigerungsrate, nämlich um 0,15 Prozentpunkte oder rund 400 Schüler*innen jährlich, so werden die Förderzentren Lernen im Jahr 2019 keine eigenen Schüler*innen mehr haben. Dass die Förderschulbesuchsquote im Förderschwerpunkt Lernen derart stark sinkt (im Jahr 1975 von 17.874 Schüler*innen mit Förderschwerpunkt Lernen auf 1.388 im Jahr 2015), ist einerseits mit der starken Zunahme der Integrationsquote zu erklären, andererseits mit der Zunahme der Prävention, die systematisch in der 1. und 2. Jahrgangsstufe der Grundschule ab dem Planstellenerlass 2008 vorgeschrieben wurde. Alle Förderzentren Lernen sind seitdem verpflichtet, die 1. und 2. Klassen der Grundschulen ihres Einzugsbereiches mit präventiven Stunden zu unterstützen, i.d.R. mit zwei Sonderschullehrerstunden je Klasse. Allerdings können die Schüler*innen, die präventiv gefördert werden, nicht eindeutig statistisch erfasst werden, da sie kein Verfahren durchlaufen und damit eindeutig gekennzeichnet werden können und vor allem, weil präventive Arbeit oft zeitlich befristet stattfindet. Es wird daher mit rund 4 von 100 Kindern gerechnet, die sonderpädagogische Unterstützung benötigen. Die durchschnittliche Klassenfrequenz in den Grundschulen Schleswig-Holsteins beträgt im Jahr 2014 insgesamt 21,4 Kinder je Klasse, vier Klassen erhalten dann rund acht Lehrerwochenstunden sonderpädagogische Unterstützung, ohne dass sonderpädagogischer Förderbedarf mit einem aufwendigen diagnostischen Verfahren ermittelt werden müsste. Dieses System der pauschalen Zuweisung ist nach niedersächsischem Muster in Schleswig-Holstein übernommen worden und betrifft die Förderschwerpunkte Lernen, Sprache und emotionale und soziale Entwicklung. Die Erfahrungen damit sind positiv, in einzelnen Kreisen werden inzwischen alle Grundschulklassen auf diese Weise versorgt, wobei die Grundschule in enger Abstimmung mit dem Förderzentrun die Verteilung in den Klassen eigenständig vornehmen kann. Das diagnostische Verfahren zur Feststellung Sonderpädagogischen Förderbedarfs wird nur noch angewendet, wenn es zum Schutz der*des Schüler*in benötigt wird. Ansonsten gilt für alle Schüler*innen mit Lernschwierigkeiten oder auch mit Hochbegabung, dass sie einen Lernplan oder, wenn ein sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt wurde, einen Förderplan erhalten, der als Arbeitsgrundlage für die*den Schüler*in, die in der Klasse tätigen Lehrkräfte, die Eltern des Kindes und die Lehrkraft vom Förderzentrum dient.
Diese Art der Zusammenarbeit in Schule und Unterricht sowie die inklusive Einstellung aller Beteiligten sollten es ermöglichen, dass auf eine förmliche Feststellung sonderpädagogischen Förderbedarfs verzichtet werden kann. Das gilt insbesondere für die drei Förderschwerpunkte LSE. Voraussetzung ist allerdings, dass die Zuweisung von Ressourcen entkoppelt wird von der Zahl der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf, wie es in Schleswig-Holstein 1996 mit einer pauschalen Zuweisung von Lehrerstellen für Sonderpädagogik in einzelnen Förderschwerpunkten begonnen wurde.
In den Abb. 13 bis Abb. 16 werden die Quoten für die drei Förderschwerpunkte Lernen, Sprache, Emotionale und soziale Entwicklung einzeln und für LSE zusammen zum besseren Vergleich im selben Maßstab dargestellt.

Abb. 13 Förderschwerpunkt Lernen, Förderquote in % aller Schüler*innen der Jgst. 1-10 aller Schularten, darunter Förderschulbesuchsquote (blau) und Integrationsquote (rot) 2014 (Daten: KMK, eigene Darstellung).

Abb. 14 Förderschwerpunkt Sprache, Förderquote in % aller Schüler*innen der Jgst. 1 – 10 aller Schularten, darunter Förderschulbesuchsquote (blau) und Integrationsquote (rot) 2014 (Daten: KMK, eigene Darstellung).

Abb.15 Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung in % aller Schüler*innen der Jgst. 1 – 10 aller Schularten, Förderquote, darunter Förderschulbesuchsquote (blau) und Integrationsquote (rot) 2014 (Daten: KMK, eigene Darstellung).

Abb. 16 Förderschwerpunkte LSE, Förderquote in % aller Schüler*innen der Jgst. 1 – 10 aller Schularten, darunter Förderschulbesuchsquote (blau) und Integrationsquote (rot) 2014 (Daten: KMK, eigene Darstellung).

Hier nun die summierte Darstellung der drei Förderschwerpunkte. Der Vergleich zeigt, dass Bremen und Schleswig-Holstein in der Entwicklung der drei Förderschwerpunkte die niedrigsten Förderschulbesuchsquoten nachweisen (obgleich beide vor einigen Jahren noch die höchsten Quoten der alten Bundesländer aufzuweisen hatten) bei gleichzeitig relativ hohen Integrationsquoten. Diese Aussage gilt für die drei Förderschwerpunkte jeweils einzeln und auch zusammen. Insbesondere haben beide Länder keine Schüler*innen mehr in zuvor bestehenden Förderschulen Sprache. Stattdessen arbeiten die Sprachheillehrkräfte in Schleswig-Holstein von den Förderzentren LSE aus in den Kindertagesstätten, um zusammen mit den Erzieher*innen und mit den ansässigen Logopäd*innen möglichst frühzeitig Sprachentwicklungsverzögerungen zu erkennen und rechtzeitig vor Schulbeginn zu beheben. Falls das noch nicht zu zufrieden stellenden Ergebnissen führt, erhalten die Kinder in der Grundschule weitere Sprachheilförderung. Die früheren Sprachheilschulen konnten bereits geschlossen werden – bis auf eine, die als Schule ohne Schüler*innen ausschließlich präventiv und integrativ arbeitet. Eine Sprachheillehrkraft pro Kreis und kreisfreier Stadt treffen sich regelmäßig mit der Landeskoordinatorin zur Fortbildung und Abstimmung und tragen das dort Vermittelte in ihren Kreis zur Weitergabe an die im Kreis tätigen Sprachheillehrkräfte.
Kinder, die Unterstützung im Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung benötigen, werden ebenfalls, soweit es geht, präventiv gefördert. In Schleswig-Holstein hat sich in diesem Schwerpunkt ein gemeinsames präventives Handeln von Lehrkräften der Grundschulen und der Förderzentren LSE durchgesetzt, so dass so wenig wie möglich sonderpädagogischer Förderbedarf förmlich festgestellt werden muss. Ein Netz von Kreisfachberater*innen der Erziehungshilfe hat sich etabliert, die regelmäßig miteinander auf Landesebene tagen und anschließend mit den Ansprechpartner*innen der Förderzentren in ihrem Kreis. Auf diese Art gelingen Absprachen und fachliche Qualitätssicherung. Das schleswig-holsteinische Konzept setzt traditionell nicht auf Schulen für Verhaltensgestörte. Dieses stellt sich als gute Grundlage für eine inklusive Entwicklung heraus, weil bestehende Institutionen nicht erst abgebaut werden müssen, sondern die Förderzentren LSE ihrem integrativen Auftrag unbelastet nachkommen können.
Anders verhält es sich mit den Förderzentren Geistige Entwicklung:

Abb. 17: Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung, Förderquote in % aller Schüler*innen der Jgst. 1 – 10 aller Schularten, darunter Förderschulbesuchsquote (blau) und Integrationsquote (rot) 2014, KMK Daten, eigene Darstellung

In diesem Förderschwerpunkt gibt es in Schleswig-Holstein die größte Herausforderung. Zum einen ist die Förderquote traditionell relativ hoch, und sie ist zudem die letzten Jahre trotz Sinkens der Schüler*innengesamtzahl gestiegen.
Rund 3.000 Schüler*innen besuchen Förderzentren mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung und nur 500 Schüler*innen mit diesem Förderschwerpunkt werden integrativ unterrichtet. Damit ergibt sich eine Relation von rund 15% Integration zu 85% im Förderzentrum. Die Eltern der Kinder entscheiden sich überwiegend für das Förderzentrum und solange in den allgemeinen Schulen nicht ein äquivalentes Betreuungsangebot besteht, werden die Eltern das Förderzentrum wohl auch weiterhin wählen, auch wegen der Sicherheit vor Schulwechsel, der Weiterführung in der WfbM und dem Taxitransport.
Diese Relation erfordert besondere Anstrengungen der 28 Förderzentren und regionale Konzepte, denn es ist auch ihre Aufgabe, die UN-BRK umzusetzen. Das Bildungsministerium will Campuslösungen unterstützen, in denen benachbarte Schulen Kooperationen eingehen, die alle Formen der Kooperation und der Integration erproben sollen. Besondere Bedeutung kommt der engen Kooperation der Förderzentren Geistige Entwicklung mit den Beruflichen Schulen zu. Hierzu gibt es mehrere bemerkenswerte Best-Practice-Beispiele. Für die Entwicklung auf diesem Gebiet sind weitere Anstrengungen nötig, was am Beispiel Bremens sehr gut nachzuvollziehen ist. Als einziges Bundesland ist es dort gelungen, Schüler*innen mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung fast ausnahmslos in den allgemeinen Schulen zu unterrichten. Auch in Hamburg sind ähnliche Entwicklungen zu beobachten.
Für den Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung gibt es in Schleswig-Holstein fünf Förderzentren. Diese werden von insgesamt rund 500 Schüler*innen besucht. Darüber hinaus wurde Förderbedarf in diesem Bereich bei über 700 Schüler*innen festgestellt, die aber in allgemeinen Schulen unterrichtet und durch die entsprechenden Förderzentren und speziell durch die Lehrkräfte für Beratung und Unterstützung Körperbehinderter (BUK) gefördert werden. Die BUK-Lehrkräfte sind an den Förderzentren LSE angesiedelt, treffen sich aber regelmäßig landesweit mit zwei Koordinatoren, bilden sich gemeinsam fort, führen Fallbesprechungen durch und bringen sich immer wieder fachlich auf den aktuellen Stand. Auf diese Weise wurden bisher über 100 Lehrkräfte für Sonderpädagogik im Förderschwerpunkt körperlicher und motorischer Entwicklung aus- und regelmäßig fortgebildet. Die beiden Koordinatoren sind wie die Koordinator*innen der anderen Kreisfachberater*innen die fachlichen Ansprechpartner für das Ministerium.

Abb. 18 Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung, Förderquote in % aller Schüler*innen der Jgst. 1 – 10 aller Schularten, darunter Förderschulbesuchsquote (blau) und Integrationsquote (rot) 2014. (Daten: KMK, eigene Darstellung).

Im Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung wie in den beiden folgenden Schwerpunkten gibt es in den Ländern zwei grundsätzlich verschiedene Ansätze: Zum einen werden Schüler*innen mit mehreren Förderschwerpunkten in das Förderzentrum aufgenommen, dann gibt es dort i.d.R. eine Abteilung für so genannte Schwerstbehinderte, gemeint ist damit zusätzlicher Förderbedarf im Schwerpunkt Geistige Entwicklung. Zum anderen, und dazu zählt Schleswig-Holstein, haben sich Länder entschieden, Schüler*innen mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung entweder integrativ oder in den Förderzentren Geistige Entwicklung aufzunehmen und die nötige Expertise durch Lehrkräfte der anderen Förderzentren sicher zu stellen. Zudem werden in drei Hamburger Förderschulen am östlichen, nördlichen und westlichen Stadtrand Plätze für Kinder mit Förderbedarf Körperliche und motorische Entwicklung aus dem Hamburger Umland vorgehalten, für die im Hamburger Abkommen die Finanzierung durch Schleswig-Holstein festgelegt wurde.

Abb. 19 Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation, Förderquote, darunter Förderschulbesuchsquote (blau) und Integrationsquote (rot) (Daten: KMK 2014, eigene Darstellung).

Mehr als zwei Drittel der 680 Schüler*innen mit Förderschwerpunkt Hören besuchen allgemeinbildende Schulen in Schleswig-Holstein und weniger als ein Drittel (rund 150) besucht das Landesförderzentrum Hören in Schleswig. Das Landesförderzentrum berät und unterstützt in der Frühförderung, in Kitas, in den Schulen aller Schularten, auch in anderen Förderzentren immer dann, wenn es um Schüler*innen mit Gehörlosigkeit oder Schwerhörigkeit geht und beim Übergang in die Berufsausbildung in allen Bereichen der Hörgeschädigten Pädagogik. Das Landesförderzentrum unterstützt die inklusive Entwicklung der Schulen, in denen seine Lehrkräfte arbeiten. Im Zentrum bietet es Kurse an, damit Schüler*innen mit Hörschädigung, die allgemeinbildende Schulen besuchen, auch andere Schüler*innen mit Hörschädigung kennen lernen und mit ihnen im Sinne von Peer Group Erfahrung kommunizieren können. Darüber hinaus gibt es 40 Plätze für hörgeschädigte Kinder aus SH in Hamburger Hörgeschädigtenschulen, die von Schüler*innen aus der Umgebung Hamburgs genutzt werden.

Abb. 20 Förderschwerpunkt Sehen, Förderquote in % aller Schüler*innen der Jgst. 1 – 10 aller Schularten, darunter Förderschulbesuchsquote (blau) und Integrationsquote (rot) (Daten: KMK 2014, eigene Darstellung).

Als das heutige Landesförderzentrum Sehen 1983 als erstes Förderzentrum ohne Schüler*innen gegründet wurde, wurde in Fachkreisen davon ausgegangen, dass dies der Prototyp eines Ressource Centers für Kinder mit Sehbehinderung und später auch mit Blindheit war, wie es in Amerika bereits existierte und von Mitgliedern des Gründungskollegiums in Augenschein genommen wurde. Man erwartete, dass es viele Nachahmer in den deutschen Ländern fände. Wie Abb. 20 zeigt, ist diese Erwartung im Bereich des Förderschwerpunktes Sehen nicht eingetreten. Das Landesförderzentrum Sehen in Schleswig existiert seit 33 Jahren, es hat sehr viel Expertise gesammelt in der Beratung und Unterstützung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Sehschädigung in allen Entwicklungsphasen, allen Bildungseinrichtungen, allen Lebensbereichen und in allem auf Sehschädigung und ihre Auswirkungen bezogenen Know-how. Die Organisationsstruktur ist funktional, die Lehrkräfte und das sonstige Personal bilden multiprofessionelle Teams (Frühförderung, sehbehinderte Schüler*innen in allgemeinbildenden Schulen, blinde Schüler*innen in allgemeinbildenden Schulen, Berufsbildung, Schüler*innen mit Sehschädigung in Förderzentren Geistige Entwicklung, Kurse, Verwaltung). Die Tatsache, dass das Zentrum bis heute keine Schüler*innen aufgenommen hat, zeigt, dass es seinen Auftrag der Unterstützung der integrativen und inklusiven Entwicklung der allgemein- und der berufsbildenden Schulen erfüllt. Im Übrigen ist zu ergänzen, dass das Landesförderzentrum mit insgesamt über 900 wesentlich mehr Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene berät und unterstützt, als in der amtlichen Schulstatistik verzeichnet (223 Schüler*innen mit Sehschädigung), denn die Frühförderung, die Unterstützung in den anderen Förderzentren sowie die Unterstützung beim Übergang Schule Beruf und zu Beginn der universitären Ausbildung wird in der Schulstatistik nicht abgebildet. Auch hier ist noch Anpassungsbedarf. Zusätzlich zu den über 900 blinden und sehbehinderten Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen kommen noch bis zu 20 Plätze, die in der Hamburger Blindenschule für Schleswig-Holstein reserviert sind, für den Fall, dass eine (befristete) Internatsunterbringung erforderlich ist.
Zu den bisher dargestellten sieben Förderschwerpunkten kommen in SH noch rund 1000 Schüler*innen mit Autismus und Schüler*innen mit langfristiger oder wiederkehrender Erkrankung, die nicht näher beziffert werden können, weil sie präventiv gefördert und durch die BIS Autismus oder durch das Landesförderzentrum Kranke unterstützt werden.

Eine Übersicht über den Einsatz der 2.153 laut Planstellenerlass für das Schuljahr 2015/16 zur Verfügung stehenden Lehrerstellen für Sonderpädagogik gibt die Abb. 21. Von den Förderzentren wurden die für sonderpädagogische Förderung eingesetzten Lehrerwochenstunden in den u.a. Bereichen ausgewiesen. Leider werden bis heute keine in der Prävention eingesetzten Lehrerstellen für Sonderpädagogik in der KMK Statistik dokumentiert. In Schleswig-Holstein ist das jedoch möglich, wie Abb. 21 zeigt.

 

Von den FöZ  werden insges. rd. 2.150 Stellen für SoPäd. Förd.  eingesetzt

 

darunter für Prävention

 

darunter  für Integration

 

darunter im Förderzentrum

 

darunter für dauerhaft Kranke

 

22,4%

34,7%

40,1%

2,8%

Abb. 21 Verteilung der Lehrer*innenstellenanteile für Sonderpädagogik in SH im Schuljahr 2015/16. öffentliche Schulen (Daten: Bildungsministerium SH, Bericht zur Unterrichtssituation 2015/16, Tab. 7.2, eigene Darstellung)

Nur noch etwas mehr als 1/3 der 2.153 für sonderpädagogische Förderung aufgewendeten Lehrerstellen werden in den Förderzentren selber eingesetzt. Fast 2/3 der Lehrer*innenstellen für Sonderpädagogik werden präventiv in Kindertagesstätten, allgemeinbildenden- und berufsbildenden Schulen und im integrativen Unterricht für Kinder mit festgestelltem sonderpädagogischen Förderbedarf sowie in der Beratung und Unterstützung der Kinder, ihrer Eltern und Lehrkräfte eingesetzt. Die Lehrkräfte für Sonderpädagogik werden bei den Förderzentren geführt und arbeiten in den allgemeinen Schulen. Dass in den Förderzentren deutlich mehr Lehrkräfte für Sonderpädagogik arbeiten als vergleichsweise in der Integration, liegt daran, dass in den Förderzentren die Klassenfrequenzen deutlich geringer sind als in den allgemeinen Schulen und dass deshalb erheblich mehr Stunden je Schüler*in eingesetzt werden müssen, um den notwendigen Unterricht zu erteilen. Die Übersicht in Abb. 21 zeigt ebenfalls, dass die, wie durch das Klemm-Gutachten aufgezeigt, zusätzlich erforderlichen rund 500 Lehrer*innenstellen für Sonderpädagogik einer außerordentlichen Steigerungsrate von etwa 20% entspricht. Hierbei wird zum Einen klar, dass in SH bisher eher eine Unterfinanzierung herrschte und zum Anderen, dass die Landesregierung im Bereich der inklusiven Bildung einen deutlichen Schwerpunkt setzt.

Ganz aktuelle Entwicklungen zeigen, dass auch weitere Fortschritte zu verzeichnen sind. Nach jahrelangen Bemühungen ist ein Durchbruch gelungen: Es gibt seit Dezember 2016 eine Vereinbarung zwischen Sozial- und Bildungsministerium mit den Kommunalen Landesverbänden bezüglich der Unterstützung der Inklusion in den Schulen. Hierbei geht es darum, dass das Land in den Grundschulen Assistenzkräfte für die inklusive Arbeit stellt und die Kommunen nunmehr anerkennen, dass der Individualanspruch auf Schulbegleitung dadurch nicht entfällt. Diese Tendenz wurde ebenso aktuell vom Bundessozialgericht in Kassel bestätigt. Beides sind Meilensteine, die den Weg in Richtung inklusiver Bildung weiter ebnen, insbesondere in einem Flächenland mit seiner mehrstufigen Verwaltung, in der die Entscheidungsprozesse komplizierter verlaufen als in den Stadtstaaten.

6. Einschätzung & Ausblick

Spannend wird sein, wie sich das Schulsystem Schleswig-Holsteins auch durch demographische Faktoren in eine inklusionsorientierte Richtung weiterentwickelt. Ein wesentlicher Baustein wird dabei die Etablierung der Gemeinschaftsschule sein. Diese Schulform ist „letztlich mit der Inklusion untrennbar verbunden […]. Denn Gemeinschaftsschule darf sich nicht darauf beschränken soziale Benachteiligung und Leistungsdefizite auszugleichen, sie ist nur dann konsequent, wenn sie auch inklusiv ist. Ebenso ist Inklusion ohne Gemeinschaftsschule kaum denkbar, denn sie ist der Rahmen, in welchem sich körperliche, geistige und psychische Behinderungen bestmöglich aufarbeiten lassen“ (Northoff 2012, 8). Gemeinschaftsschulen erfreuen sich in Schleswig-Holstein großer Beliebtheit. Vor allem im ländlichen Raum erhalten sie eine große Resonanz, da hier nun die Möglichkeiten einer wohnortnahen höherwertigen Bildung verbessert werden. So entstehen beispielsweise gymnasiale Angebote (im Rahmen einer Gemeinschaftsschule) in einigen Gebieten, die bis dato nicht über solch eine Möglichkeit verfügten (vgl. Ehlers & Frank 2009, 295). Und auch parteiübergreifend erhält die neue Schulart Zustimmung und kann somit den Grundstein für einen tiefgreifenden Wandel bilden. So ist z.B. fast jeder Schulträger, der zum Beginn des Schuljahres 2008/09 eine Gemeinschaftsschule erfolgreich beantragte, CDU-regiert – und das obwohl die Landespartei die Leitlinie ausgegeben hatte, das gegliederte Schulsystem zu erhalten und die Einrichtung von Regionalschulen zu präferieren (vgl. Jungmann 2008, 118). Dass sich diese Entwicklung fortsetzen wird, ist zu erwarten. So stellte die Bertelsmann Stiftung (2009) fest, dass sich die Zahl der Schüler*innen in Schleswig-Holstein insgesamt, aber gerade in den Sekundarschulen bis 2025 um ein Fünftel verringern wird – der Bedarf an Schulen, die inklusiv und ohne Selektion arbeiten, wird daher steigen.

Bemerkenswert ist, dass das Bildungsministerium stetig darauf hinweist, dass Inklusion „eine zentrale Aufgabe aller [!] Schulen [ist]. In diesem Prozess werden sie insbesondere von den Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen der Förderzentren unterstützt. Lehrkräfte aller Schularten richten ihr Selbstverständnis auf dieses Zusammenwirken aus“ (Ministerium für Schule und Berufsbildung des Landes Schleswig-Holstein 2016: 4). Vor allem die Förderzentren in den Bereichen „Lernen, Sprache und emotionale und soziale Entwicklung (LSE)“ setzen ihre Entwicklung in Richtung einer Schule ohne eigene Schüler*innen fort. Förderzentren geistige Entwicklung unterstützen ebenfalls integrative Maßnahmen, um hier in der Entwicklung der anderen Förderschwerpunkte quantitativ anzuschließen, sollen zukünftig neue Modelle der Zusammenarbeit mit allgemeinbildenden Schulen erprobt werden. Generell plant das Ministerium eine systematische Vernetzung aller Förderzentren in der Region sowie mit den überregionalen Förderzentren. Weitere konkrete nächste Handlungsschritte sind von Bildungsministerin Ernst in einem Arbeitspapier „Inklusion an Schulen“ im Januar 2016 dem Landtag vorgelegt worden (vgl. ebd.: 10): Darin sind die folgenden Arbeitsschwerpunkte vorgesehen:

Insgesamt ist festzuhalten:
Schleswig-Holstein ist auf dem langen Weg in Richtung Inklusion ein gutes Stück vorangekommen. Es wurde vielerorts verstanden, dass Inklusion ‚Chefsache‘ ist, also Unterstützung durch die Landesregierung erhält. Das gilt für alle Ebenen: für das Land (Bildungsminister*in) für Kreise (Landrat*in, Schulrat*in)  und kreisfreie Städte (Oberbürgermeister*in) sowie für Gemeinden (Bürgermeister*in) und alle Schulen (Schulleiter*in). Vernetzung ist notwendig. Gerade was die Implementation von inklusiven Schulen in die kommunale Ebene anbetrifft, sind Weiterentwicklungsmöglichkeiten erkennbar:

 

In Schleswig-Holstein wurden bereits viele Entwicklungen auf dem Weg zur inklusiven Bildung in der Vergangenheit angestoßen. Da es sich um einen langfristigen Prozess handelt, wird weiter zu beobachten sein, welche Maßnahmen in Zukunft folgen und welche Schlüsse daraus für alle Schüler*innen gezogen werden.

7. Literatur

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[1] Es ist darauf hinzuweisen, dass bei dieser so genannten Zweigliedrigkeit zum einen der sonderpädagogische Bereich komplett ignoriert wird. Zum anderen wird dabei außer Acht gelassen, dass langfristiges Ziel die Schule für Alle ist, die keine vertikale Gliederung kennt.

[2] Aufgrund der häufig wechselnden Bezeichnungen des Ministeriums verwenden die Autor*innen die vereinfachenden Begriffe der*des Bildungsminister*in sowie des Bildungsministeriums. Die jeweils gültige Bezeichnung findet sich in den Literaturverweisen.

[3] In SH werden schulgesetzlich die allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen sowie die Förderzentren unterschieden. Allgemeine Schulen beinhalten alle Schularten außer  Förderzentren.