Karolina Goschiniak: Eine psychodynamische Betrachtung von Ausgrenzungsprozessen im Rahmen von Inklusion

Abstract: In diesem Beitrag soll die Bedeutung von gruppendynamischen Prozessen für eine inklusive pädagogische Praxis herausgearbeitet werden. Einleitend wird ein kurzer Problemaufriss des Paradigmenwechsels im bildungspolitischen Diskurs gegeben. Im Fokus der weiteren Betrachtung stehen Gruppenbildungsprozesse und ihre Bedeutung für die Entstehung von inklusiven und exklusiven Situationen in der pädagogischen Praxis. Abschließend werden veränderte Ansprüche an das professionelle pädagogische Handeln in Bezug auf die Betrachtung von psychodynamischen Prozessen im Gruppengeschehen aufgezeigt.

Stichworte: Inklusion; Elementarbereich; Kindergruppe; Gruppenanalyse

Inhaltsverzeichnis

  1. Inklusion beginnt im Kopf
  2. Zur Entstehung von Ausgrenzungsprozessen
  3. Konsequenzen für eine inklusive heil- und sonderpädagogische Praxis
  4. Literatur

1 Inklusion beginnt im Kopf

Die Umsetzung von Inklusion im Rahmen des bildungspolitischen Paradigmenwechsels stellt die pädagogische Praxis vor zahlreiche Herausforderungen. Die Umsetzung von Inklusion stößt nicht nur durch unterschiedlichste Definitionen und einen unklaren und teilweise widersprüchlichen theoretischen Rahmen auf Widerstände. Auf der äußeren, strukturellen Ebene ergeben sich Schwierigkeiten durch die Frage nach der Finanzierung, den Mangel an Fachkräften oder den Umbau von Gebäuden hin zur Barrierefreiheit. Auf der innerpsychischen bzw. subjektiven Ebene muss eine reflexive Auseinandersetzung mit der eigenen Haltung gegenüber Heterogenität und damit einhergehenden Vorstellungen von Bildung und Erziehung erfolgen. Bereits 1982 postulierte Feuser im Zuge der Integrationsbewegung, dass diese im Kopf beginnen müsse (Feuser zit. n. Schache 2012, o.S.). Diese Umformulierung von ‚Inklusion beginnt im Kopf’ stellt jedoch „keineswegs dieselben Forderungen in einem anderen Begriffs-Kleid dar, vielmehr muss die Forderung nach Inklusion einen ‚tieferen’ Ansatzpunkt finden“ (Schache 2012, o.S.).
Inklusion beschreibt eine Gesellschaft, in der jeder Mensch, unabhängig von seinen körperlichen, psychischen, sozialen oder ethnischen Zuschreibungen, gleichberechtigt und akzeptiert, teilhaben kann. Vielfalt und Heterogenität werden als Bereicherung aufgefasst, was einem Streben nach einer bestimmten allgemeingültigen Norm entgegensteht (vgl. Hinz 2009; Prengel 2014). Inklusion geht damit weit über die Ziele von Integrationen hinaus: Wo Integration den Menschen mit Behinderung in ein bestehendes System einpassen möchte, betrachtet Inklusion jeden Menschen als Teil der Gesellschaft, ohne ihn von vornherein Gruppen zuzuordnen. Inklusion zielt also darauf ab, das System dem Bedürfnis des Menschen anzupassen, wobei ein verändertes Verständnis von Normalität und Vielfalt die Basis bildet (vgl. Albers 2012). Eine ausschließliche Zuordnung des Diskurses in den sonder- und heilpädagogischen Verantwortungsbereich, im Sinne einer Weiterentwicklung von Integration, würde eine simplifizierte Sichtweise darstellen, da es sich bei dem Begriff der Inklusion um ein Paradigma handelt, welches auf allen Ebenen des gesellschaftlichen Lebens umgesetzt werden soll.
Im Bereich der Bildungspolitik wurde der Paradigmenwechsel vor allem durch den Einfluss der UN-Behindertenrechtskonvention 2009 angestoßen. Allerdings greift auch diese Konvention ‚Behinderung’ als zentrale Kategorie auf, sodass sie den Forderungen der Inklusion nach De-Kategorisierung nicht entsprechen kann und Kategorien implizit weitertransportiert (vertiefend zu diesem Diskurs Ahrbeck 2014; Katzenbach 2015; Wocken 2012). Für diesen Beitrag ist es jedoch wichtig anzumerken, dass es einen dialektischen Umgang mit Zuschreibungs- bzw. Etikettierungsprozessen bedarf, der eine stetige Reflexion des eigenen Verständnisses von Normalität voraussetzt, um Ausgrenzungsprozessen entgegenzuwirken.
Die „innere Seite von Inklusion“ (Katzenbach 2012) deutet daraufhin, dass auch die besten Rahmenbedingungen nichts nützen, wenn die beteiligten Akteure ihre Einstellung und Haltung gegenüber Heterogenität und Vielfalt nicht ändern. So wird die Notwendigkeit deutlich, die innerpsychischen Aspekte von Ausgrenzung in der pädagogischen Praxis zu betrachten und in diesem Zuge auch den veränderten Anspruch an pädagogische Fachkräfte zu reflektieren. Inklusion basiert auf der Einstellung eines jeden, die Vielfalt der Menschen wahrzunehmen und zu akzeptieren. In Gruppen von Menschen ergeben sich jedoch häufig, zum Teil unbewusste Ausgrenzungsdynamiken, die es im Zuge der Inklusion genauer zu betrachten gilt. Der Paradigmenwechsel spricht eine Revision des Menschenbildes an, was die Reflexion der eigenen Einstellung und Haltung gegenüber Heterogenität und Vielfalt voraussetzt. Wird diese Vielfalt jedoch als Problem oder gar als Bedrohung bewertet, so wird Inklusion nicht umzusetzen sein. Dies stellt hohe Ansprüche an die Professionalität der Fachkräfte und an die Qualität der pädagogischen Arbeit im Sozial- und Bildungssektor. Daraus ergibt sich die Frage, wie es möglich sein könnte, die Einstellungen der Fachkräfte so zu verändern, dass Heterogenität und Vielfalt in Zukunft idealerweise als Bereicherungen wahrgenommen werden. Somit müssen Institutionen nicht nur ihre äußeren Rahmenbedingungen anpassen, um die gleichberechtigte Teilhabe am Bildungssystem zu ermöglichen. Es bedarf vor allem eines Abbaus ‚innerer’ Barrieren und damit einhergehend einer Neu- bzw. Weiterentwicklung pädagogischer Fähigkeiten (vgl. Albers 2012; Funder, Fürstaller & Hover-Reisner 2013; Turner 2016).
Inklusion geht somit mit einem psychischen und sozialen Reifungsprozess einher, der die Verarbeitung eigener, auch unangenehmer Affekte, wie z.B. Angst, Scham oder Ekel erfordert (vgl. Traxl 2016). Wenn eine solche innere Auseinandersetzung innerhalb der Inklusion nicht erfolgen kann oder gar zu einer emotionalen bzw. kognitiven Überforderung führt, kann es zu Prozessen der Abwehr kommen, die wiederum Ausgrenzung auf individueller sowie gesellschaftlicher Ebene begünstigen (vgl. Albers 2010). Eine gelingende inklusive Pädagogik setzt voraus, dass die Fachkräfte ein Bewusstsein dafür entwickeln, welche (unbewussten) Reaktionen ein Kind, sei es aufgrund seiner Behinderung, kultureller Hintergründe oder charakterlicher Eigenschaften, bei ihnen selbst und in seiner Umwelt auslösen kann. Wichtig sei dabei anzumerken, dass Ausgrenzungskriterien in keinem Fall monokausal bestimmten Bezugsgruppen zugeordnet werden können, sondern, im Sinne der Inklusion, allen Kindern, die von Ausgrenzung bedroht sind, Beachtung geschenkt werden muss. Jedoch kann auch die Verleugnung einer gewissen Gruppenzugehörigkeit dazu beitragen, dass es nicht zu einer Auflösung von Ausgrenzung, sondern im schlimmsten Fall zu einer Verstärkung dieser Dynamik kommt.

2 Zur Entstehung von Ausgrenzungsprozessen

Durch den Paradigmenwechsel hin zur Inklusion ist zwar der Anspruch verbreitet, alle von Ausgrenzung bedrohten Kinder, die Gründe mögen hier unterschiedlich (bewusst und unbewusst) sein, nicht auszuschließen, jedoch sind meist die hierzu benötigten inneren Strukturen nicht gegeben. Aus einer psychodynamischen Perspektive ist davon auszugehen, dass zwischen Kindern und ErzieherInnen und auch zwischen Kindern untereinander, unterschiedliche individuelle oder gruppenspezifische Dynamiken entstehen können und diese teilweise so stark sind, dass es unumgänglich ist, die daraus entstehenden unbewussten oder auch bewussten Ausgrenzungsprozesse zu agieren. So wird deutlich, dass das Problem der Ausgrenzung nicht zwangsläufig dem bestimmten Verhalten eines Kindes zugeordnet werden kann, sondern dass es sich hierbei vielmehr um ein Zusammenspiel unterschiedlicher Psychen handelt (vgl. Eggert-Schmid Noerr 2012). „In dem Moment, in dem sich Kinder zu einer Gruppe zusammenschließen, grenzen sie sich nach außen ab und neigen schon dadurch zur Konstruktion von Außenseitern“ (ebd., S. 35). In der Regel können bereits ab dem dritten Lebensjahr Gruppenbildungen in der Kindertagesstätte beobachtet werden, auch wenn diese zunächst so aufgebaut werden, dass zwei Kinder miteinander spielen und ein Drittes zuschaut. Genau genommen sind bereits in solchen Situationen soziale Ausgrenzungsprozesse zu beobachten, werden sie doch mit fortschreitender Entwicklung weiter ausdifferenziert.
Ausgrenzungsprozesse können auf zwei Ebenen untersucht werden: Zum einen auf der Ebene der ausgrenzenden Gruppe und zum anderen auf der Ebene des ausgegrenzten Kindes und seiner individuellen Lebensgeschichte. Zu betonen sei jedoch an dieser Stelle, dass sich diese Perspektiven nur beschränkt voneinander isolieren lassen, denn es handelt sich bei Ausgrenzung immer um einen dynamischen Prozess. Die psychodynamische Perspektive hilft bei der Betrachtung dieser Ebenen, indem sie „[...] das Erleben und Verhalten der Einzelnen entweder in der Verstricktheit ihrer lebensgeschichtlich hergestellten unbewussten Interaktionsformen oder als Ausdruck einer unbewussten Gruppenkonstellation zu verstehen sucht“ (ebd., S. 41).

2.1 Ausgrenzungsprozesse in der Gruppe

Es ist eine Fähigkeit des Menschen als soziales Wesen, Gruppen zu bilden. Anders als bei den meisten anderen sozialen Lebewesen ist das Gruppenverhalten sehr differenziert und dynamisch zu betrachten. Der Mensch ist in der Lage unterschiedlichen Gruppen anzugehören, diese zu wechseln und verschiedene Gruppenziele zu verfolgen. Aber auch innerhalb einer Gruppe ist es ihm möglich, unterschiedliche Rollen einzunehmen. Sozialpsychologisch ist der Gruppenbegriff immer aus der Perspektive der Personen zu betrachten, die sich als Gruppe definieren: „Eine Gruppe ist eine Menge von Individuen, die sich selbst als Mitglieder derselben sozialen Kategorie wahrnehmen und ein gewisses Maß an emotionaler Bindung bezüglich dieser gemeinsamen Selbstdefinition teilen“ (Stürmer & Siem 2013, S. 11). In dieser Definition wird zwischen der Eigengruppe, zu der das Individuum sich zugehörig fühlt, und der Fremdgruppe als relevante Vergleichsgruppe, unterschieden. Die emotionale Beziehung der Gruppenmitglieder untereinander hat Einfluss auf den Zusammenhalt einer Gruppe, dem sogenannten ‚Wir-Gefühl’. Dieser Zusammenhalt kann je nach Gruppe, sozialem Kontext und über einen gewissen Zeitraum variieren. Die Beziehung eines Gruppenmitglieds zur Eigengruppe wird als soziale Identifikation bezeichnet und besteht zum einen aus dem Stellenwert, den die Gruppenmitgliedschaft für die Selbstdefinition einer Person hat und zum anderen daraus, wie viel eine Person emotional in die Mitgliedschaft der Eigengruppe investiert. Einzelne Gruppenmitglieder können sich grundsätzlich unterschiedlich stark mit der eigenen Gruppe identifizieren, was davon abhängig ist, welche Erfahrungen sie dort sammeln und auch, ob die Gruppenmitgliedschaft selbst gewählt (z.B. Freizeitgruppe) oder durch soziale Strukturen (z.B. Geschlecht oder Ethnie) vorgegeben wurde. Im gesellschaftlichen Kontext wäre noch zu betrachten, ob es sich bei der Gruppe um eine Minoritäts- oder Majoritätsgruppe handelt. Studien konnten belegen, dass Minoritäten häufig einen geringeren sozialen Status haben und die Mitglieder in geringerem Maße positive Gefühlszustände aufgrund der Gruppenzugehörigkeit erleben (vgl. ebd.).
In einer Gruppe können Bedürfnisse nach Nähe und Übereinstimmung befriedigt werden. Es kann eine Grundstimmung wechselseitiger Anteilnahme und Fürsorge entstehen, die alle Mitglieder genießen. Hierbei können Intimität und Verschmelzung als ein Motiv für Gruppenbildung gesehen werden. Schwierig wird es dann, wenn das Gemeinsame überbewertet wird und Konformitätsdruck entsteht. Dann kann es vorkommen, dass Mitglieder ausgegrenzt werden, da sie aufgrund zu hoher Unterschiedlichkeit den Bestand der Gruppe bedrohen. In Bezug auf Ausgrenzungsprozesse auf gesellschaftlicher Ebene spricht Naumann (2012) von der Bildung einer Dominanzkultur, die „die Leitbilder, Selbst- und Weltdeutung der Mehrheitsgesellschaft repräsentiert“ (ebd., S. 134). Diese Dominanzkultur steht jenen gegenüber, die den Anforderungen nach Flexibilität, Konkurrenz und Leistungsfähigkeit in unserer Gesellschaft nicht standhalten können. Dadurch kommt es zu einer Homogenisierung der eigenen Bezugsgruppe in jener Dominanzkultur, die über innere Konflikte und Widersprüche hinwegsieht, um die Homogenität aufrecht zu erhalten. Mentzos (2002) spricht in so einem Fall von einer „Pseudo-Wir-Bildung“, in der die Homogenität der eigenen Bezugsgruppe nur als imaginäres Konstrukt aufrechterhalten werden kann, „[...] weil alle Affekte, die aufgrund ungelöster Konflikte in dieser Gruppe unbewältigt bleiben, auf eine als anders oder fremd konstruierte Gruppe projiziert und dort destruktiv bearbeitet werden können“ (Mentzos 2002 zit. n. Naumann 2012, S. 135). Die Erfahrungen in der Dominanzkultur werden dann in Form von Vorurteilen verarbeitet. Diese sind Ausdruck einer „dyadischen Verklebung mit der eigenen Bezugsgruppe, die Übereinstimmung überbetont“ (Naumann 2012, S. 135) und wehren den Kontakt zum Neuen, Fremden oder Dritten ab. In diesem Theorem geht der Autor davon aus, dass dem Subjekt im Anderen bzw. Dritten das fremdgewordene Eigene begegnet, dass eben durch das Vorurteil abgewehrt werden muss, um die Dyade aufrecht zu erhalten. Die Bildung einer Triade bzw. die Öffnung gegenüber dem Neuen würde wiederum eine Bedrohung für das Subjekt in dyadischer Verklebung mit der Bezugsgruppe darstellen.
Ausgrenzungsverhalten ist daher immer als dynamische Interaktion von Ausgrenzenden und Ausgegrenzten zu betrachten. Hierbei sind unterschiedliche Perspektiven zu verdeutlichen. Ein Individuum kann aufgrund verschiedener Merkmale, die eine zu große Unterschiedlichkeit zur Gruppe darstellen, ausgegrenzt werden. Es ist jedoch ebenfalls möglich, dass das Individuum selbst, aufgrund seiner Entwicklungsgeschichte und dazugehörigem Verhalten den Ausschluss aus einer Gruppe provoziert (vgl. Antons 2009). Aus gruppenanalytischer Perspektive sind das Individuum und das Kollektiv miteinander verwoben und stets in einer dynamischen Interaktion. Das Verhalten des Einzelnen hat also nicht nur eine individuelle Bedeutung, sondern ist immer im Kontext des Gruppenprozesses zu betrachten, da feinste Wahrnehmungen die Interaktionen der Gruppenmitglieder steuern. Im Gruppenprozess wird davon ausgegangen, dass Gruppenmitglieder, zu einem Großteil unbewusst, bestimmte Rollen einnehmen, die sie sich jedoch nicht beliebig aussuchen können. Rollenverteilungen entstehen vielmehr durch latente Strukturierungsprozesse, die auf den familiären Interaktionsmustern der einzelnen Mitglieder basieren. Jedes Gruppenmitglied versucht unbewusst seine eigenen familiären Beziehungsmuster weitestgehend zu bewahren und die anderen dazu zubringen ‚mitzuspielen’. So erscheint die Gruppe aus psychodynamischer Perspektive stets ambivalent, da der Eintritt in eine Gruppe außerhalb der Familie bedeutet, dass Wünsche und Fantasien aus den primären Beziehungen aufgegeben oder transformiert werden müssen. Die Gruppe kann dem Individuum hierbei behilflich oder behindernd sein. Ebenso kann sie eine inkludierende oder auch exkludierende Auswirkung auf das Individuum haben (vgl. Eggert-Schmid Noerr 2012).

2.2 Die Bedeutung der Gruppe für den Kindergarten

Wie bereits im vorherigen Abschnitt erwähnt, können im Gruppengeschehen Erfahrungen, Wünsche und Ängste aus der Ursprungsfamilie in neue Gruppenkonstellationen übertragen werden. So ist es verständlich, dass Gruppen Ängste auslösen können, da Prozesse innerhalb der Gruppe kaum vorhersehbar sind und somit potentiell auch narzisstische Kränkungen hervorrufen können. Gleichwohl können Gruppen auch den Wunsch nach Halt hervorrufen oder Versagensängste aktualisieren. Nichtsdestotrotz birgt das Gruppengeschehen auch Potential sich weiterzuentwickeln bzw. gewisse Entwicklungsschritte oder Erfahrungen nachzuholen, sodass neue Bildungsprozesse entstehen können. Es ergibt sich beispielsweise die Chance, ‚verbotene’ Gefühle empfinden zu dürfen und negative Gefühle bearbeiten zu können (vgl. Naumann 2012).
Der Eintritt in den Kindergarten ist für viele Kinder eine Herausforderung, da sie die gewohnte Umgebung der Familie bzw. Familiengruppe verlassen und in eine neue Gruppe eintreten. Die Kindergruppe bietet hierbei viel Raum für neue Entwicklung, was jedoch auch neues Konfliktpotential in sich birgt, wenn Kinder ihre Vorerfahrungen in der neuen Gruppe zunächst transformieren müssen, um Teil der Gruppe zu werden. Im Kindergruppenkontext sei besonders zu beachten, dass Kinder bis drei Jahre zunächst stark auf dyadische Beziehungen fixiert sind. Ab drei Jahren und älter, können Kinder bereits erste eigenständige Gruppenkontexte gestalten. Die Gruppengröße beläuft sich hier jedoch auf drei bis sechs Mitglieder. Größerer Kindergruppen bedarf es einer erwachsenen Leitperson, die den Gruppenprozess strukturieren kann. Auch im Kontext von Kindergruppen gilt stets Foulkes’ Grundsatz, dass die individuelle Identität niemals von der Gruppenidentität zu trennen sei (vgl. Foulkes 1978). Der Einzelne kann sich demnach in seiner Individualität „umso besser entwickeln, je mehr er in Gruppenkontexte integriert ist und je mehr Spielraum für Individualität in einer Gruppe vorhanden ist, je mehr Unterschiedlichkeit eine Gruppe mithin ‚halten’ kann“ (Brandes 2008, S. 37). Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass bei dauerhafter Ausgrenzung möglicherweise die individuelle Identitätsbildung und Selbstsicht in Gefahr gerät. Je mehr Konformitätsdruck in einer Gruppe herrscht, desto weniger Individualität kann diese beherbergen und umso fragiler zeigt sich der Gruppenzusammenhalt an sich. Kinder gestalten ihren Gruppenprozess hauptsächlich durch Spielhandlungen. Hierbei sei vor allem der szenische Charakter des Spiels zu beachten. Kinder können im Spiel verschiedene Rollen ausprobieren und Erlebtes reinszenieren. In Interpretationen von Spielsituationen zeigt sich, dass häufig familiäre Konstellationen und persönliche Erfahrungen erneut erlebt bzw. reinszeniert werden. Solche lebensgeschichtlich einprägsamen Szenen werden in die Gruppe eingebracht und lassen sich in diese integrieren oder nicht. Wenn sich diese Szenen integrieren lassen, wird das Individuum von der Gruppe aufgenommen und gehalten, können sie nicht integriert werden, muss der Einzelne sich anpassen und somit ein Stück seiner Individualität aufgeben oder mit dem Ausschluss der Gruppe rechnen. Auch in Kindergruppen geht es darum, dass die Einzelnen eine Möglichkeit bekommen, ihre mitgebrachten Szenen umzuarbeiten, um sich so weiterentwickeln zu können, da diese meist, vor allem im Falle von pathologischen Entwicklungsprozessen, Erfahrungen von Ausgrenzung und psychischer Isolation enthalten können. Nach Foulkes entstehen psychische Störungen immer dann, „wenn lebenswichtige Antriebe und Mitteilungen nicht in das kommunikative Geflecht des familialen Netzwerks einbezogen bzw. aus ihm ausgegrenzt sind. Innere Isolation und Ausgrenzung erscheinen dann als Bedingung von Zugehörigkeit“ (Foulkes zit. n. Brandes 2008, S. 38). Heterogenität in der Gruppe entsteht also von vornherein, da die mitgebrachten ‚Drehbücher’ der Einzelnen aus unterschiedlichen Familien stammenden Mitglieder in der Regel ohnehin nicht kompatibel sind und so eine Umarbeitung vonnöten ist. Wenn ein Kind nun in eine Gruppe integriert bzw. in dieser ‚gehalten’ wird, besteht die Möglichkeit, dass sich das Selbst des Kindes mit der Gruppe verknüpft und sich so weiterentwickeln kann. Durch das kindliche Spiel ergeben sich in der Gruppe verschiedene Lösungsmöglichkeiten, die jeweiligen Entwicklungsschritte gemeinsam zu bewältigen, was im familiären Kontext manchmal schwer oder unmöglich sein kann. Der gewohnte familiäre Rahmen wird so durch die kollektive Neubildung der einzelnen kindlichen Szenen erweitert, sodass schwierige Entwicklungsaufgaben gemeinsam gemeistert werden können. Aus gruppenanalytischer Sicht sollte die Fachkraft eine eher zurückhaltende, strukturierende Position einnehmen. Sie ist als eine Art teilnehmender Beobachter zu verstehen, die die Kinder zur aktiven Teilnahme am Gruppenprozess stetig ermuntert und die Heterogenität in der Gruppe dadurch fördert, dass individuelle Unterschiede bejaht und geduldet werden. So ist es aus gruppenanalytischer Perspektive auch nicht die Aufgabe der Fachkraft dafür zu sorgen, dass jedes einzelne Kind in die Gruppe integriert ist, der Fokus sollte vielmehr auf der ganzen Gruppe liegen. Wenn hier also die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen sind, kann die Gruppe die Sorge um jeden Einzelnen selbst übernehmen (vgl. Brandes 2008).
Bezogen auf eine inklusive Pädagogik werden auch aus gruppenanalytischer Perspektive möglichst heterogene Gruppen befürwortet, da so verschiedene Vorerfahrungen in der Gruppenmatrix vorhanden sind und auch gehalten werden können. Umso homogener einer Gruppe ist, desto größer kann auch die Angst vor dem ‚Fremden’ sein und gleichzeitig die unbewusste Gruppendynamik auslösen, dieses Fremde aus der Gruppe entfernen zu wollen, um den Gruppenerhalt nicht zu gefährden. Daraus zeichnet sich eine weitere Aufgabe für eine inklusive Pädagogik ab, nicht nur reflektiert mit eigenen Prozessen der Abwehr und Ausgrenzung umzugehen, sondern ebenso sensibel mit Gruppenprozessen umzugehen und diese im besten Fall für die Umsetzung von Inklusion zu nutzen.

2.3 Die Rolle des Außenseiters

Es wird in Gruppenprozessen deutlich, dass sich die beteiligten Akteure nach gewissen Rollen verhalten, die sich u.a. durch Persönlichkeitsmerkmale, Selbstdefinition, aber auch durch Gruppenzuschreibungen entwickeln. Diese Rollenzuschreibungen tragen dazu bei, dass mit einer bestimmten Verhaltenswahrscheinlichkeit gerechnet werden kann, um so das Gruppengeschehen zu vereinfachen. „Indem Menschen in Gruppen Rollen übernehmen, geben sie gewissermaßen eine Beständigkeitserklärung ab“ (Stahl 2002 zit. n. Eggert-Schmid Noerr 2012, S. 37). Durch diese Rollenzuschreibung wird es möglich, gewisse Überraschungsmomente einzugrenzen, aber auch Konflikte zu personalisieren. So sind in der Gruppe Zuschreibungsprozesse erkennbar, die eine bestimmte Dynamik erahnen lassen. Die Rolle an sich hat jedoch auch die Funktion, eigene Bedürfnisse zu befriedigen und einen gesellschaftlichen Auftrag zu erfüllen. Nun stellt sich die Frage, inwiefern die Außenseiterrolle auch eine gesellschaftliche oder persönliche Funktion hat? In gewisser Weise geben Außenseiter eine Orientierung für diejenigen, die keine Außenseiter sind und sein wollen, was getan werden muss, um nicht in diese Position zu geraten und von der großen Gruppe ausgeschlossen zu werden. Auf gesellschaftlicher Ebene konnte eine Studie von Elias und Scotson (1965) zeigen, welche Dynamik sich unter sogenannten Etablierten und Außenseitern in Großgruppen, wie in diesem Fall in einem Dorf, ergeben. Es war zu beobachten, dass die Mitglieder der mächtigeren Gruppe sich auch für die besseren Menschen hielten. Die Zugehörigkeit zur Gruppe der Etablierten wurde mit Gefühlen wie Macht, Sicherheit und Überlegenheit verbunden. Die ‚Machtstärkeren’ waren in der Lage, die ‚Machtschwächeren’ dazu zu bringen, dass sie tatsächlich glaubten, sie seien die minderwertigeren oder gar schlechteren Menschen. Weiter konnte aufgezeigt werden, dass die Gruppe der Etablierten ihren Mitgliedern überlegene menschliche Fähigkeiten zuschrieb und dass der Ausschluss und die Stigmatisierung der Außenseiter zur Sicherung der eigenen Identität dienen. Wie bereits im vorherigen Abschnitt erwähnt, konnte auch diese Studie belegen, dass die Gruppenmeinung die Funktion eines persönlichen Gewissens enthält oder auch teilweise ersetzt. Das Selbstbild und die Selbstachtung eines Mitglieds sind hauptsächlich an die Meinung der anderen Gruppenmitglieder geknüpft (vgl. Elias & Scotson 1965 zit. n. Bruns 2012). Auf persönlicher Ebene konnten Einzelfallstudien von Bruns (2012) belegen, dass die Außenseiterrolle auch eine vermeintliche Eigendynamik hat, indem das Individuum z.B. diese Position immer wieder einnimmt, obwohl die äußeren Umstände nicht zwingend dazu führen müssten. So ergeben sich auch Konstellationen, in denen Kinder ausgegrenzt werden, es hierfür aber keinen vermeintlich offensichtlichen Grund gibt. Hierbei können unbewusste Reinszenierungen der eigenen (frühkindlichen) Beziehungserfahrungen eine Rolle spielen.
Die Fähigkeit verschiedene Rollen einzunehmen, wird bereits in frühen triangulären Prozessen geübt. Kinder erleben häufig schon in der Familie einen zeitweiligen Ausschluss, wenn sie z.B. nachts aus dem elterlichen Schlafzimmer ausgeschlossen sind. So lernen Kinder bereits in frühen Entwicklungsprozessen zwischen der Rolle des Ausschließenden und des Ausgeschlossenen zu pendeln und einen Umgang mit der jeweiligen Rolle zu finden. Wenn Kinder jedoch in einer Rollenstarrheit verweilen, da sie nicht in der Lage sind zwischen der Rolle des Ausgrenzers und der des Ausgegrenzten zu pendeln, ist die Betrachtung von innerpsychischen Prozesse von besonderer Bedeutung (vgl. Niedergesäß 2012). Ausgrenzende Kinder wiederum zeigen Schwierigkeiten, das als fremd erlebte Verhalten des Gegenübers anzunehmen und damit umzugehen. Häufig werden bei jenen ausgrenzenden Kindern durch das befremdende Verhalten des Gegenübers „ungewollt eigene verdrängte dunkle Seiten gespiegelt, und daraufhin wird von ihnen durch ausgrenzendes Verhalten – meist vergeblich – versucht, diese intrapsychischen Prozesse interaktionell wieder in den Griff zu bekommen“ (Bruns 2012, S. 113ff.). Die Rolle des Außenseiters kann, wie bereits erwähnt, unfreiwillig, aber auch (unbewusst) selbst gewählt sein. Die Ursachen für eine Außenseiterposition sind jedoch nicht nur beim betroffenen Kind selbst zu suchen, sondern immer in Verbindung mit der Bezugsgruppe zu betrachten. Im Fokus steht also vielmehr der interaktive Prozess der Ausgrenzung. In der entwicklungspsychologischen Forschung werden zwei Formen der Ablehnung durch die Gruppe unterschieden. Zum einen die Vernachlässigung und zum anderen die offene Zurückweisung. Beide Formen haben unterschiedliche Auswirkungen auf die betroffenen Kinder. Es wurde beobachtet, dass vernachlässigte Kinder eher schüchtern und ängstlich sind und lieber alleine spielen, wohingegen zurückgewiesene Kinder auch aggressives und störendes Verhalten zeigen. Jedoch sollte hier das Zusammenspiel von Ursache und Wirkung beachtet werden. Negative Rollenzuschreibungen und damit einhergehende Stigmatisierungen können zu erheblichen emotionalen Problemlagen führen oder diese weiter verfestigen (vgl. Eggert-Schmid-Noerr 2012). In solchen Fällen kann es zu einer sogenannten Eigendynamik der Außenseiterrolle kommen. Psychoanalytisch betrachtet nehmen diese Kinder immer wieder die Rolle des Außenseiters in Form von Reinszenierungen ein. Durch diese Reinszenierungen werden unbewusste Konflikte und schmerzhafte Konstellationen immer wieder hergestellt, in der Hoffnung diese zu überwinden bzw. zu bearbeiten. Die Eigendynamik wäre dann so zu erklären, dass das Kind stetig nach Selbstkongruenz strebt, d.h., eine Übereinstimmung von Selbstkonzept bzw. Selbstrepräsentanz mit dem aktuellen Sein und Handeln in der äußeren Welt herzustellen versucht. So kann es passieren, dass eine anfangs von außen auferlegte Außenseiterrolle von einem Menschen nach und nach in sein Selbstkonzept übernommen und auch in neueren Konstellationen reinszeniert bzw. wiederhergestellt wird (vgl. Bruns 2012).
Ausgrenzung ist immer als Zusammenspiel des Einzelnen und der Bezugsgruppe zu betrachten. Der Einzelne kann durch sein Verhalten von der Gruppe ausgegrenzt werden, gleichzeitig kann jedoch auch die Gruppe ein Kind bzw. dessen Verhalten als negativ oder fremd beurteilen und denjenigen ausgrenzen.

3 Konsequenzen für eine inklusive heil- und sonderpädagogische Praxis

Die Grenze zwischen Inklusion und Ausgrenzung ist oft nur sehr schmal und auf den ersten Blick kaum zu erkennen. Häufig wird Ausgrenzung erst durch das Betrachten innerpsychischer Prozesse sichtbar und kann dann in der Gruppe bzw. als Einzelperson bearbeitet werden. Sicher ist jedoch, dass längerfristige Ausgrenzungsprozesse schädlich für die Entwicklung eines Kindes sein können, ungeachtet dessen, ob ein Kind ignoriert, bewusst ausgegrenzt oder für sein Verhalten nur selten Zuschreibungen erfährt. In dieser Hinsicht ergeben sich neue bzw. veränderte Anforderungen an die Fachkräfte, die vor allem die innere Haltung und die Betrachtung von (unbewussten) innerpsychischen Prozessen betreffen. Eine gelingende inklusive Pädagogik setzt voraus, dass die Fachkräfte ein Bewusstsein dafür entwickeln, welche (unbewussten) Reaktionen ein Kind bei ihnen selbst und in seiner Umwelt auslösen kann. Um soziale Prozesse zu ermöglichen oder auch aufrecht zu erhalten, sollte bei den Fachkräften die Bereitschaft vorhanden sein, die eigene innere Haltung und emotionale Beteiligung stetig zu reflektieren. In diesem Zusammenhang muss die Fähigkeit vorhanden sein, auch auf nichtsprachlichem, empathischem Weg die Bedürfnisse eines Kindes zu interpretieren und Affekte auszuhalten und zu regulieren. So sollte auch die Institution einen angemessenen Rahmen zur gemeinsamen Reflexion bieten (vgl. Traxl; et al. 2016).
Gleichwohl stellen sich die Fachkräfte in Ich-unterstützender Funktion zur Verfügung und bieten emotionalen Halt, ohne die professionelle Haltung aufzugeben. Dies kann immer dann besonders herausfordernd sein, wenn Kinder in ihrer Umwelt oder in den Fachkräften negative Affekte z.B. Ekel, Angst, Wut oder Wertlosigkeit auslösen. Diese Prozesse verlaufen häufig unbewusst und können zur Folge haben, sich innerlich von dem Kind und seiner Förderung distanzieren zu wollen. Besonders in der Arbeit mit Kindern mit erhöhtem Förderbedarf geraten Fachkräfte häufig an ihre Grenzen, da ihr alltagspraktisches und berufliches Wissen hier oftmals nicht greifen und zudem Gefühle von Hilflosigkeit und Inkompetenz ausgelöst werden können. Inklusives Handeln zeichnet sich somit auch dadurch aus, dass Fachkräfte bereit dazu sind, ihre unbewussten Einstellungen stetig zu reflektieren und sich so auch möglicherweise in einen Konflikt der eigenen Gefühle und des Selbstbildes zu begeben (vgl. Trippel 2010).
Die bewusste und unbewusste Haltung einer Fachkraft betrifft nicht nur diese persönlich, sondern kann durchaus auf die Gruppe übertragen werden: Kinder sehen Erwachsene als Identifikationsfiguren und beobachten, in welcher Weise z.B. auf ein Kind mit Behinderung reagiert wird. Ein Ziel von inklusiver Pädagogik sollte es sein, dass Akzeptieren und Aushalten von Fremdheit zu ermöglichen. Die Aufgabe der Fachkräfte wäre hier gemeinsam „[...] einen neuen, erweiterten Begriff von Normalität zu erarbeiten“ (Trippel 2012, S. 21). Durch eine positive pädagogische Beziehung können Kinder trianguläre Prozesse erfahren, die es möglich machen, den „Dritten“, z.B. in Form eines anderen Kindes, zu akzeptieren und so den Kontakt zum Neuen und Fremden herzustellen. Die Auseinandersetzung mit Fremdheit und der Umgang mit den dadurch ausgelösten Gefühlen, ist letztendlich das, was professionelles pädagogisches Handeln in inklusiven Prozessen ausmacht (vgl. Trippel 2010). „Das Lernziel ist, die Differenz als Teil menschlicher Realität anzuerkennen, ohne auf die Verfolgung der Andersartigkeit zurückzufallen. Wechselseitige Annäherung und Abgrenzung sind den integrativen Prozessen konstitutiv. Damit sind pädagogische Prozesse im letzten als ‚innere’ gekennzeichnet“ (Gerspach & Naumann 2010).
Zu verstehen, dass Ausgrenzungsprozesse in der menschlichen Entwicklung ubiquitär und geradezu konstitutiv sind (vgl. Traxl 2016), ist in der inklusiven pädagogischen Arbeit ebenso entscheidend, wie sich den eigenen Ansichten, Wünschen und Ängsten zu stellen und diese auf individueller und Gruppenebene zu reflektieren. Inklusives Arbeiten wird dann möglich, wenn ein Bewusstsein dafür geschaffen wird, dass die bewusste und unbewusste Haltung des Fachpersonals zu Heterogenität und Vielfalt auf die Gruppe und einzelne Kinder oder Kollegen übertragen werden kann. Für die pädagogischen Fachkräfte ergibt sich dadurch ein erweitertes Anforderungsprofil, das nicht nur aus den institutionellen Vorgaben und Normen besteht, sondern vielmehr durch entsprechende Fähigkeiten wie Selbstreflexion, Szenisches Verstehen oder die Wahrnehmung des kindlichen Erlebens geprägt ist, um so förderliche inklusive Maßnahmen abzuleiten. Durch die Berücksichtigung des Erlebens der Kinder, also einem Perspektivenwechsel, ist es oftmals erst möglich herauszufinden, ob eine Situation als ausgrenzend erlebt wird.
Somit kann das Ziel von Inklusion nicht sein, alle Vorurteile, Befürchtungen und Ängste aus der Welt zu schaffen, sondern in der pädagogischen Arbeit eine gemeinsame Basis zu entwickeln und einen Raum zu schaffen, in dem ein Bewusstsein für Ausgrenzung und Vorurteile herrscht und dort gemeinsam bearbeitet werden kann. Daher ist Inklusion kein Zustand, der jemals vollkommen erreicht werden kann, sondern vielmehr als ein dynamischer Prozess zu verstehen, an dem kontinuierlich gearbeitet werden muss: „In der Dialektik von Ein- und Ausgrenzung spiegelt sich die Konflikthaftigkeit des Menschen wider. Die Unaufhebbarkeit dieser Polarität [...] lässt sich nur durch die kontinuierliche Arbeit im Psychischen und im Sozialen bewältigen“ (Traxl; et al. 2016).

Literatur

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http://liga-kind.de/fruehe/210_albers.php

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ALBERS, Timm (2012): Mittendrin statt nur dabei. Inklusion in Krippe und Kindergarten, 2. Auflage. München: Reinhardt Verlag.

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BRANDES, Holger (2008): Selbstbildungsprozesse von und in Kindergruppen. Gruppenpsychotherapie und Gruppendynamik, Heft 1/2008, S. 33-51. http://www.kindergartenpaedagogik.de/1889.pdf [Stand: 01.07.16]

BRUNS, Georg (2012): „Mit 14 Jahren galt ich als Archetyp einer Kindfrau“. Die Außenseiterrolle als Element des Selbstkonzepts. In: Krebs, Heinz; Heilmann, Joachim; Eggert-Schmid Noerr Annelinde (Hrsg.): Außenseiter integrieren. Perspektiven auf gesellschaftliche, institutionelle und individuelle Ausgrenzung. Gießen: Psychosozial-Verlag, S. 113-129.

EGGERT-SCHMID NOERR, Annelinde (2012): Das Kind als Außenseiter. In: Krebs, Heinz; Heilmann, Joachim; Eggert-Schmid Noerr Annelinde (Hrsg.): Außenseiter integrieren. Perspektiven auf gesellschaftliche, institutionelle und individuelle Ausgrenzung. Gießen: Psychosozial-Verlag, S. 25-45.

FOULKES, Siegmund H. (1978): Praxis der gruppenanalytischen Psychotherapie. München: Reinhardt Verlag.

FUNDER, Antonia; Fürstaller, Maria & Hover-Reisner, Nina (2013): „Holding mind in mind“ (Allen/Fonagy 2006, 3). Work Discussion: Eine Methode zur Förderung der Mentalisierungsfähigkeit von Erzieherinnen? In: Wininger, M.; Datler, W.; Dörr, M. (Hrsg.): Psychoanalytische Pädagogik und frühe Kindheit. Berlin & Toronto: Verlag Barbara Budrich, S. 217-236.

GERSPACH, Manfred; Naumann, Thilo (2010): Besorgte Nachfrage zur Debatte um die Elementarpädagogik. http://www.inklusion-online.net/index.php/inklusion-online/article/view/127/127 [Stand: 19.03.16]

HINZ, Andreas (2009): Aktuelle Erträge der Debatte um Inklusion – worin besteht der ‚Mehrwert’ gegenüber Integration? http://www.nrw-eineschule.de/sites/default/files/Hinz%20Aktuelle%20Ertraege%20der%20Debatte%20um%20Inklusion.pdf [Stand: 12.02.16]

KATZENBACH, Dieter (2012): Die innere Seite von Inklusion und Exklusion. Zum Umgang mit der UN-Behindertenrechtskonvention. In: Krebs, Heinz; Heilmann, Joachim; Eggert-Schmid Noerr Annelinde (Hrsg.): Außenseiter integrieren. Perspektiven auf gesellschaftliche, institutionelle und individuelle Ausgrenzung. Gießen: Psychosozial-Verlag, S. 81-111.

KATZENBACH, Dieter (2015): De-Kategorisierung inklusive? Über Risiken und Nebenwirkungen des Verzichts auf Etikettierungen. In: Huf, Christina; Schnell, Irmtraud (Hrsg.): Inklusive Bildung in Kita und Grundschule. Stuttgart: Kohlhammer Verlag, S. 33-55.  

Naumann, T. (2012): Zum Umgang mit Ausgrenzung in der Kita. In: Krebs, H.; Heilmann, J.; Eggert-Schmid Noerr, A. (Hrsg.): Außenseiter integrieren. Perspektiven auf gesellschaftliche, institutionelle und individuelle Ausgrenzung. Gießen: Psychosozial-Verlag, S. 133-156.

NIEDERGESÄSS, Bernd (2012): Das Verständnis von Ausgrenzung, Inklusion und Integration in den Kinderhäusern der Mainkrokodile. In: Krebs, H.; et al. (Hrsg.): Außenseiter integrieren. Perspektiven auf gesellschaftliche, institutionelle und individuelle Ausgrenzung. Gießen: Psychosozial-Verlag, S. 157-180.

PRENGEL, Annedore (2014): Inklusion in der Frühpädagogik. Bildungstheoretische, empirische und pädagogische Grundlagen. Expertise für das Projekt Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF). http://www.weiterbildungsinitiative.de/uploads/media/Inklusion_in_der_Fruehpaedagogik_5Band_2uebaAuflage_2014_Prengel.pdf [Stand: 15.01.17]

SCHACHE, Stefan (2012): Inklusion beginnt im „Bauch“. Eine leibliche Perspektive zur Begründung einer inklusiven Kultur. http://www.inklusion-online.net/index.php/inklusion-online/article/view/36/36 [Stand: 17.03.16]

STÜRMER, Stefan; Siem, Birte (2013): Sozialpsychologie der Gruppe. München: Ernst Reinhardt Verlag.

TRAXL, Bernd (2016): Zur Dialektik von Inklusion und Exklusion. In: Hedderich, Ingeborg; Zahnd, Raphael (Hrsg.): Teilhabe und Vielfalt: Herausforderungen einer Weltgesellschaft. Beiträge zur Internationalen Heil- und Sonderpädagogik. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt, S. 61-73.

TRAXL, Bernd; Hecklau-Seibert, Sabine; Goschiniak, Karolina & Heck, Svenja (2016): Inklusion in der Frühpädagogik - Individuation und Sozialisation in inklusiven Gruppenprozessen. In: Behinderte Menschen - Zeitschrift für gemeinsames Leben, Lernen und Arbeiten 6/2016, S. 49-57.

TRIPPEL, Robert (2010): Zur integrativen Betreuung von Kindern mit Behinderung im Krabbenstubenalter. http://www.inklusion-online.net/index.php/inklusion-online/article/view/126/126 [Stand: 19.03.2016]

TRIPPEL, Robert (2012): Behindert – und glücklich?! Über den Zusammenhang von Glück und Behinderung. http://www.erzieherin.de/behindert-und-gluecklich.html [Stand: 19.03.2016]

TURNER, Agnes (2016): Inklusion erleben und verstehen. Work-Discussion als Praxisreflexions-Modell für inklusive Lehr- und Lernprozesse. In: Göppel, Rolf; Rauh, Bernhard (Hrsg.): Inklusion. Idealistische Forderung, individuelle Förderung, institutionelle Herausforderung. Stuttgart: Kohlhammer Verlag, S. 165-178.

WOCKEN, Hans (2012): Rettet die Sonderschulen? - Rettet die Menschenrechte! Ein Appell zu einem differenzierten Diskurs über Dekategorisierung. Zeitschrift für Inklusion: http://www.inklusion-online.net/index.php/inklusion-online/article/view/81 [Stand: 19.06.2016]