David Jahr:Zum Stand der schulischen Inklusion in Sachsen-Anhalt am Beispiel der Heterogenitätsdimension Behinderung

Abstract: Sieben Jahre nach Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention befindet sich das Land Sachsen-Anhalt weiterhin in einem Reformprozess des Schulwesens zu mehr gemeinsamen Unterricht. Dieser Artikel will den Stand der schulischen Inklusion in Sachsen-Anhalt am Beispiel der Heterogenitätsdimension Behinderung beleuchten. Dazu werden zuerst einige Exklusionsbeobachtungen dargestellt und anschließend mehrere statistische Angaben präsentiert, die die Situation von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in dem Bundesland verdeutlichen. Anschließend werden zentrale Eckpunkte in den Veränderungen des bildungspolitischen Rahmens aufgeführt. Im Ausblick schließlich werden Überlegungen zur weiteren Entwicklung schulischer Inklusion in Sachsen-Anhalt dargelegt und auf die Lehrerbildung an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg eingegangen.
Stichwörter: Inklusion, Sachsen-Anhalt, Behinderung, gemeinsamer Unterricht, Integrationsquote, Förderquote
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Inhaltsverzeichnis
David Jahr: Zum Stand der schulischen Inklusion in Sachsen-Anhalt am Beispiel der Heterogenitätsdimension Behinderung
1. Einleitung: Behinderung als ein Indikator für den Stand der Inklusion
2. Exklusionsbeobachtungen in Sachsen-Anhalt: Separation und Abschlüsse
3. Statistiken zur Situation von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Schulen Sachsen-Anhalts
4. Entwicklung des bildungspolitischen Rahmens für den gemeinsamen Unterricht in Sachsen-Anhalt
5. Ausblick: Sachsen-Anhalt – quo vadis?
6. Literatur

 

1. Einleitung: Behinderung als ein Indikator für den Stand der Inklusion

Am 13.06.2015 ist Magdeburg an der Reihe. Der damalige Präsident des Landtags Detlef Gürth und Diskuswurfweltmeister Ali Ghardooni übergeben in der Landeshauptstadt die Inklusionsfackel an das Netzwerk Inklusion Deutschland. Die Fackel hat damit ein weiteres Ziel auf ihrer Tour durch die Hauptstädte Deutschlands erreicht. Ziel des Projekts ist es, in den Worten der Schirmherrin Verena Bentele (2015), „für eine inklusive Gesellschaft (zu) werben, in der alle gemeinsam in den Kindergarten und zur Schule gehen, arbeiten, wohnen und ihre Freizeit verbringen.“ Die Inklusionsfackel will Leuchtpunkte setzen und Aufmerksamkeit herstellen für einen gesellschaftlichen Prozess, der zu weniger Ausgrenzung und Diskriminierung und zu mehr Teilhabe und Anerkennung in allen Bereichen menschlichen Zusammenlebens führen soll. Doch auf was für ein Bundesland trifft die Inklusionsfackel? Wie ist der Stand der Inklusion in Sachsen-Anhalt einzuschätzen? Auf welchem Weg befindet sich das Land sieben Jahre nach Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention?
Diesen Fragen will sich der Beitrag nähern, indem er den Stand der schulischen Inklusion in Sachsen-Anhalt am Beispiel der Situation von Schülerinnen und Schülern mit Behinderung verdeutlicht (vgl. auch Appel, Lieske, Reinelt 2012; Hinz 2011; Simon 2012, 2014; Hübner 2015). Ausgehend (2.) von der Beschreibung einiger Exklusionsprobleme in Sachsen-Anhalt (separierendes Schulsystem und Schulabschlüsse) wird anschließend ein statistisches Bild der Situation von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf entfaltet (3.). Hierbei geht es vor allem um Zahlen und Verhältnisse zum gemeinsamen Unterricht bzw. zur Beschulung an Förderschulen. Danach werden Entwicklungen der bildungspolitischen Rahmenbedingungen beschrieben (4.). Der Beitrag endet mit einem Ausblick (5.), in dem die Situation auch in Bezug zur aktualisierten politischen Lage zusammengefasst und ein Blick auf die inklusionsbezogene Lehrerbildung an der Martin-Luther-Universität geworfen wird.
Für das Konzept Inklusion existiert kein geteiltes Verständnis, was genau darunter zu verstehen ist (vgl. Grosche 2015). Hier wird sich einem Verständnis von Inklusion angeschlossen, das grundlegend betont „Vielfalt willkommen zu heißen“ (Hinz 2010, 191f) und das als pädagogisches Konzept „exkludierende und marginalisierende Praktiken und Strukturen in Schule und Unterricht (…) erkennen und zugunsten egalitärer Praktiken und Strukturen (…) überwinden“ (Sturm 2013, 163) will. Dieser Beitrag beschränkt sich auf schulische Inklusion und dabei aber primär auf die Situation der Schülerinnen und Schüler mit Behinderung bzw. auf die schulsystemische Übersetzung (vgl. ebd.: 107) sonderpädagogischer Förderbedarf. Andere schulisch relevante Differenzkategorien einer sozialkritischen Perspektive (vgl. Trautmann, Wischer 2011: 47ff), wie Gender, Kultur oder sozioökonomische Unterschiede, bleiben in diesem Beitrag unberücksichtigt.
Sich dem Begriff Inklusion über die Heterogenitätsdimension Behinderung anzunähern, ist nicht unproblematisch. Der Eindruck kann entstehen, man reduziere ersteres auf letzteres und stehe damit in der verbreiteten „Tradition einer sonderpädagogischen Schieflage“ (Hinz 2013). Inklusion erschöpft sich aber gerade nicht in der Frage der gemeinsamen Beschulung von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderung, sondern legt den Fokus auf das gesamte Spektrum menschlicher Vielfalt. Gleichzeitig ist Behinderung aber auch eine sehr aufschlussreiche Dimension für den Zustand des deutschen Bildungswesens und seinem Umgang mit Heterogenität insgesamt. Bezüglich dieser Schülerinnen und Schüler stellt bspw. UN-Berichterstatter Vernor Muñoz fest, dass sie im stark separierenden deutschen Schulsystem besonders stark von Ausgrenzung bedroht sind (vgl. Kahl 2007). Am Beispiel einer der vulnerabelsten Gruppen kann also ein entscheidender Aspekt zum Stand der anspruchsvollen Aufgabe verdeutlicht werden, gesellschaftliche Teilhabe und Zukunftsfähigkeit aller Schülerinnen und Schüler sicherstellen.
Der Beitrag verbleibt überwiegend in einer empirisch-beschreibenden Perspektive. Weder werden Diskussionen über Vor- und Nachteile einzelner bildungspolitischer Maßnahmen entfaltet, noch empirische Belege, die pro oder kontra gemeinsamen Lernens sprechen, vertiefend dargestellt. Damit würde der Beitrag nicht nur seinen Rahmen sprengen, sondern auch ein Feld betreten, das nicht in den Bereich empirischer Perspektiven gehört. Inklusion ist keine Frage, die die empirischen Bildungswissenschaften zu klären haben, sondern eine normative Entscheidung über Grundfragen und Grundwerte unseres Zusammenlebens (vgl. Wocken 2014c: 22) und damit an anderer Stelle zu diskutieren. Die hier verfolgte Beschreibung des Schulsystems in Sachsen-Anhalt kann darüber hinaus auch keine Aussagen zur Qualität der Praxis innerhalb einzelner Schulen treffen, was für eine weitergehende Beurteilung zum Stand der Inklusion wichtig wäre.

2. Exklusionsbeobachtungen in Sachsen-Anhalt: Separation und Abschlüsse

2.1 Schulsystem und Verteilung der Lernenden 2014

Im Schuljahr 2014/15 gingen die insgesamt 185 351 Schülerinnen und Schüler in Sachsen-Anhalt auf 883 allgemeinbildenden Schulen (Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt 2015: 11). Deren Verteilung und die im Bundesland installierten Schulformen werden in Abbildung 1 dargestellt.

Abb. 1 Verteilung der Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden Schulen in Sachsen-Anhalt 2014/15
Quelle: erstellt mit Daten des Statistischen Landesamts Sachsen-Anhalt (2015: 111)
Anm.: sonstige = Freie Waldorfschule (923), Abendsekundarschule (159), Abendgymnasium (81), Kolleg (338)
Grundschulen in Sachsen-Anhalt gehen vom ersten bis zum vierten Schuljahrgang und enden mit einer Schullaufbahnempfehlung. Die Empfehlung der Schule entscheidet seit dem Schuljahr 2012/13 nicht über den weiteren Werdegang des Kindes, ausschlaggebend ist der Elternwille. Die ersten beiden Schuljahrgänge sind seit 2009 als „flexible Schuleingangsphase“ konzipiert (s.u.), welche je nach individuellem Lernfortschritt ein bis drei Jahre dauern kann (vgl. Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt 2015: 14). Sekundarschulen gehen vom 5. bis zum 9. oder 10. Schuljahrgang. Ab Klasse 7 beginnt der abschlussbezogene Unterricht, der, wenn er auf den Realschullabschluss zielt, bis zum 10. Schuljahrgang geht und, wenn er auf Hauptschulabschluss zielt, bis Schuljahrgang 9. Kombinierte Klassen sind dabei nicht die Regel, sie werden nur in Ausnahmefällen durch eine Sondergenehmigung der Schulbehörde bei Unterschreitung der Mindestschülerzahl genehmigt. Das Gymnasium führt Kinder ab Schuljahrgang 5. Die Sekundarstufe II umfasst die Klassenstufe 11 und 12 (vgl. ebd., 15). In Sachsen-Anhalt gibt es ein ausdifferenziertes Förderschulwesen mit insgesamt sieben unterschiedlichen Förderschwerpunkten. Es gibt Förderschulen für ‚Lernbehinderte‘, ‚Hörgeschädigte‘, ‚Körperbehinderte‘, ‚Sprachentwicklung‘, ‚Blinde und Sehbehinderte‘, ‚Geistigbehinderte‘ und ‚Förderschulen mit Ausgleichsklassen‘, wobei letztgenannte Einrichtungen auf den Förderschwerpunkt ‚emotionalen und sozialen Entwicklung‘ ausgerichtet ist (Ministerium für Bildung 2016). Eine Verteilung der Schülerschaft auf diese Förderschulen zeigt Abbildung 2. Hier wird deutlich, dass fast die Hälfte der insgesamt 10.619 Förderschulschülerinnen und -schüler dem Förderschwerpunkt ‚Lernen‘ zugeordnet sind (5.003). Auch die Gruppe der Lernenden an Förderschulen mit Förderschwerpunkt ‚geistige Entwicklung‘ sind mit fast 3.000 Lernenden relativ stark vertreten. Die anderen Förderschwerpunkte fallen mit ca. 1000 und weniger Lernende gleich oder unter die 10% Marke. Zumindest die Verteilung der drei größten Gruppen ist so auch für Gesamtdeutschland herausstellbar (vgl. KMK 2016: XVII).


Abb. 2 Anzahl der Schülerinnen und Schüler an Förderschulen Sachsen-Anhalt im Schuljahr 2014/15 (100% = 10.619)
Quelle: erstellt mit Daten des Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt (2015: 38ff)
Neben diesen „klassischen“ Schulformen existieren in Sachsen-Anhalt mit Gesamt- und Gemeinschaftsschulen weitere Schulen, in denen alle allgemeinen Schulabschlüsse (Hauptschulabschluss, Realschulabschluss und Abitur) erreicht werden können. Gesamtschulen gehen von Jahrgang 5 bis zum Jahrgang 12 oder 13 und sind als integrierte (keine Zuordnung zu unterschiedlichen Schulformen) und kooperative (Unterricht läuft schulformspezifisch) Gesamtschulen vertreten. Im Schuljahr 2013/14 wurden darüber hinaus erstmals Gemeinschaftsschulen eingeführt (s.u.). Diese Schulen unterrichten ebenfalls ab dem 5. Schuljahrgang und verzichten weitestgehend auf eine Unterscheidung der Kinder und Jugendlichen in unterschiedliche Schulformen (vgl. Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt 2015: 14f).
Wenngleich Schulformen wie Gemeinschaftsschulen und Gesamtschulen inklusionspädagogisch zu begrüßen sind, da sie auf eine frühe Aussortierung der Lernenden verzichten, muss deren regional stark unterschiedliche Verfügbarkeit einschränkend erwähnt werden. Außerhalb der großen Städte Magdeburg und Halle besteht in den meisten Regionen des Bundeslandes die Wahl an allgemeinen Schulen nur zwischen Sekundarschule und Gymnasium (vgl. Berkemeyer et al. 2014: 213). Diese Ungleichverteilung hat sichtbare Konsequenzen für die Möglichkeiten der Schülerinnen und Schüler, neben dem Gymnasium noch andere Schularten besuchen zu können, die zur Hochschulreife führen. Für eine in Halle geborene Fünftklässlerin ist die Chance doppelt so hoch eine weiterführende Schule mit Hochschuloption zu besuchen, wie für eine gleichaltrige in einer Region außerhalb der großen Städte (vgl. ebd.: 215f). Dies hat Auswirkungen auf die Abiturabschlüsse, die tendenziell in den Kreisen höher sind, in denen neben dem Gymnasium noch die Gesamtschule als Schule mit Hochschulreifeoption vorhanden ist (vgl. ebd.: 221). Deutschlandweit ist das Land Sachsen-Anhalt Schlusslicht bei der Quote an Absolventen mit Hochschulreife (vgl. KMK 2015: 360).[1] Es wird sich zeigen müssen, ob die Einführung der Gemeinschaftsschule in Sachsen-Anhalt (s.u.) an diesen regionalen Ungleichheiten etwas ändern kann.

2.2 Schulabschlüsse: Schlusslicht im deutschlandweiten Vergleich

Eines der drängendsten Probleme im Bildungswesen Sachsen-Anhalts ist die deutschlandweit höchste Quote an abgehenden Lernenden ohne Abschluss. Sachsen-Anhalt ist trauriger Spitzenreiter unter den deutschen Ländern im Anteil der Schülerinnen und Schüler, die die Schule ohne einen Hauptschulabschluss verlassen – im Verhältnis zur gleichaltrigen Wohnbevölkerung.

Abb. 3 Quote der Abgänger nach Beendigung der Vollzeitschulpflicht ohne Hauptschulabschluss (Anteil an der gleichaltrigen Wohnbevölkerung) 2014
Quelle: erstellt mit Daten der Statistische Veröffentlichungen der Kultusministerkonferenz (KMK 2015: 334)
Ein Leben ohne Schulabschluss ist für die Betroffene ein sehr hohes Risiko in gesellschaftliche Exklusionsverhältnisse zu gelangen, keine berufliche Ausbildung zu bekomme und von einer Maßnahme zur nächsten zu Maßnahme weitergereicht zu werden (vgl. Tillmann 2008: 72ff). Eine besondere Rolle bei diesem Phänomen haben dabei die Förderschulen, die deutschlandweit die höchsten Quoten an Abgängerinnen und Abgänger ohne Abschluss aufweisen. In Sachsen-Anhalt hatten im Jahr 2014 von den 1.357 Schülerinnen und Schüler, die die Förderschule verließen, 1002 keinen Abschluss (vgl. KMK 2016: 45). Das entspricht einer Quote von 73,8%, die wiederum deutlich über der Quote für Gesamtdeutschland von 70,6% liegt (vgl. ebd.: XXI). Gemeinsam mit den eher skeptisch stimmenden Ergebnissen zum Lernerfolg der Förderschulen im Vergleich zum gemeinsamen Unterricht (vgl. bspw. Wocken 2005; Kocaj et al. 2014) wird an diesen Zahlen deutlich, warum die Infragestellung der Förderschulen ein zentraler Punkt des Inklusionsdiskurses ist.

3. Statistiken zur Situation von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Schulen Sachsen-Anhalts

Ein Problem bezüglich statistischer Abgaben zur schulischen Situation von Lernenden mit sonderpädagogischen Förderbedarf stellt die zunehmend unsichere Datenlage dar. Die politisch gewollte und inklusionspädagogisch zu begrüßenden Nicht-Etikettierung besonderer Problemlagen von Schülerinnen und Schüler (vgl. Grosche 2015: 28) macht statistische Veröffentlichungen diesbezüglich immer weniger gehaltvoll. Klemm (2015) konstatiert dahingehen: „Schon mittelfristig werden die von der Kultusministerkonferenz (KMK) regelmäßig mitgeteilten Angaben zu Förderquoten und Inklusionsanteilen ihre Aussagekraft weitgehend einbüßen“ (ebd.: 29). Es wird die Herausforderung zukünftiger Bildungsforschung sein, über neue Möglichkeiten und Grenzen empirischer Erkenntnisse zur Inklusion nachzudenken. In diesem Abschnitt wird mit jenen veröffentlichten Daten des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt und der Kulturministerkonferenz gearbeitet. Als wichtige Quoten bezüglich der Situation von Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischen Förderbedarf werden die Förderschulbesuchsquote, die Förder- und Integrationsquote sowieder Integrationsanteil dargestellt. Wie Wocken (2016: 10) zu Recht hinweist, ist es nicht ausreichend, sich nur eine dieser Kennzahlen anzusehen, will man Einblicke in den Stand von Inklusion gewinnen.
Von einer Verwendung der Begriffe ‚Inklusionsquote‘ und ‚Inklusionsanteil‘ soll in diesem Beitrag abgesehen werden, da nicht überzeugend argumentiert werden kann, warum hier ‚Inklusion‘ statt des älteren Begriffs ‚Integration‘ zu bevorzugen ist, wenn sich dabei ebenfalls nur auf Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf bezogen wird. Die statistischen Daten erlauben keine Aussage über die Qualität der gemeinsamen Beschulung und unterscheiden nicht zwischen der Realität eines eher inklusionsorientierten oder eines eher separierenden Unterrichts innerhalb der allgemeinen Schule. Darüber hinaus ist es inklusionstheoretisch problematisch, anhand einer bestimmten Gruppe eine Quote für Inklusion als Ganzes anzugeben (vgl. Hinz 2013). Zur Verwirrung bei den Angaben zur Inklusionsquote trägt außerdem bei, dass Autoren den Begriff unterschiedlich verwenden. Bezeichnet Wocken damit den prozentualen Anteil der Schülerinnen und Schüler mit diagnostizierten sonderpädagogischen Förderbedarf, die an allgemeinen Schulen unterrichtet werden im Verhältnis zu allen Lernenden mit sonderpädagogischen Förderbedarf (vgl. Wocken 2016: 2f) so verwendet Klemm für genau diese Prozentzahl den Begriff Inklusionsanteil (vgl. Klemm 2015: 28). Einen ähnlichen Sprachwirrwarr gibt es in der Bezeichnung für die Förderschulbesuchsquote (s.u.). Mit den hier gewählten Begriffen ‚Förderschulbesuchsquote‘ und ‚Förderquote‘ wird sich dem Sprachgebrauch der offiziellen statistischen Veröffentlichungen angeschlossen (vgl. KMK 2016: XIII). Statt den Begriff Inklusion zu verwenden, wird hier von Integration gesprochen (s.u.).

3.1 Förderschulbesuchsquote: Verbesserungen aber weiterhin über dem Bundesdurchschnitt

Die Förderschulbesuchsquote gibt an, wie viele Kinder und Jugendliche im Verhältnis zur Gesamtschülerzahl der Primar und Sekundarstufe I an einer Förderschule unterrichtet werden. Inklusion fordert, diese Quote zu senken bzw. drastisch zu reduzieren. Aufgrund ihrer wichtigen Stellung für die Anliegen von Inklusion wird sie auch als ‚Exklusionsquote‘ (vgl. Klemm 2015: 28) oder ‚Separationsquote‘ (vgl. Wocken 2016: 4) bezeichnet. Zur Berechnung der Förderschulbesuchsquote wird als Grundgesamtheit nicht die Zahl aller Lernenden in einem Bundesland herangezogen, sondern von dieser wird die Zahl der Schülerinnen und Schüler abgezogen, die in der Sekundarstufe II (Gymnasium, Abendschulen, etc.) lernen. Es geht also um die Schülerinnen und Schüler im Alter der Vollzeitschulpflicht. Für Sachsen-Anhalt ergibt sich eine förderquotenbezogenen Gesamtschülerzahl für das Jahr 2014 von 166.573 (vgl. KMK 2016: 118). Bei 10.619 Schülerinnen und Schüler an der Förderschule ergibt sich damit eine Förderschulbesuchsquote für Sachsen-Anhalt im Jahr 2014 von 6,4%. Mit dieser Quote liegt das Bundesland deutlich über dem Bundesdurchschnitt, der seit 2005 fast konstant bei 4,6% liegt (vgl. KMK 2016: 7).
Sachsen-Anhalt gehörte seit der Wiedervereinigung durchgehend zu den Ländern mit der höchsten Förderschulbesuchsquote, wenn auch mit leichten Schwankungen. Seit 2011 führte es die Statistik wieder an und wird aktuell für 2014 mit jenen 6,4% nur von Mecklenburg-Vorpommern mit 6,6% überboten (vgl. KMK 2016: 39). Im Zeitverlauf wird aber erkennbar, dass Sachsen-Anhalt ausgehend von diesem sehr hohen Stand eine deutliche Verbesserung erzielen konnte, wenngleich der Bundesdurchschnitt noch deutlich überschritten wird. Abbildung 4 zeigt die Entwicklung der Förderschulbesuchsquote seit Inkrafttreten der Behindertenrechtskonvention 2009 im Vergleich zum Bundesdurchschnitt.

Abb. 4 Förderschulbesuchsquote in Sachsen-Anhalt und im Bundesdurchschnitt
Quelle: erstellt mit Daten der Kultusministerkonferenz (KMK 2016: 7, 39)

3.2 Förderquote und Integrationsquote: Sachsen-Anhalt nicht im Trend

Die Förderquote bezeichnet den Anteil der Schülerinnen und Schüler mit diagnostiziertem sonderpädagogischem Förderbedarf an der Gesamtheit aller Lernenden in Vollzeitschulpflicht. „Man könnte auch von einer schulischen Behindertenquote sprechen, die lediglich das Faktum eines sonderpädagogischen Förderbedarfs empirisch registriert, dies aber völlig unabhängig von dem schulischen Förderort (Regelschule oder Förderschule)“ (Wocken 2016: 6). Auf die Förderquote wird in der Debatte sehr genau geschaut. Sie ist es, die die Erfolge in den Statistiken zur Integrationsquote wieder relativiert: Trotz vielerorts spürbarer Erfolge in den Bemühungen für mehr gemeinsamen Unterricht sinken die Förderschulbesuchsquoten nicht, weil im gleichen Zeitraum immer mehr Kinder einen sonderpädagogischen Förderbedarf attestiert bekommen. Diese Feststellung gilt für Gesamtdeutschland (vgl. Klemm 2015: 10).
Um es vorweg zu nehmen: für Sachsen-Anhalt gilt diese Beobachtung nicht. Das Land hat es in den letzten Jahren geschafft, ausgehend von seinem hohen Ausgangsniveau die Förderquote langsam aber relativ stetig zu senken. Die Förderquote stellt die Summe aus Förderschulbesuchsquote und Integrationsquote dar. Die Integrationsquote bezeichnet den Anteil der Schülerinnen und Schüler mit diagnostiziertem sonderpädagogischen Förderbedarf im gemeinsamen Unterricht außerhalb von Förderschulen (also im gemeinsamen Unterricht) zur Gesamtschülerzahl in Vollzeitschulpflicht.
Insgesamt wurden im Jahr 2014 in Sachsen-Anhalt 4.640 Schülerinnen und Schüler mit diagnostiziertem sonderpädagogischen Förderbedarf im gemeinsamen Unterricht beschult. Das entspricht einer Integrationsquote von 2,8%. Gemeinsam mit der Förderschulbesuchsquote von 6,4% lässt sich für Sachsen-Anhalt eine Förderquote für 2014 von 9,2% errechnen. Diese hat sich gegenüber 2011 nur sehr leicht verringert (9,4%). Positiv hervorzuheben ist der leicht rückläufig Trend aber gerade im Vergleich zum steigenden Bundesdurchschnitt: wurden 2009 noch 6,2% aller Lernenden in Deutschland sonderpädagogisch gefördert, sind es 2014 bereits 7% (vgl. KMK 2016: XIV, 4). Negativ zu bewerten bleibt für Sachsen-Anhalt die relativ schwache Stellung in Deutschland: Das Land gehört auch weiterhin zu den Bundesländern mit der höchsten Förderquote (vgl. für 2013/14 Klemm 2015: 31).

Abb. 5 Förderquote als Summe von Förderschulbesuchsquote und Integrationsquote in Sachsen-Anhalt
Quelle: erstellt mit Daten der Kultusministerkonferenz (KMK 2016: 39)

3.3 Verteilung nach Schulformen und Integrationsanteile

Bei der Aufteilung der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischen Förderbedarf im gemeinsamen Unterricht gibt es unter den Schulformen große Unterschiede. Abbildung 4 schlüsselt diese auf.

Abb. 6 Verteilung der Schülerinnen und Schüler mit diagnostizierten sonderpädagogischen Förderbedarf auf die allgemeinen Schulen in Sachsen-Anhalt 2014
Quelle: erstellt mit Daten der Schuljahresanfangsstatistik Schuljahr 2014/15 (Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt 2015: 67)
Zu fast gleichen Teilen sind die Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischen Förderbedarf auf die Schulformen Grundschule und Sekundarschule aufgeteilt. Mit diesem hohen Anteil an Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischen Förderbedarf an der Sekundarschule gilt die Aussage von Klemm für ganz Deutschland – „Je höher die Bildungsstufe, desto geringer sind die Chancen auf Inklusion“ (Klemm 2015: 6) – in Sachsen-Anhalt nur eingeschränkt. Gleichzeitig bestätigt sich dieser Zusammenhang aber wieder mit Blick auf den geringen Anteil des Gymnasiums am gemeinsamen Unterricht. Zieht man in Betracht, dass die Gemeinschaftsschulen erst seit Schuljahr 2013/14 existieren (s.u.), ist der Platz an dritter Stelle der Statistik noch vor der Schulform Gymnasium bemerkenswert. Gesamtschulen scheinen den Zahlen nach für die Frage zum gemeinsamen Unterricht keine große Rolle zu spielen.
Neben dieser Verteilung auf die Schulformen ist der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischen Förderbedarf, die im gemeinsamen Unterricht beschult werden, zur Zahl der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischen Förderbedarf insgesamt wichtig. Diesen Anteil bezeichnet Wocken (2016) als ‚Inklusionsquote‘ und als eigentlich wichtige Kennzahl in der Debatte. Für Klemm (2015: 28) ist dies der ‚Inklusionsanteil‘. Die folgende Abbildung schlüsselt diese Verteilung für Sachsen-Anhalt im Jahre 2014 nicht nur die diagnostizierten Lernenden gesamt auf, sondern differenziert darüber hinaus nach den einzelnen Förderschwerpunkten.


Abb. 7 Prozentuale Verteilung der Schülerinnen und Schüler mit diagnostizierten sonderpädagogischen Förderbedarf auf die verschiedenen Schulformen in Sachsen-Anhalt 2014
Quelle: erstellt mit Daten der Schuljahresanfangsstatistik (Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt 2015: 67) und die einzelnen Tabellen nach Geburtsjahrgang[2]
Lesebeispiel: Die Schülerinnen und Schüler mit dem häufigsten Förderschwerpunkt Lernen (gesamt 6.617) verteilen sich 2014 zu ca. 75% auf Förderschulen, 10% auf Grundschulen, 12 % auf Sekundarschulen, zu weniger als 1% auf Gymnasien und Gesamtschulen und zu ca. 3% auf Gemeinschaftsschulen.
Der erste Balken in Abbildung 5 stellt die Gesamtverteilung der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischen Förderbedarf darf. Er verdeutlicht einen Integrationsanteil für Sachsen-Anhalt im Jahre 2014 von 30,4% (Zahlen in Endnoteii). Für die meisten Förderschwerpunkte gilt, dass mehr Kinder an der Förderschule unterrichtet werden (grauer Balken über 50%) als an allgemeinen Schulen (alle anderen Farben). Ausnahmen sind hier die beiden Förderschwerpunkte ‚emotionale und soziale Entwicklung‘ und ‚Sprache‘. Für den in der Statistik ausgewiesenen Förderschwerpunkt ‚Autismus‘ existiert keine eigene Förderschulform. Die Entscheidungen zur Beschulung werden hier nicht pauschal gefällt (Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt 2012: 100). Weiterhin wird deutlich, dass das Bemühen um mehr gemeinsamen Unterricht für einige Förderschwerpunkte leichter einzulösen zu sein scheint als für andere. Große Herausforderungen gibt es den Zahlen nach beim Schwerpunkt ‚geistig Entwicklung‘, in dem mit unter zwei Prozent so gut wie gar nicht integrativ beschult wird. Auch für die Förderschwerpunkte ‚Lernen‘ und ‚körperliche und motorische Entwicklung‘ ist ein Integrationsanteil unter dem globalen Integrationsanteil zu verzeichnen.
Die Tabelle verdeutlicht darüber hinaus auch die Rolle einzelnen Schulformen. Für das Gymnasium zeigt sich ein hoher Anteil von Lernenden mit diagnostiziertem ‚Autismus‘, der relativen hohen Anteil körperlicher Behinderungen (Sehen, Hören, körperliche und motorische Entwicklung) und ein Fehlen von Schülerinnen und Schülern mit ‚Lernbehinderung‘ und dem Schwerpunkt ‚geistige Entwicklung‘. Dies ist Ausdruck einer Gesetzgebung in Sachsen-Anhalt, nach der zieldifferenter Unterricht am Gymnasium nicht vorgesehen ist (vgl. Förderverordnung 2013, § 9 Abs. 3). Bei den alternativen weiterführenden Schulen mit Hochschulreifeoption ist nur die Gemeinschaftsschule hervorzuheben, wo sich neben dem Schwerpunkt ‚Autismus‘, v.a. Schülerinnen und Schüler mit den Schwerpunkte ‚Sprache‘ oder ‚emotionale und soziale Entwicklung‘ befinden.

4. Entwicklung des bildungspolitischen Rahmens für den gemeinsamen Unterricht in Sachsen-Anhalt

Zum tieferen Verständnis der Zahlen zum gemeinsamen Unterricht in Sachsen-Anhalt soll hier in Eckpunkten die Reform im bildungspolitischen Rahmen dargestellt werden. Sachsen-Anhalt befindet sich seit der Gründung in einem ständigen Reformprozess seines Bildungswesens. Als das Bundesland mit der „höchsten Förderschülerquote und mit einer der geringsten Integrationsquote“ (Hinz 2011) hat Sachsen-Anhalt sukzessive die rechtliche Rahmenbedingungen im Sinne der Ermöglichung einer Zunahme von gemeinsamen Unterricht verändert. Zur Veranschaulichung und Ordnung der zahlreichen rahmenpolitischen Entscheidungen soll diese Entwicklung hier in drei Phasen unterteilt werden. Die erste Phase kann ab der Verabschiedung des Schulgesetzes 2001 angesetzt werden, in dem der gemeinsame Unterricht qualitativ im Schulrecht verankert worden ist. Eine zweite Phase intensiverer Bemühungen setzte nach Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention 2009 ein. Mit der Schulgesetzänderung 2013 schließlich kann eine dritte Phase konstatiert werden, in der der allgemeine Bildungs- und Erziehungsauftrag um inklusive Bildungsangebote erweitert wurde.
Im Nachgang der „Empfehlung zur sonderpädagogischen Förderung in den Schulen in der Bundesrepublik Deutschland“ der Kultusministerkonferenz von 1994 hat Sachsen-Anhalt in den 1990er Jahren mit Einzelfällen und Modellschulen nur sehr wenige Erfahrungen mit der sonderpädagogischen Förderung im gemeinsamen Unterricht sammeln können. Erst durch die rechtliche Verankerung des gemeinsamen Unterrichts im Schulgesetzt 2001 setzt eine erste Phase spürbarer Veränderungen ein. Um den zunehmenden Bedarf an Beratung und fachlicher Zusammenarbeit entgegenzukommen, wurden im Schuljahr 2004/2005 die ersten Förderzentren als Verbünde von Förder- und allgemeinen Schulen gegründet (vgl. Hübner 2015: 184). Hierbei wurden nicht einfach nur einige Förderschulen umbenannt, sondern eine regionale Vernetzung geschaffen, die „zu mehr Wohnortnähe der FörderschülerInnen und zu einer Stärkung des gemeinsamen Unterrichts führen soll“ (Hinz 2011). Diese Konzeption ist bundesweit einmalig. Mittelpunkte der sonderpädagogischen Arbeit innerhalb der Netzwerke stellten die Basisförderschulen dar, die u.a. das sonderpädagogische Feststellungsverfahren übernahmen (vgl. Hübner 2015: 184). Im weiteren Verlauf wurde 2005 im Schulgesetz die flexible Schuleingangsphase (s.o.) verankert, die 2009 Pflicht für alle Grundschulen wird. Der Anspruch ist, dass durch die flexible Verweildauer in den ersten ein bis drei Jahren der Schulzeit Zurückstellungen und Wiederholungen vermieden werden: „Die ‚Schulfähigkeit‘ ist nicht die ‚Eintrittskarte‘ für die Schule, sondern muss von allen Beteiligten gemeinsam entwickelt werden“ (Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt 2009: 22). In diese erste Phase fallen auch die Entwicklungen zur Ganztagsschule, bei der sich anfangs acht, später sieben Schulen für eine inklusionsorientierte Schulentwicklung mithilfe des Index für Inklusion entschieden (vgl. Boban/Hinz 2013; Hinz et al. 2013).
Im Jahr 2009 flossen die ersten bis dahin gesammelten Erfahrungen in ein Handlungskonzept ein, das sich das Land Sachsen-Anhalt im Nachgang der Ratifizierung der Behindertenrechtskonvention definierte und in dem es sich zur „Senkung der Schülerzahlen an den Förderschulen“ und zur Erhöhung der Zahl der „Jugendlichen mit anerkannten Abschlüssen“ bekannte (Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt 2012: 101). Darin festgehalten wurde ein von 2009 bis 2011 laufender zweijähriger Modellversuch zur Installierung von „Grundschulen mit Integrationsklassen“, an dem insgesamt 22 Grundschulen teilnahmen und durch den weitere wichtige Erkenntnisse und neue Fragen zur integrativen Beschulung im Land verdeutlicht wurden (vgl. Hübner 2015: 185; Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt 2012). Eine sehr bedeutsame Veränderung fand mit der Installation des Mobilen Sonderpädagogisch-diagnostischen Dienst (MSDD) statt, der seit 2010/2011 die Arbeit der Förderzentren gravierend veränderte, indem nun nicht mehr die dort ansässigen Basisförderschulen, sondern jener MSDD die „Anträge zur Feststellung eines vermuteten sonderpädagogischen Förderbedarfs inhaltlich bearbeiten und die abschließende Entscheidung durch das Landesschulamt vorbereiten“ sollte (Landtag von Sachsen-Anhalt 2013: 1). Gleichzeitig wurde die Arbeitsgrundlage zwischen dem MSDD, den beteiligten Pädagoginnen und Pädagogen sowie den Eltern durch eine Handreichung zur sonderpädagogischen Förderung des Kultusministeriums Sachsen-Anhalts (2011) geschärft. Insgesamt sollte mit diesen Maßnahmen das Feststellungsverfahren zum sonderpädagogischen Förderbedarf zentriert und erschwert werden (vgl. Hinz 2011).
Die dritte und aktuellste Phase in der Entwicklung des bildungspolitischen Rahmens kann mit der Neufassung des Schulgesetzes 2013 angesetzt werden. Der allgemeine Bildungs- und Erziehungsauftrag wird mit einer Festschreibung von inklusiven Bildungsangebote erweitert: „Inklusive Bildungsangebote für Schülerinnen und Schüler werden in allen Schulformen gefördert, um auf diese Weise zur Verbesserung der Chancengerechtigkeit beizutragen“ (SchulG LSA 2013: 7). Mit diesem Wortlaut wurde Inklusion explizit im Schulrecht Sachsen-Anhalts verankert und damit die von Appel, Lieske und Reinelt (2012) festgestellte „[i]ndirekte Verankerung im Schulgesetzt“ (ebd.: 128) überwunden. Darüber hinaus wird die Etablierung von „inklusionspädagogischen Inhalten“ in der Lehrerbildung festgeschrieben. Gemeinschaftsschulen als neue Lernorte mit Möglichkeit zum Abschluss mit Hochschulzugangsberechtigung werden eingeführt (s.o.). Im Schulgesetz wird die Aussage verankert, dass Förderangebote an allen Schulformen vorzuhalten sind. Neben einer neuen schulstrukturellen Komponente wird damit v.a. noch einmal die Reichweite der Bemühungen expliziert und festgehalten, dass keine Schulform von den Entwicklungen zu mehr gemeinsamen Unterricht ausgenommen ist. Zur Konkretisierung der sich intensiviert stellenden Anforderungen an das Schulsystem Sachsen-Anhalts veröffentlichte das Land 2013 ein Konzept zum „Ausbau des gemeinsamen Unterrichts an allgemeinbildenden Schulen“. Dieses Konzept beruht auf einem Arbeitspapier und einer darauf aufbauenden Diskussion einer im Schuljahr 2011/12 eingesetzten multiprofessionellen Arbeitsgruppe (vgl. Hübner 2015: 187). Der gemeinsame Unterricht wird hier als „Vorstufe des komplexesten Teils einer künftigen inklusiven Schule“ (Land Sachsen-Anhalt 2013: 3) definiert. Die förderdiagnostische Kompetenz der Grundschule wird gestärkt und durch eine vom Kultusministerium herausgegebene Handreichung spezifischer definiert (Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt 2013a). Des Weiteren wird die Möglichkeit zur Zertifizierung von Grund- und Sekundarschulen zu „Schulen mit inklusivem Schulkonzept“ installiert, die für eine Dauer von fünf Jahren pauschal mit Förderschullehrkräften ausgestattet werden. Im Runderlass vom 10. April 2013 (Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt 2013b) wird eine Bewerbung ab dem Schuljahr 2014/15 auch für Gesamtschulen, Gemeinschaftsschulen und Gymnasien ermöglicht.
Ein im besagten Konzept angesprochenes und bereits mit Beginn der Bemühungen um ein Mehr an gemeinsamen Unterricht immer wiederkehrendes Problem ist die Zuweisung von Ressourcen an die Schulen. Diese ist bisher auch in Sachsen-Anhalt davon geprägt, dass vorab ein sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt werden muss und damit wiederum die Etikettierung von Schülerinnen und Schülern gefördert wird. Das Phänomen ist seit den 1980er Jahren bekannt unter dem Stichwort Ressourcen-Etikettierungs-Dilemma: „Wer zusätzliche Lehrerstunden haben will, muss als Vorleistung behinderte Kinder namentlich benennen“ (Wocken 2014: 97). Um diese auch inklusionspädagogisch abzulehnende Verbindung von Ressource und Etikett weiter abzuschwächen, bekommen Grundschulen, Gemeinschafsschulen und Sekundarschulen mit der Einführung eine sogenannten Inklusionspools deutlich mehr Entscheidungsspielraum zum Einsatz zugewiesener Lehrerwochenstunden für die gesamte Schule. Der Inklusionspool steht „zur Erfüllung des allgemeinen Förderauftrages und zur Entwicklung eines differenzierten Förderangebotes entsprechend der Heterogenität der Schülerinnen und Schüler zur Verfügung“ (Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt 2015).

5. Ausblick: Sachsen-Anhalt – quo vadis?

Insgesamt kann die vom Land eingeschlagene Entwicklung als ein „Weg zu einer inklusiven Schule“ (Hübner 2015: 183) bezeichnet werden. Jedoch befindet sich Sachsen-Anhalt hierbei, auch aufgrund seiner Ausgangslage mit dem „segregativste(n) Schulsystem aller deutschsprachigen Länder“ (Boban, Hinz 2013) erst am Anfang und in allen Kennziffern über dem Bundesdurchschnitt. Im Bezug zu Inklusion ist auch weiterhin kritisch anzumerken, dass sich das Land primär auf Reformen im Bereich des gemeinsamen Unterrichts beschränkt (vgl. Hinz 2011). Weder haben andere Heterogenitätsdimensionen einen vergleichbaren Stellenwert in der Diskussion, noch gibt es weitreichende Pläne zur systematischen Schließung von Förderschulen oder zum Rückbau des separierenden Schulsystems. Sachsen-Anhalt leistet sich gegenwärtig ein Doppelmodell, in dem mit Verweis auf den Elternwunsch die Sonderschule begründet wird. Der Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung aus CDU, SPD und Bündnis 90/Grünen, der die Grundlage der Regierungsarbeit bis zum Ende der Legislaturperiode 2021 darstellt, äußert sich deutlich: „Förderschulen sind fester und wichtiger Bestandteil unseres Schulsystems. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass die Inklusion weiterentwickelt wird“ (Koalitionsvertrag 2016: 76). Dieses Doppelmodell aus Weiterentwicklung der Inklusion durch ein Mehr an gemeinsamem Unterricht bei gleichzeitigem Festhalten am System der Förderschulen mag realpolitisch pragmatisch sein, trägt aber deutliche Widersprüche in sich. Zum Ersten ist in einem Bundesland mit knappen Ressourcen und angespannter Stellensituation schnell mit finanziellen Schwierigkeiten zu rechnen, zum Zweiten hemmt ein Festhalten am separierenden Schulsystem generell die Bemühungen um Inklusion. Dieses „Additive System“, das von Wocken (2014: 51) als eine „degenerative Verformung der Inklusionsphilosophie“ bezeichnet wird, verhindert „wichtige Anreize für die Entwicklung einer neuen Lern- und Unterrichtskultur“ (ebd.: 52). Wenn das Schulsystem als Ganzes weiterhin auf Homogenität setzt, wird die „Sehnsucht nach der homogenen Lerngruppe“ (Tillmann 2008: 63) auch weiterhin eine dominante, handlungsleitende Logik im Schul- und Unterrichtsalltag bleiben.
Die hier dargestellten Zahlen zur Situation des gemeinsamen Unterrichts und zur Entwicklung der bildungspolitischen Rahmenbedingungen zeigen dennoch einen vorsichtigen Trend zu mehr Inklusion in Sachsen-Anhalt. Aus inklusionstheoretischer Sicht ist man schnell geneigt, die Veränderungen im Land als zu langsam und ungenügend zu beschreiben. Jedoch kann eine beschleunigte Veränderung der bildungspolitischen Rahmenbedingungen allein ein Bildungswesen nicht inklusiv gestalten. Ergänzend ist es beispielsweise notwendig, inklusionsbezogene Kompetenzen und Einstellungen zunehmend in der (fachdidaktischen) Lehrerbildung zu vermitteln und auch für eine generelle Akzeptanz von Inklusion in der Gesellschaft zu werben. Der hohe Wahlerfolg der Inklusion absolut ablehnenden AfD (vgl. AfD Sachsen-Anhalt 2015: 21) bei den Landtagswahlen 2016 stimmt bezüglich einer „inklusiven Stimmung“ in Sachsen-Anhalt vorerst skeptisch und zeigt die Notwendigkeit auf, in diesem Bereich die Bemühungen zu intensiveren.
Der Ausbau der Inklusion in der Lehrerbildung wird auch im neuen Koalitionsvertrag (2016: 92) festgeschrieben. An der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg wird aktuell das Schlüsselqualifikationsmodul für Lehrer/innen (LSQ-Modul) „Kommunikation, Inklusion und Heterogenität“, das mit kooperativen und handlungsorientierten Seminaren und einer die Phasen der Lehrerbildung vereinenden Ringvorlesung bereits wichtige Akzente setzt (vgl. Boban, Hinz, Jahr, Szalai 2015), strukturell verändert. Heterogenitätssensibilisierung und Inklusion bilden eine zentrale Säule des nunmehr auszugestaltenden Projekts „Kasuistische Lehrerbildung im inklusiven Unterricht (KALEI)“ im Rahmen der Qualitätsoffensive Lehrerbildung. Dabei ist vorgesehen, zum Wintersemester 2016/17 mit einem erweiterten Personalstand das „Profilmodul Inklusion“ breiter aufzustellen und thematisch zu vertiefen. Inklusion und Heterogenität sollen dabei nicht nur in den Bildungswissenschaften als feste Größe installiert werden, sondern auch in den Fachdidaktiken einen Platz bekommen. Die Lehrerbildung der Martin-Luther-Universität orientiert sich dabei auch weiterhin an einem „weiten“ Inklusionsverständnis, das sich nicht auf die Heterogenitätsdimension Behinderung beschränkt, sondern generell Fragen von für Schule und Unterricht relevanter Vielfalt problematisiert.

6. Literatur

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Appel, Tim-Marten; Liske, Nadine; Reinelt, Katja (2012): Umsetzung in Deutschland. In: Matthias von Saldern (Hg.): Deutschland zwischen Gewohnheit und Menschenrecht. Norderstedt: Books on Demand, S. 124-144.
Bentele, Verena (2015): Grußwort zum Inklusionsfackellauf in alle Landeshauptstädte. Online verfügbar unter: http://www.netzwerkinklusion.de/assets/default/pdf/grussworte/2015_02_Inklusionsfackellauf%20Verena%20Bentele.pdf
Berkemeyer, Nils; Bos, Wilfried; Manitius, Veronika; Hermstein, Björn; Bonitz, Melanie; Semper, Ina (2015): Chancenspiegel 2014. Regionale Disparitäten in der Chancengerechtigkeit und Leistungsfähigkeit der deutschen Schulsysteme. Verlag Bertelsmann Stiftung.
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Koalitionsvertrag 2016: Zukunftschancen für Sachsen-Anhalt – verlässlich, gerecht und nachhaltig. Online verfügbar unter http://www.spd-lsa.de/tl_files/Datei-Struktur/06_veroeffentlichungen/pdf/koalitionsvertrag2016.pdf
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SchulG LSA (2013): Schulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt. Online verfügbar unter https://www.bildung-lsa.de/schule/schulrecht/ausgewaehlte_gesetze__verordnungen_und_erlasse/schulgesetz.html
Simon, Toni (2012): Nun sag, Sachsen-Anhalt, wie hast du’s mit der Inklusion? Statistische Angaben zum Primarstufenbereich im Schuljahr 2011/2012 und die Frage nach dem Bild der ‚idealtypischen‘ Klasse einer Grundschule für alle. In: Zeitschrift für Inklusion Online (4). Online verfügbar unter http://www.inklusion-online.net/index.php/inklusion-online/article/view/34/34
Simon, Toni (2014): Inklusion im Land der Frühaufsteher? Sachsen-Anhalt im Schuljahr 2011/2012. In: Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen-Anhalt (Hg.): Inklusive Schule in Sachsen-Anhalt – Vom Konzept zur Praxis. Dokumentation des Fachtags vom 19. November 2013. Halle (Saale), S. 9-22. Online verfügbar unter http://www.boell-sachsen-anhalt.de/wp-content/uploads/2008/10/HBS-LSA-Broschuere-Fachtag-Inklusion-Webversion.pdf
Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt (2015): Schuljahresanfangsstatistik Schuljahr 2014/15. Allgemeinbildende Schulen. Halle (Saale). Online verfügbar unter http://www.statistik.sachsen-anhalt.de/download/stat_berichte/6B101_j_2014.pdf
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Trautmann, Matthias; Wischer, Beate (2011): Heterogenität in der Schule. Eine kritische Einführung. Wiesbaden: VS-Verl.
Wocken, Hans (2005): Andere Länder, andere Schüler? Vergleichende Untersuchung von Förderschülern in den Bundesländern Brandenburg, Hamburg und Niedersachsen. Online verfügbar unter http://bidok.uibk.ac.at/download/wocken-forschungsbericht.pdf
Wocken, Hans (2014a5): Architektur eines inklusiven Bildungswesens. Eine bildungspolitische Skizze. In: Hans Wocken (Hg.): Das Haus der inklusiven Schule. Baustellen – Baupläne – Bausteine. Hamburg: Feldhaus Ed. Hamburger Buchwerkstatt, S. 91-108.
Wocken, Hans (2014b): Die inklusive Schule. Ein Grundriss. In: Hans Wocken (Hg.): Im Haus der inklusiven Schule. Hamburg: Feldhaus, S. 49-58.
Wocken, Hans (2014c): Inklusion – warum? Argumente und Motive für gemeinsames Lernen. In: Hans Wocken (Hg.): Im Haus der inklusiven Schule. Hamburg: Feldhaus, S. 20-48.
Wocken, Hans (2016): Die verführerische Faszination der Inklusionsquote. Ein Aufschrei gegen die Etikettierungsschwemme und den Separationsstillstand. In: auswege – Online-Magazin für Bildung, Beratung, Erziehung und Unterricht. Online verfügbar unter http://www.magazin-auswege.de/data/2016/02/Wocken_Etikettierungsschwemme.pdf

[1] Die Quote der Absolventen mit Hochschul- und Fachhochschulreife (Anteil an der gleichaltrigen Wohnbevölkerung) liegt in Sachsen-Anhalt bei nur 36,8% für das Jahr 2013. Beim nächstplatzierten Mecklenburg-Vorpommern liegt diese Quote bei 39,5%. Sachsen liegt bei immerhin 44,8%. Spitzenreiter ist Nordrhein-Westfalen mit einer Quote von 74 % (vgl. KMK 2015: 360).

[2]


Förderschwerpunkt (gesamt)

Gs

Sek

Gem

Gym

KGes

IGes

Lernen (6.617)

5.003

629

821

112

4

14

34

emotionale
und soziale Entwicklung (2.717)

1.078

714

718

112

50

27

18

Sprache (922)

307

224

260

75

14

27

15

Hören (561)

328

109

61

5

47

1

10

Sehen (233)

133

41

23

1

32

1

2

Körperliche
und motorische Entwicklung (1.090)

811

170

64

3

39

0

3

Geistige
Entwicklung (3.012)

2.959

45

4

4

0

0

0

Autismus (107)

0

29

39

8

26

2

3

Gesamt (15.259)

10.619

1.961

1.990

320

212

72

85

Tabelle 1: Schülerzahlen in Sachsen-Anhalt 2014 (LSA 2015)
Abk.: Fö=Förderschule, Gs=Grundschule, Sek=Sekundarschule, Gem = Gemeinschaftsschule, Gym = Gymnasium, KGes = Kooperative Gesamtschule, IGes = Integrierte Gesamtschule