Stefanie Busch: Eine Hochschule für Alle – Ausgewählte Ergebnisse der Evaluation der HRK-Empfehlung

Abstract: Der Beitrag stellt ausgewählte Ergebnisse der Evaluation der HRK-Empfehlung „Eine Hochschule für Alle“ vor und stellt zugleich einen Bezug zu anderen Empfehlungen und Veröffentlichungen zum Thema „Inklusion“ her.

Stichworte: Studium mit Beeinträchtigung, Beauftragte, Lehrende, Nachteilsausgleiche, Barrierefreiheit, Studienstruktur

Inhaltsverzeichnis

  1. Empfehlungen zur inklusiven Hochschule
  2. Studierende mit Beeinträchtigung an deutschen Hochschulen
  3. Ausgewählte Ergebnisse der Evaluation der HRK-Empfehlung
  4. Herausforderungen
  5. Literaturverzeichnis

1. Empfehlungen zur inklusiven Hochschule

Am 26. März 2009 trat das im Jahre 2008 von der Vollversammlung der Vereinten Nationen verabschiedete Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention) in Deutschland in Kraft. In Artikel 24 der Konvention wird das Recht auf Bildung von Menschen mit Behinderung betont. Dort heißt es wörtlich:
„Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung. […] Die Vertragsstaaten stellen sicher, dass Menschen mit Behinderungen ohne Diskriminierung und gleichberechtigt mit Anderen Zugang zu allgemeiner Hochschulbildung, Berufsausbildung, Erwachsenenbildung und lebenslangem Lernen haben. Zu diesem Zweck stellen die Vertragsstaaten sicher, dass für Menschen mit Behinderungen angemessene Vorkehrungen getroffen werden.“
Im April 2009 verabschiedete die Mitgliederversammlung der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) die Empfehlung „Eine Hochschule für Alle“. Zielsetzung der Empfehlung ist es, die chancengerechte Teilhabe von Studierenden mit Behinderung und chronischer Krankheit an Bildung zu verbessern, indem die den Hochschulen zur Verfügung stehenden Instrumente – angefangen bei der Gestaltung der Curricula, der Gewährung von Nachteilsausgleichen bis hin zu baulichen Erfordernissen – dargestellt und entsprechende Maßnahmen zur Überwindung von Barrieren aufgezeigt werden.
Die Mitgliedshochschulen der HRK sind mit der Verabschiedung der Empfehlung die Selbstverpflichtung eingegangen, die Umsetzung der in der Empfehlung vorgesehenen Maßnahmen im Jahre 2012 zu evaluieren. Die betreffende Evaluation wurde im Sommersemester 2012 durchgeführt. Hierzu wurden die Hochschulen gebeten, einen online-Fragebogen auszufüllen. Dieser umfasste 57 Fragen und Anmerkungsfelder und ging teilweise über die im Jahre 2009 mit der HRK-Empfehlung „Eine Hochschule für Alle“ angesprochenen Themenfelder hinaus, denn er bezog auch die bereits im Jahre 1986 von der damaligen Westdeutschen Rektorenkonferenz verabschiedete Empfehlung „Hochschule und Behinderte. Zur Verbesserung der Situation von behinderten Studieninteressierten und Studenten an der Hochschule“ und die im Jahre 1982 von der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder verabschiedete Empfehlung zur „Verbesserung der Ausbildung für Behinderte im Hochschulbereich“ mit ein. Die älteren Empfehlungen sind auch heute noch aktuell und beschreiben diejenigen Maßnahmen, die zur Umsetzung einer inklusiven Hochschule geleistet werden müssen, zum Teil sehr detailliert. So folgerte bereits die Empfehlung der KMK aus dem Jahr 1982, dass eine studienvorbereitende Beratung der Studierenden mit Beeinträchtigung früh einsetzen muss – spätestens im Sekundarbereich –, um die Studierenden beizeiten über ihre Möglichkeiten umfassend zu informieren und ihnen eine möglichst uneingeschränkte Wahl zu ermöglichen. Es sollen „die notwendigen Grundlagen für eine eigenverantwortliche Entscheidung bei der Studien- und Berufswahl geschaffen werden“ (a.a.O.). Dieses Anliegen greift die HRK-Empfehlung aus 2009 auf, wenn es dort heißt: „Insbesondere Schülerinnen und Schüler mit Behinderung müssen bereits zu Beginn der Oberstufe über die bestehenden Wahlmöglichkeiten und die sich daran anknüpfenden Folgen für die Studienwahl umfassend informiert werden.“
Die Empfehlung der Westdeutschen Rektorenkonferenz aus dem Jahr 1986 wiederum beschreibt sehr genau, wie das Amt der bzw. des Beauftragten für die Belange der Studierenden mit Beeinträchtigung an den Hochschulen auszustatten ist bzw. wie das Amt in der Hochschule zu verankern ist.

 

2. Studierende mit Beeinträchtigung an deutschen Hochschulen

Die Bedeutung des Themas „Studieren mit Behinderung und chronischer Erkrankung“ lässt sich anhand der neuesten Zahlen aus der 20. Sozialerhebung verdeutlichen. Danach haben an deutschen Hochschulen rund 14 Prozent der Studierenden eine gesundheitliche Beeinträchtigung. Bei rund sieben Prozent der Studierenden wirkt sich die Behinderung oder chronische Erkrankung studienerschwerend aus, bei rund 1,8 Prozent der Studierenden wirkt sich die Beeinträchtigung gar sehr stark studienerschwerend aus (Middendorff et al., 20. Sozialerhebung, S. 452 f.). Allerdings, so geht aus der „beeinträchtigt studieren“-Studie (best-Studie) des Deutschen Studentenwerks hervor, ist nur bei sechs Prozent der Studierenden die Beeinträchtigung für Dritte auf Anhieb wahrnehmbar (Unger et al., beeinträchtigt studieren, S. 13). Bei über 40 Prozent der Studierenden mit Beeinträchtigung wirken sich – nach eigener Auskunft – psychische Beeinträchtigungen am stärksten studienerschwerend auf das Studium aus (20. Sozialerhebung: 42 Prozent; best-Studie: 45 Prozent), 34 Prozent leiden an einer chronisch-somatischen Krankheit und sechs Prozent an einer Teilleistungsstörung (20. Sozialerhebung). Gerade diese nicht-sichtbaren Beeinträchtigungen erschweren es den Studierenden häufig, den organisatorischen Vorgaben des Studienganges zu entsprechen. So unterbrechen beispielsweise Studierende mit Beeinträchtigung mehr als dreimal so häufig ihr Studium wie Studierende ohne (studienrelevante) Gesundheitsbeeinträchtigung (27 Prozent versus acht Prozent), wobei die Frage der Studienunterbrechung in hohem Maße mit der Studienerschwernis zusammenhängt (Middendorff et. al, 20. Sozialerhebung, S. 465). Psychisch Erkrankte unterbrechen besonders häufig ihr Studium (Middendorff et al., aaO). Studierende mit Beeinträchtigung sind aufgrund dessen im Durchschnitt fast anderthalb Jahre älter als ihre Kommilitoninnen und Kommilitonen ohne Beeinträchtigung (Middendorff et al., 20. Sozialerhebung, S. 457).

 

3. Ausgewählte Ergebnisse der Evaluation der HRK-Empfehlung

An der in 2012 durchgeführten Evaluation der HRK-Empfehlung „Eine Hochschule für Alle“ haben 135 von 267 HRK-Mitgliedshochschulen teilgenommen. Dies entspricht einer Rücklaufquote von 51 Prozent. Die Evaluation umfasste Fragen zur Umsetzung der HRK-Empfehlung, zu den Beauftragten für die Belange von Studierenden mit Behinderung und chronischer Krankheit und zu den Beratungsangeboten. Des Weiteren wurden die Hochschulen gebeten, Einschätzungen hinsichtlich der Barrierefreiheit ihrer Kommunikations- und Informationseinrichtungen zu geben sowie Angaben zu machen, welche Maßnahmen im Bereich Studium und Lehre ergriffen werden, um die Teilhabe von Studierenden mit Beeinträchtigung zu ermöglichen. Schließlich wurden die baulichen Rahmenbedingungen an den Hochschulen evaluiert, unter anderem im Hinblick auf vorhandene und noch umzusetzende Barrierefreiheit. Nachfolgend werden ausgewählte Evaluationsergebnisse zu den Themenkomplexen „Lehre und Studium“, „Beauftragte an Hochschulen“, „Informations- und Beratungsangebote“ und „Informatorische Barrierefreiheit“ vorgestellt.

Lehre und Studium

„Lehrende sollten es als Teil ihres Lehrauftrages ansehen, in Lehre und Beratung systematisch die besonderen Belange der Studierenden mit chronischer Krankheit einzubeziehen. […] Entscheidend ist, dass Lehrende und Studierende mit Behinderung aufeinander zugehen, Bedarfe erörtern und Vorgehensweisen miteinander absprechen“,
heißt es in der HRK-Empfehlung „Eine Hochschule für Alle“. Die Empfehlung spricht hier insbesondere zwei Aspekte an: Die intensive Kommunikation zwischen den Beteiligten und die anschließende Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse der Studierenden mit Beeinträchtigung im Rahmen aller das Studium betreffenden Aspekte (Studienorganisation, Prüfungen etc.).   

Das wichtigste Instrument, um den besonderen Bedürfnissen der Studierenden mit Behinderung und chronischer Erkrankung in diesem Rahmen entgegenzukommen, ist der sogenannte Nachteilsausgleich. Vorgaben zu Nachteilsausgleichen sind inzwischen in allen Landeshochschulgesetzen enthalten. Es obliegt den Hochschulen, in den jeweiligen Studien- und Prüfungsordnungen festzulegen, in welcher Form Nachteilsausgleiche gewährt werden. In der Evaluation wurden die Hochschulen gefragt, in welchen Bereichen sie Nachteilsausgleiche anbieten. Die Ergebnisse lassen sich der nachfolgenden Grafik entnehmen.


Abbildung: Nachteilsausgleiche

 

Danach sehen die meisten Hochschulen, nämlich 122, Nachteilsausgleiche im Bereich Prüfungen vor, 90 Hochschulen auch bei der Gestaltung von Fristen. 58 Hochschulen gewähren zudem Nachteilsausgleiche bei der Gestaltung von Lehrveranstaltungen. Im Bereich „Sonstiges“ wurden insbesondere Nachteilsausgleiche für Praktika, Eignungsprüfungen sowie Studienablauf und -organisation genannt.

Im Bereich der Nachteilsausgleiche zeigt sich zudem exemplarisch, dass im Gesetz bzw. in den hochschulischen Satzungen verankerte Rechte und weitere Angebote der Hochschulen seitens der Studierenden nur zögerlich angenommen werden. Laut der „best“-Studie haben nur rund 27 Prozent der befragten Studierenden mit Beeinträchtigung bislang einen Antrag auf Nachteilsausgleich gestellt. Dabei ist die Bewilligungsquote von Nachteilsausgleichen recht hoch. Im Schnitt werden 64 Prozent der beantragten Nachteilsausgleiche bewilligt (Unger et al., best-Studie, S. 168). Die häufigsten Gründe für die Nicht-Inanspruchnahme sind Unkenntnis oder der Glaube, nicht anspruchsberechtigt zu sein. Auch die Sorge vor einer Ausnahmebehandlung oder vor einem „Outing“ wurden häufig aufgeführt (Unger et al., best-Studie, S. 17).

Eine weitere Frage an die Hochschulen befasste sich mit der Möglichkeit der Flexibilisierung der Studienstruktur. Wie oben bereits erwähnt, unterbrechen Studierende mit Beeinträchtigung ihr Studium anteilig mehr als dreimal so häufig wie Studierende ohne Beeinträchtigung. Flexible Studienstrukturen würden dieser Tendenz gegebenenfalls entgegenwirken. Mehr als die Hälfte der teilnehmenden Hochschulen (77) gab auch an, dass bei Ihnen das Studium – zumindest partiell – in Teilzeit absolviert werden kann. Ein Umstieg auf ein formelles Teilzeitstudium hat für die Studierenden jedoch gegebenenfalls Konsequenzen im Rahmen der Studienfinanzierung, da beispielsweise BAföG-Leistungen nicht für ein formelles Teilzeitstudium bewilligt werden (vgl. § 2 Abs. 5 S. 1 BAföG).

Ebenfalls unter dem Komplex „Lehre und Studium“ abgehandelt wurden Fragen zu Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten für Lehrende an Hochschulen. Die Lehrenden sind oftmals der erste Ansprechpartner für Studierende mit Beeinträchtigung. Nicht nur, aber häufig gerade auch im Falle von Nachteilsausgleichen. Dies erfordert in besonderem Maße eine Sensibilisierung der Lehrenden für diese Gruppe der Studierenden. Mit der Frage konfrontiert, welche Fort- und Weiterbildungs- bzw. Informationsangebote sie für Lehrende vorhalten, gaben 51 Hochschulen an, dass sie Handreichungen oder Leitfäden für Lehrende zum Thema „Studium mit Beeinträchtigung“ vorhalten, 16 Hochschulen führen Fort- und Weiterbildungen durch. Weitere Angebote umfassen individuelle Beratungen für Lehrende oder Veranstaltungen der Prüfungsämter zu Nachteilsausgleichen.

Die UN-Behindertenrechtskonvention spricht davon, dass Dienstleistungen dem Grundsatz des universellen Designs gerecht werden sollen. Dies gilt dem Grundsatz nach auch für die Hochschullehre. An ausländischen Hochschulen – beispielsweise in Australien – gibt es bereits erste Bestrebungen, Lernumgebungen anhand des „Universal design“ zu konzipieren, d.h. die Lernumgebung an die Voraussetzungen der Lernenden anzupassen. Dies erfordert jedoch erhebliche personelle und finanzielle Ressourcen, die den deutschen Hochschulen bislang nicht in Aussicht gestellt werden. Davon abgesehen sind Maßnahmen denkbar, die einfacher umzusetzen wären, wie beispielsweise die Integration von inklusions-spezifischen Inhalten in die bereits bestehenden hochschuldidaktischen Fort- und Weiterbildungsmodule. Aber auch hierfür bedürfen die Hochschulen zusätzlicher finanzieller und personeller Ressourcen.

Beauftragte an Hochschulen

Eine wichtige Mittlerfunktion zwischen den Studierenden und den Hochschulleitungen nehmen die Beauftragten für die Belange der Studierenden mit Behinderung sowie die Interessenvertretungen dieser Studierenden ein, heißt es in der HRK-Empfehlung aus 2009. Die Empfehlung der WRK aus dem Jahr 1986 konkretisiert dies dahingehend, dass die Beauftragten die Belange der Studierenden mit Behinderung und chronischer Erkrankung gegenüber allen Organen, Einrichtungen und Gremien der Hochschulen auf zentraler und auf Fachbereichsebene sowie gegenüber den Lehrenden zu vertreten haben.

Zum Zeitpunkt der Evaluation hatten 126 der 135 an der Umfrage teilnehmenden Hochschulen eine Beauftragte bzw. einen Beauftragten für die Belange der Studierenden mit Beeinträchtigung. Die meisten Beauftragten sind nebenamtlich tätig. An 20 Hochschulen führt der bzw. die Beauftragte die Aufgabe hauptamtlich aus. In der WRK-Empfehlung heißt es hierzu:
„Angesichts der umfangreichen und komplexen Aufgaben des Behindertenbeauftragten wird es notwendig sein, jedenfalls bei größeren Hochschulen, auch zusätzliche Stellen und Sachmittel für eine hauptamtliche Wahrnehmung der Funktion des Behindertenbeauftragten bereitzustellen und dies auch bei der Aufstellung der Landeshaushalte zu berücksichtigen.“
Denn es lässt sich belegen, dass eine Professionalisierung der Beauftragten, und damit einhergehend die hauptamtliche Wahrnehmung der Aufgabe, nur mit einer ausreichenden Mittelausstattung seitens der Länder möglich ist.


Abbildung: Art der Tätigkeit des bzw. der Beauftragten

Mit der Frage der haupt- oder nebenamtlichen Wahrnehmung des Amtes korrespondiert auch die Frage der Stellung bzw. Ansiedlung des bzw. der Beauftragten in der Hochschule. Die WRK empfahl seinerzeit:
„Die Behindertenbeauftragten sollten direkt der Hochschulleitung zugeordnet sein oder bei allen Angelegenheiten, die behinderte Studenten betreffen, einbezogen werden.“
In den meisten Fällen jedoch, nämlich an über der Hälfte der Hochschulen (53 Prozent), ist der bzw. die Beauftragte an einer „Sonstigen“ Stelle angesiedelt. Meist nehmen Professorinnen oder Professoren die Aufgabe nebenamtlich wahr. An einem Fünftel der Hochschulen ist die bzw. der Beauftragte beim Dezernat für studentische bzw. akademische Angelegenheiten angesiedelt, an einem weiteren Fünftel der Hochschulen bei der Hochschulleitung. Obwohl die Ansiedlung der bzw. des Beauftragten unterschiedlich ausgestaltet ist, gaben doch beinahe zwei Drittel der Hochschulen (85) an, dass die bzw. der Beauftragte in alle relevanten Entscheidungsprozesse der Hochschul- und Fachbereichsleitung einbezogen wird.

Zur Wahrnehmung ihrer Arbeit sollten die Beauftragten die volle Unterstützung ihrer Hochschulleitung erhalten, beispielsweise durch die Bereitstellung geeigneter Räumlichkeiten und Infrastruktur und die Gewährung eigener Budgets (HRK-Empfehlung „Eine Hochschule für Alle“, 2009). Nach ihrer Ausstattung befragt, ergibt sich ein heterogenes Bild an den Hochschulen: An den meisten Hochschulen (103) verfügen die Beauftragten über geeignete Räumlichkeiten, um ihr Amt auszufüllen. An 38 Hochschulen verfügen die Beauftragten auch über die erforderlich personelle Infrastruktur, sprich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die Beauftragte bzw. den Beauftragten entsprechend unterstützen. Die nach eigener Einschätzung erforderliche technische Infrastruktur, also beispielsweises Brailledisplays oder Hörgeräte, findet sich an 36 Hochschulen. Ein eigenes Budget haben die Beauftragten für die Belange der Studierenden mit Beeinträchtigung an 31 Hochschulen.


Abbildung: Eigenes Budget

Beratungs- und Informationsangebote

Die Beratungs- und Informationsangebote der Hochschulen zum Thema „Studieren mit Beeinträchtigung“ richten sich sowohl an Studierende als auch an Studieninteressierte. Zur Vermittlung der relevanten Informationen wird vorrangig die Homepage (92) genutzt, gefolgt von Druckerzeugnissen jeglicher Art (63) und Informationsveranstaltungen (59). Daneben sind Einzelberatungen (persönlich, schriftlich, telefonisch, online) oder Schnupperstudien Instrumente, um Studierende bzw. Studieninteressierte mit Beeinträchtigung mit Informationen zum Studium zu versorgen.

Bei den beratungsrelevanten Themen spielen natürlich Nachteilsausgleiche eine herausgehobene Rolle. An 120 Hochschulen werden hierfür Beratungsangebote vorgehalten. Eine fast ebenso große Rolle spielt die Beratung zur Studienorganisation, die an 116 Hochschulen durchgeführt wird. Weiterhin findet Beratung zu den Themen Assistenzen/Mobilitätshilfen (78) bzw. Studienfinanzierung (69) statt, wobei zu diesen Themen oftmals auch die Studentenwerke Angebote vorhalten.

Die vorgenannten Beratungsangebote werden an den Hochschulen überwiegend von den Beauftragten erbracht (115), gefolgt von der allgemeinen Studienberatung (89).

 

Informatorische Barrierefreiheit

Um den beeinträchtigten Studierenden eine vollumfängliche Teilnahme am Hochschulleben zu ermöglichen, gilt es, alle Angebote im off- und online-Bereich möglichst barrierefrei zu gestalten. Da die Hochschulen inzwischen flächendeckend online (Homepage, Soziale Netzwerke) agieren, stellt sich die Frage der Barrierefreiheit dieser Angebote. 76 Hochschulen gaben in der Evaluation an, dass ihre Homepage barrierearm bzw. barrierefrei gestaltet ist.

Ein Großteil der Hochschulen (90) stuft auch die Angebote seiner Beratungsstellen als barrierearm oder barrierefrei ein. Weitere als barrierefrei eingestufte Services sind beispielsweise Email-Services (78), Recherche-Angebote der Bibliotheken (72) oder das elektronische Zulassungs- und Anmeldeverfahren (65/64).  

4. Herausforderungen

Die dargestellten Ergebnisse der Evaluation zeigen, dass „Eine Hochschule für Alle“ zwar noch nicht flächendeckend umgesetzt ist, sich in den letzten Jahren an vielen Hochschulen jedoch, nicht zuletzt befördert durch die UN-Behindertenrechtskonvention und die HRK-Empfehlung, ein Bewusstseinswandel vollzogen hat. Die Hochschulen haben in den vergangenen Jahren vielfältige Maßnahmen ergriffen, um den Studierenden mit Beeinträchtigung die Teilhabe am hochschulischen Alltag zu erleichtern. Beratungsangebote wurden ausgebaut, barrierefreie Bauten wurden errichtet.

Trotz des Erreichten bleibt noch einiges zu tun. So kann beispielsweise das Amt der bzw. der Beauftragten weiter gestärkt werden, um deren bzw. dessen Stellung innerhalb der Hochschule zu verbessern. Eine hauptamtliche Wahrnehmung des Amtes käme vor allem an großen Hochschulen in Frage. Auch die Barrierefreiheit der Kommunikations- und Informationseinrichtungen wird mit zunehmender Bedeutung der Informationstechnologien im (Hochschul-)Alltag eine Herausforderung für die Hochschulen bleiben, zumal online-gestützte Angebote für Studierende mit Beeinträchtigung zusätzliche Chancen mit sich bringen. Eine vollumfängliche Realisierung einer „Hochschule für Alle“ setzt jedoch voraus, dass die Hochschulen mit den entsprechenden finanziellen und personellen Ressourcen ausgestattet werden.

 

5. Literaturverzeichnis

Hochschulrektorenkonferenz (2012): „Eine Hochschule für Alle“ –  Zum Studium mit Behinderung/chronischer Krankheit: Ergebnisse der Evaluation.
http://www.hrk.de/fileadmin/redaktion/Auswertung_Evaluation_Eine_Hochschule_fuer_Alle.pdf

Hochschulrektorenkonferenz (2009): Eine Hochschule für Alle – Zum Studium mit Behinderung/chronischer Krankheit.
http://www.hrk.de/positionen/gesamtliste-beschluesse/position/convention/eine-hochschule-fuer-alle/

Kultusministerkonferenz (1982): Verbesserung der Ausbildung für Behinderte im Hochschulbereich".
http://www.hrk.de/fileadmin/redaktion/hrk/02-Dokumente/02-06-Hochschulsystem/Empfehlung_der_Hochschulrektorenkonferenz_vom_3.11.1986.pdf

Middendorff, E. / Apolinarski, B. / Poskowsky, J. / Kandulla, M. / Netz, N. (2012): Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in Deutschland 2012. 20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks.

Unger, M. / Wejwar, P. / Zaussinger, S. / Laimer, A. (2001): beeinträchtigt studieren. Datenerhebung zur Situation Studierender mit Behinderung und chronischer Krankheit.

Westdeutsche Rektorenkonferenz (1986): Hochschule und Behinderte. Zur Verbesserung der Situation von behinderten Studieninteressierten und Studenten an der Hochschule.
     http://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/1982/1982_06_25-Behinderte-Hochschulbereich.pdf