Abstract:
Die Chancen der Qualitätssicherung und -entwicklung in Maßnahmen zur beruflichen Integra-tion liegen darin, dass Leistungen nach außen transparent gemacht werden und in der weiteren Professionalisierung der eigenen Arbeit. Dem „Maßnahmendschungel“ im Bereich des Über-gangs von der Schule in das Erwerbsleben bei Jugendlichen mit Förderbedarf mangelt es an der Bestimmung von Qualitätsstandards. In diesem Beitrag werden Qualitätskriterien und -indikatoren auf der Makro-, Struktur-, Prozess- und Ergebnis-Ebene formuliert um anschlie-ßend auf Qualitätsmanagementsysteme einzugehen.
Stichworte:
Ausgabe: 1/2010
In der öffentlichen, politischen und auch wissenschaftlichen Diskussion der letzten Jahre lässt sich eine verstärkte Aufmerksamkeit für den Übergangsprozess Jugendlicher mit sonderpädagogischem Förderbedarf (im folgenden SPF genannt) von der Schule ins Erwerbsleben feststellen. Hintergrund dafür sind u. a. zunehmende Integrationserfolge im schulischen Bereich, welchen allerdings nach wie vor Schwierigkeiten bei der Integration am Arbeitsmarkt von Jugendlichen mit beschäftigungsrelevanten Behinderungen gegenüber stehen (d.h. auch sozial benachteiligte Jugendliche bzw. „schwierige Kids“), die aufgrund verschiedener Handicaps nur mit kontinuierlicher Unterstützung und Begleitung die berufliche Integration schaffen können (vgl. insbesondere Barlsen & Homeyer 2001, Klüssendorf 2001, Schöler & Ginnold 2000, KMU Forschung Austria et al. 2004).
In Österreich (insb. Clearing[1], Teilqualifizierungslehre, Arbeitsassistenz für Jugendliche) und Deutschland (z. B. Hinz & Boban 2001) wurden in den letzten Jahren Anstrengungen unternommen, Problemstellen im Übergangsbereich Schule – Beruf bei Jugendlichen mit SPF zu verringern und somit deren Integrationschancen zu verbessern. Die Situation kann quantitativ wie qualitativ als durchwachsen zusammengefasst werden, mit der Tendenz zu ständigen Verbesserungen. Welche Problemstellen bestehen nach wie vor? Sind Ansätze zur Qualitätsverbesserung (Erstellen und Evaluieren von Kriterien zur Struktur-, Prozess- und Ergebnis-Qualität), die notwendig, aber für sich alleine nicht hinreichend sind, erfolgreich und was ist künftig in Richtung Qualitätsmanagement noch notwendig?
Der Übergang von der Schule in das Erwerbsleben stellt für viele Jugendliche eine richtungsweisende Veränderung der gesamten Lebenssituation dar. Es gilt, die Entwicklungsaufgaben im Spannungsfeld zwischen persönlicher Lebensplanung und gesellschaftlichen Anforderungen zu bewältigen. Für PflichtschulabgängerInnen mit Beeinträchtigungen sind diese Anforderungen oft kaum zu meistern. Das bekannte und gewohnte Lebensumfeld der Schule muss verlassen werden, Informationen müssen eingeholt und Interessen identifiziert werden, die Entscheidung für eine weitere Ausbildung oder einen Beruf muss getroffen und ein passender Ausbildungs- oder Arbeitsplatz gesucht und gefunden werden. Viele der Jugendlichen und deren Familien sind dabei ohne Unterstützung jedoch überfordert. Österreichs SchülerInnen mit SPF verlassen im Vergleich zu ihren AlterskollegInnen ohne SPF wie auch im internationalen Vergleich von SchülerInnen mit SPF als eine der ersten die Schule und sind somit überdurchschnittlich mit besonderen Schwierigkeiten konfrontiert und dadurch noch zusätzlich benachteiligt, da ihnen, die meist mehr Zeit zum Lernen bzw. eine längere Förderung brauchen, zusätzliche Jahre an Lebens- und Bildungserfahrung abgehen (vgl. Wetzel & Wetzel 2001). Dazu zählen die (Weiter-) Entwicklung von Berufsinteressen kombiniert mit Qualifizierungen und Erwerb von Grundarbeitsfähigkeiten / Schlüsselqualifikationen wie Zuverlässigkeit, Förderung der Eigenständigkeit / eines selbst bestimmten Lebens und Eigenverantwortlichkeit (Training von Selbstmanagement und Entscheidungsverhalten).
Empirische Untersuchungen zu den Problemlagen Jugendlicher mit SPF weisen auf die mangelnde Berufswahlkompetenz dieser Jugendlichen hin: Sie treffen sehr spät berufliche Entscheidungen, obwohl sie sich sehr früh dazu Gedanken machen sollten, da dies vom österreichischen Schulsystem verlangt wird. Das Fehlen beruflicher Vorstellungen geht häufig mit einer gering ausgeprägten Interessensdynamik hinsichtlich möglicher beruflicher Entwicklungen einher, die sich in allgemeiner Hilflosigkeit im Berufsberatungsprozess äußert. Darüber hinaus sind Jugendliche mit SPF nur wenig über ihre beruflichen Möglichkeiten informiert. Die Zielberufe von lernbehinderten Jugendlichen liegen demnach auf einer engen Berufsskala (Ehart 1997). Auch bei der Realisierung ihrer Berufsvorstellungen haben Jugendliche mit Lernbehinderungen mehr Schwierigkeiten als andere Jugendliche. Sie sind im Bewerbungsverhalten unentschlossener und unsicherer und bewerben sich zu spät (Schröder 1987, S. 113 in Fasching 2004a).
Das familiäre Umfeld stellt ein weiteres Problemfeld dar. Die Berufswahl der Jugendlichen ist maßgeblich von den Eltern geprägt und wird von ihnen mit entschieden. Abgesehen von deren Präferenzen bezüglich der Berufswahl ihres Kindes, üben sie entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der Persönlichkeit des Jugendlichen aus. Angesichts der Tatsache, dass in den meisten Fällen Jugendliche mit Lernbehinderungen vom Elternhaus nicht die notwendige Hilfe bei der beruflichen Integration erhalten, haben sie die geringsten Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Für eine berufliche Integration ist „ein stützend bejahendes familiäres Umfeld förderlich“ (Hinz & Boban 2001, S. 411), mangelnde Kooperation von Eltern, Über- und Unterschätzungen der Jugendlichen (Selbsteinschätzung und / oder Einschätzung durch die Eltern) sind hinderlich.
Der Faktor Geschlecht spielt auch eine nicht unwesentliche Rolle bei der beruflichen Integration. Männliche Jugendliche mit SPF haben laut Ehart (1997, S. 15) bezüglich der Auswahl des Zeitpunktes zur Arbeitssuche die bessere Planung: „Von 100% Mädchen planen 33% den Beginn ihrer Arbeitssuche günstig und 66% ungünstig.“ Auch von Bothmer (2004, S. 20) wird im Clearing Peer Review Bericht diese Thematik angesprochen: „Another finding of the survey was that there is a preponderance of young men in labour market measures. One reason is that even at school fewer girls have learning difficulties of social or emotional problems, but this does not explain the size of the difference. The assumption is therefore that some girls with a disability are kept at home when they leave school”. Da Frauen mehrheitlich in hausarbeitsnahe Tätigkeiten oder in den Textilbereich vermittelt werden, fordert Schartmann (1999) die Überprüfung der Fragestellung ein, ob die streng geschlechtsspezifische Zuweisung der Arbeitsverhältnisse durch geschlechtsspezifische Akquisitionsstrategien der berufsbegleitenden Dienste entstehen oder durch ein geschlechtsspezifisches Angebot der Arbeitgeber bedingt sind (s. a. Bergmann et al. 2003). Viele Jugendliche mit einer (schweren) geistigen Behinderung kommen nach wie vor mit dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht in Berühung, sind in Beschäftigungstherapie oder daheim. Bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund kommen noch weitere hemmende Faktoren hinzu: neben Sprachproblemen, in der Regel bildungsferne und einkommensschwache Eltern, negative Erfahrungen im Schulsystem und mit Behörden, fehlende Einbindung in ein Netz sozialer Beziehungen, das auf informellem Wege einen Zutritt zu Betrieben ermöglicht.
Der Übergang ist aber nicht nur von der Berufswahlkompetenz und vom familiären Umfeld abhängig, sondern auch von der Einstellung der Betriebe gegenüber Jugendlichen mit SPF, der Arbeitsmarktlage, dem Arbeitsmarktservice, dem Fördersystem der öffentlichen Hand, den Leistungen des Bildungssystems und der Institutionen im Bereich der beruflichen Integration. Doose (2003) verweist auf eine Reihe von Problembereichen, die sich in vielen EU-Ländern ausmachen lassen, insbesondere:
In den letzten Jahren wurden diverse Förderinstrumente entwickelt, die Jugendliche mit Behinderung bei der Berufsorientierung und -planung unterstützen und während einer Ausbildung sowie bei der beruflichen Eingliederung begleiten. Vor der Implementierung der Maßnahme Clearing im Rahmen der Beschäftigungsoffensive der Österreichischen Bundesregierung, im Jahr 2001, kam es zusätzlich und erschwerend zu einer abrupten Unterbrechung in der Betreuungskontinuität.[2] Es fehlte ein flächendeckendes, allgemein zugängliches Auffangnetz und Betreuungsangebot an der Schnittstelle zwischen Schule und Arbeitsmarkt. Daher wurde die Maßnahme Clearing eingeführt mit der Zielsetzung der Abklärung von Lebensperspektiven und beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten für Jugendliche mit Beeinträchtigung. Clearing hat in den letzten Jahren einen flächendeckenden Ausbau in ganz Österreich erfahren. Ziel ist es, Jugendlichen mit SPF Perspektiven in Bezug auf ein künftiges Berufsleben aufzuzeigen und Entscheidungsgrundlagen für ein realistisches weiteres Vorgehen in Richtung berufliche Integration bereitzustellen. ´Clearing´ umfasst Beratung, Betreuung, Begleitung und diagnostische Tätigkeiten. Wesentliche Grundsätze des Unterstützungsangebotes sind die Freiwilligkeit, die durch eine weitreichende Zielgruppendefinition gewährleistete Zugänglichkeit sowie die Vordergründigkeit der individuellen Begleitung. Clearingstellen bilden das erste Bindeglied an der Schnittstelle von Schule und Beruf mit vielschichtigen Vernetzungs- und Verweisungsfunktionen. Für SchülerInnen mit Beeinträchtigung ab der 7. Schulstufe und für Jugendliche, welche die Schule bereits absolviert haben, überprüft ein multiprofessionelles Clearingteam unter Beiziehung von ExpertInnen die individuelle Leistungsfähigkeit und erstellt auf Grund eines Fähigkeitsprofils einen konkreten Entwicklungs- und Karriereplan. In diesem werden kurz- und langfristige Lebensperspektiven aufgezeigt und das individuell bestgeeignete Maßnahmenpaket zum Ausgleich der erschwerten Vermittelbarkeit sowie zur beruflichen Integration definiert. ClearerInnen haben im Gegensatz zur Arbeitsassistenz keine Outputquoten zu erfüllen. Clearing ist u. a. auch eine vorgelagerte Maßnahme der Integrativen Berufsausbildung, auf die im nächsten Abschnitt eingegangen wird. Die Ergebnisse der „Evaluierung Clearing bestätigen das Clearing als bedarfsgerechtes und effektives arbeitsmarktpolitisches Instrument für Jugendliche mit Unterstützungsbedarf“ (Lechner 2006 et al., S. 4). Seit 2001 bis zum ersten Halbjahr 2005 haben insgesamt 7.255 Jugendliche das Clearing durchlaufen. Die spezifische Leistung des Clearings liegt in der gezielten Auswahl eines geeigneten Tools und dessen individueller Adaptierung an die Bedürfnisse des / der Jugendlichen. Die bildungs- und arbeitsmarktpolitische Sinnhaftigkeit des Entwicklungsplans zeigt sich auch daran, dass laut einer Befragung von Clearing-TeilnehmerInnen 87,3% die Ziele des Entwicklungsplans realisieren konnten. Die Befragung einer Kontrollgruppe von Jugendlichen, die nicht am Clearing teilgenommen haben, ergab, dass lediglich 44,4% ihr ursprüngliches Berufsziel umsetzen konnten (vgl. a. a. O. S. 5ff).
Durch die Novelle des Berufsausbildungsgesetzes wurde mit dem Schuljahr 03/04 in Österreich die Möglichkeit einer Integrativen Berufsausbildung mittels einer verlängerten Lehrausbildungszeit bzw. einer Teilqualifizierungslehre (TQL) geschaffen (ÖGB & AK 2003). Bei einem Ausbildungsvertrag in einer Teilqualifikation eines Lehrberufes legen die Vertragsparteien – Lehrling bzw. deren gesetzliche Vertretung, Lehrberechtigte/r – gemeinsam mit der Berufsausbildungsassistenz und unter Beziehung der Schulbehörde und des Schulerhalters, Ziele und Dauer der integrativen Berufsausbildung in einem Ausbildungsvertrag fest sowie welche Teile eines Lehrberufes (Kenntnisse und Fertigkeiten) dabei erlernt werden sollen. Welche Teile das im Einzelnen sind, gilt es vor Beginn der Ausbildung von einem Team (der / die behinderte Jugendliche, seine Eltern, bisherige LehrerInnen, TherapeutInnen, Arbeitsassistenz etc.) zu verschriftlichen (= persönliches Ausbildungsziel). Die Dauer kann zwischen einem und drei Jahren betragen. Es wurde eine weite Definition von ´Behinderung´ [3] angewendet im Sinne benachteiligter Personen mit persönlichen Vermittlungsschwierigkeiten. Das Ausbildungsverhältnis ist durch die Berufsausbildungsassistenz während der Integrativen Berufsausbildung im Betrieb (in einer Ausbildungseinrichtung) und in der Berufsschule zu begleiten und zu unterstützen. Diese hat mit allen Beteiligten sozialpädagogische, psychologische und didaktische Probleme zu erörtern um zur Lösung dieser beizutragen, bei Bedarf auch Krisenintervention durchzuführen. Zudem führt sie gemeinsam mit ExpertInnen die Abschlussprüfung der Ausbildung durch. Eine österreichweite flächendeckende Umsetzung der ´Integrativen Berufsausbildung´ ist gegeben, allerdings verläuft die Umsetzung in den Bundesländern (ob verlängerte Lehre oder TQL, ob integrativ Unternehmen oder besondert in Behinderteneinrichtungen sehr unterschiedlich (vgl. Heckl et al. 2006). Dies zeigt deutlich, dass ein Qualitätsmanagement mit Qualitätsvorgaben zur Integration notwendig ist.
Wesentlich ist bei der QS der Bezug zwischen den Eigenschaften einer Dienstleistung und den Erwartungen (Zielen, Maßstäben), die an diese Leistung gestellt werden. Qualität ist also keine Eigenschaft, die einem Produkt oder einer Dienstleistung einfach so zukommt, sondern sie ist stets als Ausdruck der Relation zwischen realisiertem Ist- und gefordertem Soll-Stand zu verstehen und zu bewerten. Voraussetzung für eine Bewertung von Qualität ist somit eine möglichst exakte Definition von anzustrebenden Zielkategorien in Form von Leitlinien oder Qualitätsstandards (vgl. Schwarte&Oberste-Ufer 2001 in König 2006). Gemäß der ISO-Definition ist Qualität die Gesamtheit von Merkmalen einer Einheit bezüglich ihrer Eignung, festgelegte oder vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen. Da beginnt bereits das 1. Problem im Bereich der beruflichen Integration, dass es an akkordierten Qualitätskriterien mangelt, denn erst dann kann in einem 2. Schritt festgestellt werden, ob anhand dieser Qualitätskriterien die Qualitätsvorgaben erfüllt wurden. Die Bestimmung von Q-Kriterien soll dem Zweck dienen, dass damit den AuftraggeberInnen nicht nur die Darlegung der quantitativen Erfolge (z. B. Erreichen der Vermittlungsquote) möglich wird, sondern auch die der qualitativen Erfolge wie z. B. Erwerb von Basiskompetenzen oder Entwicklung von Berufsinteressen (vgl. Stadler-Vida et al. 2002, Bungart et al. 2001). Es stellt sich natürlich hier die Frage, ob bei Unterstützungsmaßnahmen in der beruflichen Integration, bei der es um die Integration von besonders benachteiligten Menschen geht, eine Orientierung an Vermittlungszahlen überhaupt sinnvoll ist (s. ´Clearing´). Speck (1999, S. 22) spricht von der „Ökonomisierung sozialer Qualität“, einer Tendenz, bei der es vorwiegend um die „Straffung und Erhöhung der ökonomischen Effizienz bzw. die Reduzierung von Kosten im Sozial- und Gesundheitsbereich“ geht. Die starke quantitative Ausrichtung auf Vermittlungszahlen wie in der Regel im Bereich von Arbeitsassistenz bzw. Integrationsfachdiensten führt unweigerlich zu einer Zielgruppenverschiebung, also einer Ausgrenzung von Jugendlichen mit einem umfangreicheren Unterstützungsbedarf (s. ´Creaming´ weiter unten).
Wesentlich ist weiters, dass Qualität nur mit einer mehrperspektivischen Sichtweise bestimmbar ist, d.h. es sind sowohl umfeld-, organisations-, mitarbeiterInnen- und adressatInnenbezogene Qualitätswahrnehmungen einzubeziehen. Die Frage, was Qualität in der beruflichen Integration bedeutet, wird je nach Interessenlage unterschiedlich ausfallen:
Schwarte & Oberste-Ufer (2001, in König 2006) begründen die gemeinsame Beteiligung aller AkteurInnen im Qualitätsentwicklungsprozess folgendermaßen: "Die NutzerInnen und ihre Angehörigen haben einen Anspruch auf Verbindlichkeit, Transparenz und Vergleichbarkeit der Angebote (Verbraucherschutz), die Fachkräfte sozialer Dienste haben ein subjektives und berufsständisches Interesse an der Definition von einheitlichen Standards für die Qualität ihrer Arbeit (Professionalisierung), die Kostenträger haben ein gesetzlich festgelegtes Recht, die qualitätsbewusste Verwendung öffentlicher Gelder zu überprüfen (Ressourcensteuerung)." Daran schließt sich die Netzwerkkompetenz als Q-Kriterium von zentraler Bedeutung an im Sinne der Kooperation und Zusammenarbeit mit den beteiligten relevanten AkteurInnen und PartnerInnen (insbesondere Schulen, Eltern, Wirtschaft, Landesstellen des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Jugendämter, Arbeitsmarktservice, Einrichtungen zur Qualifizierung von Jugendlichen, aber auch eine Vernetzung über den Behindertenbereich hinaus wie z. B. zur Schuldnerberatung) sowie zum Aufbau regionaler Unterstützungsstrukturen, und einer regionalen Verankerung der beruflichen Integrationsmaßnahmen.
In der Schweiz ist auf Initiative von Verbänden „ein Qualitätsentwicklungsprozess entstanden an welchem mittlerweile gegen 40 Institutionen für Menschen mit Behinderungen teilnehmen.“ (Bätscher et al. 1999, S. 3) QM umfasst dabei das Gestalten, das Lenken oder Umsetzen sowie das (Weiter-)Entwickeln in Organisationen; integriertes QM die inhaltliche QE (auch persönliche Betroffenheit) und ein QM-System (wie z.B. ein QM-Handbuch). Die QE beinhaltet: Leistungserhebung, Ideenfindung insb. zur Optimierung des zeitlichen Ressourceneinsatzes, Empfängerinnenbefragung, Maßnahmenentwicklung und Q-Versprechen wie ein Controlling-Prozess (a.a.O. S. 17).
In den österreichischen Maßnahmen zur beruflichen Integration von Jugendlichen wird, wie bereits erwähnt, von einem weiten Behindertenbegriff ausgegangen und es kommt auch dadurch teilweise zu einem (sehr) flexiblen bis etwas unklaren Auftrag im Übergangsbereich sowie zu einem unterschiedlichen Abdeckungsgrad in den einzelnen Bundesländern. Die jeweiligen Kostenträgen haben meiner Ansicht nach Sorge zu tragen, dass es den Anbietern möglich sein soll, die Zielgruppe in ihre Maßnahmen aufzunehmen (Bekanntheitsgrad der Maßnahme und niederschwelliger Zugang als Q-Kriterium). Das bisherige stark output-orientierte System hatte den Effekt / implizierte das Problem, dass in erster Linie darauf geachtet wurde was unterm Strich herauskam, unabhängig davon, wer in eine Maßnahme aufgenommen wurde.
Es werden nun Kriterien für die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität auf der Makro-Ebene aufgelistet. Eine detaillierte Darstellung der jeweils dazu notwendigen Indikatoren (geeignete Mindeststandards) würde den Rahmen des Artikels sprengen.
Aus Kundensicht ist zu bemängeln, dass es in den Bundesländern nicht immer eine Wahlmöglichkeit zwischen Trägern gibt, also ein bestimmter Anbieter genommen werden muss (oder auf eine Maßnahme verzichtet werden muss). Eine Wahlmöglichkeit würde einerseits eine gewisse Auswahlfreiheit der KlientInnen verbunden mit Konkurrenz, andererseits möglicherweise Doppelgleisigkeiten unter den Anbietern beinhalten (Wahlmöglichkeit und Akzeptanz der Maßnahme als Q-Kriterium). Gerade Monopol-Situationen, also dass keine Vergleichbarkeit der Angebote gegeben ist, fordern nach einer externen Qualitätskontrolle und QS-Maßnahmen.
Es ist andererseits erfreulich feststellen zu dürfen, dass zu früheren Zeitpunkten aufgestellte Q-Kriterien inzwischen im Wesentlichen erfüllt wurden:
Obwohl dem Prozess der Beratung und Betreuung eine bedeutende Rolle für den Integrationserfolg zugerechnet werden kann, wird diesem in den gegenwärtigen Qualitätsdiskussionen zu wenig Beachtung geschenkt. Qualitätsdiskussionen konzentrieren sich primär auf das Ergebnis, den Output. So werden bei Arbeitsassistenz-Maßnahmen[4] in der Regel nur Erlangung bzw. Erhalt von Arbeitsplätzen als Erfolg bewertet (hard facts) und keine / kaum soft skills wie gewonnene soziale Kompetenzen, Zunahme an Selbständigkeit, Eigenverantwortung, Erwerb von Basiskompetenzen wie Bewerbungen bzw. Zwischenschritte zum Erlangen eines Arbeitsplatzes, wie Absolvierung von Praktika bzw. Schnuppertagen, Qualifizierungen wie Kurse, ein Umstand auf den Fasching bereits früher hingewiesen wurde (2004b).
Soll Qualität nicht nur an der Zahl der Vermittlungen oder mit der Befragung der Zufriedenheit der NutzerInnen gemessen werden, sondern auch daran, unter welchen fachlichen und inhaltlichen Aspekten eine Beratung durchgeführt wird, dann sind Qualitätskriterien auszuarbeiten, an denen sich die Beratungsarbeit mit den Jugendlichen orientiert (= Prozessqualität). Eine reine Orientierung an der Vermittlung hat Auswirkungen auf den gesamten Prozess der Beratung und Begleitung. Aufgrund der vielfältigen Problemlagen der Jugendlichen mit SPF, wäre bei der Aufzählung der Aufgaben der Stellenwert der „psychosozialen Beratung und Begleitung“ deutlicher herauszustreichen. Damit sollen pädagogisch relevante Kriterien in den Mittelpunkt der Qualitätsdiskussion gestellt werden (vgl. Weiß 1997, S. 102f und 140f): systematisch, transparente und reflektierte Arbeitsschritte in Analogie zu Martin (1999). Besonders wichtig sind Helferkreis-Sitzungen, wo sich ein Träger mit anderen BetreuerInnen gut abstimmen kann.
Im Falle von Konflikten sollten Fallbesprechungen und Mediation möglich sein. Durch externe Supervision sollte der Beratungsprozess regelmäßig reflektiert und vor allem im Hinblick auf Lösungsstrategien durchdacht werden.
Praktika erweisen sich bei der Zielgruppe der Jugendlichen als besonders hilfreich, um ihre Interessen und Fähigkeiten praxisnah zu erproben. Entsprechend den individuellen Interessen und Fähigkeiten der Jugendlichen werden Praktikumsplätze ausgewählt, die für eine spätere Arbeitstätigkeit bzw. für das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses relevant sein könnten. Untersuchungen zur Arbeitsassistenz konnten feststellen, dass Betriebspraktika eine zentrale Schlüsselstellung im Integrationsprozess einnehmen. Bei 82% der Personen, die ein Betriebspraktikum durchgeführt haben, konnte anschließend ein Arbeitsvertrag mit demselben Betrieb - in dem das Praktikum durchgeführt worden war - abgeschlossen werden. Dabei scheint das erste Praktikum einen zentralen Platz im Prozess der Passung von Anforderungen und Fähigkeiten einzunehmen: Es kann anschließend eine relativ genaue Entscheidung darüber getroffen werden, ob a) eine betriebliche Integration erfolgversprechend erscheint und b) weitere Praktika die Chancen einer Vermittlung auf dem allgemeinen Arbeitsplatz erhöhen. Dies setzt voraus, dass Praktika, die sowohl diagnostische als auch qualifizierende Funktionen erfüllen, intensiv begleitet werden (Umfang und Bandbreite des Praktikums-Pools, die Träger zur Verfügung stellen; reflektierte, verschriftlichte Praxisbegleitung mit Job-Coaching auch bei Praktika / Schnuppertagen als Q-Kriterien), um u. a. Feedbacks der Betriebe zu erhalten, und somit das Verhalten der Jugendlichen in der Praxis kennen zu lernen. Es soll bei Bedarf mehrmals die Möglichkeit bestehen die eigenen Interessen und Fähigkeiten mit der beruflichen Realität und den Arbeitsvoraussetzungen in Betrieben vergleichen zu können. Weiters sollte die Aufklärung der Unternehmen bezüglich Beschäftigung von Menschen mit Behinderung mit Unterstützung der Info-Schienen der Arbeiter- und Wirtschaftskammern sowie den Bundessozialämtern intensiviert werden. Parallel dazu soll durch Sensibilisierungsmaßnahmen, die von Trägern der Behindertenhilfe durchgeführt werden, auf die Bedeutung von Schnupperpraktika und Möglichkeiten zur Lehrlingsausbildung für behinderte Jugendliche sowie Einstellungsförderungen hingewiesen werden. Es gilt in den Unternehmen einen hohen Informationsstand zu erreichen, wie die Integration von Jugendlichen mit Handicap vonstatten gehen kann (KMU Forschung Austria et al. 2004, S. 2).
Bei sozialen Dienstleistungen ist von zentraler Bedeutung was die KlientInnen mit ihren ganz spezifischen Lebensgeschichten in ihren aktuellen Lebens- und Lernzusammenhängen benötigen. Daher ist für MitarbeiterInnen ein flexibles Eingehen auf Bedürfnisse, individuelle Fähigkeiten und Interessen als Q-Kriterium bei den jeweiligen Jugendlichen besonders wichtig (vgl. Lechner et al. 2006, S. 48). Dies betrifft vor allem:
Eine zentrale Funktion in der Prozess-Qualität hat die Erstellung des Karriere- und Entwicklungsplans und die Verlaufsdokumentation inne. Dabei werden keine langfristigen Ziele formuliert, sondern die Zielformulierungen auf die ‚nächsten Schritte’ begrenzt. Als inhaltliche Mindeststandards sollten die Betreuungspläne folgende Struktur aufweisen (vgl. Lechner et al. 2006, S. 109f):
Die Verwaltung der Entwicklungspläne sollte in Zukunft in elektronischer Form erfolgen, was die Einheitlichkeit unterstützen würde. Für jede Eingabekategorie ist ein spezielles Feld vorzusehen, welches in der Anzahl der Zeichen begrenzt ist und damit die Eingebenden zur Präzision anhält. Die elektronische Form hätte auch den Vorteil, dass in einigen Eingabefeldern standardisierte Vorgaben möglich sind, die letztlich den Eingabeprozess beschleunigen. Um die Einheitlichkeit der Eingabe zu unterstützen, sollten zu den einzelnen Eingabefeldern Eingabehilfen und Definitionen bereitgestellt werden, aus denen hervorgeht, welche Informationen einzutragen sind. Da bereits einige Träger mit Online-Karriereplänen arbeiten und Erfahrungen haben, sollte deren System und Erfahrungsschatz bei einer flächendeckenden Implementierung Berücksichtigung finden. Die e-Entwicklungspläne sollten zumindest in der Anfangsphase dieser Neuformulierung stichprobenartig von Externen hinsichtlich Umsetzbarkeit, inhaltlicher Qualität und bundesweiter Vergleichbarkeit analysiert werden (vgl. Lechner et al. 2006, S. 110). Analoges gilt auch für die Verlaufsdokumentation mit dem Ziel die Abläufe zu optimieren. Dies dient auch der Transparenz und Intersubjektivität der Dokumentation und des Berichtswesen und soll mit dazu beitragen, dass z. B. Maßnahmenabbrüche verhindert werden. Ein Teil der Qualitätssicherung könnte an Hand dieser Datenbankeingaben erfolgen.
Eine wesentliche Rolle im QM kommt dem/der BezugsbetreuerIn zu: „Das Bezugsbetreuungssystem hat die Hauptaufgabe, ein lückenloses, persönlich verantwortetes Informationsmanagement zu gewährleisten. Der Bezugsbetreuer verfügt über alle in der Institution zugänglichen Informationen über den Betreuten. Er ist verantwortlich für die Dokumentation und für die Festsetzungen und Überprüfung von Zielen. Er ist weiterhin Ansprechpartner für externe Auftraggeber bzw. Vertragspartner, sofern es seinen Betreuten direkt betrifft. Der Bezugsbetreuer arbeitet unmittelbar mit dem Bezugsbetreuten zusammen, Bezugsbetreuung ist auf Langfristigkeit und Kontinuität angelegt. (Johnson o.J.)
Da die Entwicklungsberichte im Wesentlichen die einzigen Zielvorgaben beim Clearing sind, wundert es, dass die Geldgeber nicht detailliertere und einheitlichere Vorgaben für alle Bundesländer erstellen, was diese betreffen. Hinsichtlich der Qualitätssicherung könnte z. B. von jedem Träger eingefordert werden, dass zufällig ausgewählte 5% von Entwicklungsberichten / Karriereplänen jährlich in anonymisierter Form an eine externe, unabhängige Forschungsstelle zwecks Evaluierung gesandt werden müssen. Anzumerken ist weiters, dass die Tätigkeit der Karriere- bzw. Entwicklungsplanerstellung durchschnittlich 7% der aufgewendeten Gesamtstunden pro Jugendlichen ausmacht. Dies kann somit auch so gesehen werden, dass es für über 90% des Tätigkeitsausmaßes der ClearInnen so gut wie keine Vorgaben gibt, wobei klarerweise der Karriereplan das Kernstück des Clearing-Prozesses ausmacht (vgl. Lechner et al. 2006). Somit sollten Zielvorgaben für weitere Aufgaben des Clearings wie Beratung und Begleitung erarbeitet und spezifiziert werden.
Jede/r MitarbeiterIn in der beruflichen Integration sollte seinen/ihren individuellen und verschriftlichten Aus- und Fortbildungsplan (= Q-Kriterium) haben. Dies bezieht sich auf eine allgemeine Grundaus- bzw. Fortbildung plus spezifische Weiterbildungen (z. B. Arbeit bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund; Neuerungen wie der Vereinheitlichung der Entwicklungspläne, …). Auch sollten gemeinsame Schulungen träger- sowie professionsübergreifend angeboten werden. Hinsichtlich der weiteren Ausbildungs- und Beschäftigungsoptionen wurde im Rahmen der Evaluationserhebungen von Lechner et al. (2006, S. 107) auf Lücken im vorhandenen Angebot hingewiesen. Diese Lücken ergeben sich daraus, dass das Ziel des Clearing gerade auch darin besteht, eine dem Kompetenzprofil der Jugendlichen entsprechende, möglichst hohe Ausbildung zu ermöglichen und Sackgassen, wie vor allem die Beschäftigungstherapie, zu vermeiden.
Erfolgsmessung ist besonders wichtig um:
Um die Ergebnisse nachhaltig intersubjektiv transparenter zu gestalten, sollte/n eine verpflichtende Abschlussrunde / Übergabegespräche / Nachbesprechungen (mit Protokoll) am Ende einer Maßnahme auch unter Einbeziehung der weiterführenden Stellen durchgeführt werden. Damit könnte effizient eine Entscheidung über die richtige Folgemaßnahme getroffen werden. Dies ist wichtig für diese selbst und auch für ein verpflichtendes Feedback der Folgeeinrichtung als Q-Kriterium an die vorhergehende Maßnahme, womit bestätigt werden kann (oder auch nicht), ob diese erfolgreich war und die nachfolgende Zuweisung stimmte. Derzeit gibt es zu wenige systematische Daten über den weiteren Verbleib der Jugendlichen was z. B. ein Clearing, eine Integrative Berufsausbildung, eine Arbeitsassistenz / ein Integrationsfachdienst für Jugendliche längerfristig bewirkt hat oder wie sich die Jugendlichen weiterentwickelt haben). Da könnte auch ein Ansatzpunkt zu einer kontinuierlichen externer Evaluation sein. Die angestrebte Wirkung (der impact) in der beruflichen Integration sollte eine nachhaltige Integration als Q-Kriterium sein. Zur Frage, ob es gelingt am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, sollte ein Follow-up erfolgen, d. h. es sollten Erhebungen zur Evaluierung z. B. der Umsetzbarkeit der Karrierepläne sechs Monate nach Ende einer Maßnahme durchgeführt werden. Diese Nachhaltigkeitsüberprüfung könnte z. B. durch eine Befragung in den Nachfolgeinstitutionen erfolgen, aber auch weitere Faktoren beinhalten, wie beispielsweise die subjektive Zufriedenheit der Prozessbeteiligten sowie das Erreichen der individuellen Ziele und die Verbesserung der sozialen Lage der Jugendlichen (vgl. Stadler-Vida et al. 2002, Giedenbacher & Lackner 2003). Im sozialen Bereich gilt es allerdings zu berücksichtigen, dass die KlientInnen weder Kunde / Kundin noch König / Königin sind, sondern immer mehr oder weniger freiwillige/r NutzerIn einer Dienstleistung. KundenInnenbefragungen sollten weiters auch bei LehrerInnen und Betrieben (interessant auch auf MitarbeiterInnen-Ebene …) durchgeführt werden. Nicht nur die KlientInnen sind KundInnen der Leistung sondern gewiss zusätzlich auch die Fördergeber (Zufriedenheit der Zielgruppe und der wesentlichen AkteurInnen als Q-Kriterium). Es müssen dabei auch regionale (wirtschaftliche ...) Erschwernisse bei einer Bewertung des Erfolges bedacht werden, wie z. B. die Arbeit in einer strukturschwachen Region.
In einem systemischen Qualitätssicherungsansatz gilt es Verbleibs- und Abweichungsanalysen im Hinblick auf das Ergebnis der Maßnahme durchzuführen. In einem weiteren Schritt müssten die erwähnten Qualitätskriterien gemeinsam mit den Anbietern der Maßnahmen weiter präzisiert und spezifiziert und dann in Zielvorgaben gegossen werden, um zu einem wirksamen QM zu gelangen. Ähnlich lautet die Forderung von König (2006) für den Bereich der Arbeitsassistenz / Integrationsfachdienste: „Des Weiteren müssen Indikatoren gefunden werden, um eine Gewichtung und Differenzierung der Vermittlungszahlen durchführen zu können.“
Da anfangs bis Mitte der 90er Jahre der Zustand der öffentlichen Kassen ein weiteres Wachstum nicht bzw. kaum mehr zuließ, begannen auch die ersten Überlegungen dahingehend, QM-Systeme aus der Wirtschaft zu übernehmen. „Die Einrichtungen der Sozialen Arbeit werden verstärkt mit der Anforderung konfrontiert, die Effektivität ihres Handels nachzuweisen, Rechenschaft zu geben über das Verhältnis von Aufwand und erreichter Wirkung sowie strukturierte Aktivitäten zu entwickeln für eine planmäßige Verbesserung der Qualität ihres Handelns. Die MitarbeiterInnen in Einrichtungen sehen sich konfrontiert mit neuen Formeln und Kürzeln wie TQM, DIN 9000 ff, EFQM.“ (Merchel 2001, S. 9) Die Schwierigkeit der Übernahme solcher Anforderungen liegt zum einen darin, dass diese in der Industrie und in der gewerblichen Dienstleistung erarbeiteten Verfahren für den Sozialbereich nicht bzw. nur bedingt übertragbar sind. Diese Modelle sind weiters zu sehr rein auf Organisationen ausgerichtet; für den sozialen Bereich braucht es umfassendere systemische Ansätze in denen auch Gesetze, politische Vorgaben, Traditionen in der Vergabe von Fördermitteln, … berücksichtigt sind. Zum anderen sind die Entwicklung geschweige denn die Erprobung eigener handlungsfeldspezifischer (wie z. B. Clearing) und praktikabler Methoden noch nicht sehr weit gediehen, vor allem dann, wenn es sich um neue Dienstleistungen handelt, die noch einem stärkeren Wandel unterzogen sind. Derzeit herrscht im Bereich der beruflichen Integration die Situation vor, dass jeder Träger seine eigenen QS-Instrumente und / oder QM-Methoden (so überhaupt) verwendet. Angestrebt werden aber sollte, dass es zu einer trägerübergreifenden und flächendeckenden Vereinheitlichung kommt.
Aus der Sicht von Bungart et al. (2001) können Qualitätsmanagementsysteme auch als "Etikettenschwindel" missbraucht werden, wenn der leitende Anspruch hinter der Einführung eines Systems nicht jener der kontinuierlichen Verbesserung der Dienstleistung ist. Denn die Einführung eines solchen Systems hat per se noch wenig mit dem eigentlichen Sinn von Qualitätsmanagement zu tun, und zwar der Verbesserung des Angebots sowie eine transparente Darstellung der Ergebnisse nach außen. Primär geht es den Institutionen zunächst darum sich einen Marktvorteil zu verschaffen: Und dann ist so ein System immer in der Gefahr, egal wie ich es genannt wird einfach nur ein wenig angedockt oder angehängt zu werden, aber es wird eigentlich nicht wirklich gelebt. Also QM-Systeme haben nur dann eine Rechtfertigung, durch den Aufwand, der damit betrieben wird, wenn sie tatsächlich auch gelebt werden und d.h. auch alle Ebenen einbezogen werden.
Der Ablauf sozialer Dienstleistungen kann auf Mikroebene noch am ehesten mit dem Entwurf und der Herstellung einer "Einzelanfertigung" verglichen werden. Es gilt somit ein Vorgehen zu entwickeln, das den Erbringer der Leistung dazu veranlasst und ihn darin unterstützt, die Systematik seiner Tätigkeit im Einzelfall darzustellen. Die Dokumentation der Arbeitsleistung (der "Produkterstellung") ist eins der Kernstücke jedes QM-Systems, also die Dokumentation der Diagnostik, Beratung und Begleitung der Dienstleistungs-Prozesse (s. z. B. Entwicklungspläne), aber auch das Aufdecken von Lücken im Unterstützungssystem. Wichtig ist, dass die Qualität etwas mit der Arbeit zu tun haben muss, also Qualitätsmessung und Qualitätsmanagement müssen auf die Spezifika dieser Arbeit eingehen. Wir haben einen Prozess und, dieser Prozess wird von den MitarbeiterInnen moderiert - und auf diese spezielle Situation muss Qualitätsmanagement eingehen, damit es erfolgreich sein kann.
Eine QS/QM-Variante wäre Benchmarking. Diesem liegt der Gedanke des Lernens über Vergleiche mit denjenigen zugrunde, die zu einem bestimmten Zeitpunkt ´best practice´ repräsentieren (muss nicht unbedingt eine gesamte Einrichtung / Maßnahme sein, sondern kann auch in Unterbereichen der Fall sein).
Verfahrensmuster im Benchmarking – Benchmarking-Matrix (vgl. Merchel 2001, S. 86)
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extern |
INTERN |
Q |
Vorgehensweise: Vergleich von Kennzahlen mit ähnlichen Organisationen (im gleichen Bundesland oder in anderen Bundesländern) Vorteil: externer Maßstab als Anregung für Verbesserungsaktivitäten, Möglichkeit der Positionierung und Zieloperationalierung Nachteil: Problem der Vergleichbarkeit, verkürzender Charakter von Kennzahlen |
Vorgehensweise: Kennzahlenvergleich innerhalb einer Organisation Vorteil: überschaubarer Rahmen zur Einschätzung von Vergleichbarkeit, Anregen interner Qualitäts- und Verbesserungsdebatten Nachteil: Beschränkung der Debatte auf innerorganisatorische Bewertungen und Perspektiven, die innerhalb der Organisation entwickelt wurden; Gefahr der „Betriebblindheit“ |
Q |
Vorgehensweise: vergleichende Analyse von Prozessen und Ergebnissen im Diskurs z. B. ProjektleiterInnen-Treffen Vorteil: tieferes Eindringen in prozessqualitative Fragen, diskursive Erfassung des Verhältnisses von Rahmenbedingungen und Qualität, großes innovatives Potential Nachteil: hoher Aufwand, Anforderung einer hohen Bereitschaft von Konkurrenten zur Offenheit |
Vorgehensweise: Vergleich von Verbesserungsvorschlägen, Qualitätszirkel
Vorteil: Beteiligungsintensität, gemeinsame Erprobung und Auswertung von Verbesserungsmöglichkeiten
Nachteil: geringe externe Anregungen, Notwendigkeit eines kooperativen und Konkurrenz reduzierenden Klimas |
Für das QM können auch Jahresberichte und andere Dokumentationen herangezogen werden, insofern dass starke Abweichungen im Benchmarking (z. B. gegenüber früheren Jahren oder gegenüber anderen Trägern bzw. Bundesländern) in Feedbackschleifen mit Verbesserungsvorschlägen rückgemeldet werden, um den Trägern die Möglichkeit zu verschaffen auf die Abweichungen zu reagieren.
Auch König (2006) vertritt die Ansicht dass „Benchmarking als ein brauchbares Verfahren angesehen werden kann um zu einer Qualitätsverbesserung in Fachdiensten beitragen zu können. Ein idealtypisches Verfahren müsse sich als mehrstufiger Prozess erweisen, in dem nach Abschluss der quantitativen Datenerhebung ein qualitativer Diskussionsprozess eingeleitet wird.“
Ein Bestandteil des QM ist auch die Sicherung der Kontinuität der Beziehung zu den Jugendlichen, dass also möglichst keine Brüche zwischen verschiedenen Anbietern und Maßnahmen vorhanden sind. Beständigkeit der Maßnahmen als Q-Kriterium: Übergangsbegleitung darf nicht mit einer ‚Erstversorgung‘ (z. B. Clearing) enden, sondern ist als langfristiger Prozess zu verstehen. (vgl. Wetzel & Wetzel 2001) Q-Kriterium: Kooperation mit Folgemaßnahmen (quantitativ wie qualitativ, also intensive Kontakte / Kooperationen). Es sollten also als Q-Indikator keine Redundanzen entstehen. Durch Regionaltreffen gilt es Abläufe zu verbessern und hinderliche Konkurrenz abzubauen. Zu einer besseren Qualitätssteuerung ist ein Abklären und Festlegen der Zuständigkeiten und Datenweitergabe unter Berücksichtigung des Datenschutzes (nicht dass Jugendliche von mehreren Einrichtungen hintereinander wiederum diagnostiziert werden) notwendig. Das mitunter vorkommende „Herumreichen“ von Jugendlichen soll verhindert werden, dazu gilt es Träger- und Behördenübergreifende Kooperationsstrukturen zu verbessern bzw. schriftlich festzuhalten. So sind die beiden relativ neuen Maßnahmen Clearing und Integrative Lehre noch zuwenig aufeinander abgestimmt.
Was ist das spezifische Ziel einer Qualitätsverbesserung, was sind die relevanten Fragestellungen bei einem QM (vgl. Merchel 2001, S. 139)?
Zielvereinbarungen zwischen Ministerium und Landesstellen sowie in weiterer Folge Landesstellen und Trägerorganisationen und im Weiteren zwischen Träger und Angestellten sollten verbessert werden; so keine vorhanden sind, sollten welche eingeführt werden. Von Auftraggebern vorgegebene Leistungsvereinbarungen sollten sowohl quantitative als auch qualitative Aspekte beinhalten. Bei Ziel- und Leistungsvereinbarungen ist eine Abklärung ob die Ziele erreicht wurden (Soll–Ist–Vergleich), das Begründen warum diese nicht erreicht, welche Faktoren hinderlich waren (im Falle der Erreichung förderlich waren) mindestens so wichtig um Verbesserungen erreichen zu können. Die wesentlichen Eckpunkte in einem QM sollten in den Kernbereichen vereinheitlicht werden und zusätzlich zu weiter oben bereits angesprochenen Punkten folgende Qualitätsmerkmale beinhalten:
„Nirgendwo in der Bildungslandschaft scheint es allerdings so berechtigt, von einem ´Maßnahmendschungel´ zu sprechen, wie im Bereich der Berufs(ausbildungs)vorbereitung. Schon die Lehrgänge der Bundesagentur waren bis zur Einführung des Neuen Konzepts im Jahr 2004 in ihren unterschiedlichen Formen für Laien, erst recht aber für potenziell Teilnehmende verwirrend. Noch schwieriger ist es, auch die Formen und Konzepte der im jeweiligen Land geltenden Angebote sowie die Förderprogramme der Jugendhilfe zu kennen und unterscheiden“ (BM für Bildung und Forschung 2005 zit.n. Ginnold 2008, S. 12). Detto gilt auch für den Übergang Schule–Beruf in den neun österreichischen Bundesländern mit ihren unterschiedlichen Trägern und regionalen bzw. sektoralen Maßnahmen. Zur Verhinderung bzw. Bekämpfung von Phänomenen wie Maßnahmendschungel, Warteschleifen, Kreisverkehre, Maßnahmen- oder Arbeitslosenkarrieren, Brüche, Modelprojekte und dgl. ist ein flächendeckendes QM dringend erforderlich.
Es mangelt leider bisher weitestgehend an klaren Qualitätsvorgaben (Q-Kriterien und Indikatoren), aber vor allem an einer intersubjektiven externen (bundesländer- bzw. trägerübergreifenden) Überprüfung dieser. Die Qualitätsvorgaben werden in der Regel von der finanzierenden Stelle in Kooperation mit den Trägern erarbeitet und dann von den Fördergebern vorgegeben. Aus Gründen der Qualitätssicherung und -entwicklung wäre es aus zusammenfassenden Erkenntnissen wünschenswert, wenn über alle Trägervereine hinweg in die Verständigung auf ein gemeinsames Qualitätssicherungskonzept gelänge.
Empirische Untersuchungen und Erfahrungsberichte aus der Praxis weisen darauf hin, dass die Schnittstellen- und Vernetzungsarbeit der Assistenzdienste (zwischen Wirtschaft und Sozialbereich) sowie die Kooperation mit Betrieben, relevanten Institutionen und dem sozialen Umfeld ein zentrales Qualitäts- und Erfolgskriterium in der beruflichen Integration darstellt (Blumberger et al. 2003; Bungert et al. 2001; KMU Forschung Austria et al. 2004; Lechner et al. 2006; Stadler-Vida et al. 2002).
Zusammenfassend könnte sich für den Bereich der beruflichen Integration (vgl. auch Peternel 2002, Bungart 2003, Bätscher et al. 1999) ein kontinuierliches internes QM-Modell der Selbstevaluierung ergeben mit dem Ziel, zu erarbeiten wo man was besser machen kann. Das Modell der Selbstevaluierung beinhaltet aber eine hohe interne Organisationsentwicklungskompetenz über das Träger nicht immer verfügen. Um aber eventuelle „blinde Flecken“ möglichst zu verhindern bedarf es phasenweise zusätzlicher externer Unterstützung durch Fachleute (auch wegen wissenschaftlicher Gütekriterien wie Validität und Intersubjektivität).
[2] Diesbezüglich gilt es gesondert auf gravierende Unterschiede zu Deutschland hinzuweisen: „Die psychologischen Gutachten der Arbeitsagentur und die von den Schulen vergebenen Schulabschlüsse stellen fragwürdige Instrumente für die Zuweisung von Jugendlichen zu beruflichen Qualifizierungswegen dar. Es braucht neue Kriterien sowie Formen der Prozess- und Mensch-Umfeld-Diagnostik, die alle Beteiligten mit ihren Erfahrungen einbeziehen.“ (Ginnold 2008, S. 330) Zweiteres hat Österreich mit der Clearing-Maßnahme bereits vollzogen.
[3] Damit sind Personen gemeint, die nicht in eine reguläre Lehre vermittelt werden können, und zusätzlich einer der folgenden Gruppen angehören: Personen mit SPF am Ende der Pflichtschule, Personen ohne oder mit negativem Hauptschulabschluss, behinderte Menschen im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes oder Personen, bei denen aus ausschließlich persönlichen Gründen angenommen werden muss, dass für sie keine Lehrstelle gefunden werden kann (z.B. sozial Benachteiligte, bei denen aufgrund einer Berufsorientierungssmaßnahme feststeht, dass sie eine Lehrausbildung voraussichtlich ohne besondere Unterstützung nicht schaffen oder Personen mit Drogenproblemen).
[4] König (2006) kommt bei seinem Vergleich zwischen deutschen Integrationsfachdiensten und den österreichischen Arbeitsassistenzmaßnahmen zusammenfassend zum Schluss, dass „auf politischer Ebene die Schwächen, bezogen auf Deutschland, vor allem im stark vermittlungsorientierten Vergütungssystem, und länderübergreifend in einer fehlenden Verankerung von Qualitätskriterien, in mangelnden finanziellen Ressourcen, im Fehlen ausreichender betrieblicher Qualifizierungs- und Unterstützungsangebote sowie in einer durch ´überbetriebene´ Vorgaben bedingten Aushöhlung der Intention der Dienstleistung liegen“.